N’Gourti (auch: Ngourti, N’Gourty) ist eine Landgemeinde und der Hauptort des gleichnamigen Departements N’Gourti in Niger.

Landgemeinde N’Gourti
Landgemeinde N’Gourti (Niger)
Landgemeinde N’Gourti (Niger)
Landgemeinde N’Gourti
Koordinaten 15° 20′ N, 13° 12′ OKoordinaten: 15° 20′ N, 13° 12′ O
Basisdaten
Staat Niger
Region Diffa
Departement N’Gourti
Einwohner 51.767 (2012)

Geographie

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Oase Agadem in N’Gourti (1986)

N’Gourti liegt im Südosten des Landes in der nördlichen Sahelzone und der Wüste Sahara. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagshöhe liegt bei unter fünf Millimetern.[1] In geologischer Hinsicht befindet sich die Gemeinde in einem dem Erdzeitalter Quartär zugerechneten Gebiet.[2] N’Gourti grenzt im Osten an den Nachbarstaat Tschad. Die Nachbargemeinden in Niger sind Bilma, Dirkou und Fachi im Norden, N’Guigmi im Südosten, Kabléwa im Süden, Foulatari im Südwesten und Tesker im Westen.

Bei den Siedlungen im Gemeindegebiet handelt es sich um 225 Dörfer, 3 Weiler, 37 Lager und 164 Wasserstellen.[3] Davon werden 14 Siedlungen von der Nachbargemeinde Tesker beansprucht. Umgekehrt erhebt N’Gourti Anspruch auf 16 weitere Siedlungen in Tesker.[4] Der Hauptort der Landgemeinde N’Gourti ist das Dorf N’Gourti.[5] Der kleine, in einer Niederung gelegene Garnisonsort der nigrischen Armee ist von hohen Dünen umgeben.

Im Westen hat die Gemeinde Anteil an der Sandwüste Tin-Toumma und am Naturreservat Termit und Tin-Toumma, einem der größten Naturschutzgebiete auf der Landfläche der Erde.[6] Die Jagdzone von Kossotori ist eines der von der staatlichen Generaldirektion für Umwelt, Wasser und Forstwirtschaft festgelegten offiziellen Jagdreviere Nigers.[7]

Geschichte

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Zur Gründung des Orts gibt es verschiedene einander widersprechende Legenden. Der Ortsname N’Gourti leitet sich vom Kanuri-Wort n’gurtu ab, das „Flusspferd“ bedeutet.[1]

Die 520 Kilometer lange Piste für Kamele zwischen den Orten Bilma und N’Guigmi, die durch N’Gourti verlief, galt in den 1920er Jahren als einer der Hauptverkehrswege in der damaligen französischen Kolonie Niger.[8]

Im Jahr 1964 gliederte eine Verwaltungsreform Niger in sieben Departements, die Vorgänger der späteren Regionen, und 32 Arrondissements, die Vorgänger der späteren Departements. N’Gourti wurde dem neu geschaffenen Arrondissement N’Guigmi zugeschlagen, erhielt jedoch den Status eines Verwaltungspostens (poste administratif) im Gebiet des Arrondissements. Verwaltungsposten waren besondere Gebietseinheiten eine Ebene unterhalb von Arrondissements, die als eine Art Vorstufe zu einer späteren Umwandlung in ein eigenes Arrondissement galten.[9]

Die Rallye Dakar führte 1990 über N’Gourti.[10] Im Jahr 1998 wurden die bisherigen Arrondissements Nigers in Departements umgewandelt.[11] Der Verwaltungsposten von N’Gourti wurde 2011 aus dem Departement N’Guigmi herausgelöst und zum Departement N’Gourti erhoben.[12]

N’Gourti war weniger als andere Gemeinden in der Region Diffa von der Zwangsmigration betroffen, die durch die Aktivitäten der Terrorgruppe Boko Haram ausgelöst worden war. Während in der gesamten Region Diffa im Januar 2021 knapp 270.000 Zwangsmigranten – vor allem Flüchtlinge und Binnenvertriebene – lebten, waren es in N’Gourti nur 709 Menschen.[13]

Bevölkerung

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Menschen beim Dorf Meleck in N’Gourti (2019)
 
Ein Tubu-Lager in der Wüste

Bei der Volkszählung 2012 hatte die Landgemeinde 51.767 Einwohner, die in 9.408 Haushalten lebten.[3] Bei der Volkszählung 2001 betrug die Einwohnerzahl 21.045 in 3.764 Haushalten.[14]

