Magma (Mathematik)

algebraische Struktur aus Trägermenge und zweistelliger Verknüpfung

In der Mathematik ist ein Magma (neutrum, Mehrzahl Magmen oder Magmata) eine algebraische Struktur, bestehend aus einer Menge von Elementen zusammen mit einer Verknüpfung zweier beliebiger Elemente dieser Menge, die wiederum ein Element aus dieser Menge ergibt. Es wird auch Gruppoid,[1] manchmal Binar oder Operativ genannt. Weitere Anforderungen an die Struktur eines Magmas werden nicht gestellt. Der Begriff wurde 1926 von dem deutschen Mathematiker Heinrich Brandt als Gruppoid entwickelt. Das Wort Magma hierfür wurde dann 1964 vom französischen Mathematiker Jean-Pierre Serre in seinen Vorlesungen an der Harvard University verwendet.[2] Im Französischen bedeutet Magma – zwar veraltet, aber gebräuchlich – sinngemäß „wirres, unauflösbares Gemisch“, „Gemenge abstrakter Dinge“[3] und soll somit sinnbildlich für diese algebraische Struktur stehen. Dieser von Jean-Pierre Serre gewählte Begriff wurde in die 1974 erschienene Auflage des Standardwerks Algebra I vom französischen Autorenkollektiv Nicolas Bourbaki übernommen und hat sich dadurch in Fachkreisen etabliert[4].

Eine Verallgemeinerung des Magmas ist das Pseudo-Magma, in dem die Verknüpfung nicht mehr auf der ganzen zugrundeliegenden Menge erklärt sein muss, also partiell sein kann.

Definitionen

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Ein Magma ist ein Paar   bestehend aus einer Menge   (der Trägermenge) und einer zweistelligen inneren Verknüpfung  

Für  , die Verknüpfung zweier Elemente  , schreibt man auch kurz  .

Die leere Menge   kann auch als Trägermenge   zugelassen werden; das Paar   ist auf triviale Weise ein Magma.

Ist die Verknüpfung kommutativ, so heißt das Magma kommutativ oder abelsch; ist sie assoziativ, so heißt das Magma assoziativ oder Halbgruppe.

Untermagma

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  • Sei   ein Magma. Ein Magma   heißt Untermagma von  , wenn   und  , d. h., die Verknüpfung   ist die Einschränkung von   auf  .

Genau dann ist also   ein Untermagma von  , wenn   und   abgeschlossen ist bezüglich  , d. h., es gilt

  für alle  .

  nennt man dann auch Obermagma von  .

  • Der Durchschnitt von Untermagmen ist ein Untermagma.
  • Jede Teilmenge   eines Magmas ist enthalten in einem kleinsten Untermagma, das   enthält. Dieses Untermagma heißt von   erzeugt.

Beispiele

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Magmen, die keine Halbgruppen sind

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Die folgenden Beispiele sind Magmen, die keine Halbgruppen sind:

  •  : die ganzen Zahlen mit der Subtraktion
  •  : die reellen Zahlen ungleich   mit der Division
  • Die natürlichen Zahlen mit der Exponentiation, also mit der Verknüpfung  
  • Die reellen Zahlen mit der Bildung des arithmetischen Mittels als Verknüpfung
  • Alle Gleitkommadarstellungen (Gleitkommazahl) zu beliebigen Basen, Exponenten- und Mantissenlängen mit der Multiplikation (×) sind echte, unitäre, kommutative Magmen wenn man (der Abgeschlossenheit wegen) die ±∞, ±∞ × 0 und 0 × ±∞ (NaNs) hinzunimmt. So ist die Gleitkommamultiplikation weder assoziativ noch besitzt sie im Allgemeinen ein eindeutiges Inverses, auch wenn beides für einige Fälle tatsächlich gilt.
  • Endliche Magmen werden oft mit Verknüpfungstafeln dargestellt, z. B. für das Magma  :
  a b c d
a a b c a
b c d b c
c c a a c
d a d d b

Die Verknüpfung   in diesem Beispiel ist nicht assoziativ, wie das folgende Beispiel zeigt:  .

Beispiele für Pseudo-Magmen

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Die folgenden Beispiele sind keine Magmen, da die angegebene Verknüpfung nicht für alle möglichen Werte definiert ist (sie sind also Pseudo-Magmen):

  • Die natürlichen Zahlen mit der Subtraktion.
  • Die reellen Zahlen mit der Division.
  • Alle Gleitkommamultiplikationen ohne NaNs oder ±∞.

