Das Kernkraftwerk Monju (jap. もんじゅ) ist ein inzwischen stillgelegter schneller Brutreaktor, der in der Stadt Tsuruga in der Präfektur Fukui liegt. Der Reaktor war der einzige schnelle Brüter Japans. Benannt ist Monju nach dem japanischen Namen des Bodhisattva der Weisheit Manjushri. Die Anlage gehört der Japan Atomic Energy Agency. Baubeginn war im Jahr 1985, die Inbetriebnahme erfolgte im Herbst 1994.

Kernkraftwerk Monju
Kernkraftwerk Monju
Kernkraftwerk Monju
Lage
Kernkraftwerk Monju (Präfektur Fukui)
Kernkraftwerk Monju (Präfektur Fukui)
Koordinaten 35° 44′ 25″ N, 135° 59′ 17″ OKoordinaten: 35° 44′ 25″ N, 135° 59′ 17″ O
Land Japan
Daten
Eigentümer Japan Atomic Energy Agency
Betreiber Japan Atomic Energy Agency
Projektbeginn 1983
Kommerzieller Betrieb 29. Aug. 1995
Stilllegung 22. September 2016

Stillgelegte Reaktoren (Brutto)

1 (Betriebserlaubnis aufgehoben)  (280 MW)
Website Das Kernkraftwerk auf der Seite des Betreibers (japanisch)
Stand 22. September 2016
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Monju verfügte über einen natriumgekühlten Reaktor mit Mischoxid-Brennelementen (kurz: MOX) und drei primären Kühlkreisläufen, die im sogenannten Loop-System arbeiteten. Das Kraftwerk hatte eine elektrische Nettoleistung von 246 MW Netto (280 MW brutto).[1]

Der Reaktor war zwischen 1995 und 2010 insgesamt 250 Tage in Betrieb. Nach 2 Unfällen 1995 und 2010 wurde ihm die Betriebserlaubnis entzogen.[2] Nach einem Natrium-Austritt war Monju vom 8. Dezember 1995 bis zum 6. Mai 2010 außer Betrieb. 45 Tage nach Wiederinbetriebnahme fielen Ausrüstungsgegenstände für die Brennstoffbeladung in den Reaktorbehälter. Im Jahr 2018 genehmigte die japanische Atombehörde den Rückbau. Dieser soll mindestens 30 Jahre dauern und mindestens 375 Mrd. Yen (umgerechnet 2,3 Mrd. Euro) kosten.[2]

Geschichte

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2006 erwog man, bis zum Jahr 2025 einen größeren Nachfolgereaktor zu bauen. Ziel der Regierung war die kommerzielle Nutzung der Brütertechnologie bis 2050.[3]

Am 21. September 2016 entschied die japanische Regierung, den Reaktor abzuschalten und zurückzubauen. Laut Regierungsangaben hätte eine weitere Inbetriebhaltung bis zu fünf Milliarden Euro (500 Milliarden Yen) gekostet.[4]

Am 21. Dezember 2016 wurde über die Stilllegung berichtet. Gleichzeitig soll an der Weiterentwicklung der Schnelle-Brüter-Technologie mit dem älteren Forschungsreaktor Joyo in Japan und einer Kooperation mit Frankreich festgehalten werden.[5]

Natrium-Unfall 1995

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Am 8. Dezember 1995 – Monju war erst etwa drei Monate am Netz – gab es einen schweren Zwischenfall im Kernreaktor: Aus einem Rohr im sekundären Natrium-Kühlmittelkreislauf trat infolge starker Turbulenzen an einem Messpunkt, an dem mit einem Thermoelement die Temperatur gemessen wurde, ein Leck auf. Eine große Menge Natrium – man schätzte 700 kg bis 3.000 kg – trat aus. Als Alkalimetall reagiert Natrium heftig und unter starker Wärmeentwicklung unter anderem mit Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit. Unter ätzenden Dämpfen und Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius begannen einige der aus Stahl gefertigten Anlagenteile in dem betroffenen Raum zu schmelzen.

Um 19:30 Uhr wurde Alarm ausgelöst und die automatische Kontrolle des Reaktors deaktiviert. Jedoch dauerte es bis 21:00 Uhr, bis die Dämpfe festgestellt wurden und das vollständige Herunterfahren der Anlage angeordnet wurde. Bei der Untersuchung des Lecks fand man mehr als drei Tonnen festen Natriums.

Da der Unfall sich im sekundären Kühlkreislauf ereignete, war das ausgetretene Natrium nicht radioaktiv. Die halbstaatliche Betreibergesellschaft des Reaktors Monju, die Power Reactor and Nuclear Fuel Development Corporation (kurz: PNC, heute: Japan Nuclear Cycle Development Institute), versuchte dennoch, das Ausmaß des Zwischenfalls zu vertuschen, unter anderem indem sie falsche Berichte veröffentlichte, ein nach dem Unfall aufgenommenes Video veränderte und die Angestellten unter Schweigepflicht in Bezug auf die Existenz des unverfälschten Videos setzte. Diese Versuche wurden jedoch öffentlich; und die resultierende Reaktion der Öffentlichkeit war heftig. Der Spiegel schrieb:

„Als die Manipulation aufflog, kippte in der japanischen Bevölkerung die Stimmung gegen die Strahlentechnologie. Die Brüterbetreiber, klagte der damalige sozialistische Regierungschef Tomiichi Marayama [sic!], ‚haben ihr Vertrauensverhältnis zur Öffentlichkeit zerstört‘.“[6]

Im Januar 1996 stürzte sich Shigeo Nishimura, ein Hauptabteilungsleiter der Brüterbetreibergesellschaft PNC, deshalb von einem Hochhaus. Er fühlte sich dabei gescheitert, die Öffentlichkeit nach dem größten Unfall der japanischen Nukleargeschichte von der Notwendigkeit der schnellen Brüter zu überzeugen.[6]

