Hennebergische Reichsburg Schweinfurt
Die Hennebergische Reichsburg Schweinfurt ist eine abgegangene Reichsburg in der Altstadt von Schweinfurt, im Altstadtviertel Zürch, worauf die dortigen Namen Burggasse und Rittergasse hinweisen. Die Burg wurde spätestens 1310 erbaut und ab 1427 abgebrochen. An ihrer Stelle wurden Bürgerhäuser errichtet.
Hennebergische Reichsburg Schweinfurt | ||
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Stadtmauer an der einstigen Reichsburg | ||
Staat | Deutschland | |
Ort | Schweinfurt-Altstadt-Zürch | |
Entstehungszeit | um 1250, 1282 und 1310 urkundlich | |
Burgentyp | Niederungsburg | |
Erhaltungszustand | abgegangen | |
Ständische Stellung | Hochadel | |
Bauweise | Stein, Fachwerk | |
Geographische Lage | 50° 3′ N, 10° 14′ O | |
Höhenlage | 220 m ü. NHN | |
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Lage
BearbeitenDie Burg, als Stadtburg angelegt, „dürfte sich im Südosten der Stadt etwa in dem von Unterem Wall und Zwinger sowie dem östlichen Teil der Rittergasse und dem Zürch umschlossenen Gelände befunden haben. Als Zugang ist die Burggasse anzunehmen.“[1]
Die Reichsburg umfasste im Gassenkreuz des Zürchs das gesamte südöstliche Quartier. Sie wurde im Norden von der Rittergasse, im Westen von der Zwingerthorgasse (heute: Zürch), im Süden vom ehemaligen Zwinger und im Osten vom heute noch vorhandenen Unteren Wall begrenzt, hinter dem (aus Sicht der Burg) die ebenfalls noch vorhandene, östliche Stadtmauer liegt. Das Burgareal liegt auf einem Plateau von geringer Höhe, das nur zum Main im Süden und zum Tal des Marienbachs im Osten abfällt, während der Anschluss zur Altstadt nach Westen und Norden ebenerdig verläuft. Das Plateau liegt auf 220 m ü. NN, 12 m über dem heute angestauten Main, weshalb der Höhenunterschied zur Zeit der Reichsburg größer war.
Auf dem Areal der einstigen Reichsburg liegen heute die Frauengasse und ein kleiner Abschnitt der Gasse Zürch (östliche Nebengasse). Die Burggasse liegt außerhalb des Gebiets der einstigen Burg, führt aber auf die Frauengasse, die das ehemalige Burgareal erschließt. An der Zufahrt zum Burggebiet liegt links die Salvatorkirche (Frauengasse Nr. 1).
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Skizze der Reichsburg auf Grundlage einer Lageskizze von Raimund Röthlein nach Angaben von Dirk Rosenstock[1] und einer Planskizze von R. Röthlein im Historischen Lexikon Bayerns.[2] die sich auf die historische Blockrandbebauung der Wohnhäuser bezieht, die bis heute erhalten ist.
Grundlage der obigen Skizze: BayernAtlas, Bayerische Uraufnahme (1808–1864).
Blau: Vorhandene Bauteile. Rot: Nicht mehr vorhandene Bauteile
Geschichte
BearbeitenEnde des 13. Jahrhunderts wurde die Reichsburg auf dem Hainberg in die seit dem 12. Jahrhundert neu entstandene Reichsstadt verlegt. Unklar ist, ob es dort bereits vor dem zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts eine Reichsburg gab. Nach der Alten Chronik stand in der Reichsstadt bereits eine neue Burg.
