Die Kirche in Rautenberg (russisch Кирха Раутенберга Kircha Rautenberga) im einstigen Ostpreußen war ein Bauwerk aus der beginnenden zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im Rundbogenstil errichtet. Bis 1945 war sie evangelisches Gotteshaus für die Bewohner im Kirchspiel des heute Uslowoje genannten Ortes in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)).

Kirche Rautenberg
Кирха Раутенберга
Baujahr: 1867 bis 1876
Einweihung: 1876
Stilelemente: Rundbogenstil
Bauherr: Evangelische Kirchengemeinde Friedrichswalde (später: Rautenberg)
(Kirchenprovinz Ostpreußen, Kirche der Altpreußischen Union)
Platz: 500 Personen
Lage: 54° 51′ 33,5″ N, 22° 17′ 5,7″ OKoordinaten: 54° 51′ 33,5″ N, 22° 17′ 5,7″ O
Standort: Uslowoje
Kaliningrad, Russland
Zweck: Evangelisch-lutherische Pfarrkirche
Gemeinde: Nicht mehr vorhanden.
Das Kirchengebäude ist dem Erdboden gleichgemacht

Geographische Lage

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Das heutige Uslowoje liegt im Südwesten des Rajon Krasnosnamensk (Kreis Lasdehnen, 1938 bis 1946 Haselberg) an einer Nebenstraße (27K-186), die Lunino (Lengwethen, 1938 bis 1946 Hohensalzburg) an der russischen Fernstraße A 198 (einstige deutsche Reichsstraße 132) mit Wesnowo (Kussen) an der Regionalstraße R 508 verbindet. Eine Bahnanbindung besteht nicht.

Der Standort der Kirche ist nicht mehr auszumachen, seit die letzten Ruinenreste abgerissen und beseitigt wurden.

Kirchengebäude

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Im Jahre 1853 begann man in Rautenberg mit der Nutzung einer provisorischen Kirche, zu der ein Gebäude auf dem Gelände des Gutsbesitzers Liebe diente. Erst ab 1867 wurde ein eigenes Gotteshaus[1] errichtet, das im Jahre 1876 eingeweiht werden konnte.[2] Dieses entstand auf den Grundmauern eines Pferdestalls des Gutsbesitzers Hofer aus Groß Skaisgirren (1938 bis 1946: Großschirren, russisch: Dunaiskoje, jetzt: Sorokino).

Bei dem Bauwerk handelte es sich um ein schlichtes, rechteckiges Gebäude im Rundbogenstil mit verputztem Ziegelmauerwerk. Ein kleiner Giebelturm diente als Träger für eine Glocke.

Der Innenraum war flach gedeckt und hatte seitliche Emporen. Hier fanden 500 Menschen Platz. Die Kanzel und der Altar waren übereinander angeordnet und einfach ausgeführt. Das Geläut der Kirche bestand aus nur einer Glocke.

In den beiden Weltkriegen wurde die Kirche nur unwesentlich in Mitleidenschaft gezogen. Nach 1945 allerdings diente sie zweckentfremdet als Lagerhalle und verfiel immer mehr. 1998 standen von dem Gebäude noch Ruinenreste,[3] die jedoch abgerissen und beseitigt wurden. Heute erinnert nichts mehr an die einstige Pfarrkirche in Rautenberg.

Kirchengemeinde

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Die Bevölkerung in der Gegend um Rautenberg war vor 1945 fast ausnahmslos evangelischer Konfession. Die erst späte Gründung einer Kirchengemeinde führte dazu, dass man 1853 ein zunächst provisorisches Kirchspiel gründete,[4] das ab 1866 „Kirchspiel Friedrichswalde“ genannt wurde.

Dieses Kirchspiel entstand durch Umpfarrungen von Orten aus den bereits bestehenden Pfarreien der Kirchen Budwethen (1938 bis 1946: Altenkirch, heute russisch: Malomoschaiskoje), Kraupischken (1938 bis 1946: Breitenstein, russisch: Uljanowo) und Kussen (russisch: Wesnowo). Das nachmalige Kirchspiel Rautenberg gehörte zunächst zum Kirchenkreis Ragnit (russisch: Neman), danach bis 1945 zur Ragnit im Kirchenkreis Tilsit-Ragnit in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Im Jahre 1925 zählte das Kirchspiel bei einer Volkszählung insgesamt 4.000 Gemeindeglieder, die in nahezu 40 Orten, Ortschaften und Wohnplätzen lebten.

