Kiekert

Zulieferer für die Automobilindustrie

Kiekert ist ein international tätiger Automobilzulieferer mit Hauptsitz in Heiligenhaus, Nordrhein-Westfalen. Dazu kommen Standorte in Amerika und Asien. Das Unternehmen wurde vor rund 160 Jahren von Arnold Kiekert gegründet.[5] Seit 2012 gehört es zu einer Gruppe chinesischer Automobilzulieferer.[6]

Kiekert Aktiengesellschaft

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Rechtsform Aktiengesellschaft (AG)
Gründung 1857
Sitz Heiligenhaus,[1] Deutschland Deutschland
Leitung
Mitarbeiterzahl 4.612 (2020)[3]
Umsatz 824,5 Mio. Euro (2018)[4][4]
632 Mio. Euro (2020)[3]
Branche Automobilindustrie
Website www.kiekert.com
Stand: 2024

Das Familienunternehmen Kiekert produzierte zunächst Schlösser für Möbel und spezialisierte sich später auf digitale Kfz-Schließsysteme.[7] Heute ist die Kiekert Marktführer in diesem Bereich. Die Produkte und Technologien des Unternehmens kommen in jedem dritten Auto weltweit zum Einsatz.[8]

Geschichte

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Gründung als Familienunternehmen

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1857 gründete Arnold Kiekert eine Schloss- und Beschlägefabrik in Heiligenhaus bei Düsseldorf.[9] Der Betrieb hatte seinen Sitz zunächst „Am Kämpchen“ im Stadtteil Isenbügel und produzierte Schlösser für hochwertige Möbel. Nach dem Tod des Gründers im Jahr 1886 führten seine Söhne das Unternehmen weiter. 1888 wurde die Produktion an einen neuen Standort in Heiligenhaus verlegt.

Nationalsozialismus

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Kiekert entwickelte und fertigte in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 unter anderem Militärtechnik.

Entwicklung bis zum Börsengang

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1968 beteiligte sich die Unternehmerfamilie Funke[10] am Unternehmen. Ab 1971 hielt sie, zeitweise zusammen mit der Unternehmerfamilie Otto, die Mehrheit. 1976 kam zusätzlich Tack & Gabel aus Wuppertal unter das Dach der Gruppe. Es handelte sich um einen renommierten Hersteller von Kfz-Schlössern. Beide Schwestergesellschaften wurden als rechtlich selbstständige Einheiten weitergeführt.

In den 1980er Jahren trennte sich Funke wieder von Beteiligungen außerhalb des Mediensektors. 1988 wurden 75 % der Anteile an Kiekert und Tack & Gabel an Werner Sterzenbach veräußert.[11] Dieser war seit mehreren Jahren Vorsitzender der Geschäftsführung beider Unternehmen. Kiekert und Tack & Gabel wurden nun organisatorisch und rechtlich sowie in der Außendarstellung zusammengeführt.

In den 1990er Jahren konzentrierte sich Kiekert auf Türschlösser und Schließsysteme für die Automobilindustrie. Andere Geschäftsbereiche wurden veräußert. 1994 führte Sterzenbach die verschiedenen Unternehmensteile in einer Aktiengesellschaft[12] zusammen und brachte sie im Juni 1995[13] an die Börse. Die Ernstnotierung der Kiekert AG hatte ein Volumen von rund 180 Millionen Mark.[14]

Einstieg von Finanzinvestoren

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Im Jahr 2000 erwarben Fonds der britischen Beteiligungsgesellschaft Schroder Ventures Europe (heute Permira) das Unternehmen.[15] Die verbleibenden Aktionäre wurden abgefunden.[16] Kiekert wurde erneut umstrukturiert, um im globalen Wettbewerb der Automobilzulieferer bestehen zu können.[17] Dennoch geriet das Unternehmen Mitte der 2000er Jahre in wirtschaftliche Schwierigkeiten.[18]

2006 reichte Permira das Unternehmen an die Hedgefonds Bluebay Asset Management und Silver Point Capital unter Beteiligung der US-Großbank Morgan Stanley und der Deutschen Bank weiter.[19] Durch die Transaktion erhielt Kiekert zusätzliches Eigenkapital in Millionenhöhe.

Im Jahr 2007 bezog das Unternehmen seine heutige Zentrale am Höseler Platz.[20]

Aktuellere Entwicklungen

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2012 erwarb der chinesische Automobilzulieferer Hebei Lingyun Industrial (heute North Lingyun Industrial) das Unternehmen.[21] Mit der Übernahme von Kiekert konnte der Konzern seinen Umsatz nahezu verdoppeln. Der Einstieg der Chinesen war beispielhaft für die Expansion der Volksrepublik im Automobilsektor. An der Transaktion beteiligten sich auch weitere chinesische Industrieunternehmen. Kiekert wurde als AG und damit operativ unabhängig von der Muttergesellschaft weitergeführt.

