Kraftwerk Thun

Laufwasserkraftwerk in der Schweiz

Das Kraftwerk Thun besteht aus zwei Laufwasserkraftwerken an der Aare, die von Energie Thun zur lokalen Elektrizitätsversorger der Stadt Thun verwendet werden. Sie werden nach dem Jahr der Betriebsaufnahme als AAREwerk62 und AAREwerk94 bezeichnet und geben zusammen jährlich 38 GWh ins öffentliche Netz ab, was ungefähr einem Fünftel des Strombedarfs der Stadt Thun entspricht.[1] Die Vorgängeranlagen aus den Jahren 1896 und 1917 sind nicht mehr in Betrieb und wurden zurückgebaut.

AAREwerk62 und AAREwerk94
Im Fluss AAREwerk62. rechts Kraftwerk von 1917, das 1994 durch das AAREwerk94 ersetzt wurde
Im Fluss AAREwerk62. rechts Kraftwerk von 1917,
das 1994 durch das AAREwerk94 ersetzt wurde
Im Fluss AAREwerk62. rechts Kraftwerk von 1917,
das 1994 durch das AAREwerk94 ersetzt wurde
Lage
AAREwerk62 und AAREwerk94 (Stadt Thun)
AAREwerk62 und AAREwerk94 (Stadt Thun)
Koordinaten 613953 / 178960Koordinaten: 46° 45′ 42″ N, 7° 37′ 17″ O; CH1903: 613953 / 178960
Land Schweiz Schweiz
Kanton Bern Bern
Ort Thun
Gewässer Aare
Höhe Oberwasser 556,14 m ü. M.
Kraftwerk

Eigentümer Energie Thun
Betriebsbeginn 1. Elektrizitätswerk: 1896
2. Elektrizitätswerk: 1917
AAREwerk62: 1962
AAREwerk94: 1994
Stilllegung 1. Elektrizitätswerk: ca. 1960
2. Elektrizitätswerk: ca. 1992
Technik

Engpassleistung 1. Elektrizitätswerk: 0,45 MW
2. Elektrizitätswerk: 1,75 MW
AAREwerk62: 6,2 MW
AAREwerk94: 2,8 Megawatt
Durchschnittliche
Fallhöhe
6,5 m
Ausbaudurchfluss AAREwerk62: 70 m³/s
AAREwerk94: 50 m³/s
Regelarbeitsvermögen AAREwerk62 + AAREwerk94: 38 Millionen kWh/Jahr
Turbinen AAREwerk62:
2 × vertikale Kaplan-Turbinen
AAREwerk94:
1 × S-Turbine
Sonstiges

Website Energie Thun
Stand 2018

Geschichte

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Die Wasserkraft der Aare wurde in Thun schon vor Einführung der Elektrizität genutzt. Schon im Mittelalter gab es Wasserräder in Thun. Die Mühle Lanzrein installierte in den 1880er-Jahren Turbinen für den mechanischen Antrieb der Mahlwerke.[2] Später wurde in der Mühle mit einem 100-PS-Generator auch Strom für den Eigenbedarf erzeugt.[3]

Im Jahr 1883 erstellt Thun einen Gewerbekanal mit einer Turbine, welche mechanisch das Grundwasserpumpwerk der Stadt antrieb. 1891 wurde im Pumpwerk ein Gleichstromgenerator aufgestellt. 1896 wird das Pumpwerk auf elektrischen Betrieb umgestellt. Das erste Kraftwerk der Stadt Thun, damals noch Städtisches Elektrizitätswerk Thun genannt, nutzte das Wasser aus dem Gewerbekanal. Der Strom wurde nicht nur für den Antrieb des Pumpwerks benutzt, sondern auch für die elektrische Stadtbeleuchtung.[2] 1906 wurde die Anlage erweitert und ein Dampfkraftwerk gebaut, damit auch bei Wassermangel genügend Strom produziert werden konnte.

