Markgrafenburg Schweinfurt

Kirchengebäude in Schweinfurt

Die Markgrafenburg Schweinfurt ist eine abgegangene Spornburg am östlichen Rand Schweinfurts, die vermutlich um 970 von Berthold von Schweinfurt erbaut wurde. Er war Markgraf über das östliche, heutige Franken und die heutige Oberpfalz, bis in den Bayerischen Wald. Um 1004 wurde in der Burganlage oder in einer Vorburg ein Kloster gegründet. Die Klosterburg wurde 1437 durch die Reichsstadt Schweinfurt erworben und gesprengt (siehe: Benediktinerkloster Schweinfurt). Auf dem Burgberg wurde 1874 eine Burganlage im Stil des Historismus errichtet, die sogenannten Sattlerscher Bauten.

Markgrafenburg Schweinfurt
Main und Peterstirn mit Weinbergen im Jahre 1932. Links Sattlerschen Bauten von 1874 mit Karlsturm, rechts Hügel mit Wäldchen und Beerhüterturm (bitte Bild vergrößern).
Auf dem Bergrücken dazwischen lag die Markgrafenburg

Main und Peterstirn mit Weinbergen im Jahre 1932. Links Sattlerschen Bauten von 1874 mit Karlsturm, rechts Hügel mit Wäldchen und Beerhüterturm (bitte Bild vergrößern).
Auf dem Bergrücken dazwischen lag die Markgrafenburg

Staat Deutschland
Ort Schweinfurt-Peterstirn
Entstehungszeit zwischen 971 und 1000
Burgentyp Höhenburg (Spornburg)
Erhaltungszustand abgegangen
Ständische Stellung Markgrafen
Bauweise Stein, Fachwerk
Geographische Lage 50° 3′ N, 10° 15′ OKoordinaten: 50° 3′ 8,2″ N, 10° 15′ 13,8″ O
Höhenlage 248 m ü. NHN
Markgrafenburg Schweinfurt (Bayern)
Markgrafenburg Schweinfurt (Bayern)

Die Markgrafenburg lag einen knappen Kilometer mainaufwärts (nordöstlich) der ursprünglichen Schweinfurter Altstadt, nicht zu verwechseln mit der heutigen, eineinhalb Kilometer mainabwärts der Burg gelegenen Altstadt. Die Burg lag oberhalb des Mains und des Höllentals, auf der Peterstirn, einem südwestlichen Ausläufer des Hainbergs, im Gebiet des heutigen Nordöstlichen Stadtteils. Am Fuß des Burgbergs verläuft die historische Mainleitenstraße von Schweinfurt nach Mainberg, die Richtung Bamberg führt (heute Staatsstraße 2447) und die 1852 eröffnete Bahnstrecke Bamberg–Schweinfurt.

Eine Burg oder zwei Burgen?

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Eine Burg

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Nach Dirk Rosenstock und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) gab es nur eine Burg, die die Markgrafen errichteten und die später Reichsburg wurde, mit Kernburg und Suburbium (Vorburg).[1]

Kernburg

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Demnach wurde aus verteidigungstechnischen Gründen die Kernburg nicht im verflachten Vorfeld, sondern auf der Höhe errichtet. Der heute noch teilweise erhaltene Halsgraben mit einem Teich beim Beerhüterturm war nicht nur Graben für die Reichsburg, sondern er riegelte eine einzige, große Burg auf dem Spornausläufer gegen Osten ab. Am Graben wurden burgeinwärts an der höchsten Stelle durch archäologische Ausgrabungen eine reichhaltige Abfolge von teilweise verwirrenden Baukonstruktionen freigelegt, mit einer Außenmauer der Befestigung und einem Eckturm.[2]

Während der Verlauf der einstigen Randbefestigungen mit Westabschluss Richtung Höllental und Main durch Umgestaltungen des Geländes infolge des Weinbaus und dem Bau der Eisenbahn nur noch zu erahnen ist. Unter Berücksichtigung von Vermessungen aus älterer Zeit und vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ergibt sich ein rekonstruierter Verlauf der ehemanligen Kernbefestigung von 120 m Länge, durchschnittlich 40 m bis maximal 60 m Breite und 0,6 ha Fläche, was einem Fußballfeld entspricht.[1]

Suburbium

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Die Vorburg lag demnach am Ort der heutigen Sattlerschen Bauten, mit Resten der Deutschordensbefestigung (bis 1437). Von R. Röthlein1990 wurde 1990 ein entsprechender Plan erstellt.[3]

In der Vorburg waren zur markgräflichen Zeiten Zivilangehörige angesiedelt, die der Bewirtschaftung und Versorgung der Burg dienten, zudem auch Handwerker, Bauern und Händler. In der modernen Wissenschaft trägt dieses Vorfeld die lateinische Bezeichnung Suburbium, wovon das englische Wort suburb (Vorort) abstammt und das deutsche Wort Bürger abgeleitet wurde. Die Suburbien stellen eine der Wurzeln der europäischen Stadt des Mittelalters dar.[1] Als das Suburbium nach 1003 als Kloster genutzt wurde, mussten ihre Bewohner in die (ursprüngliche) Altstadt umziehen.[1]

Bodendenkmal

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Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege führt die gesamte Peterstirn als gemeinsames Bodendenkmal („Burgstall und Klosterwüstung“), ohne Markgrafenburg oder Reichsburg namentlich zu nennen.