Unternehmensstruktur

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Grundlagen des Konzerns

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Kiekert firmiert als nicht börsennotierte Aktiengesellschaft (AG) nach deutschem Recht.[22] Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der Kiekert Holding GmbH. Bei dieser Gesellschaft handelt sich um eine Finanzholding ohne operativen Geschäftsbetrieb.[23] Somit ist Kiekert ein rechtlich selbstständiger und operativ unabhängiger Teilkonzern unter dem Dach der Kiekert Holding GmbH.

Unternehmensführung

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Die Unternehmensführung der Kiekert AG besteht aus Vorstand und Aufsichtsrat. Jérôme Debreu ist Vorsitzender des Vorstands und Chief Executive Officer des Unternehmens.[24] Chloe Lee ist Mitglied des Vorstands und Chief Financial Officer des Unternehmens. Den Vorsitz des Aufsichtsrats hat Kaiquan Luo, sein Stellvertreter ist Uwe Höhndorf, Vorsitzender des Betriebsrats der Kiekert AG.

Der Vorstand von Kiekert wird durch einen Beirat unterstützt, der mit international renommierten Experten aus der Automobilindustrie besetzt ist.

Globale Präsenz

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Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich seit der Gründung ununterbrochen in Deutschland, seit 2007 in einem ehemaligen AEG-Betriebsgebäude am Höseler Platz in Heiligenhaus. Darüber hinaus ist Kiekert derzeit (Stand: August 2023) an zehn Standorten in Europa, Amerika und Asien präsent.

In den 1990er Jahren wurden Produktionsstätten in Tschechien (Přelouč), den Vereinigten Staaten (Wixom), Mexiko (Puebla) und Südafrika (Pretoria) eingerichtet. In den 2000er und 2010er Jahren kamen Standorte in China (Changshu) und Russland (Nabereschnyje Tschelny) hinzu. Außerdem expandierte das Unternehmen nach Südkorea (Seoul) und Japan (Yokohama und Hiroshima).

Ein weiterer Standort ist die Schweiz (Lamone).

Geschäftstätigkeit

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Fahrzeugschlösser

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Das Unternehmen entwickelte 1974 die erste Zentralverriegelung, die das gleichzeitige Ver- und Entriegeln aller Seitentüren von Fahrzeugen ermöglichte. Durch diese Innovation entwickelte sich Kiekert zum weltweit führenden Zulieferer von intelligenten Schließsystemen für die Automobilindustrie. Global ist das Unternehmen mit seinen Technologien in einem Drittel aller Fahrzeuge vertreten (Stand: 2023).

Schließsysteme

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Spätestens seit dem Jahr 2017 setzt Kiekert stärker auf elektronische Schlösser,[25] auch für Ladeanschlüsse.[26] Dadurch werden Griffe an Türen und Klappen zu digitalen Schaltern, die einen softwaregestützten Fahrzeugzugang ermöglichen, beispielsweise durch Smartphones.[27] Darüber hinaus entwickelt Kiekert auch Antriebssysteme, die Türen und Klappen automatisch öffnen und schließen können.

1998 geriet Kiekert in die Schlagzeilen, als die Ford-Werke in Köln die Produktion vorübergehend aussetzen mussten, da Kiekert keine Türschlösser mehr lieferte.[28] Ein Blitzeinschlag hatte zum Ausfall von wichtigen EDV-Systemen geführt.[29] Kiekert lehnte die Unterstützung durch Ford bei der Behebung des Schadens ab. Ford machte Regressforderungen gegen Kiekert geltend.[30]

2020 verhängte die EU-Kommission eine Kartellstrafe gegen Brose und Kiekert.[31] Beide Unternehmen hatten unter Mitwirkung von Magna in einem Zeitraum zwischen 2009 und 2012 unzulässige Preisabsprachen getroffen. Magna hatte diese gemeldet und ging so straffrei aus dem Verfahren hervor.