Die neue Reichsburg wurde wie der verlegte Ort Schweinfurt selbst vermutlich auf Reichsgut errichtet. Schon in Urkunden der Alten Chronik[3] der Stadt Schweinfurt über die Errichtung der Stadtmauer (1282 im Wesentlichen vollendet) im neuen Schweinfurt wird berichtet:
„Weilen nun die Stadt gar … verstört worden,[4] und schon lang zuvor … viele Bürger ihre häuszliche Wohnung zu der neuen Burg … um die jetzige Stadt gebaut hatten, geschahe solches nunmehro länger und mehr, als dasz mit der Zeit die Burger einen Graben und Schindt um sich machten, und aus den Steinen, die sie da ausgruben, eine Städt-Mauer, wiewohl schlecht, baueten. Nahm also die alte Stadt allgemach ab, und wurden die Stein und anders davon zu der neüen Stadt gebrauchet …“
Die Chronik berichtet für das Jahr 1310 dann auch davon, dass dort damals „ein altes Schloß verbessert“ wurde.
Tatsächlich erteilte König Heinrich VII. dem Grafen Berthold VII. von Henneberg-Schleusingen, dem er 1309 die Stadt Schweinfurt verpfändet hatte, urkundlich erst 1310 die Erlaubnis, innerhalb der Stadt eine neue Reichsburg zu bauen. Sie sollte die alte Burg auf dem Hainberg ersetzen und Heinrich versprach die Baukosten von Reichs wegen zu vergüten. Die Burg diente der Aufnahme von Burgmannen zur Verteidigung der Reichsstadt.[1] Heinrich sicherte sich damit Geld für seinen Italienzug und die Erringung der Kaiserwürde. Berthold, wohl Vertrauter des Königs und weiterer Könige, sicherte sich ab 1312 durch kluge Heiratspolitik die Pflege Coburg für das Haus Henneberg zurück.
Die Henneberger nahmen in der Reichsburg, als vom Kaiser eingesetzte Pfandherren, dessen Rechte in der Stadt Schweinfurt wahr.[6] Zeitweise war die Burg keine Reichsburg im engeren Sinn, da die Henneberger nicht nur Reichsvögte waren, sondern aufgrund einer Verpfändung durch den König auch Herren der Schweinfurter.[7]
Die Burg hatte keinen längeren Bestand. Schon Mitte des 14. Jahrhunderts begann eine erste Krise der Henneberger: 1347 ging die Neue Herrschaft Coburg an das Haus Wettin durch Erbfall (Tod des Sohnes Heinrich VIII.) und es kam zur Aufteilung der Schweinfurter Pfandschaft auf zwei Erben.[8] 1354 ging Henneberg auch die Burggrafenwürde in Würzburg verloren und der Abstieg der Henneberger vertiefte sich. 1361/1383 konnte sich Schweinfurt mit der Rückzahlung der Pfändungssumme von der Pfandschaft lösen. 1368 wies der Kaiser den Bischof von Würzburg Albrecht II. von Hohenlohe an, dass er wegen der Befreiung von der Verpfändung keine Rechte mehr von der Stadt einfordern könne.[9]
Noch 1371 musste sich die Stadt gegen Kaiser Karl IV. behaupten, der die Reichsburg fälschlicherweise dem Ritter Götz Lamprecht als Pfand für einen 1000-Gulden-Kredit als Burggut mit allen Rechten für „die Mainfähre, die dortige Fischweide sowie alle von Kaiser und Reich zu Grettstadt innegehabten Rechte, Gülten und Besitzungen ausweislich der darüber ausgestellten Urkunden“ verpfändet hatte. Obwohl der Kaiser noch 1371 die Verpfändung widerrief[10] und obwohl die Stadt sich 1383 komplett freigekauft hatte, hielten die Auseinandersetzungen bis 1391 an.[11]
Mit der Auslösung der Verpfändung ging für die Stadt eine neue Blütezeit reichsstädtischer Unabhängigkeit einher. Es kann deshalb angenommen werden, dass der Abbau der Burg durch die Stadtbewohner schnell ging. Schweinfurt war wieder reichsunmittelbar und erhielt ab 1409 durch König Ruprecht und 1427 durch König Sigismund die Erlaubnis zum völligen Abbruch der Reichsburg. Die ehemalige gotische Burgkapelle, Liebfrauenkirche genannt, heute der Chor der Salvatorkirche, ist der einzige geschlossene noch existierende Baurest der Reichsburg.
