Der Lhotse (in China offiziell Lhozê; tibetisch ལྷོ་རྩེ Wylie lho rtse; chinesisch 洛子峰, Pinyin Luòzǐ Fēng) ist ein Berg im Himalaya an der Grenze zwischen Nepal und China. Mit einer Höhe von 8516 m ist er der vierthöchste Berg der Erde. Der Lhotse ist ein Nachbarberg des Mount Everest, mit dem er über dessen 7986 m hohen Südsattel verbunden ist. Der tibetische Name Lhotse bedeutet „Südspitze“ und deutet auf die Zugehörigkeit zum Everest-Massiv hin.
Lhotse | |
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Lhotse-Südwand vom Chukhung Ri | |
Höhe | 8516 m |
Lage | Solukhumbu, Nepal, und Tibet, China |
Gebirge | Mahalangur Himal (Himalaya) |
Dominanz | 2,62 km → Mount Everest |
Schartenhöhe | 610 m ↓ Everest-Südsattel (South Col) (7906 m) |
Koordinaten | 27° 57′ 48″ N, 86° 56′ 0″ O |
Erstbesteigung | 18. Mai 1956 durch Ernst Reiss und Fritz Luchsinger |
Normalweg | Western Cwm → Nordwestwand |
Vom Lhotse und seinem Nebengipfel Lhotse Shar fallen in südlicher Richtung über 3000 m hohe Felswände ab. Diese zählen durch den enormen Höhenunterschied und die extreme Höhe zu den klettertechnisch schwierigsten und gefährlichsten Wänden der Erde.
Besteigungsgeschichte
BearbeitenDie Erstbesteigung gelang am 18. Mai 1956 einer Schweizer Expedition. Fritz Luchsinger und Ernst Reiss waren die Ersten der elfköpfigen Mannschaft, die unter der Leitung von Albert Eggler den Gipfel erreichten. Die Schweizer Himalaja-Expedition im Auftrag der Schweizerischen Stiftung für Alpine Forschung hatte ihr Basislager bereits am 7. April in 5370 m Höhe auf dem Khumbu-Gletscher aufgeschlagen. Lager IV wurde am 1. Mai auf 6800 m Höhe eingerichtet. Vom rund 1000 m höher gelegenen Lager VI aus gelang der erste sogenannte Gipfelsturm des Lhotse. Diese Lagerkette ausnutzend erreichten zudem vier Expeditionsteilnehmer den Gipfel des benachbarten Mount Everest. Ernst Schmied und Jürg Marmet standen am 23. Mai 1956 auf dem höchsten Berg der Welt, womit ihnen die zweite Besteigung des Berges gelang. Am 24. Mai folgte die dritte Besteigung des Everest durch Hansruedi von Gunten und Dölf Reist.
1977 erreichte Michael Dacher als erster Mensch ohne zusätzlichen Sauerstoff den Gipfel.[1]
Am 16. Oktober 1986 stand Reinhold Messner gemeinsam mit Hans Kammerlander auf dem Gipfel des Lhotse. Messner konnte den Gipfel noch vor Wintereinbruch und bereits 20 Tage nach dem des Makalu erreichen. Damit war Reinhold Messner der erste Mensch, der auf allen 14 Achttausendern stand.
Am 24. Oktober 1989 stürzte Jerzy Kukuczka an der Südwand auf einer Höhe von 8200 m tödlich ab. 1989 scheiterte auch Reinhold Messner hier als Leiter einer internationalen Expedition.
Am 24. April 1990 will der Slowene Tomo Česen eine Durchsteigung der Südwand bis zum Gipfel geschafft haben, kann jedoch keine eindeutigen Beweise vorlegen. Allerdings gehen seinem Vorhaben jahrelange Vorbereitungen und Monate des Routen- und Wetterstudiums an der Wand voraus. Zudem fallen die Tage seines Aufstiegs, das Erreichen des Gipfels und der Abstieg über dieselbe Route nachweislich mit einer Vollmondphase zusammen, was entscheidend war, da Česen durch Stein- und Eisschlag nur in der Nacht einigermaßen sicher und alleine klettern konnte.
