Nagelstein (Menhir)

Menhir in den Nägel aus Eisen eingeschlagen wurden

Als Nagelstein wird ein Menhir bezeichnet, in den – bis in die Zeit des Mittelalters – Nägel aus Eisen eingeschlagen wurden. Zum Teil wurden als kultische Handlung während starken Regens oder Gewitter Nägel eingeschlagen. Ferner waren Nägel auch von Beschuldigten im Rahmen eines Gottesurteils einzuschlagen (vergleiche auch Bauernstein). Ähnlich wie bei Rillensteinen gelten die Bräuche, die zu diesen Aktivitäten führten, noch nicht als vollends erforscht.[1]

Nagel 1m Menhir Steinerne Jungfrau

Hintergrund

Bearbeiten

Die als Nagelsteine verwendeten Steinblöcke bestehen aus porösen Gesteinssorten. Von dem Ermslebener Nagelstein heißt es, dass er kleine Röhrchen besaß, die mit Ton und Sand gefüllt waren, welcher dann bei längerem Regen weich wurde, so dass das Einschlagen der Nägel leichter möglich war.[2] Für das 19. Jahrhundert ist dieser Brauch noch für den Steinberg bei Erdeborn/Aseleben belegt, wo ein Lehrer mit Schülern Hufnägel in Steinblöcke einschlug.[3] Hier – wie auch in anderen Berichten dieser Zeit – wird darin nur noch eine Art Zeitvertreib und Übung gesehen. So heißt es im Jahr 1828 zu Krimpe, das Einhauen der Steine sei bloße Spielerei müßiger Knechte oder Hirten und die Speckseite wurde zum Prüfstein für Handwerksgesellen, die nach der Prüfung hier mit dem Nageleinhämmern ihr Können beweisen mussten.[4] Auch umherziehende Schmiede- und Zimmermannsgesellen sollen im 19. Jahrhundert auf diese Art glückliches Gelingen bevorstehender Aufgaben erhofft haben.[5]

Aufgrund des Zusammenhangs mit Gewittern und prähistorischen Steinen wird ein Donar-Bezug vermutet.[6] Auch sollen die Nägel mit Hämmern eingeschlagen worden sein, die Donar geweiht waren.[7] Neben dem dadurch erzielten Gottesurteil in Streitfragen wurde auch versucht, damit die Heilung von Krankheiten zu erreichen, indem diese in den Stein gebannt wurde.[8][9][10][11]

Verbreitung

Bearbeiten
 
Gerbstedt: Einschlaglöcher

Laut Hermann Größler (1896), der sich auf Aussagen Alfred Kirchhoffs bezieht, gibt es in Mitteldeutschland südlich von Apolda keine Nagelsteine. Zudem sollen sie in Thüringen generell seltener sein.[12] Es wird vermutet, dass das vorhandene Steinmaterial (Kohlensandsteine, Braunkohlenquarzite) ein wesentlicher Einflussfaktor für die Verbreitung darstellt, denn der poröse Charakter ermöglicht überhaupt erst das Einschlagen von Nägeln. Zudem gibt es Vermutungen über einen Zusammenhang mit dem Siedlungsgebiet der Angeln und Warnen.[13][14]

bestehende Nagelsteine
verschwundene Nagelsteine
  • Hohenedlau: Stein am Schulzenhof am östlichen Ortsausgang[24][25]
  • Naumburg: Holzmarkt (zwei Steine, einer 1881 nach Berlin verkauft, der andere mit 40 Nägeln)[26]
  • Schraplau: Kutschstein[27]
vermutete Nagelsteine

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • Wernfried Fieber/Udo Münnich/Bodo Wemhöner: Kleindenkmale in Sachsen-Anhalt (=Kleine Hefte zur Archäologie; 14), Halle (Saale) 2017.
  • Wernfried Fieber/Reinhard Schmitt: Kleindenkmale – Definition und Typologie. Beispiele aus Halle und dem Saalkreis. In: Denkmalpflege in Sachsen-Anhalt, 8. Jg. (2000), Heft 2, S. 164–175.
  • Bernhard Gremler: Speckseiten oder Sprechsteine. Wie unsere germanischen Vorfahren an altheiligen Steinen einst mit den Göttern sprachen, Teil 1 (Das Landschaftsgebiet von Bernburg). In: Bernburger Bär, 53. Jg. (2015), Nr. 134, S. 39–41.
  • Bernhard Gremler: Speckseiten oder Sprechsteine. Wie unsere germanischen Vorfahren an altheiligen Steinen einst mit den Göttern sprachen, Teil 2 (Die Umgebung von Aschersleben). In: Bernburger Bär, 54. Jg. (2016), Nr. 135, S. 10–11.
  • Hermann Größler: Altheilige Steine in der Provinz Sachsen. In: Neujahrsblätter. Herausgegeben von der Historischen Kommission der Provinz Sachsen, Halle, 1896, S. 2–64.
  • Hermann Größler: Nagelsteine. In: Die Scheuer – Blätter für Heimatforschung und heimatliches Leben, 3. Folge, Heft 3/4, um 1925, S. 18–22.
  • Waldemar Möhlner: Geschichtliche Stätten zwischen Saale, Unstrut und Harz (=Heimat im Bilde; 2), Halle (Saale) 1924.
  • Erich Neuß: Die 'Vier Steine' bei Krimpe. In: Mansfelder Heimatkalender, 9. Jg. (1930), S. 52–53.
  • Bodo Wemhöner: Kleindenkmale im Stadtkreis Halle und im Saalkreis – eine Bestandsaufnahme. In: Archäologie in Sachsen-Anhalt 2 (2004), S. 73–80.
  • Bodo Wemhöner/Ralf Schwarz: Routen der Archäologie. Band 1: Halle und der Saalkreis. Halle (Saale) 2006.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Fieber/Schmitt, S. 169.
  2. Größler, 1896, S. 24.
  3. Größler, 1896, S. 21.
  4. Wemhöner/Schwarz, S. 76 bzw. Gremler, 2015, S. 10.
  5. Wemhöner/Schwarz, S. 81.
  6. Gremler, 2016, S. 10.
  7. Neuß, 1930, S. 52.
  8. Gremler, 2015, S. 40.
  9. Größler, 1896, S. 21.
  10. Wemhöner/Schwarz, S. 80.
  11. Fieber/Münnich/Wemhöner, S. 24.
  12. Größler, 1896, S. 8.
  13. Größler, 1896, S. 21–23.
  14. Gremler, 2015, S. 40.
  15. Gremler, 2016, S. 10.
  16. Möhlner, 1924, S. 18.
  17. Größler, 1896, S. 10.
  18. Größler, 1896, S. 24.
  19. Größler, 1896, S. 15.
  20. Größler, 1896, S. 16.
  21. Neuß, 1930, S. 52–53.
  22. Größler, 1896, S. 21.
  23. Wemhöner, 2004, S. 79.
  24. Größler, 1896, S. 19.
  25. Gremler, 2015, S. 39–40.
  26. Größler, 1896, S. 8–9.
  27. Größler, 1896, S. 11.