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Nördliche Mauerreste der Reichsburg an der Kutschenstation von 1563, Burggasse 17 (vorne links, heute teilrekonstruiert) mit zugemauerten, raumhohen Öffnungen. Blick von außen auf die Burgmauer
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Nördliche Mauer mit Blick von der Burginnenseite
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Innenraum der barocken St.-Salvator-Kirche, mit Blick in die heute als Chor genutzte gotische Burgkapelle
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Außenansicht der ehemaligen Burgkapelle als Teil der St.-Salvator-Kirche
Abbruch der Burg
Bearbeiten1409 erlaubte König Ruprecht der Stadt aus der Reichsburg 200 Fuder Steine abzubrechen und für städtische Zwecke zu verwenden. 1427 genehmigte schließlich König Sigmund den völligen Abbruch der Reichsburg unter der Bedingung, dass die Steine zur Verstärkung der Stadtbefestigung verwendet wurden. Einige Reste der Burg überstanden noch das sogenannte Zweite Stadtverderben von 1554 (siehe: Schweinfurt, Frühe Neuzeit) und wurden erst beim anschließenden Wiederaufbau der Stadt beseitigt. Steine der Burg wurden 1553/54 für den Ausbau der Stadtmauer genutzt. 1570 wurde eine 50 m lange und 2 m dicke Burgmauer abgebrochen und die Steine wurden für den Bau des Schweinfurter Rathauses verwendet. Weitere Mauerreste, „die vom Zürch her über die Breite der Frauengasse nach dem Wall zu […] verliefen“, fand Friedrich Beyschlag bei Pflaster- und Kanalisierungsarbeiten in den 1880er Jahren.[1] Auf dem Holzschnitt von 1610 sind im Zürch keine Reste der Reichsburg mehr zu sehen, sondern nur St. Salvator und Bürgerhäuser.
Zu Lebzeiten des Reichsvogtes Paul Rosa befand sich
„hinten in der Ecken der Ringmawer gegen Sennfelt über den Mäjn herüber in der Statt […] 1536 oder 38 einen zimblich großen, weiten Plaz von Unßer lieben Frawen […] gegen den Mäjn an der Mawern herümb biß schier an den Ebracher Münchshoff […] Ist hie zu mercken, das es bey meiner Jugent einen zimblich tieffen Graben gegen den Mawern und dem Mäjn zu hatte, darinnen sich […] zimblich daß Wasser samblet […] daraus wol abzunehmen, dass vor Zeiten ein gewaltig Hauß, die Burgk genant, deß Orts gestanden […] Dieser Plaz ist in meiner Jugent noch ledig gestanden […] biß in ao. 1536 oder 38 ohngefehr man den Graben mit erden gefüllt undt […] mit Bürgerheüßlein zu verbauen […] erlaubt hatt.“[1]
Areal der einstigen Reichsburg heute
BearbeitenVon der einstigen Burg gibt es nur geringe Mauerreste. In diesem Bereich befinden sich neben der St.-Salvator-Kirche und einem Kindergarten meist kleinere Wohnhäuser. Das Areal ist Teil des Sanierungsgebietes Altstadt 2/Zürch,[12] in dem in den 1980er Jahren umfassende Maßnahmen zur Restaurierung durchgeführt wurden. Trotz des Abbruchs der Reichsburg hat das Areal mit der Stadtmauer an zwei Seiten bzw. der einstigen Burgmauer und der gesamte Zürch noch den Charakter eines Burgenviertels.
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Die heutige Stützmauer des Unteren Walls wurde nachträglich um den Chor herumgebaut
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Zufahrt von der Burggasse zum Areal der einstigen Reichsburg: Frauengasse mit St. Salvator
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Frauengasse 4
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Frauengasse 14
Literatur
Bearbeiten- Friedrich Beyschlag: Die Entwicklung des Schweinfurter Stadtbildes im Mittelalter. darin: 3. Die Geschichte der Reichsburg im Zürch. In: Schweinfurter Heimatblätter. 1925, S. 26 f.
