Der Landkreis Greifswald war ein Landkreis, der in Schwedisch-Vorpommern, der preußischen Provinz Pommern, der SBZ und der DDR von 1806 bis 1952 bestand. Sein Gebiet liegt heute im Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern.
Verwaltungsgeschichte
BearbeitenVorgeschichte
BearbeitenZum Ende des 15. Jahrhunderts endete auch die Geschichte der Burgbezirke. Es wurden die herzoglichen Vogteien gebildet, oft wurden nach der Reformation die Klostergebäude als Amtssitze genutzt. Sie bestanden bis 1648 und wurden abgelöst durch die schwedischen Ämter. Für den bezeichneten Bereich war das Amt Wolgast mit einem Amtshauptmann zuständig. 1806 führten die Schweden eine Gebietsreform durch. Schwedisch-Pommern wurde in die vier Ämter (schwedisch: Härade) Bergen, Franzburg, Greifswald und Grimmen eingeteilt.[1] Amtssitz wurde die Stadt Greifswald. Wegen der französischen Invasion (1807–1813) war diese Reform kaum wahrgenommen worden.
Königreich Preußen
BearbeitenNach dem Wiener Kongress kam Schwedisch-Pommern an das Königreich Preußen und wurde dort zum Regierungsbezirk Stralsund der Provinz Pommern. Aus den 1806 gebildeten schwedischen Ämtern wurden preußische Landkreise, darunter aus dem Amt Greifswald der Kreis Greifswald.[2] Dieser umfasste meist ländliche Gebiete um die Stadt Greifswald. Das Landratsamt (Kreishaus) befand sich zuerst in der Steinbecker Straße in Greifswald.
Norddeutscher Bund/Deutsches Reich
BearbeitenSeit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und seit dem 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich. Schrittweise wurde danach die Ständeeinteilung der Land- und Kreistage dezimiert und dann abgeschafft. Noch vor 1900 wurde die allgemeine Wahl zu den Kreistagen eingeführt.
Der Kreis umfasste 1871 die vier Städte Greifswald, Gützkow, Lassan und Wolgast sowie 32 Landgemeinden und 149 selbständige Gutsbezirke.[3] Seit ca. 1880 befand sich das Landratsamt (Kreishaus) in der Bahnhofstraße 46/47 (späteres Kunstinstitut) und seit 1912 am Markt 10 und Markt 11.
Am 1. April 1913 schied die Stadt Greifswald aus dem Kreis aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis. Damit erhielt der bisherige Kreis Greifswald die Bezeichnung Landkreis Greifswald. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Greifswald wie im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Zum 1. Oktober 1932 wurde der Regierungsbezirk Stralsund aufgelöst. Der Kreis Greifswald gehörte nun zum Regierungsbezirk Stettin.
Zwischen 1935 und 1939 wurden die Gemeinden des Landkreises – außer den drei Städten und den Inselgemeinden – zu den elf Großgemeinden Hanshagen, Katzow, Kröslin, Kuntzow, Landhagen, Lentschow, Quilow, Rubkow, Weitenhagen, Wusterhusen und Züssow zusammengeschlossen.[4] Diese Großgemeinden umfassten ungefähr die Gebiete der damaligen Amtsbezirke. Die Gemeinden Eldena und Wieck schieden am 1. April 1939 aus dem Landkreis aus und wurden in den Stadtkreis Greifswald eingegliedert. Ab 30. April 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt.
Sowjetische Besatzungszone / Deutsche Demokratische Republik
BearbeitenSeit 1945 gehörte der Landkreis Greifswald zum vergrößerten Land Mecklenburg-Vorpommern (Namensteil Vorpommern 1947 auf Befehl der Sowjetarmee gestrichen), ab 1947 Land Mecklenburg. Die in den 1930er Jahren gebildeten Großgemeinden wurden zum 1. August 1946 wieder aufgelöst und der Landkreis wurde neben den drei Städten Gützkow, Lassan und Wolgast wieder in traditionelle Gemeinden gegliedert.[5] Die Verwaltungen einschließlich der Bürgermeister wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht eingesetzt. 1946 gab es die ersten und in der SBZ bzw. DDR einzigen demokratischen und freien Wahlen.
Zu einer ersten Änderung der Kreisgrenzen kam es am 1. Juli 1950. Neu zum Landkreis kamen die Stadt Greifswald sowie die Gemeinde Mesekenhagen aus dem Landkreis Grimmen. Die Stadt Lassan sowie die Gemeinden Buggenhagen, Groß Polzin, Klein Bünzow, Klotzow, Murchin, Pamitz, Pinnow, Pulow, Rubkow, Salchow, Wahlendow, Wehrland und Ziethen wechselten aus dem Landkreis Greifswald in den Landkreis Anklam.
In der DDR fand am 25. Juli 1952 eine große Verwaltungsreform statt, bei der die fünf Länder aufgelöst und durch 14 Bezirke sowie die meisten Landkreise durch kleinere Kreise ersetzt wurden. Dabei wurde auch der alte Landkreis Greifswald aufgelöst:
- Die Gemeinden Groß Jasedow, Pätschow, Quilow und Schmatzin kamen zum Kreis Anklam.
- Der östliche, am Westufer des Peenestromes gelegene Teil des Landkreises mit der Stadt Wolgast sowie den Gemeinden Buddenhagen, Freest, Groß Ernsthof, Hohendorf, Hohensee, Hollendorf, Kröslin, Lubmin, Nonnendorf, Pritzwald, Rubenow, Spandowerhagen, Voddow, Wusterhusen und Zemitz bildete zusammen mit dem aufgelösten Landkreis Usedom und einem Teil des Landkreises Anklam den neuen Kreis Wolgast.
