Ein Militärbezirk (russisch Военный округ; Wojenny okrug) ist ein territorialer Verantwortungsbereich in den russischen Streitkräften in Friedenszeiten.

Militärbezirke wurden erstmals 1862 bei der Kaiserlich Russischen Armee eingeführt und existierten auch bei den Sowjetischen Streitkräften. Die Aufteilung des Landes in Militärbezirke änderte sich im Verlaufe der russischen und sowjetischen Geschichte oftmals. Während des Deutsch-Sowjetischen Krieges 1941–1945 und anderen militärischen Auseinandersetzungen wurden die Aufgaben der vorrangig für Friedenszeiten geschaffenen Militärbezirke von Fronten übernommen.

Militärbezirke: West: Rot, Nordflotte: Blau, Süd: Braun, Zentral: Grün, Ost: Gelb

Heutige Situation

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Die Zahl der Militärbezirke beträgt aktuell (2017) fünf. Geführt werden diese Bezirke von gleichnamigen Vereinigten Strategischen Kommandos (russ. Objedinjonnoje strategitscheskoje komandowanije, OSK), denen neben den Landstreitkräften auch die auf den jeweiligen Territorien dislozierten Marine- und Luftstreitkräfte unterstehen. Bis auf den Militärbezirk Nord stellt das Heer das dominierende Element in den Militärbezirken:

Geschichte

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Russisches Reich

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Im Mai 1862 wurden auf Vorschlag des Kriegsministers Dmitri Miljutin im Rahmen seiner radikalen Armeereform versuchsweise die vier Militärbezirke Kiew, Odessa, Warschau und Wilna gebildet. Nach zufriedenstellenden Ergebnissen der folgenden zwei Jahre wurden mit Ukas des Zaren Alexander II. vom 6. August 1864 per 1. September 1864 weiter sechs Militärbezirke gebildet (Charkow, Finnland, Kasan, Moskau, Riga, Sankt Petersburg). Zwischen 1865 und 1867 entstanden Militärbezirke auch an der Peripherie des Reiches (Kaukasus, Orenburg, Turkestan, Westsibirien und Ostsibirien). Damit war das gesamte Reichsterritorium in 15 Militärbezirke unterteilt. Von 1870 sank ihre Zahl durch Zusammenlegungen und Reorganisationen bis 1906 allmählich wieder auf 12. Insgesamt gab es in der Periode des Russischen Reiches 21 verschiedene Militärbezirke.

 
Militärbezirke des Russischen Reiches 1913
Militärbezirke des Russischen Reiches
Name von bis Anmerkung
Amur 1884 1917 hervorgegangen aus Ostsibirien
Charkow 1864 1888 aufgeteilt zwischen Kiew und Moskau
Dwinsk 1914 1917 hervorgegangen aus einem Teil von Wilna
Finnland 1864 1905 Anschluss an Petersburg
Irkutsk 1884 1917 hervorgegangen aus Ostsibirien; außer 1899–1906: Zusammenschluss mit Omsk zu Sibirien
Kasan 1864 1917
Kaukasus 1865 1917
Kiew 1862 1917
Minsk 1914 1917 hervorgegangen aus Warschau mit Anschluss eines Teils von Wilna
Moskau 1864 1917
Odessa 1862 1917
Omsk 1882 1917 umbenannt aus Westsibirien; außer 1899–1906: Zusammenschluss mit Irkutsk zu Sibirien
Orenburg 1865 1881 angeschlossen an Kasan
Ostsibirien 1865 1884 aufgeteilt in Irkutsk und Amur
Petersburg 1864 1917
Riga 1864 1870 aufgeteilt zwischen Wilna und Petersburg
Sibirien 1899 1906 Zusammenschluss von Omsk und Irkutsk
Turkestan 1867 1917
Westsibirien 1865 1882 umbenannt in Omsk
Warschau 1862 1914 Verlegung und Umbenennung nach Minsk
Wilna 1862 1914 Verlegung und Umbenennung nach Dwinsk

Militärbezirken gleichgestellt waren außerdem folgende Territorien (mit eigener Militärverwaltung):

Anmerkung: das Jahr 1917 für das Ende des Bestehens von Militärbezirken und ihnen gleichgestellten Gebieten steht für das Ende des Bestehens der Kaiserlich Russischen Armee bzw. der Streitkräfte der Provisorischen Regierung. Die Kommandostrukturen dieser Bezirke bestanden in unterschiedlicher Form und Ausprägung je nach Gebiet bis zur Oktoberrevolution 1917 oder bis in die Zeit des beginnenden Russischen Bürgerkrieges 1918/1919, als sie sich schrittweise auflösten; offizielle Daten gibt es zumeist nicht.

