Lucius Iavolenus Priscus

römischer Suffektkonsul 86 und Jurist

Gaius Octavius Tidius Tossianus Lucius Iavolenus Priscus, zumeist einfach Javolen, war ein römischer Politiker, Senator und Jurist des 1. Jahrhunderts n. Chr.

Javolen war um 100 Schulhaupt der Sabinianer[1] und Lehrer des bedeutenden Rechtsgelehrten Julian.[2] Die Ämterlaufbahn des an der Wende der Früh- zur Hochklassik stehenden Juristen ist inschriftlich gut bezeugt. Fast wie im Kontrast zu seinem in Rom gewonnenen Ruhm erwähnt die aufsteigend geordnete Laufbahn keine stadtrömischen Ämter – auch das Konsulat nicht –, sondern nur provinziale Stellen. Allerdings wurde er von Kaiser Vespasian in den Senatorenstand gehoben.[3]

Javolen begann seine Laufbahn als Legat der Legio IIII Flavia Felix in Dalmatien. Danach, im Jahr 83, war er Legat der Legio III Augusta in Numidien. Nach diesem Kommando war er noch iuridicus (Gerichtsvorsitzender) in der Provinz Britannien (84/86?), ehe er im letzten Nundinium (September/Dezember) des Jahres 86 zusammen mit Aulus Bucius Lappius Maximus sein Suffektkonsulat antrat. Danach war Javolen zunächst Statthalter in der Provinz Germania superior (89/90–91/92). Er ist dort durch Militärdiplome,[4] die auf den 27. Oktober 90 datiert sind, nachgewiesen.[5][6] Als weiteres folgten noch die Statthalterschaften der Provinzen Syria (ca. 98/99–ca. 99/100) und Africa (wahrscheinlich um 101).

Javolen saß im Konsilium, dem Expertenrat der Kaiser Trajan und Hadrian. Seine Schriften, insbesondere die 14 libri epistularum, sind Meisterleistungen der Fallanalyse. Er fokussierte darin rechtsbezogene Probleme und schärfte das Problembewusstsein dafür. Er vermied es zu verallgemeinern, denn jede Definition (omnis definitio) erschien ihm im Bereich des Privatrechts, dem ius civile gefährlich.[7] Der spätantike Kaiser Justinian ließ 72 Fragmente seines Schaffens in die Digesten aufnehmen.[2] Schließlich erlangte Javolen auch Bedeutung in seiner Eigenschaft als Revisor älterer juristischer Literatur. Dafür stehen kommentierende Stellungnahmen zum jeweils vorangestellten Grundtext namhafter Autoren, so in fünfzehn Büchern Ex Cassio libri,[8] in fünf Büchern libri ad Plautium[2] und in zehn Büchern libri ex posterioribus Labeonis.[9]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Detlef Liebs: Hofjuristen der römischen Kaiser bis Justinian. Bayerische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, München 2010, C. H. Beck, ISBN 978-3-7696-1654-5, S. 30 f.
  2. a b c Herbert Hausmaninger, Walter Selb: Römisches Privatrecht, Böhlau, Wien 1981 (9. Auflage 2001) (Böhlau-Studien-Bücher) ISBN 3-205-07171-9, S. 45.
  3. Detlef Liebs: Rechtsliteratur. In: Ulrike Babusiaux, Christian Baldus, Wolfgang Ernst, Franz-Stefan Meissel, Johannes Platschek, Thomas Rüfner (Hrsg.): Handbuch des Römischen Privatrechts. Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-152359-5. Band I, S. 193–221, hier S. 205 (Rn. 27).
  4. Militärdiplome des Jahres 90 (CIL 16, 36, RMD 5, 333).
  5. Paul A. Holder: Roman Military Diplomas V (= Bulletin of the Institute of Classical Studies Supplement 88), Institute of Classical Studies, School of Advanced Study, University of London, London 2006, S. 726–727, Nr. 333, Anm. 5.
  6. Peter Weiß: Ein neuer Legat Domitians von Germania superior in einem Militärdiplom: Sex. Lusianus Proculus. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik, Band 147 (2004), S. 229–234, hier S. 234 (Online).
  7. Digesten 50,17,202
  8. Ulrich Manthe: Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus, 1982; dazu Ralph Backhaus: In maiore minus inest: Eine justinianische „regula iuris“ in den klassischen Rechtsquellen — Herkunft, Anwendungsbereich und Funktion, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 100, Heft 1, 1983. S. 136–184.
  9. Christiane Kohlhaas: Die Überlieferung der libri posteriores des Antistius Lebeo, Centaurus, Pfaffenweiler 1986.; dazu Johannes Michael Rainer: Christiane Kohlhaas, Die Überlieferung der libri posteriores des Antistius Labeo, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 105, Heft 1, 1988. S. 851–855.