Das bestehende Kraftwerk genügte nicht mehr dem wachsenden Energiebedarf, sodass 1917 ein neues Kraftwerk gebaut werden musste, das immer noch mit Wasser aus dem Gewerbekanal betrieben wurde. Die Anlagen von 1896 wurden vorerst weiter genutzt und musste erst dem 1958 beschlossenen Neubau weichen, der später AAREwerk62 genannt wurde. Dieses Kraftwerk wurde nicht mehr als Ausleitungskraftwerk gebaut, sondern in das Wehr an der Aare integriert. Es wurde 1994 durch das AAREwerk94 ergänzt, dem das Kraftwerk aus dem Jahre 1917 weichen musste.

Städtisches Elektrizitätswerk 1896

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Im Kraftwerk an der Scheibenstrasse standen Turbinen, die von der Bell Maschinenfabrik geliefert wurden.[4] Nach der Wasserkraft-Statistik von 1928 waren vier Turbinen aufgestellt. Eine 180 PS- und eine 75 PS-Turbine lieferten Strom an die Schweizerischen Metallwerke Selve & Co., zwei 180-PS-Turbinen dienten der allgemeinen Elektrizitätsversorgung als Reserve und für die Stromerzeugung während der Nacht.[5] Die Anlage stand bis zum Bau des AAREwerk62 in Betrieb.

Elektrizitätswerk 1917

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Das Maschinenhaus des 1917 in Betrieb genommenen Kraftwerks war entlang des Flussufers der Aare angeordnet, das Wasser wurde durch einen Kanal von der Landseite durch einen Kanal in das Maschinenhaus geleitet. Im Maschinenhaus befanden sich zwei vertikale Francis-Turbinen der Escher Wyss AG aus Zürich angeordnet. Jede Turbine leistete 715 PS bei einer Nenndrehzahl von 150 min−1 und trieb einen 650 kVA-Generator der Maschinenfabrik Oerlikon an. 1935 wurde eine zusätzliche Kaplanturbine mit einer Leistung von 1430 PS installiert.[6] Die Anlage war bis zum Bau des AAREwerk94 in Betrieb.

AAREwerk62

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Das Kraftwerk steht quer zum Flussbett, die Aare wird über ein Klappenwehr aufgestaut. Im Maschinenhaus sind zwei vertikale Kaplanturbinen aufgestellt, die von 2010 bis 2012 erneuert wurden. Der Durchmesser der Laufräder beträgt 3,5 m. Die Generatoren haben eine Drehzahl von 107 min−1 und haben eine Nennleistung von 4,2 MVA.[7] Im Winter 2017/2018 wurde die erste Turbine, im Winter 2018/2019 die zweite Turbine auf PEEK-beschichtete Traglager umgebaut, welche geringere Reibungsverluste verursachen und gegenüber weissmetallbeschichteten Lagern temperaturbeständiger sind.[1]

AAREwerk94

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Das Kraftwerk ersetzte die Anlage von 1917. Es besteht aus einer einzigen S-Turbine, die ein Laufrad von 2,8 m Durchmesser hat, das sich mit 144 min−1 dreht. Der Generator ist über ein Getriebe mit der Turbine verbunden und hat eine Leistung von 3,75 MVA bei einer Drehzahl von 1000 min−1.

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Commons: Kraftwerk Thun – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Jungfrau Zeitung: Weltneuheit in den Aarewerken. 17. Februar 2019;.
  2. a b Anna Bähler: Gebändigt und genutzt: Die Stadt Thun und das Wasser in den letzten 300 Jahren. In: Berner Zeitschrift für Geschichte. Band 69, Nr. 03, 2007, S. 170, 174, 175 (bezg.ch [PDF]).
  3. Bundesamt für Energie (Hrsg.): Statistik der Wasserkraftanlagen der Schweiz. 1914 (Anlage Nr. 15).
  4. Elektrizitätswerk Thun. In: Illustrierte schweizerische Handwerker-Zeitung. Band 11, Nr. 36, 1895, S. 587.
  5. Bundesamt für Energie (Hrsg.): Statistik der Wasserkraftanlagen der Schweiz. 1928 (Anlage Nr. 14a und 14b).
  6. Bundesamt für Energie (Hrsg.): Statistik der Wasserkraftanlagen der Schweiz. 1947 (Anlage Nr. 4).
  7. Energie Thun (Hrsg.): Thuner AAREstrom. Hausgemacht und fischfreundlich. S. 10 (energiethun.ch [PDF]).