Beispiele für Untermagmen

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Beispiele für Untermagmen sind

  •   (die rationalen Zahlen ungleich   mit der Division) ist ein Untermagma von   (siehe oben).
  • Das Magma   mit folgender Verknüpfungstafel ist Untermagma des oben genannten Magmas  :
  a c
a a c
c c a

Eigenschaften

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Die Grundmenge ist unter einer inneren Verknüpfung per Definition abgeschlossen. Ansonsten muss ein Magma keine speziellen Eigenschaften haben. Durch Hinzunahme weiterer Bedingungen werden speziellere Strukturen definiert, die alle wiederum Magmen sind. Typische Beispiele sind:

  • Halbgruppe: ein Magma, dessen Verknüpfung assoziativ ist
  • Monoid: eine Halbgruppe mit einem neutralen Element
  • Quasigruppe: ein Magma, in dem alle Gleichungen der Form   oder   eindeutig nach   auflösbar sind
  • Loop: eine Quasigruppe mit einem neutralen Element
  • Gruppe: ein Monoid, in dem jedes Element ein Inverses hat
  • Abelsche Gruppe: eine Gruppe, deren Verknüpfung kommutativ ist
  • Mediales Magma: ein Magma, in dem für alle Elemente die Gleichung   gilt

Morphismen

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Sind   zwei Magmen, so heißt eine Abbildung   ein Morphismus, wenn für alle   gilt:  .[5]

  • Ist  , so heißt   Endomorphismus.
  • Ist ein Morphismus   als Abbildung bijektiv, so ist auch die Umkehrabbildung ein Morphismus. In diesem Fall heißt   ein Isomorphismus.

Beispiele für Morphismen

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  • Die Identität   auf einem Magma   ist stets ein Morphismus  . Schreibt man die Verknüpfung   als Funktion  , folgt anschaulich  .
  • Die Verkettung von Morphismen ist ein Morphismus. Die Klasse der Magmen zusammen mit der Klasse der Morphismen bilden eine Kategorie.
  • Hat ein Magma   nur ein Element, so gibt es von jedem Magma   genau einen Morphismus   mit der Abbildung  .
    • Existenz: Wegen der Abgeschlossenheit von   gilt   und mit   folgt  , also  .
    • Eindeutigkeit: Seien   und   zwei Abbildungen  , so gilt   und damit  .
Das Magma   ist mit   außerdem kommutativ und damit abelsch.
  • Die Einbettung eines Magmas in ein Obermagma ist immer ein Morphismus.

Freies Magma

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Ist   eine beliebige Menge, so gibt es ein Magma   mit   als Basis[4]. Dieses   ist bis auf Isomorphien eindeutig bestimmt. Die Elemente von   werden durch die Elemente   von   mit der Verknüpfung   wie folgt gebildet:

  • Grad 1:  
  • Grad 2:  
  • Grad 3:  
  • Grad 4:  
  • Grad 5:  
  • Grad ...

Dieses Magma   wird freies Magma genannt.

Anmerkungen

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  1. Die Bezeichnung Gruppoid wird auch für eine mathematische Struktur in der Kategorientheorie verwendet, siehe Gruppoid (Kategorientheorie).
  2. Jean-Pierre Serre: Lie Algebras and Lie Groups. 1964 Lectures given at Harvard University. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1965, ISBN 3-540-55008-9, Chapter IV. Free Lie Algebras, S. 18.
  3. Définitions : magma - Dictionnaire de français Larousse. In: larousse.fr. Abgerufen am 30. Juli 2022.
  4. a b Nicolas Bourbaki: Algebra I. In: Elements of Mathematics. Hermann, Paris 1974, ISBN 2-7056-5675-8, Chap. 1, §7, S. 81 pp.
  5. Nicolas Bourbaki: in „Elements of Mathematics Algebra I“ im Chapter I „Algebraic Structures“

Literatur

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  • Nicolas Bourbaki: Elements of Mathematics: Algebra I. Springer, Berlin u. a. 1998, ISBN 978-3-540-64243-5.
  • Nicolas Bourbaki: Elements of Mathematics: Algebra I. Hermann, Paris / Addison-Wesley, Reading, Massachusetts, 1974.
  • Lothar Gerritzen: Grundbegriffe der Algebra. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig/Wiesbaden 1994, ISBN 3-528-06519-2.
  • Thomas Ihringer: Allgemeine Algebra. Heldermann, Lemgo 2003, ISBN 3-88538-110-9.
  • Georges Papy: Einfache Verknüpfungsgebilde: Gruppoide. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1969.