Marga Ingeborg Thome

deutsch-isländische Pflegewissenschaftlerin

Marga Ingeborg Thome (* 17. Juli 1942 in Oberlöstern, Wadern) ist eine deutsch-isländische Pflegewissenschaftlerin und erste Dekanin der pflegewissenschaftlichen Fakultät an der Universität Island.

Marga Ingeborg Thome, Juli 2019

Deutschland

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Marga Ingeborg Thome wurde als Tochter einer Bergmannsfamilie geboren.[1] Bereits mit 14 Jahren startete sie als Stationsgehilfin in einem Krankenhaus in das Arbeitsleben und lernte gleichzeitig das Thema Pflege auch in ihrer Familie mit einem pflegebedürftigen Großvater kennen.[2] Eine weitere Prägung für Marga Thome war das Aufwachsen in der Grenzregion Saarland und das Erleben der beginnenden europäischen Öffnung. Deshalb wollte sie nach der Krankenpflegeausbildung im Ausland weiterlernen.[2]

Thome schloss die Reifeprüfung am Ketteler-Kolleg in Mainz ab. Im Jahr 1963 beendete sie ihre Krankenpflegeausbildung an der Krankenpflegeschule des Universitätsklinikums Homburg. Therese Valerius, eine Oberschwester an der Universitätsklinik Mainz begann 1964 zusammen mit den Anästhesieprofessoren Miklós Halmágyi und Hans Nolte mit der Durchführung der ersten systematischen Fachweiterbildung für Anästhesie- und Intensivpflege von zwei Jahren Dauer. Valerius wollte Thome gerne als Nachfolgerin aufbauen, aber Thome entschied anders. Es folgte 1965 das schweizerische Examen zur Hebamme am Kantonalen Frauenspital in Bern. Im Jahr 1973 absolvierte Thome auf Empfehlung der Heidelberger Pflegewissenschaftlerin Antje Grauhan (1930–2010) die Weiterbildung zur Lehrerin für Pflegeberufe an der Schwesternschule der Universität Heidelberg.[1][3][4] Hier lernte sie auch die später erste habilitierte Pflegewissenschaftlerin in Deutschland, Marianne Arndt (* 1946), kennen. An der Universität in Manchester (England) folgten dann das Diplom in „Advanced Nursing Studies“ sowie der pflegewissenschaftliche Masterabschluss im Jahr 1977. 20 Jahre später, im Jahr 1997, folgte die Promotion an der „Queen Margaret Universität“ in Edinburgh, Schottland.[5][6]

Im Jahr 1977 erhielt Thome den ersten Lehrstuhl der Pflegewissenschaft als Lektorin an der Pflegewissenschaftlichen Fachabteilung der Medizinischen Fakultät der Universität Island in Reykjavik. Das „Department of Nursing“ war zwischen 1973 und 2000 in die „Faculty of Medicine“ der Universität Reykjavik eingebunden.[A 1]

Reykjavik besaß zuvor seit 1930 mehrere Jahrzehnte lang die erste und einzige Pflegeschule Islands, die zunächst von Kristin Thoroddsen und ab 1948 von Sigrídur Bachmann (1901–1990) geleitet worden war. Im Jahr 1970 appellierte die Weltgesundheitsorganisation an die europäischen Länder, ihre Universitäten für Pflegeberufe zu öffnen, ein Aufruf, dem allerdings nur wenige Länder nachkamen. Eines davon war Island. Von 1973 bis zum Jahr 1983 wurde, in Folge des Aufrufs der WHO, ein pflegewissenschaftlich-universitärer Bachelor-Studiengang zunächst als Modellstudiengang eingeführt. Die Weltgesundheitsorganisation hatte in diesem Modellstudiengang beratende Funktion.[7] Im Jahr 1980 erwarb Marga Thome den Titel Dozentin, zwischen 2003 und 2006 war sie die erste Dekanin der Pflegewissenschaftlichen Fakultät.[8] Die Vizedekanin in diesem Zeitraum war Sóley Sesselja Bender, im Amt der Dekanin folgte Marga Thome im Jahr 2003 die Spezialistin für „Family Health Nursing“, Erla Kolbrún Svavarsdóttir. Im Jahr 2006 wurde Thome auf eine Professur daselbst berufen. Sie behielt diese Position bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 2012. Thome war jahrzehntelang Vertreterin des Bildungsministeriums im isländischen Pflegerat.

Thome ist Sprecherin der Fachgruppe Pflege- und Therapiewissenschaft des Netzwerks „Heidelberg Alumni International“ der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Sie beschäftigt sich mit der pflegewissenschaftlichen Komparatistik zwischen Deutschland und Island.