Sowjetunion

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Militärbezirke der Sowjetunion 1991

Im Jahr 1991 bestanden 15 Militärbezirke:

  • westlicher Kriegsschauplatz
    • TVD West
      • Baltischer Militärbezirk
      • Belarus
      • Karpaten
    • TVD Südwest
      • Odessa
      • Kiew
    • TVD Nordwest
      • Leningrad
  • fernöstlicher Kriegsschauplatz
    • Sibirien
    • Transbaikalien
    • Fernost
  • südlicher Kriegsschauplatz
    • Transkaukasus
    • Nordkaukasus
    • Turkestan
  • zentrale Reserve
    • Moskau
    • Wolga
    • Ural

Russische Föderation

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Militärbezirke der Russischen Föderation bis 2010

Die Zahl der Militärbezirke wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991/92 im Jahre 2001 auf sechs reduziert (Moskau, Leningrad, Nordkaukasus, Wolga-Ural, Sibirien und Fernost, dazu die Spezial-Region Kaliningrad).

Am 6. Juli 2010 unterzeichnete Präsident Dmitri Medwedew einen Ukas zur Neuorganisation der Streitkräfte.[1] Zum 1. Dezember 2010 wurde die Anzahl der Militärbezirke auf vier verringert. Geführt werden diese Bezirke von gleichnamigen Vereinigten Strategischen Kommandos, denen auch die auf den jeweiligen Territorien dislozierten Marine- und Luftstreitkräfte unterstehen, während bisher, von einem Versuch in den 1970er-Jahren abgesehen, nur die Landstreitkräfte unter dem Kommando der Militärbezirke standen:

Am 2. April 2014 wurde die Halbinsel Krim in den Militärbezirk Süd eingegliedert.[2]

Ab dem 1. Dezember 2014 nahm das Vereinigte Strategische Kommando Nord als fünfter Militärbezirk seine Arbeit auf. Es bestand anfangs und im Kern aus der Nordflotte, die dazu aus dem Militärbezirk West herausgelöst wurde. Der Militärbezirk Nord wurde zum 1. Dezember 2015 vollständig operational.[3] Er besteht neben dem Zuständigkeitsbereich der Nordflotte zusätzlich aus allen Gebieten Russlands nördlich des Polarkreises und bekommt dazu jenseits des Polarkreises operierende Verbände der Militärbezirke Zentrum und Ost zugeschlagen. Die Militärbezirke Ost und Zentrum sind östlich des Ural dafür verantwortlich, die erforderlichen zusätzlichen Verbände und Basen in der Arktis aufzustellen und dem Militärbezirk Nord zuzuteilen, dazu gehören der Flughafen Norilsk und Basen nahe Anadyr.[4] Östlichstes Gebiet innerhalb des Militärbezirks ist der Autonome Kreis der Tschuktschen mit der Tschuktschen-Halbinsel im Osten. Sämtliche russische Inseln und Küsten jenseits des Polarkreises sind im Militärbezirk enthalten, darunter Nowaja Semlja, die Neusibirischen Inseln, die Wrangelinsel.[5]

Einzelnachweise

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  1. Medwedew verpasst Armee neue Kommandostruktur
  2. Schwarzmeer-Halbinsel Krim in Südlichen Wehrbezirk Russlands eingegliedert
  3. Arctic Strategic Command Sever (North) Unified Strategic Command (USC). GlobalSecurity.org, 11. Juli 2016, abgerufen am 9. Februar 2017.
  4. New drone squadron protects Russian interests in the Arctic. Siberian Times, 23. November 2015, abgerufen am 8. Februar 2017.
  5. Russland zentralisiert Kommando für Arktis-Truppen. Sputnik, 2. Dezember 2014, archiviert vom Original am 16. Mai 2016; abgerufen am 16. Mai 2016.