Infolge des Zweiten Weltkrieges mit Flucht und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung sowie dem nachfolgenden Verbot aller kirchlichen Aktivitäten in der Sowjetunion erlosch die Kirchengemeinde Rautenberg. Erst in den 1990er Jahren bildeten sich in der seit 1991/92 zur Russland gehörenden Oblast Kaliningrad wieder evangelische Gemeinden. Die Uslowoje am nächsten liegende ist die in Sabrodino (Lesgewangminnen, 1938 bis 1946 Lesgewangen), die zur Propstei Kaliningrad[5] (Königsberg) der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) gehört.

Kirchspielorte

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Zum Kirchspiel der Rautenberger Kirche gehörten 38 Dörfer, Ortschaften bzw. Wohnplätze, die sowohl im Kreis Ragnit (ab 1922: Landkreis Tilsit-Ragnit) als auch im Kreis Pillkallen (ab 1939: Landkreis Schloßberg [Ostpr.]) lagen:[4]

Name Änderungsname
von 1938
Russischer Name
nach 1945
Name Änderungsname
von 1938
Russischer Name
nach 1945
Alt Moritzlauken Altmoritzfelde Kortschagino Grünkrug Bolochowo
Alt Stonupönen Altstonen Grünwalde
Alt Wingeruppen Windungen Dunaiskoje Iwenberg
Alt Wischteggen Altweiden (Groß) Kamanten Uslowoje
Antagminehlen Kernwalde Karalkehmen Karlen Kaschtanowka
Bärenfang
(Anteil Rautenberg)
Kurganskoje Karohnen Korobowo
Baltruschatschen Balzerhöfen Jakowlewo Klein Jodupönen Kleinsorge Sumarokowo
Barachelen Brachfeld Uslowoje Klein Meschkuppen Bärenbach Kuprino
Birkenfelde
[Kr. Pillkallen]
ab 1928:
Birkenhof
Kustarnikowo Klein Skaisgirren Lichtenrode
Birkenfelde
[Kr. Tilsit-Ragnit]
Stolbowoje Kuttkuhnen Kuttenhof
Blumenthal Lugowoje Laugallen Kleehausen Mostowoje
Brödlauken Bröden Melnitschnoje Lindenthal
Czuppen Schuppen Dunaiskoje Neu Moritzlauken Moritzfelde
Neu Stonupönen Hagenrode
Dro(s)zwalde Darwino Neuweide Djatlowo
Friedrichswalde Neu Wingeruppen ab 1928:
zu Neuweide
Girrehlischken A (zu) Drozwalde Krasnoselskoje Neu Wischteggen Henndorf Priwolnoje
Girrehlischken B Ebenwalde Orupönen Grünrode Sinjawino
Groß Baltruschehlen ab 1935:
Grüneichen
Rautenberg Uslowoje
Groß Jodupönen Schwarzfelde Trakeningken Ritterswalde
Groß Skaisgirren Großschirren Sorokino Uszgirren ab 1930:
Waldenau
Grünfelde Welnabalis ab 1927:
Jägerfeld

Zwischen 1853 und 1945 amtierten in der Pfarrei Friedrichswalde bzw. Rautenberg neun evangelische Geistliche:[6]

  • Adolf Leonhard Hermann Karck, 1853–1866
  • Otto Friedrich Hermann Krauss, 1866
  • Albert Hammer, 1866–1881
  • Martin Anton Friedrich Brausch, 1886–1896
  • Moritz Arthur Scheduikat, 1896–1909
  • Ernst Edwin Freutel, 1909–1914
  • Rudolf Erich Sack, 1913–1914
  • Hermann Rudolf Rumpel, 1914–1935
  • Walter Noetzel, 1936–1945.
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Einzelnachweise

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  1. Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens. Band 2, Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen 1968, S. 112, Abb. 498
  2. Bild der Rautenberger Kirche in den 1930er Jahren
  3. Bild der Ruinen der Kirche um 1993
  4. a b Walther Hubatsch: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens. Band 3, Dokumente, Göttingen 1968, S. 488.
  5. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info
  6. Friedwald Moeller: Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945. Hamburg, 1968, S. 119.