Als die japanische Atomenergiekommission (Japan Atomic Energy Commission) am 24. November 2000 ankündigte, den Reaktor Monju wieder in Betrieb zu nehmen, gab es erneut einen öffentlichen Aufschrei und vor Gericht wurde in einer Reihe von Prozessen versucht, die Wiederinbetriebnahme zu verhindern. Am 27. Januar 2003 hob ein Gericht in Kanazawa, eine Außenstelle des Obergerichts Nagoya, seine frühere Entscheidung von 1983 auf, in der es den Bau des Reaktors erlaubt hatte. Allerdings entschied der japanische Oberste Gerichtshof am 30. Mai 2005, dass der Reaktor Monju wieder in Betrieb gehen darf.

Im Frühjahr 2008 genehmigte die Nuclear and Industrial Safety Agency (NISA) den letzten Sicherheitsbericht, der für die Wiederinbetriebnahme der Anlage notwendig war.[7]

Weitere Störfälle

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Im März und April 2008 wurden mehrere defekte Detektoren für Natriumlecks entdeckt, die zu einer Prüfungsanordnung durch die NISA führten und die Wiederinbetriebnahme erneut in Frage stellten.[8][9]

Am 6. Mai 2010 wurde der Testbetrieb wieder aufgenommen, der Regelbetrieb sollte ab 2013 erfolgen.[10] Bereits vor Erreichen der Kritikalität wurde beim Neustart ein fehlerhafter Detektor für Gaslecks entdeckt. Die Nihon Genshiryoku Kenkyū Kaihatsu Kikō (dt. „Japanische Atomenergieforschungs und -entwicklungsorganisation“; engl. Japan Atomic Energy Agency; Übersetzung der engl. Übersetzung: japanische Atomenergiebehörde) ließ den Betrieb wie geplant weiter laufen, da das fehlerhafte Gerät durch zwei redundante Systeme ersetzt wird.[11]

Am 26. August 2010 kam es zu einem erneuten Unfall, als ein 3 Tonnen schweres Gerät zur Brennstoffbefüllung auf das Reaktorgefäß stürzte und dieses beschädigte.[12] Am 24. Juni 2011 gelang es Arbeitern, das Gerät zu bergen. Wann der Reaktor wieder hochgefahren werden könnte, war darum lange ungewiss.[13]

Die Nuklearkatastrophe von Fukushima (sie begann im März 2011) hat die Einstellung von Bevölkerung und Regierung zur Kernenergie grundlegend verändert (siehe Atomausstieg, Abschnitt 'Japan').

Die Aufsichtsbehörde Genshiryoku Kisei Iinkai (NRA) untersagte im Mai 2013 eine Wiederinbetriebnahme, da die JAEO 11.000 Anlagenteile nicht ausreichend geprüft hatte und Erdbruchlinien unter der Anlage festgestellt wurden.[14][15]

Daten des Reaktorblocks

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Reaktorblock[1] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Abschal-
tung
Monju Schneller Brutreaktor 246 MW 280 MW 10.05.1986 29.08.1995 Seit 8. Dezember 1995 im Langzeitstillstand. 21. September und 21. Dezember 2016 Entscheidungen zur Stilllegung.

Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. a b Leistungsdaten im Power Reactor Information System der IAEA (englisch)
  2. a b Japanese NRA approves Monju nuclear plant's decommissioning plan. In: Enerydata, 30. März 2018. Abgerufen am 30. März 2018.
  3. New fast breeder reactor for Japan. In: Nuclear Engineering International. 6. Juni 2006, archiviert vom Original am 19. März 2012; abgerufen am 6. August 2016 (englisch).
  4. Japan to scrap troubled Y1 trillion Monju fast-breeder reactor. In: newsonjapan.com. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. September 2016; abgerufen am 22. September 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/newsonjapan.com
  5. Japan gibt AKW-Milliardenprojekt Monju auf orf.at, 21. Dezember 2016, abgerufen am 21. Dezember 2016.
  6. a b Phönix in der Asche. In: Der Spiegel. Nr. 6, 1997 (online).
  7. Kernenergie: Weltreport 2008. (PDF) Deutsches Atomforum, April 2009, S. 251, archiviert vom Original am 7. Januar 2012; abgerufen am 25. Oktober 2009.
  8. Monju reactor’s future uncertain / Spate of problems likely to doom Oct. target for restart of operations. In: Daily Yomiuri Online. 11. April 2008, archiviert vom Original am 17. April 2008; abgerufen am 9. August 2016 (englisch).
  9. Receipt of the inspection plan for sodium leak detectors in Prototype FBR Monju. In: NISA. 14. April 2008, archiviert vom Original am 12. Juli 2010; abgerufen am 6. August 2016 (englisch).
  10. Japans einziger Schneller Brüter läuft wieder. Spiegel Online, 6. Mai 2010
  11. Monju’s restart hit by faulty gas detector. In: The Japan Times. 7. Mai 2010, archiviert vom Original am 15. Juli 2012; abgerufen am 9. August 2016 (englisch).
  12. Accident at the Monju fast breeder reactor. In: fissilematerials.org. 3. September 2010, abgerufen am 19. Juni 2011 (englisch).
  13. Workers Remove Device From Damaged Japanese Reactor. In: nytimes.com. 25. Juni 2011, archiviert vom Original am 5. September 2012; abgerufen am 9. August 2016 (englisch).
  14. NRA wants Monju to remain shut down. Japan Times, 14. Mai 2013
  15. Japan vor der Wahl Abe und das Atom. FAZ.net, 18. Juli 2013