Im Hauptort lebten bei der Volkszählung 2012 1.627 Einwohner in 319 Haushalten,[3] bei der Volkszählung 2001 1.141 in 200 Haushalten[14] und bei der Volkszählung 1988 2.588 in 542 Haushalten.[15] Im Dürre-Jahr 1984 war die Einwohnerzahl des Orts sprunghaft angestiegen.[1]

Der Hauptort ist eine Sprachgrenze für die zwei Sprachen der Volksgruppe der Tubu: Nördlich des Orts wird Tedaga gesprochen, südlich davon Dazaga.[16] Die zweitgrößte Volksgruppe, nach den Tubu, stellen Araber, die sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts in der Region ansiedelten, gefolgt von Fulbe. Die Tubu, Araber und Fulbe von N’Gourti haben überwiegend eine nomadische Lebensweise. Außerdem leben Minderheiten von Hausa und Zarma in der Gemeinde.[1]

Jeweils ein traditioneller Ortsvorsteher (chef traditionnel) steht an der Spitze von 215 Dörfern in der Gemeinde, darunter dem Hauptort.[3]

Wirtschaft und Infrastruktur

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Erdölförderung in N’Gourti (2019)

Zwischen der Wüste im Norden und einer schmalen Zone im Süden, wo Agropastoralismus betrieben wird, ist die Weidewirtschaft der vorherrschende Erwerbszweig.[17] In N’Gourti befindet sich ein bedeutender Viehmarkt.[18] Die Niederschlagsmessstation im Hauptort liegt auf 313 m Höhe und wurde 1973 errichtet.[19] Am 18. Mai 2000 nahm im Hauptort der nach Bankilaré und Tchintabaraden landesweit dritte lokale Bürgerhörfunk (radio communautaire) seinen Betrieb auf.[20] Rund 100 Kilometer nordwestlich des Dorfs wird seit 2009 Erdöl gefördert.[21]

Gesundheitszentren des Typs Centre de Santé Intégré (CSI) sind im Hauptort sowie in den Siedlungen Agadem, Blahardey, Djouraye, Kossotori, Métimé, Trouna und Yogo vorhanden. Das Gesundheitszentrum im Hauptort verfügt über ein eigenes Labor und eine Entbindungsstation. Im Hauptort gibt es außerdem eine Sanitätsstation der Streitkräfte Nigers.[22] Der CEG N’Gourti ist eine allgemein bildende Schule der Sekundarstufe des Typs Collège d’Enseignement Général (CEG).[23] Der Collège d’Enseignement Technique de N’Gourti (CET N’Gourti) ist eine technische Fachschule.[24] Beim Centre de Formation aux Métiers de N’Gourti (CFM N’Gourti) handelt es sich um ein Berufsausbildungszentrum.[25]