Forschungsschwerpunkte

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Thome war von 1997 bis 2000 die erste Vorsitzende des Pflegeforschungsinstituts an der Universität Island. Zwischen 2000 und 2007 war sie isländische Repräsentantin in der „Arbeitsgruppe Europäischer Pflegeforscher“ („Workgroup of European Nurse Researchers“ WENR).[A 2] Ihr inhaltlicher Schwerpunkt in der Forschung war die seelische Gesundheit von Mutter, Kind und Familie.[9] Ihre Forschungsarbeiten bezogen auf das Stillen isländischer Mütter, auf die nachgeburtliche seelische Gesundheit von Mutter und Kind sowie auf Schlafprobleme von Säuglingen und Kleinkindern. Es entstanden mehrere Übersichtsstudien zur seelischen Gesundheit während der perinatalen Periode sowie ein Online-Fortbildungskurs für Pflegekräfte an den Gesundheitszentren Islands zur postpartalen seelischen Gesundheit von Mutter und Kind.[10] Thome arbeitete an dieser Thematik mit ihren Studierenden sowie einem interdisziplinären Team aus Psychiatern, Geburtshelfern, Psychologen, Hebammen, Pflegenden, Allgemeinmedizinern und Statistikern.[11]

Thome ist Deutsch/Isländische Staatsbürgerin und lebt seit 1973 in Island. Sie war verheiratet mit Erlingur Bertelsson (1937–2007), einem Juristen des isländischen „Ministeriums für Erziehung, Wissenschaft und Kultur“. Aus der Ehe ging Tochter, Katrin Erlingsdóttir hervor. Thome hat zudem drei Enkelkinder.

Anmerkungen

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  1. Dieser Pflegestudiengang fand zwischen 1973 und 2000 an der „Abteilung für Pflegewissenschaft (Departement of Nursing) der Medizinischen Fakultät “ statt. Im Jahr 2000 wurde aus dieser Abteilung eine eigene Fakultät, die so genannte „Fakultät für Pflegewissenschaft“ (Faculty of Nursing). Seit Juli 2022 wurde diese Fakultät umbenannt in „Fakultät für Pflege- und Hebammenwissenschaft“ (Faculty of Midwifery and Nursing).
  2. Zum selben Zeitpunkt waren die Pflegewissenschaftlerinnen Margot Sieger aus Deutschland und die Österreicherin Elisabeth Seidl Mitglied von WENR. - Angabe von Marga Thome 2024.

Ehrungen

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  • 17. Juni 2010: Ritterkreuz des Isländischen Falkenordens (höchster Orden des Isländischen Staates) für die Verdienste um die Pflegewissenschaft
  • Juni 2019: Isländischer Berufsverband für Pflegeberufe: Ehrenmitgliedschaft für die Verdienste in Ausbildung, Forschung und der Wissensentwicklung.
  • Ein Raum der pflegewissenschaftlichen Fakultät der Universität Island trägt den Namen »Marga Stube«.[2]

Literatur

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  • Kristín Björnsdóttir: um eđli og gildi háskóla menntunar í hjúkrun (Über die Art und den Wert der Universitätsausbildung in der Krankenpflege). in: Timarit Hjúkrunnarfraeđinga 3/2015. Digitalisat
  • Christine Auer: Geschichte der Pflegeberufe als Fach: die Curricular-Entwicklung in der pflegerischen Aus- und Weiterbildung. Dissertation Institut für Geschichte der Medizin Universität Heidelberg, akademischer Betreuer Wolfgang U. Eckart, Eigenverlag Heidelberg 2008, S. 200. Abstract Digitalisat

Publikationen (Auswahl)

