Lemniskatischer Arkussinus

mathematische Funktion

Der lemniskatische Arkussinus oder Arcussinus lemniscatus (kurz arcsl) ist eine spezielle mathematische Funktion, nämlich die Umkehrfunktion des von dem Mathematiker Carl Friedrich Gauß im 19. Jahrhundert eingeführten Sinus lemniscatus. Der lemniskatische Arkussinus entspricht derjenigen Funktion für die Lemniskate, die der Arkussinus für den Kreis ist. In der Lemniskate von Bernoulli ordnet der lemniskatische Arkussinus die Länge der vom Ursprung ausgehenden Sehne das zugehörige ebenso vom Ursprung ausgehende Bogenmaß der Lemniskatenkurve zu. Der Arcussinus lemniscatus ist ein unvollständiges elliptisches Integral erster Art mit dem elliptischen Modul .

Definition

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Hauptdefinition

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In der oben abgebildeten Lemniskate gilt folgende von Giulio Carlo Fagnano dei Toschi um 1750 untersuchte Formel für die Bogenlänge:

 

Das Doppelte des Integrals von 0 bis 1 ist die im Jahr 1798 von Carl Friedrich Gauß eingeführte Lemniskatische Konstante:

 

Dementsprechend ist nach dem Mathematiker Edward Neuman der Lemniskatische Arkuscosinus so definiert:

 

So schrieb er die Definition in seinem Werk Two-sided inequalities for the lemniscate functions nieder.

Verallgemeinerung

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Den lemniskatischen Arkussinus durch den japanischen Mathematiker Kazunori Shinohara auf den Allgemeinfall der Leaf Functions erweitert:

 

Kreisbogenmaßfall:

 

Lemniskatenbogenmaßfall:

 

Beweis der Formel

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Arcussinus lemniscatus und Arcuscosinus lemniscatus in Abhängigkeit von der Sehnenlänge

Für die oben abgebildete Lemniskate von Bernoulli gilt folgende Parametrisierung:

  und  

Daraus folgt für r:

 

In Abhängigkeit von r ergeben sich folgende Formeln:

  und  

Für die Berechnung der vom Ursprung ausgehenden Kurvenlänge s wird der Pythagoras der ersten Ableitungen von x und y gebildet und dieser integriert:

 
 
 

Geschichte

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Der Mathematiker Leonhard Euler griff im Jahre 1750 die Untersuchungen des italienischen Mathematikers Giulio Carlo Fagnano dei Toschi beim Durchsehen seiner Werke auf. Mit diesen Werken beantragte Fagnano die Aufnahme in die Berliner Akademie. Diese Zeit war der Ursprung der Theorie Elliptischer Integrale, woraus im 19. Jahrhundert die Theorie Elliptischer Funktionen durch Carl Gustav Jacob Jacobi und Niels Henrik Abel entstand. Bereits im Jahre 1691 tauchte bei Jakob I Bernoulli folgendes Integral im Rahmen der Elastizitätstheorie auf:

 

Dieses Integral war sowohl Bernoulli als auch Carl Friedrich Gauß als Lemniskaten-Integral bekannt. Gauß untersuchte wahrscheinlich unabhängig von Euler und Fagnano dieses Integral. Dadurch erzielte Gauß tiefliegende jedoch unveröffentlichte Resultate über elliptische Integrale und ihre Umkehrfunktionen. Diese sind in seinem Werk Disquisitiones Arithmeticae verewigt.

Reihenentwicklung

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Die Taylorreihe des lemniskatischen Arkussinus mit dem Entwicklungspunkt 0 erhält man durch Entwickeln der Ableitung in eine binomische Reihe und anschließende Integration:

 

Diese Reihe konvergiert genau dann, wenn   ist.

Daraus folgt:

 

Mit folgender Gleichung können noch schärfere Näherungen erzielt werden:

 

Dabei ist sl der lemniskatische Sinus.

Alternativer Ausdruck:

 

Weitere Darstellungen

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Der Arcussinus lemniscatus hat als elliptisches Integral erster Art ebenso folgende Darstellungen in der Legendre-Form:

 
 
 

Außerdem können die Bogenmaße der Lemniskate auch ausschließlich durch die Bogenmaße der Ellipsen dargestellt werden:

 

Additionstheorem

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Das Additionstheorem sieht so aus:

 

Denn es gilt folgender Zusammenhang:

 

Werte und Ableitungen

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Werte des lemniskatischen Arkussinus:

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ableitungen des lemniskatischen Arkussinus:

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Komplementärer lemniskatischer Arkussinus

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Definition des komplementären lemniskatischen Arkussinus

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Der komplementäre lemniskatische Arkussinus beziehungsweise Lemniskatische Arkussinus zweiter Art ist so definiert:

 

Daraus folgt:

 

Somit hat der komplementäre Arkussinus Lemniscatus auch diese Identität zu den unvollständigen elliptischen Integralen zweiter Art:

 

Analog gilt für den regulären lemniskatischen Arkussinus diese Formel:

 

Legendresche Identität

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Der lemniskatische Fall für die Legendresche Identität kann basierend auf den genannten Definitionen so hergeleitet werden:

Gegeben ist diese Formel, welche durch die Integration mit den genannten lemniskatischen Bogenmaßfunktionen als Stammfunktionen direkt gezeigt werden kann:

 

Durch Bildung der Ursprungsstammfunktion bezüglich x entsteht folgender Ausdruck:

 

Durch Einsatz des Wertes   entsteht dann diese Formel:

 

Daraus ergibt sich der folgende Wert für den komplementären Arkussinus Lemniscatus:

 

Dann gilt auch:

 
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