Literatur

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  • Mahamidou Aboubacar Attahirou: Dynamique locales et stratégies des acteurs autour de la rente pétrolière à N’gourti. Mémoire. Faculté des Lettres et Sciences Humaines, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2013.
  • Hadiza Moussa: Le pouvoirs locaux à N’gourti (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 12). Laboratoire d’études et de recherches sur les dynamiques sociales et le développement local (LASDEL), Niamey/Parakou 2003 (lasdel.net [PDF]). – auch erschienen in: Jean-Pierre Olivier de Sardan, Mahamam Tidjani Alou (Hrsg.): Le pouvoirs locaux au Niger. Tome 1: À la veille de la decéntralisation. Karthala, Paris 2009, ISBN 978-2-8111-0306-4, S. 279–308.
  • Hadiza Moussa: Les pouvoirs locaux à N’gourti (2) (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 60). LASDEL, Niamey/Parakou 2008.
  • Mountaka Souley: Couplage santé animale humaine, une alternative pour les zones pastorales. Cas de N’gourti. Faculté d’Agronomie, Université Abdou Moumouni de Niamey, Niamey 2007.
  • Marc Varler, Xavier Crespin: Depuis 40 ans, l’École nomade de N’Gourti (Niger). In: Le Saharien. Nr. 163, 2002, S. 41–44.
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Commons: N’Gourti – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Hadiza Moussa: Le pouvoirs locaux à N’gourti (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 12). Laboratoire d’études et de recherches sur les dynamiques sociales et le développement local (LASDEL), Niamey/Parakou 2003, S. 7–8 (lasdel.net [PDF; abgerufen am 17. Februar 2021]).
  2. Thomas Krings: Sahelländer. WBG, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-11860-X, S. 16.
  3. a b c d Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique de la République du Niger, Juli 2014, S. 70–79, abgerufen am 7. August 2015 (französisch).
  4. Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique de la République du Niger, Juli 2014, S. 11–12, abgerufen am 7. August 2015 (französisch).
  5. Loi n° 2002-014 du 11 JUIN 2002 portant création des communes et fixant le nom de leurs chefs-lieux. République du Niger, 11. Juni 2002.
  6. Rapport d’activité 2021. (PDF) Association Noé, 2022, S. 36–37, abgerufen am 6. August 2023 (französisch).
  7. Stratégie Nationale et Plan d’Actions sur la Diversité Biologique (SNPA/DB). 2ème édition. (PDF) Annexe 3: Répartition des différentes zones cynégétique. Cabinet du Premier Ministre, République du Niger, September 2014, S. 4, abgerufen am 26. Oktober 2020 (französisch).
  8. Maurice Abadié: La Colonie du Niger. Mit einem Vorwort von Maurice Delafosse. Société d’Editions Géographiques, Maritimes et Coloniales, Paris 1927, S. 430.
  9. Edmond Séré de Rivières: Histoire du Niger. Berger-Levrault, Paris 1965, S. 275.
  10. Dakar Retrospective 1979–2007. (PDF) Amaury Sport Organisation, archiviert vom Original am 8. Juli 2011; abgerufen am 14. Februar 2018 (englisch).
  11. Historique de la décentralisation. ANIYA. Réseau des collectivités nigériennes et françaises, archiviert vom Original am 6. April 2012; abgerufen am 28. Januar 2014 (französisch).
  12. Une nouvelle loi sur le redécoupage administratif. In: L’Arbre à Palabres. Nr. 13, 11. August 2011, S. 2 (nigerdiaspora.net [PDF; abgerufen am 28. Januar 2014]). Une nouvelle loi sur le redécoupage administratif (Memento des Originals vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nigerdiaspora.net
  13. Cartographie des sites de déplacés de la région de Diffa, Janvier 2021. (PDF) UNHCR, 11. Februar 2021, abgerufen am 18. Juli 2021 (französisch).
  14. a b Répertoire National des Communes (RENACOM). (RAR-Datei) Institut National de la Statistique, abgerufen am 8. November 2010 (französisch).
  15. Recensement Général de la Population 1988: Répertoire National des Villages du Niger. Bureau Central de Recensement, Ministère du Plan, République du Niger, Niamey März 1991, S. 68 (web.archive.org [PDF; abgerufen am 4. Mai 2019]).
  16. Jolijn Geels: Niger. Bradt, Chalfont St Peter 2006, ISBN 1-84162-152-8, S. 30.
  17. Comprendre l’économie des ménages ruraux au Niger. (PDF) Save the Children UK, 2009, S. 8, abgerufen am 2. September 2020 (französisch).
  18. Livelihoods Zoning “Plus” Activity In Niger. (PDF) Famine Early Warning Systems Network, August 2011, S. 27, archiviert vom Original am 28. September 2013; abgerufen am 9. Februar 2021 (englisch).
  19. Evaluation Hydrologique de l’Afrique Sub-Saharienne. Pays de l’Afrique de l'Ouest. Rapport de Pays: Niger. Mott MacDonald International / BCEOM / SOGREAH / ORSTOM, Cambridge / Montpellier / Grenoble August 1992, Annexe E: Liste des postes pluviométriques, S. 9 (horizon.documentation.ird.fr [PDF; abgerufen am 19. März 2022]).
  20. La situation de la communication pour le développement au Niger (Etat des lieux). Tome 1. (PDF; 461 kB) Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, 2003, S. 23, abgerufen am 1. November 2019 (französisch).
  21. Jean-Paul Labourdette, Dominique Auzias: Niger 2009. Nouvelle édition de l’Université, Paris 2009, ISBN 2-7469-1640-1, S. 153.
  22. Niger DSS. In: Systeme Nationale d’Information Sanitaire (SNIS). Ministère de la Santé Publique, République du Niger, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. Oktober 2020; abgerufen am 10. November 2020 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/snisnet.net
  23. Niger – Recensement Scolaire 2008–2009, Enquête statistique. Dictionnaire des donnèes. Institut National de la Statistique de la République du Niger, 28. November 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 10. November 2020 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/anado.ins.ne (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  24. CET Diffa. Ministère des Enseignements Professionnels et Techniques, République du Niger, abgerufen am 18. November 2020 (französisch).
  25. Annuaire statistique. Année scolaire 2020–2021. Edition 2022. (PDF) Direction des Statistiques et de la Digitalisation, Ministère de l’Enseignement Technique et de la Formation Professionnelle, République du Niger, 18. Oktober 2022, S. 7 und 88, abgerufen am 18. Mai 2023 (französisch).