- Beiträge / Vierteljahres-Hefte des Historischen Vereins Schweinfurt e.V. (= Schweinfurter Mainleite) besonders der Jahre 2003–2007.
- Uwe Müller: Reichsstadt Schweinfurt. In: Peter Kolb, Ernst-Günther Krenig (Hrsg.): Unterfränkische Geschichte. Band 2: Vom hohen Mittelalter bis zum Beginn des konfessionellen Zeitalters. Echter Verlag, Würzburg 1992, ISBN 3-429-01459-X, S. 169–194.
- Friedrich Stein: Geschichte der Reichsstadt Schweinfurt. 2 Bände, Verlag E. Stoer, Schweinfurt 1900.
- Friedrich Stein (Hrsg.): Monumenta Suinfurtensia historica inde ab anno DCCXCI usque ad annum MDC. Denkmäler der Schweinfurter Geschichte bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts (MSh), Schweinfurt 1875, 2 Bände.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise / Bemerkungen
Bearbeiten- ↑ a b c d e Historischer Verein Schweinfurt. (PDF) In: Schweinfurter Mainleite 2/2003. S. 6 ff., abgerufen am 24. Dezember 2023 (Markgrafenburg und Altstadt.).
- ↑ Historisches Lexikon Bayerns: Schweinfurt, Reichsstadt, Skizze 1260/70–1437. Abgerufen am 13. Dezember 2023.
- ↑ Friedrich Beyschlag: Paul Rosas historische Schriften. In: Archiv für Stadt und Bezirksamt Schweinfurt (= Beilage zum Schweinfurter Tagblatt). Schweinfurt 1909.
- ↑ Bezeichnet als Erstes Stadtverderben: durch den Kampf um die Vorherrschaft in Mainfranken zwischen den Hennebergern und dem Bischof von Würzburg wurde die Stadt zwischen 1240 und 1250 völlig verheert.
- ↑ Friedrich Stein: VIII. Die alte Chronik von Schweinfurt. In: Monumenta Suinfurtensia historica inde ab anno DCCXCI usque ad annum MDC (= Denkmäler der Schweinfurter Geschichte bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts.) 1. Hälfte, Verlag E. Stoer, Schweinfurt 1874, S. 427 ff., hier S. 432 (digitale-sammlungen.de).
- ↑ Leben im Zürch: Wo Stadt und Dorf nur ein paar Schritte trennen, 28. März 2020. mainpost.de, abgerufen am 11. Dezember 2023.
- ↑ Historisches Lexikon Bayerns: Schweinfurt, Reichsstadt. Abgerufen am 11. Dezember 2023.
- ↑ Ernst Petersen: Von einem „bescheydin manne Fritzen Smide, eyme burger zu Swinfurt“. Vita des Schweinfurter Finanziers im 14. Jahrhundert In: Vierteljahresschrift des Historischen Vereins Schweinfurt (= Schweinfurter Mainleite. 2/2003). S. 54 ff. (zur Schweinfurter Geschichte um 1350).
- ↑ RI VIII Karl IV. (1346-1378) - RI VIII n. 4623, datiert 7. März 1368 zu Prag, in: Regesta Imperii Online; abgerufen am 22. Dezember 2023.
- ↑ Karl IV. - RIplus URH 9 n. 407, datiert 18. März 1371 zu Prag, in: Regesta Imperii Online; abgerufen am 22. Dezember 2023
Literatur: Urkundenregesten zur Tätigkeit des deutschen Königs- und Hofgerichts bis 1451. Bd. 9: Die Zeit Kaiser Karls IV. (1365-1371), Teil der Reihe: Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich. Sonderreihe / 9, Köln 2003 - ↑ Götz Lamprecht – Ritter in Schweinfurt und Nürnberg Private Webseite, abgerufen am 13. März 2016.
- ↑ swity.de/Vorbild Schweinfurt: Altstadtsanierung gegen Wohnungsmangel. Abgerufen am 11. Dezember 2023.