Im Oktober 1990 war eine sowjetische Expedition unter Zuhilfenahme von zusätzlichem Sauerstoff an der Lhotse-Südwand erfolgreich. Der Ukrainer Serhij Berschow und der Russe Wladimir Karatajew erreichten nachweislich den Gipfel.
Am 30. September 2018 fuhren Hilaree Nelson und Jim Morrison vom Gipfel des Lhotse mit Ski ab. Es war die erste komplette Skibefahrung.[2]
Gipfel des Lhotse
BearbeitenBezeichnung | Höhe[3] | Datum der Erstbesteigung | Erstbesteigung |
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Lhotse (Lhotse Main) | 8516 m | 18. Mai 1956 | F. Luchsinger, E. Reiss |
Lhotse Middle (Lhotse West, Westlicher Zwischengipfel) | 8410 m | 23. Mai 2001 | A. Bolotov, P. Kuznetsov, S. Timofeev, Y. Vinogradski |
Lhotse Middle (Östlicher Zwischengipfel) | 8372 m | unbestiegen | |
Lhotse Shar (Ostgipfel) | 8382 m | 12. Mai 1970 | Sepp Mayerl, Rolf Walter |
Lhotse Middle
BearbeitenDer Lhotse Middle ist nur ein Nebengipfel des Lhotse, der trotz einer Höhe von 8410 m nicht in der klassischen Liste der 14 Achttausender auftaucht. Dies und vor allem auch seine Lage auf einem extrem steilen und zerklüfteten Grat haben dazu geführt, dass er erst 2001 bestiegen wurde.
Er befindet sich zwischen dem Hauptgipfel und dem Lhotse Shar und wird deswegen auch als Zwischengipfel bezeichnet. Er ist der höhere und westlichere der zwei Zwischengipfel des Lhotse. Der zweite Zwischengipfel wird ebenfalls als Middle bezeichnet, aber meistens mit dem Zusatz East für die östlichere Lage. Die Höhe wird in den Quellen teilweise unterschiedlich angegeben, mit 8400 m, aber auch mit nur 8372 m.
Lhotse Shar
BearbeitenDer Lhotse Shar ist ein 8382 m hoher Nebengipfel des Lhotse. Er befindet sich am östlichen Ende des extrem steilen und zerklüfteten Grates und wird deshalb auch Ostgipfel genannt. Er wird offiziell als Nebengipfel des Lhotse geführt. Von der Dominanz und der Schartenhöhe her gesehen verfehlt er nur knapp die für den Himalaya festgelegten Grenzen, um als eigenständiger Gipfel zu gelten.
Literatur
Bearbeiten- Albert Eggler: Gipfel über den Wolken. Hallwag, Bern 1956 (Bericht der Erstbesteiger)
- Reinhold Messner: Die Herausforderung. Zwei und ein Achttausender. Droemer Knaur, München 1980, ISBN 3-426-03603-7.
Weblinks
Bearbeiten- Lhotse auf Peakbagger.com (englisch)
- Lhotse bei himalaya-info.org
- Die Schweizer Mount Everest/Lhotse-Expedition 1956 ( vom 10. Juni 2009 im Internet Archive) (Schweizerische Stiftung für Alpine Forschung)
- Fotos von der Schweizer Everest-Lhotse-Expedition von 1956 (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (Schweizer Alpen-Club)
- Die Ersteigungsgeschichte auf bergfieber.de (private Website)
- Lhotse Middle (8414 m) (englisch)
Fußnoten
Bearbeiten- ↑ Gerhard Schmatz: Lhotse 8.516 m. In: Mein Leben : Berge, Berge. Abgerufen am 12. August 2023: „Der große Erfolg unserer Expedition, bei der übrigens Michel Dacher als erster Mensch einen über 8.500 m hohen Berg ohne künstlichen Sauerstoff bestiegen hat, bleibt für immer überschattet von der Trauer um unseren Freund Max Lutz.“
- ↑ Stephanie Geiger: Neun Tote im Himalaja. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Oktober 2018.
- ↑ Eberhard Jurgalski: Höhen- und Besteigungdaten auf www.8000ers.com