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  • Marga Thome und Elke Vogel: Island. Pflege unter dem Polarkreis. In: Ingrid Kollak und Angelika Pillen (Hrsg.): Pflege-Ausbildung im Gespräch. Ein internationaler Vergleich, Frankfurt am Main 1998, S. 237 f.
  • Marga Thome: Die Entwicklung mittelranginger Pflegetheorien als Bindeglied zwischen Pflegepraxis und Pflegeforschung (The development of middle-range theories – a bridge between nursing research- and practice). In: Osterbrink, Jürgen (Hrsg.): Erster internationaler Pflegetheorien-Kongress Nürnberg. Mit einer Einleitung von Ruth Schröck zur Bedeutung von Pflegetheorien für die Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland, Verlag Hans Huber, Bern, 1998, Seiten 270 f. Digitalisat Inhaltsverzeichnis
  • Kristín Björnsdóttir, Marga Thome: Sérfræðingar í hjúkrun: Skilgreining, viðurkenning og nám (Nursing specialists. Definitions, Licencing and Education). In: Tímarit hjúkrunarfræðinga, 1(1), Seiten 28 f. Digitalisat
  • Marga Thome: «Best practice» – evidenzbasierte Pflege, Expertenstandards oder «Clinical Guidelines» (Evidence based nursing care; Expert standards or Clinical guidelines). In: Pflege 19(3), Verlag Hans Huber, Bern 2006, Seiten 143 f. Digitalisat
  • Rosa Maria Gudmundsdottir und Marga Thome: Evaluation of the effects of individual and group cognitive behavioural therapy and of psychiatric rehabilitation on hopelessness of depressed adults: A comparative analysis. In: Journal of Psychiatric and Mental Health Nursing, 2014, 21, Seiten 866 f.
  • Marga Thome, Johanna Bernhardsdottir, Ingela Skärsäter, Jane Dimmit Champion: Designing and revising a cognitive behavioral group intervention for psychological distress among female university students. In: Journal of Nursing Education and Practice, 2018, Vol., 8, No. 3, Seiten 64 f. Digitalisat
  • Linda B Lydsdottir, Louise M Howard, Halldora Olafsdottir, Marga Thome, Petur Tyrfingsson, J.F. Sigurdsson: The psychometric properties of the Icelandic version of the Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS) when used prenatal. In: Midwifery 2019, 69, Seiten 45 f.
  • Sigríður Sía Jónsdóttir, Katarina Swahnberg, Marga Thome, Guðmundur Kristjan Oskarsson, Linda Bara Lyðsdóttir, Halldora Ólafsdottir, Jon Friðrik Sigurdsson, Thora Steingrimsdottir: Pain management and medical interventions during childbirth among perinatal distressed women and women dissatisfied in their partner relationship: A prospective cohort study. In: Midwifery 2019, 69, 1–9. Digitalisat
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Einzelnachweise

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  1. a b mbl.is (21. Oktober 2000): Stjórnfyrirkomulagi breytt: Marga Thome, abgerufen am 15. April 2020 Digitalisat
  2. a b c Alumni Porträt: »Die Möglichkeit, zu helfen, hat mich früh geprägt«. Marga Ingeborg Thome ist eine Pionierin der Pflegewissenschaft in Island. In: HAIlife 2020, das Magazin von Heidelberg Alumni International, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 2020, S. 18 f.
  3. Tímarit.is: .... segir Marga Thome, 5 tbl., 76. arg. 2000, S. 266 f. Digitalisat
  4. Abschlussarbeit Schwesternschule Universität Heidelberg, Juni 1973: Lerntheoretische Gesichtspunkte zur Ausbildungs- und Unterrichtsplanung in der Krankenpflege. Akademischer Betreuer Wolfgang Sehringer, Pädagogische Hochschule Heidelberg. Universitätsarchiv Heidelberg Acc 43/08.
  5. mbl.is (12. März 2006): Marga Thome prófessor í hjúkrunarfræði, abgerufen am 15. April 2020 Digitalisat
  6. Marga Thome: Distress in Mothers with Difficult Infants in the Community: An Intervention Study. Thesis for Doctor of Philosophy, Queen Margaret University, Edinburgh; University of Iceland, Collaborating Establishment, 1996.
  7. Thora B. Hafsteinsdóttir, Helga Jónsdóttir, Marit Kirkevold, Helena Leino-Kilpi, Kirsten Lomborg, Ingalill Rahm Halberg (Hrsg.): Leadership in Nursing: Experiences from the European Nordic Countries, Springer 2019.
  8. issuu.com: Marga Ingeborg Thome, abgerufen am 15. April 2020. Digitalisat
  9. Marga Thome, Brynja Orlygsdottir, Bjarki Thor Elvarsson: Evaluation of the clinical effect of an on-line course for community nurses on post-partum emotional distress: a community-based longitudinal time-series quasi-experiment. In: Scandinavian Journal of Caring Sciences 2011, 26(3), Seiten 494 f. Abstract Digitalisat
  10. Sigríður Sía Jónsdóttir, Katarina Swahnberg, Marga Thome, Guðmundur Kristjan Oskarsson, Linda Bara Lyðsdóttir, Halldora Ólafsdottir, Jon Friðrik Sigurdsson, Thora Steingrimsdottir: Pregnancy complications, sick leave and service needs of women who experience perinatal distress, weak social support and dissatisfaction in their partner relationships. In: Scandinavian Journal of Caring Sciences, June 2019, Seiten 1 f. Abstract Digitalisat
  11. Sigríður Sía Jónsdóttir, Katarina Swahnberg, Marga Thome, Guðmundur Kristjan Oskarsson, Linda Bara Lyðsdóttir, Halldora Ólafsdottir, Jon Friðrik Sigurdsson, Thora Steingrimsdottir: Pain management and medical interventions during childbirth among perinatal distressed women and women dissatisfied in their partner relationship: A prospective cohort study. In: Midwifery 2019, 69, 1–9.