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Einzelnachweise

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  1. Kiekert bekennt sich zum Standort Heiligenhaus. In: S+B Schloss und Beschlagmarkt. 27. Juni 2023, abgerufen am 1. September 2023.
  2. Throwing Out the Rulebook: Jérôme Debreu. In: The CEO Magazine. 27. September 2022, abgerufen am 1. September 2023 (englisch).
  3. a b Konzernabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020
  4. a b Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2018
  5. Stefan Mülders: Firma Kiekert besteht seit 160 Jahren. In: Rheinische Post. 3. August 2017, S. 28.
  6. Investoren: Hightech aus Deutschland, Geld aus China. In: Automobilwoche. 17. September 2014, abgerufen am 1. September 2023.
  7. Anja Müller: Weltmarktführer aus Heiligenhaus: Kiekert und der Knarziator. In: Handelsblatt. 20. Juni 2014, abgerufen am 1. September 2023.
  8. Blitzeinschlag als Muskelspiel. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung. 26. Juli 2017, abgerufen am 1. September 2023.
  9. Arn. Kiekert Söhne (AKS). Geschichtsverein Heiligenhaus, abgerufen am 1. September 2023.
  10. Dallas an der Ruhr. In: Der Spiegel. 14. Juni 1987 (spiegel.de [abgerufen am 1. September 2023]).
  11. Kiekert – Tack & Gabel: WAZ-Gruppe zieht sich zurück. Das Management hat die Firmen jetzt übernommen. In: Handelsblatt. 11. Februar 1988, S. 17.
  12. Kiekert in Aktiengesellschaft umgewandelt. Börseneinführung für 1995 geplant. Gutes Geschäft mit Autoschließsystemen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 3. November 1994, S. 22.
  13. Kiekert: Autozulieferer fährt auf das Börsenparkett. In: Frankfurter Rundschau. 2. Juni 1995, S. 12.
  14. Börsenneulinge: An jeder Ecke. In: Wirtschaftswoche. 14. Dezember 1995, S. 126.
  15. Kiekert geht in neue Hände. Finanzinvestoren übernehmen Mehrheit beim Kfz-Zulieferer. In: Süddeutsche Zeitung. 8. Juni 2000, S. 30.
  16. Squeeze Out beim Automobilzulieferer Kiekert. In: Börsen-Zeitung. 8. März 2002, S. 12.
  17. Michael Kranz: Schlüssel zur Selbständigkeit – Autozulieferer Kiekert wendet Verkauf ab. Türschloss-Spezialist plant Wachstum und Innovationen. In: Süddeutsche Zeitung. 17. September 2002, S. 40.
  18. Autozulieferer-Branche: Finanzinvestor scheitert bei Kiekert. In: Handelsblatt. 30. Oktober 2006, abgerufen am 1. September 2023.
  19. Kai Lange: Kiekert: Finanzjongleur nimmt den Notausgang. In: Manager Magazin. 30. Oktober 2006, abgerufen am 1. September 2023.
  20. Michael Nußbaum: Verlagerung bis zum Monatsende. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Funke Mediengruppe, 6. September 2007, abgerufen am 24. November 2023.
  21. Deutscher Automobilzulieferer: Chinesen übernehmen Kiekert. In: Handelsblatt. 13. März 2012, abgerufen am 1. September 2023.
  22. Handelsregister: Kiekert Aktiengesellschaft; Amtsgericht Wuppertal, HRB 17915
  23. Handelsregister: Lingyun Holding GmbH; Amtsgericht Wuppertal, HRB 24414
  24. Jérôme Debreu ist neuer Kiekert-Chef. In: Rheinische Post. 15. Juli 2021, abgerufen am 1. September 2023.
  25. Michael Scheppe: Zulieferer: Kiekert will das Auto-Türschloss neu erfinden. In: Handelsblatt. 26. Juli 2017, abgerufen am 1. September 2023.
  26. Ulrich Bangert: Kiekert will das E-Tanken revolutionieren. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung. 13. Dezember 2022, S. 17.
  27. Klaus-Dieter Flörecke: Kiekert: Mehr Gestaltungsfreiheit dank E-Schloss. In: Automobilwoche. 24. April 2015, abgerufen am 1. September 2023.
  28. Bei Ford stehen die Fließbänder still. In: Der Tagesspiegel. 17. Juni 1998, abgerufen am 1. September 2023.
  29. Kiekert: Blitz und Donner. In: Manager Magazin. 1. März 1998, abgerufen am 1. September 2023.
  30. Ford prüft Regreßforderung gegen Kiekert. In: Die Welt. 26. Juni 1998, abgerufen am 1. September 2023.
  31. Kartellvorwürfe: EU verhängt Millionenstrafe gegen Autozulieferer Brose und Kiekert. In: Handelsblatt. 29. September 2020, abgerufen am 1. September 2023.

Koordinaten: 51° 19′ 28″ N, 6° 57′ 22″ O