Zwei Burgen

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Nach Friedrich Stein lag die Reichsburg „außerhalb der ummauerten Reichsstadt auf dem Hainberge oberhalb der früher markgräflichen ... Peterstirn.“[4]

Nach Erich Schneider waren Markgrafenburg und Reichsburg ebenfalls zwei eigene Burganlagen, das Kloster hingegen keine eigene Anlage, sondern es ging aus einer Umwandlung der Markgrafenburg hervor:

Ähnlich verhält es sich mit dem genauen Aussehen der sich auf steilem Bergsporn ostwärts davon erhebenden Burg der Markgrafen von Schweinfurt bzw. deren Vorgänger. Während diese markgräfliche Burg nach den Ereignissen von 1003 zunächst in ein Kloster und nach 1263 in eine Burg des Deutschen Ordens umgewandelt wurde, die bis in das 15. Jahrhundert erhalten blieb, war der auf dem gleichen Bergsporn, direkt darüber gelegenen Reichsburg keine so lange Dauer beschieden.[5]

Geschichte

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Karte vom Nordgau (Nortgowe) um 1055

1003 erwähnt Thietmar von Merseburg erstmals eine Burg in oder bei Schweinfurt, womit wahrscheinlich die Markgrafenburg gemeint ist.[6][7] Sie wurde vermutlich von Berthold von Schweinfurt errichtet – spätestens nach seiner Heirat um 970 oder 976 mit Eilica (auch Eila, Eilika oder Eiliswintha genannt; † 19. August 1015), der Tochter des Grafen Lothar II. von Walbeck. Die Burg sollte den Volkfeldgau, die sich gebildete Markgrafschaft Schweinfurt und die Mainschifffahrt sichern. Berthold herrschte als Markgraf über das östliche, heutige Franken und die heutige Oberpfalz bis in den Bayerischen Wald. In seinem Machtbereich lagen neun eigene Burgen und vier Reichsburgen. Den Nordgau, etwa die heutige Oberpfalz, erhielt Berthold als Dank von König Otto. I., da er ihm im Kampf gegen aufständische Stammesherzöge (u. a. dem baierischen) wertvolle Waffenhilfe leistete.[8] Das Lehen über die Reichsburg Bamberg wurde ihm jedoch 973 entzogen, die sogenannte Babenburg, von wo aus er seine Territorien regierte. Spätestens nun bildete er einen neuen Stammsitz bei Schweinfurt, wohl auch auf Königsgut beruhend.

Seinem Sohn Heinrich von Schweinfurt, genannt Hezilo, wurde von Heinrich II. für die Unterstützung zur Königswahl die Baierischer Herzogswürde zugesagt aber nicht erteilt. Das führte zur Schweinfurter Fehde, die Hezilo verlor und seine Burg drohte zerstört zu werden. Seine Mutter, die ihren Witwensitz auf der Burg hatte, bat um Gnade, gründete in oder bei der Burg ein Nonnenkloster und verhinderte so die vollständigen Zerstörung. Eine Entfestigung kann aber angenommen werden. Eilizia und Hezilo wurden beide hier begraben.[9]

Nach dem Tod des letzten (Mark)Grafen bzw. Herzogs von Schwaben, Otto, (Sohn von Heinrich und Gerberga) und einigen erbtechnischen Irrungen und Wirrungen übernahm mit päpstlicher Genehmigung 1283 der Deutsche Orden Kloster und Burg.[10] Im 15. Jahrhundert wurde die Klosterburg schließlich von der Reichsstadt Schweinfurt gesprengt (siehe: Benediktinerkloster Schweinfurt, Geschichte).

Judith von Schweinfurt, Tochter von Heinrich von Schweinfurt, ist eine zentrale Figur der Alt-Schweinfurter Stadtgeschichte, in der sich die historischen Überlieferungen zweier verschiedener Frauen (Tante und Nichte) gleichen Namens mit Legenden verbinden.