- Das restliche Gebiet des Landkreises bildete den Kreis Greifswald.
- Die Kreise Greifswald und Wolgast wurden dem neuen Bezirk Rostock zugeordnet, während der Kreis Anklam zum Bezirk Neubrandenburg kam.
Die zum Landtag 1946 gewählten Abgeordneten gingen ohne Neuwahlen in die neuen Bezirke über. Die Verwaltungsebenen in der SBZ und DDR waren die Räte, d. h. Rat des Bezirkes, Rat des Kreises und Rat der Stadt. Der Rat des Kreises Greifswald, ab 1990 Landratsamt befand sich bis 12. Juni 1994 in der Kaserne am Nexö-Platz.
Einwohnerentwicklung
BearbeitenJahr | Einwohner | Quelle |
---|---|---|
1816 | 29.485 | [6] |
1846 | 47.468 | [7] |
1871 | 54.274 | [3] |
1890 | 59.868 | [4] |
1900 | 61.840 | [4] |
1910 | 63.858 | [4] |
1925 | 41.012 | [4] |
1933 | 40.605 | [4] |
1939 | 39.041 | [4] |
1946 | 69.692 | [8] |
Kommunalverfassung bis 1945
BearbeitenDer Landkreis Greifswald gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren Auflösung 1928/29 – in selbstständige Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.
Landräte
Bearbeitenvon | bis | Landrat |
---|---|---|
1818 | Fischer | |
1820 | 1838 | L. C. Liedin |
1841 | von Mühlenfels | |
1843 | Rudolph, inter. | |
1844 | 1865 | Leopold von Seeckt (1795–1870) |
1868 | 1880 | Magnus von Wedel |
1881 | 1895 | Carl von Behr (1835–1906) |
1895 | 1918 | Carl von Behr (1865–1933) |
1919 | 1920 | Karl Knoll (* 1871) |
1920 | 1931 | Werner Kogge (1887–1973), (initiierte die Pommerschen Fischerteppiche) |
1932 | 1933 | Wilhelm Becker |
1934 | 1936 | Kurt Ebhardt (* 1890) |
1936 | 1942 | Walther von Corswant (1886–1942) |
1944 | 1945 | Wilderich von Merveldt |
Städte und Gemeinden
BearbeitenStand 1950
BearbeitenNach der Auflösung der in den 1930er Jahren gebildeten Großgemeinden umfasste der Kreis vor der ersten Gebietsreform in der DDR 1950 die folgenden Städte und Gemeinden:[5]
Vor 1950 aufgelöste oder ausgeschiedene Gemeinden
Bearbeiten- Bünzow, am 1. April 1938 zur Großgemeinde Rubkow
- Eldena, am 1. April 1939 zu Greifswald
- Gladrow, am 1. Dezember 1935 zur Großgemeinde Züssow
- Jarmshagen, am 1. April 1938 zur Großgemeinde Landhagen
- Karrin-Mittelhof, vor 1935 zu Groß Ernsthof
- Kiesow, am 1. Dezember 1935 zur Großgemeinde Züssow
- Klein Ernsthof, vor 1935 zur Großgemeinde Brünzow
- Konerow, am 1. Oktober 1937 zur Großgemeinde Wusterhausen
- Latzow, am 1. Oktober 1937 zur Großgemeinde Kröslin
- Neu Ungnade, vor 1935 zu Hinrichshagen
- Oie, nach 1939 zu Kröslin
- Pansow, am 1. April 1938 zur Großgemeinde Landhagen
- Ruden, nach 1939 zu Kröslin
- Spiegelsdorf, vor 1935 zu Adlig Boltenhagen
- Steffenshagen, am 1. April 1938 zur Großgemeinde Landhagen
- Wieck, am 1. April 1939 zu Greifswald
- Zarnitz, vor 1935 zu Hohendorf
Literatur
Bearbeiten- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 200–207 (Google Books).
- Heinrich Berghaus Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. IV. Teils II. Band: Greifswalder Kreis. Anklam 1868 (Google Books).
- Walther Hubatsch: Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945. Reihe A: Preußen. Band 3: Pommern. Marburg 1975, S. 93.
- Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Der Kreis Greifswald in der ehemaligen Provinz Pommern (2011).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Friedrich Hermann Sonnenschmidt (Hrsg.): Sammlung der für Neu-Vorpommern und Rügen in den Jahren 1802 bis Schluss 1817 ergangenen Gesetze. Band 1. Stralsund 1844, S. 288 (Digitalisat – Königlicher Erlass vom 9. Juli 1806).
- ↑ Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. IV. Teil, Band I. W. Dietze, Berlin 1866, Territorialgeschichte von Neu-Vorpommern und Rügen, S. 1 (Digitalisat).
- ↑ a b Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung 1871
- ↑ a b c d e f g Michael Rademacher: Landkreis Greifswald. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ a b GenWiki: Landkreis Greifswald
- ↑ Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Stralsund, S. 229 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
- ↑ Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 317 (Digitalisat).
- ↑ Volkszählung 1946
- ↑ Lentschow wurde am 1. August 1950 nach Murchin eingemeindet.
- ↑ Pinnow bei Anklam wurde am 1. August aus der am 15. Oktober 1938 gebildeten Großgemeinde Lentschow als selbständige Gemeinde ausgegliedert. Am 1. Juli 1950 wechselte Pinnow zum Kreis Anklam.