Lombarde (Schmuckbuchstabe)

gotische Zier-Unziale

Eine Lombarde ist ein im Vergleich zur Grundschrift größerer und andersfarbiger Schmuck- und Gliederungsbuchstabe. Lombarden (auch Lombardische Versalien oder Lombardische Majuskeln genannt) sind in spätmittelalterlichen Handschriften (ca. 1250–1500) und Inkunabeln (1438–1500) zu finden. Der Begriff Lombarde wird in den Bereichen Paläografie, Kalligrafie, Paläotypie und Typografie verwendet.[1] Lombarden zählen zum Buchschmuck und wegen ihrer Farben zur Rubrizierung.

Initiale als Rahmen für eine Figur; der Name in länglichen Lombarden (13. Jahrhundert)

Zur Bezeichnung

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Laut Karin Schneider sind Lombarden die „gerundeten unverzierten Initialen zu Text- und Kapitelbeginn“.[2] Wolfgang Beinert gibt jedoch an: „Lombarden sind keine Initialen, auch wenn sie wie ‚kleine Initialen‘ aussehen.“ Initialen seien „opulenter“ verziert als Lombarden, die zudem auch deutlich kleiner seien als Initialen.[1]

František Muzika schrieb über die „sogenannten“ lombardischen Versalien, zu dieser Bezeichnung sei es „aus unerfindlichen Gründen“ gekommen. Man könne sie „schwerlich mit der Lombardei und umso weniger mit dem lombardischen oder gar langobardischen Schriftschaffen in Beziehung bringen“.[3] Muzika bevorzugte die Bezeichnung „gotische Unziale“. Es handle sich um die „ältere Form der gotischen Buchmajuskel“.[4]

Gestalt und Farben

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Lombarden sind größer als die normalen Buchstaben, sie können sich auch über zwei oder drei Verszeilen erstrecken. Typisch sind Verzierungen, die im Vergleich zu (anderen) Initialen spärlich oder sogar grob wirken, zum Beispiel schlichte Schnörkel, Schleifen, senkrechte oder waagerechte Striche, Maiglöckchen, Blätter und Blüten. Einfache Lombarden wurden in wenigen Zügen gezeichnet und direkt mit der Feder ausgemalt.[1]

Bernhard Bischoff nennt die Formen der Lombarden „schwer“ und „bauchig“. Lombarden wurden fast ausschließlich entweder blau oder rot gefärbt.[5]

Ursprung und Verbreitung

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In Handschriften

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Entwicklung der Lombarden (gotische Zier-Unziale)

Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert wurden neben reich geschmückten Initialen zusätzlich Lombarden für Hervorhebungen in den Texten der gotischen Minuskel verwendet. Bei diesen Lombarden handelt es sich um relativ kleine, schmucklose oder nur wenig verzierte Unzialbuchstaben in roter oder blauer Farbe. Sie wurden mit einer Rohrfeder oder einem Gänsekiel geschrieben. Die Tinte wurde aus Mennige (minium) oder aus blauen (lazurium) Pigmenten in Wasser, unter Zusatz von Eiweiß oder Eigelb, angesetzt.

Es sind bauchige (unziale) Buchstaben in Form von „Majuskeln im gotischen Stil“ wie die Gotische Majuskelschrift auf Grabplatten (Epitaphen), Taufbecken oder Glocken. Die Buchstaben passten sich der äußeren Kontur eines Quadrates oder Rechtecks an. Rötliche Lombarden werden als „rubrizierte Lombarden“ bezeichnet.[1] Auch bei heutigen Kalligrafen ist diese gotische Zier-Unziale beliebt.

In Buchdrucken

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Die Verbreitung der Schriftauszeichnung erlebte im 15. Jahrhundert in Frankreich einen Höhepunkt (mit Fleuronné-Ornamenten[6]) und in Deutschland mit den „Maiglöckchen-Initialen“ von Günther Zainer.[7] Moderne Typografen wie William Morris und Frederic Goudy machten sie wieder populär („Uncial Gothic Capitals“).

Die Auszeichnungen in der Gutenberg-Bibel entstanden im Anschluss an den Buchdruck. Sie waren die Aufgabe des Rubrikators. Gutenbergs Nachfolger, Peter Schöffer, druckte den Psalter 1457 bereits mit roten, einzeiligen und zweizeiligen Lombarden (Q) in zwei Druckdurchgängen.

Siehe auch

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Einzelhinweise

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  1. a b c d Lombarde im Typolexikon von Wolfgang Beinert.
  2. Karin Schneider: Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten: Eine Einführung. 3. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2014, ISBN 978-3-11-037308-0, S. 155.
  3. František Muzika: Die schöne Schrift in der Entwicklung des lateinischen Alphabets. Artia, Prag 1965. Band I, S. 339.
  4. František Muzika: Die schöne Schrift in der Entwicklung des lateinischen Alphabets. Artia, Prag 1965. Band I, S. 335: Gotische Unziale.
  5. Bernhard Bischoff: Paläographie des römischen Altertums und des abendländischen Mittelalters. 4. Auflage, Erich Schmidt, Berlin 2009, ISBN 978-3-503-09884-2, S. 298.
  6. Wolfgang Augustyn, Christine Jakobi-Mirwald, Christine Sauer, Martin Roland: Fleuronné, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte IX (1996), Sp. 1113–1196.
  7. Albert Kapr: Schriftkunst. Geschichte, Anatomie und Schönheit der lateinischen Buchstaben. Verlag der Kunst, Dresden 1971, S. 67 und Abbildung auf S. 144.