Lüneburgit
Lüneburgit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Borate“ (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate) mit der chemischen Zusammensetzung Mg3[(PO4)2|B2(OH)6]·6H2O[2] und ist damit chemisch gesehen ein Magnesium-Borophosphat.
Lüneburgit | |
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Lüneburgit aus Lüneburg, Niedersachsen | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Lbu[1] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Borate (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate) |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
V/H.03 V/H.03-020 6.AC.60 43.05.11.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse; Symbol | triklin-pinakoidal; 1[5] |
Raumgruppe | P1 (Nr. 2)[4] |
Gitterparameter | a = 6,3475(6) Å; b = 9,8027(ll) Å; c = 6,2976(5) Å α = 84,46(l)°; β = 106,40(l)°; γ = 96,40(1)°[4] |
Formeleinheiten | Z = 1[4] |
Zwillingsbildung | im Allgemeinen Rotationszwillinge nach [110][6] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | ≈ 2[6] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,05; berechnet: 2,204[6] |
Spaltbarkeit | deutlich nach {010}[6] |
Farbe | farblos, weiß bis bräunlichweiß, grün |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,520 bis 1,522[7] nβ = 1,540 bis 1,541[7] nγ = 1,545 bis 1,548[7] |
Doppelbrechung | δ = 0,025 bis 0,026[7] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 63°[7] |
Lüneburgit kristallisiert im triklinen Kristallsystem, entwickelt jedoch nur selten mit bloßem Auge sichtbare Kristalle und pseudohexagonale Zwillinge mit tafeligem bis blockigem Habitus bis etwa drei Millimeter Größe. Meist findet er sich in Form von feinfaserigen bis erdigen Knollen sowie nierigen oder kugeligen Mineral-Aggregaten. In reiner Form ist Lüneburgit farblos. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine bräunlichweiße oder grüne Farbe annehmen.
Etymologie und Geschichte
BearbeitenErstmals entdeckt wurde Lüneburgit 1870 im Lüneburger Stadtteil Volgershall im Nordosten von Niedersachsen. Beschrieben wurde das Mineral durch C. Nöllner, der es nach seiner Typlokalität benannte.
Klassifikation
BearbeitenIn der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Lüneburgit noch zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Gruppenborate“, wo er zusammen mit Wiserit die „Wiserit-Lüneburgit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/H.03 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Lüneburgit in die nun eigenständige Klasse der „Borate“ und dort in die Abteilung der „Monoborate“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „B(O,OH)4, ohne und mit zusätzlichen Anionen; 1(T), 1(T) + OH usw.“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 6.AC.60 bildet.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Lüneburgit dagegen in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 43.05.11 innerhalb der Unterabteilung „Zusammengesetzte Phosphate etc. (Wasserhaltige zusammengesetzte Anionen mit Hydroxyl oder Halogen)“ zu finden.
Kristallstruktur
BearbeitenLüneburgit kristallisiert im triklinen Kristallsystem in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2) mit den Gitterparametern a = 6,3475(6) Å, b = 9,8027(ll) Å, c = 6,2976(5) Å, α = 84,46(l)°, β = 106,40(l)° und γ = 96,40(1)°, sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[4]
Bildung und Fundorte
BearbeitenLüneburgit bildet sich in marinen Evaporiten. Gefunden wurde das Mineral bisher nur an wenigen Stellen im Anhydrit oder Gips.
Als Fundstätten sind außer seiner Typlokalität Lüneburg (Niedersachsen) sowie dem Thüringer Wald in Deutschland noch Antofagasta in Chile; Serbien; die Halbinsel Krim in der Ukraine; sowie New Mexico in den USA bekannt.[8]
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Wilhelm Biltz, E. Marcus: Über den Lüneburgit. In: Zeitschrift für Anorganische Chemie. Sonderabdruck. Hrsg. von G. Tamman und Richard Lorenz. Voss Leipzig 1912
- C. Nöllner: Ueber den Lüneburgit In: Sitzungsberichte der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München. Band 1, 1870, S. 291–293 (PDF 200 kB)
- Jens Müller and Frank Fabricius: 27. Lüneburgite [Mg3(PO4)2B2O(OH)4×6H2O] in upper miocene sediments of the eastern mediterranean sea (online verfügbar bei deepseadrilling.org; PDF 815,1 kB)
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 587 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
Bearbeiten- Mineralienatlas: Lüneburgit (Wiki)
- Mindat – Lüneburgite (englisch)
- American Mineralogis Crystal Structure Database – Luneburgite (englisch)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
- ↑ Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ a b c d P. K. Sen Gupta, G. H. Swihart, R. Dimitrijevic, M. B. Hossain: The crystal structure of luneburgite, Mg3(H2O)6[B2(OH)6(PO4)2] In: American Mineralogist Band 76, 1991, S. 1400–1407 (PDF 843,9 kB)
- ↑ Webmineral – Luneburgite (englisch)
- ↑ a b c d Lüneburgite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 489 kB)
- ↑ a b c d e Mindat – Lüneburgite (englisch)
- ↑ Fundortliste für Lüneburgit beim Mineralienatlas und bei Mindat