Siehe auch: Schweinfurt, Frühmittelalter

Siehe auch

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Literatur

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  • Dorothea Meyer: Die Funde aus der ehemaligen Burg auf der Peterstirn bei Schweinfurt. Unpublizierte Magisterarbeit, Lehrstuhl für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, Institut für Archäologie, Bauforschung und Denkmalpflege, Universität Bamberg, Bamberg 1993.
  • Dorothea Meyer: Die Funde aus der ehemaligen Burg auf der Peterstirn bei Schweinfurt. In: Beiträge zur Archäologie in Unterfranken 4 (= Mainfränk. Stud. 71), 2004, S. 177–213
  • Friedrich Stein: Das markgräfliche Haus von Schweinfurt, Schweinfurt 1900 (Online auf: www.schweinfurtfuehrer.de)
  • Uwe Müller: Reichsstadt Schweinfurt, in: Peter Kolb, Ernst-Günter Krenig (Hrsg.): Unterfränkische Geschichte, Band 2, Würzburg 1992, S. 169–194
  • Walter Schilling: Die Burgen, Schlösser und Herrensitze Unterfrankens. 1. Auflage. Echter Verlag, Würzburg 2012, ISBN 978-3-429-03516-7, S. 30–31.
  • Dirk Rosenstock: Frühgeschichte der Stadt Schweinfurt von 700 bis 1550. Führer zur Ausstellung der Städtischen Sammlungen Schweinfurt im Alten Gymnasium [=Schweinfurter Museumsschriften 49], Schweinfurt 1992, S. 11
  • Jochen Scherbaum: Die Peterstirn bei Schweinfurt. – In: Erich Schneider, Bernd Schneidmüller (Hrsg.): Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurt 2004 (= Schweinfurter Museumsschriften, Band 118), S. 189–208.
  • Erich Schneider: „eine hübsche, zimlich grosze kirch“ – Zur Kunstgeschichte von Schweinfurt im Mittelalter. In: Erich Schneider, Bernd Schneidmüller (Hrsg.): Vor 1000 Jahren – Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003. Schweinfurt 2004, ISBN 3-936042-01-2.
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Commons: Peterstirn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Dirk Rosenstock: Das vor-städtische Schweinfurt. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege. Nr. 36, 1991, ISSN 0015-9905, S. 96 ff. (uni-wuerzburg.de [PDF; abgerufen am 17. Februar 2025]).
  2. Dirk Rosenstock: Das vor-städtische Schweinfurt. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege. Nr. 36, 1991, ISSN 0015-9905, S. 97 (uni-wuerzburg.de [PDF; abgerufen am 17. Februar 2025]).
  3. a b Plan von R. Röthlein (1990) nach Angaben von: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, B.-U. Abels, J. Sattler, W. Sage und Ergänzungen von Röthlein, in: Dirk Rosenstock: Das vor-städtische Schweinfurt. In: Frankenland. Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege. Nr. 36, 1991, ISSN 0015-9905, S. 98 (uni-wuerzburg.de [PDF; abgerufen am 17. Februar 2025]).
  4. Erich Schneider zitiert in seinem Aufsatz zum Schweinfurter Mittelalter-Kolloqium von 2003: Die Befestigungsanlagen von Schweinfurt im Mittelalter, Schweinfurter Mainleite Heft 2/2003, S. 16, Anmerkung 65 nach Friedrich Stein: Geschichte der Reichsstadt Schweinfurt, 1900, S. 141 und 214; abgerufen am 15. Januar 2024
  5. Erich Schneider: Die Befestigungsanlagen von Schweinfurt im Mittelalter. In: Schweinfurter Mainleite. Nr. 2. Historischer Verein Schweinfurt, 2003, S. 6 f. (hv-sw.de [PDF; abgerufen am 16. Februar 2025]).
  6. Historisches Unterfranken/Mittelalterliche Burgen in Franken/Burg Peterstirn. Abgerufen am 20. Februar 2025.
  7. W. Störmer: §18: Von der Ottonen- bis zum Ende der Stauferzeit, in: Handbuch der Bayerischen Geschichte. 2. Band, 1. Teil: Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. München 1971, 3. neubearbeitete Auflage 1997, S. 275
  8. Rudolf Endres: Die Rolle der Grafen von Schweinfurt in der Besiedlung Nordostbayerns, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung, 1972, S. 7 und F. Stein: Das Markgräfliche Haus von Schweinfurt, S. 27 ff.
  9. Jochen Scherbaum: Die Peterstirn bei Schweinfurt. In: Erich Schneider und Bernd Schneidmüller: Vor 1000 Jahren - Die Schweinfurter Fehde und die Landschaft am Obermain 1003 (Schweinfurter Museumsschriften, Band 118) Schweinfurt 2004, S. 189–2008
  10. Dieter J. Weiß: Das Deutsche Haus in Schweinfurt und die Ballei Franken, in: Uwe Müller (Hrsg.): Schweinfurter Forschungen. Beiträge zur Stadt- und Wissenschaftsgeschichte, Veröffentlichungen des Stadtarchivs Schweinfurt, Nr. 8, Schweinfurt 1993, S. 7–23.