Kalvarienberg-Tunnel

Bahntunnel der ehemaligen Salzkammergut-Lokalbahn

Der Kalvarienberg-Tunnel ist ein Bahntunnel der ehemaligen Salzkammergut-Lokalbahn (SKGLB) an der Ostseite des Ischler Kalvarienbergs in der Ortschaft Scharfling in der Gemeinde St. Lorenz im Bezirk Vöcklabruck in Oberösterreich. Er diente dort ab 1893 bis 1957 der Unterquerung des Kalvarienbergs mit Schmalspurbahnen im Personen- und Güterverkehr. Dieser Tunnel war mit 683 m Länge der längste auf der gesamten ehemaligen Bahnstrecke.

Kalvarienberg-Tunnel
Verkehrsverbindung Salzkammergut-Lokalbahn, Strecke 912 01
Ort Scharfling
Länge 683 m[1]dep1
Anzahl der Röhren 1
Gleise 1
Höhe 492 m
Bau
Bauherr Salzkammergut-Localbahn-Aktiengesellschaft
Betrieb
Betreiber Salzkammergut-Localbahn-Aktiengesellschaft
Freigabe 1891
Schließung 1957
Lagekarte
Kalvarienberg-Tunnel (Oberösterreich)
Kalvarienberg-Tunnel (Oberösterreich)
Nordportal
Koordinaten
Nordportal 47° 43′ 1″ N, 13° 36′ 19″ O
Südportal 47° 42′ 38,3″ N, 13° 36′ 20,7″ O

Geschichte

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Der Bau des Tunnels begann 1891 von der Nordseite in der Ortschaft Steinbruch. Kurz darauf wurde auch von Süden, aus der Ortschaft Kaltenbach, mit dem Vortrieb begonnen. Der Durchschlag erfolgte am 5. August 1893. Die Verbindung der Bahn mit dem Hauptbahnhof in Bad Ischl wurde am 3. Juli 1894 für den Betrieb freigegeben. Während der Bauarbeiten waren rund 100 Bergleute und 24 Maurer im 24-Stunden-Betrieb tätig, wobei etwa 12 Tonnen Dynamit zum Einsatz kamen. Über die genaue Herkunft der Arbeiter gibt es nur wenige Aufzeichnungen, jedoch weisen Glasfunde in den seitlichen Bereichen des Tunnels auf eine Beteiligung italienischer Arbeiter hin.

Die Bahn führte von Bad Ischl am Wolfgangsee und Mondsee vorbei und im Endausbau bis nach Salzburg. Sie überquerte südlich des Ischler Güterbahnhofes die Traun, hatte einen Haltepunkt im Westen von Kaltenberg, verlief von dort nördlich durch den Kalvarienberg-Tunnel und weiter in Richtung Westen entlang der Ischl nach Pfandl.

Das Südportal und die dorthin führende Trasse neben der heutigen Sarsteinerstraße sind vollständig verschüttet. Das Nordportal ist zugemauert und ein Eindringen ist nicht möglich; der Tunnel wird dort von der Energie AG Oberösterreich als Kabelschacht verwendet.

Von der ehemaligen Bahntrasse in Richtung Pfandl sind nur noch wenige Spuren erkennbar. Das Gelände lässt den Verlauf der Strecke lediglich erahnen, da die direkt angrenzenden Felder bewirtschaftet werden. Nur ein kurzer Abschnitt der verbliebenen Stützmauern, die einst Teil der Bahntrasse waren, sind noch erhalten.

Bau und Struktur

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Der Tunnel besteht aus drei Bauabschnitten mit unterschiedlicher Ausführung: Die ersten 170 Meter von Norden sind mit Mauerwerk verstärkt, gefolgt von einem 285 Meter langen unvermauerten Abschnitt. Die restlichen 228 Meter bis zum Südportal wurden wiederum ausgemauert. Ursprünglich war der Tunnel etwas kürzer geplant, musste aber aufgrund geologischer Gegebenheiten verlängert werden.

Trotz seines Alters und keinerlei Wartung befindet sich der Kalvarienberg-Tunnel der Salzkammergut-Lokalbahn in einem bemerkenswert guten Zustand.[2]

Streckenintegration

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Der Kalvarienberg-Tunnel befindet sich zwischen den ehemaligen Haltestellen Kaltenbach (Streckenkilometer 2,2), nahe dem südlichen Tunnelportal, und Pfandl (Streckenkilometer 4,8), nahe dem nördlichen Tunnelportal.[3] Um präzisere Streckenkilometrierung an dieser kritischen Stelle zu gewährleisten, wurden im Tunnel Hektometersteine[4] in regelmäßigen Abständen von 100 Metern installiert. Diese spezifischen Markierungen, die im Gegensatz zu den üblichen Kilometersteinen in Hundert-Meter-Schritten angeordnet wurden, waren ausschließlich für den Tunnelbereich vorgesehen. Die originalen Hektometersteine sind im Inneren des Tunnels nach wie vor erhalten.

