Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof

Friedhof im Berliner Ortsteil Westend

Der evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof im Berliner Ortsteil Westend des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf ist ein seit 1896 bestehender Alleequartierfriedhof mit einer Größe von 3,7 Hektar.[1] Der Friedhof steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz.[2]

Der Friedhof befindet sich am Fürstenbrunner Weg in direkter Nachbarschaft zum Luisenfriedhof III und ist mit diesem durch zwei Wege verbunden.

Geschichte

Bearbeiten
 
Friedhofskapelle
 
Gedenkstätte für Genozidopfer: von links nach rechts das Haus der Armenier, das Haus der Griechen aus Kleinasien, Pontos und Ostthrakien (mit blauem Kreuz) und das Haus der Aramäer, Syrer und Chaldäer, im Vordergrund Steinplatten mit Städtenamen
 
Gedenktafel

Die evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Gemeinde entstand 1896 aufgrund der wachsenden Bevölkerungszahl im Berliner Westen. Ein Teil der Luisengemeinde ging in der neuen Gemeinde auf. Die Luisengemeinde schenkte der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Gemeinde eine 4,7 Hektar große Fläche zur Anlage eines eigenen Friedhofs, das direkt nördlich an den Luisenfriedhof III anschloss.

Der Friedhof wurde wie der benachbarte Luisenfriedhof als Alleequartierfriedhof angelegt. Für die Alleen wurden Linden und Ahorne gepflanzt. Die Einweihung des Friedhofes fand mit dem ersten Begräbnis am 25. Juli 1896 statt.[3] Er übernahm mit diesem Datum die Funktion als Begräbnisplatz des Bildungsbürgertums, das sich Ende des 19. Jahrhunderts rund um den Kurfürstendamm im sogenannten Neuen Westen niedergelassen hatte. Das Repräsentationsbedürfnis über den Tod hinaus war zu dieser Zeit besonders ausgeprägt und führte noch zu Lebzeiten zu erheblichen Investitionen in Grabstellen und deren Ausgestaltung.

1903 ließ sich die Gemeinde eine Friedhofskapelle errichten. Bis dahin nutzte sie die Anlagen auf dem Luisenfriedhof III. Zur Ausführung kam ein Entwurf des Stadtbaurats Otto Hetzel (eine teilweise in der Literatur zu findende Autorenschaft Schwechtens ist nicht zutreffend).[4] Hetzel entwarf die Kapelle in romanischen Stilformen, wobei schmückende Schriftelemente Züge des Jugendstils aufweisen. Die Einweihung der Kapelle erfolgte am 27. September 1903.

Einzigartig unter den Kapellen auf Berliner Friedhöfen ist die Einrichtung einer Gruftanlage. 16 vom Kellergeschoss aus zugängliche Grüfte in Größen zwischen 10 und 25 m² wurden angelegt, deren Verkauf zur Finanzierung der Kapelle dienen sollte.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kapelle stark beschädigt. An einigen Erbbegräbnisstätten befinden sich noch heute deutliche Beschussspuren aus dieser Zeit. Die Kapelle wurde 1952/1953 wieder aufgebaut und 1978 umfangreich renoviert.

Seit 2015 befindet sich auf dem Friedhof in vier ehemaligen Erbbegräbnissen eine Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich, die an im Osmanischen Reich verfolgte und vertriebene Armenier, Griechen aus Kleinasien, Pontos und Ostthrakien sowie Aramäer, Assyrer und Chaldäer erinnert.[5]

Kunsthistorische bedeutsame Gräber

Bearbeiten
 
Innenraum des Mausoleums Lemm
 
Erbbegräbnis Warburg
 
Grab August Bredtschneider
 
Grab Henny Porten
 
Grab Amalie und Joseph Joachim
 
Grab von Schmoller
 
Grab Spielhagen

Mausoleum Lemm

Bearbeiten

In den 1910er Jahren hat sich der Schuhcreme-Fabrikant Otto Lemm in der Nordostecke des Friedhofs ein extrem prunkvolles Mausoleum errichten lassen. Der Architekt Max Werner entwarf, passend zur Kapelle, einen romanischen Bau auf der Grundform eines Griechischen Kreuzes. Im 42 m² großen Innenraum ist ein Großteil der Wände und Decken mit Mosaiken, gefertigt von der Firma Puhl & Wagner, ausgekleidet. Ein großes Mosaik über dem Zugang zur Gruft zeigt das Ehepaar Lemm auf einer Bank sitzend, ein anderes deren Villa in Gatow. Gegenüber dem Eingang befindet sich in einer Apsis ein Altar, der mit einer Engelsskulptur geschmückt ist.

Grab Warburg

Bearbeiten

In der Nähe der Kapelle ließ 1914 der Firmenbesitzer Ferdinand Warburg in der Ecke einer West- und Südwand ein monumentales Erbbegräbnis errichten. Allein die Kosten für den Erwerb des Begräbnisplatzes betrugen mehr als das Zehnfache des Jahresverdiensts eines Arbeiters zu dieser Zeit.

Der Stil der Anlage nimmt ebenfalls die romanischen Formen der Kapelle auf. Im Winkel der Wände steht diagonal ein ädikulaartiges reich verziertes Scheinportal, zu dem eine kleine Freitreppe hinaufführt. Der Himmel, der den Verstorbenen hinter dem Portal erwarten soll, ist durch blaues Glasmosaik mit goldenem Rahmen dargestellt. Im Portal steht eine von Hans Dammann geschaffene Marmorskulptur einer antikisierend gekleideten Trauernden mit Lyra. Die erste Version dieser Skulptur musste komplett ersetzt werden, weil Warburg eine Marmorader im Gesicht der Skulptur missfiel.[6]

Beigesetzte Persönlichkeiten

Bearbeiten

Ehrengräber

Bearbeiten

nach der Liste der Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand November 2018)[7]

Weitere erhaltene Grabstätten

Bearbeiten

Nicht erhaltene Grabstätten

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Birgit Jochens, Herbert May: Die Friedhöfe in Berlin-Charlottenburg / Geschichte der Friedhofsanlagen und deren Grabmalkultur. Stapp Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-87776-056-2.
  • Friedhof der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Gemeinde (evangelisch). In: Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 470–481.
  • Hans-Jürgen Mende, Debora Paffen: Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchhof. Ein Friedhofsführer. Berlin 2015, ISBN 978-3-00-048533-6.

Siehe auch

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Liste Berliner Friedhöfe (PDF; 84 kB) der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
  2. Eintrag 09040490 in der Berliner Landesdenkmalliste
  3. Jochens, May, S. 57
  4. Jochens/May, S. 58
  5. Die Gedenkstätte auf dem Berliner Luisenkirchhof III: Gestaltungsgrundsätze
  6. Jochens/May, S. 205
  7. Ehrengrabstätten des Landes Berlin (Stand: November 2018). (PDF, 413 kB) Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, S. 78; abgerufen am 23. März 2019.

Koordinaten: 52° 31′ 33,1″ N, 13° 16′ 40,3″ O