Fluchträume

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Ein weiteres bemerkenswertes bauliches Detail, das in der gesamten Tunnelgruppe der Salzkammergut-Lokalbahn (SKGLB) einzigartig ist, stellt die Ausgestaltung von Fluchträumen dar. Aufgrund der Länge des Kalvarienberg-Tunnels wurden in regelmäßigen Abständen von etwa 100 Metern Fluchträume, auch Fluchtbuchten genannt, aus dem gleichen Steinmaterial wie die Tunnelwand errichtet. Diese Nischen sind so dimensioniert, dass Personen, die sich im Tunnel aufhielten, im Falle eines herannahenden Zuges ausreichend Platz fanden, um ausweichen und Schutz suchen zu können. Zu einer Zeit, in der weder Zugverkehr noch Tunnelanlagen mit modernen Sicherheits- und Überwachungssystemen ausgestattet waren, stellten diese Fluchträume eine lebenswichtige Schutzmaßnahme dar. Wer sich, ob aus Versehen oder in beruflicher Funktion, im Tunnel befand, musste jederzeit in der Lage sein, rasch eine sichere Nische zu erreichen, um einer möglichen Kollision zu entgehen.[5]

Technische Beschreibung des Tunnel-Regelprofils

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Die Geometrie des SKGLB-Tunnelprofils basiert auf drei Kreissegmenten mit unterschiedlichen Radien, die an ihren Schnittpunkten fließend ineinander übergehen. Dadurch entsteht eine harmonische Kontur, die statischen und dynamischen Belastungen gleichermaßen standhält. Das Profil ist symmetrisch zur Mittellinie ausgeführt, was eine gleichmäßige Lastverteilung und hohe Stabilität gewährleistet.

Am Tunnelboden wurde eine spitz zulaufende Senke integriert, die als Bettung für die Gleise und den Gleisschotter dient. Diese Vertiefung verbessert nicht nur die Stabilität des Gleisaufbaus, sondern erleichtert auch die Drainage, indem sie das Eindringen und Ableiten von Wasser optimiert, da die Tunnelwände nicht wasserdicht ausgebaut wurden.

Die Tunnelwände bestehen aus exakt aufeinander abgestimmten Natursteinblöcken, die nach dem Prinzip des selbsttragenden Gewölbes verbaut wurden. Diese Bauweise nutzt die einwirkenden Kräfte gezielt zur Selbstverstärkung: Unter Belastung verdichtet sich die Struktur, wodurch sich die Stabilität des gesamten Tunnels erhöht – ein bewährtes Konstruktionsprinzip historischer Ingenieurbauwerke.

Um den Zentrifugalkräften in Kurvenfahrten entgegenzuwirken und den Fahrkomfort zu verbessern, wurde in Kurvenpassagen eine Überhöhung von bis zu 42 mm vorgesehen. Dabei liegt eine Schiene höher als die andere, wodurch sich die auf das Fahrzeug wirkenden Kräfte besser ausgleichen und der Verschleiß der Schienen reduziert wird.[6]

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Commons: Kalvarienberg-Tunnel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kalvarienberg-Tunnel der Strecke 912 01. In: Eisenbahn-Tunnel in Österreich. Lothar Brill, 15. Juli 2024, abgerufen am 18. Januar 2025.
  2. DER KALVARIENBERG - TUNNEL BEI BAD ISCHL. In: norbertleutner.at. 11. November 2019, abgerufen am 29. Januar 2025 (deutsch).
  3. Josef Otto Slezak: Von Salzburg nach Bad Ischl, Geschichte der Salzkammergut-Lokalbahn, 2. Auflage, Verlag Slezak, 1995, Seite 8, ISBN 3-85416-170-0
  4. Josef Otto Slezak: Von Salzburg nach Bad Ischl, Geschichte der Salzkammergut-Lokalbahn, 2. Auflage, Verlag Slezak, 1995, Seite 164, ISBN 3-85416-170-0
  5. Josef Otto Slezak: Von Salzburg nach Bad Ischl, Geschichte der Salzkammergut-Lokalbahn, 2. Auflage, Verlag Slezak, 1995, Seite 108, ISBN 3-85416-170-0
  6. Josef Otto Slezak: Von Salzburg nach Bad Ischl, Geschichte der Salzkammergut-Lokalbahn, 2. Auflage, Verlag Slezak, 1995, Seite 42, ISBN 3-85416-170-0