Naimark-Problem

mathematisches Problem

Das Naimark-Problem, benannt nach dem russischen Mathematiker Mark Aronowitsch Naimark, ist ein mathematisches Problem aus dem Bereich der Funktionalanalysis. Das Naimark-Problem ist aktuell (2024) offen.

Formulierung

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Seien   ein Hilbertraum und   die C*-Algebra der kompakten Operatoren auf   sowie   die C*-Algebra aller stetigen, linearen Operatoren  . M. A. Naimark bewies 1948, dass je zwei irreduzible Hilbertraum-Darstellungen   und   von   unitär äquivalent sind, das heißt, dass es einen unitären Operator   gibt, so dass   für alle  , (und damit unitär äquivalent zur identischen Darstellung   sind).[1]

Das Naimark-Problem stellt die Frage nach der Umkehrung dieser Aussage:[2]

  • Sei   eine C*-Algebra mit der Eigenschaft, dass je zwei irreduzible Hilbertraum-Darstellungen unitär äquivalent sind. Gibt es dann einen Hilbertraum  , so dass   zu   isomorph ist?

Eigenschaften

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Für eine beliebige C*-Algebra sei   die Menge der unitären Äquivalenzklassen irreduzibler Darstellungen. Es ist bekannt, dass es stets irreduzible Darstellungen gibt, das heißt  . Für eine C*-Algebra aus dem Naimark-Problem ist   einelementig und daher so klein wie möglich.

Die Kerne irreduzibler Darstellungen heißen primitive Ideale und man überlegt sich leicht, dass unitär äquivalente irreduzible Darstellungen dieselben Kerne haben. Bezeichnet   die Menge aller primitiven Ideale, so hat man also eine kanonische Abbildung  , die eine Äquivalenzklasse   auf den Kern   abbildet. Für eine C*-Algebra aus dem Naimark-Problem ist dies daher eine Abbildung zwischen zwei einelementigen Mengen.

Eine C*-Algebra   aus dem Naimark-Problem muss einfach sein, das heißt, dass es neben dem Nullideal   und   keine weiteren abgeschlossenen, zweiseitigen Ideale gibt. Jedes solche Ideal ist nämlich Durchschnitt primitiver Ideale und da es davon nur ein einziges gibt, sind   (Durchschnitt der leeren Menge primitiver Ideale) und das Nullideal (Durchschnitt von  ) die einzigen beiden abgeschlossenen, zweiseitigen Ideale.[3]

Positive Antwort für Typ-I-C*-Algebren

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  • Ist die C*-Algebra   des Naimark-Problems vom Typ I, so ist sie isomorph zu   für einen Hilbertraum  .

Begründung: Wähle eine irreduzible Darstellung  . Diese hat nach Obigem den Kern   und ist daher injektiv, weshalb   isomorph zu   und daher ebenfalls einfach ist. Da   vom Typ I ist, gilt   (für jede irreduzible Darstellung), und da   ein abgeschlossenes zweiseitiges Ideal ist (sogar in  ), muss   sein. Also gilt  , wie gewünscht.

Positive Antwort für separable C*-Algebren

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  • Ist die C*-Algebra   des Naimark-Problems separabel, so ist sie isomorph zu   für einen Hilbertraum  .

Begründung: Es ist ein bekannter Satz, dass eine separable C*-Algebra genau dann vom Typ I ist, wenn die kanonische Abbildung   injektiv ist.[4][5] Für eine C*-Algebra aus dem Naimark-Problem ist dies aber eine Abbildung zwischen zwei einelementigen Mengen und daher sicher injektiv. Damit ist das Naimark-Problem auf obigen Typ-I-Fall zurückgeführt.

Gegenbeispiel

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Nimmt man zu den üblichen Axiomen der Mengenlehre, das heißt zu den Axiomen der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre mit Auswahlaxiom (kurz ZFC), das Karo-Axiom hinzu, so konnten C. Akemann und N. Weaver ein Gegenbeispiel zum Naimark-Problem konstruieren.[6] Dabei handelt es sich um eine Vereinigung   einfacher, separabler C*-Algebren mit einem gemeinsamen Einselement. In der technisch aufwändigen Konstruktion wird die aufsteigende Folge   der Länge der kleinsten überabzählbaren Kardinalzahl   unter Verwendung des Karo-Axioms so gewählt, dass auf der Vereinigung alle irreduziblen Darstellungen unitär äquivalent sind. Diese C*-Algebra ist damit ein Gegenbeispiel zum Naimark-Problem.[7]

Bemerkungen

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  • Unter der Voraussetzung, dass die Mathematik widerspruchsfrei ist, kann man auf Basis der ZFC-Axiome nicht beweisen, dass das Naimark-Problem eine positive Lösung hat, denn im Axiomensystem ZFC+Karo hätte man dann eine positive Antwort und ein Gegenbeispiel, was ein Widersprich wäre. Man hat daher nur die Aussage, dass die Existenz eines Gegenbeispiels konsistent ist, das heißt nicht im Widerspruch zu ZFC steht.
  • Die oben für separable C*-Algebren genannte Charakterisierung von Typ-I-C*-Algebren (  ist vom Typ I genau dann, wenn   injektiv ist) kann innerhalb von ZFC nicht für allgemeine C*-Algebren bewiesen werden, denn daraus ergäbe sich der Beweis für eine positive Antwort auf das Naimark-Problem, was ja im vorangegangenen Punkt ausgeschlossen worden war. Das Scheitern einer solchen Charakterisierung ist konsistent, wie das Gegenbeispiel zeigt.
  • Es ist gegenwärtig (2024) nicht bekannt, ob es nicht auch ein Gegenbeispiel auf Basis von ZFC gibt, und es ist auch nicht bekannt, ob eine positive Antwort auf das Naimark-Problem konsistent wäre oder mehr noch, ob die genannte Charakterisierung von Typ-I-C*-Algebren auch für nicht-separable C*-Algebren konsistent wäre.
  • Neben den Typ-I-C*-Algebren gibt es weitere Klassen von C*-Algebren, für die das Naimark-Problem eine positive Antwort hat.[3]

Einzelnachweise

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  1. M. A. Naimark: Ringe mit Involution. In: Uspekhi Mat. Nauk. Band 3, Nr. 5, 1948, S. 52–145 (russisch).
  2. M. A. Naimark: Über ein Problem der Theorie der Ringe mit Involution. In: Uspekhi Mat. Nauk. Band 6, Nr. 6, 1951, S. 160–164 (russisch).
  3. a b Nishant Suri, Mark Tomforde: Naimark’s problem for graph C*-algebras. In: Illinois Journal of Mathematics. Band 61, 2017, S. 479–495, doi:10.1215/ijm/1534924836 (englisch).
  4. Jacques Dixmier: C*-Algebras an Their Representations. North-Holland Publishing Company, 1977, ISBN 0-7204-0762-1, Kapitel 9.1 (englisch).
  5. Gert K. Pedersen, Søren Eilers, Dorte Olesen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups. Academic Press, 2018, ISBN 978-0-12-814122-9, S. 282, Theorem 6.8.7 (englisch).
  6. C. Akemann, N. Weaver: Consistency of a counterexample to Naimark's problem. In: Proc. Natl. Acad. Sci. USA. Band 101, 2004, S. 7522–7525 (englisch).
  7. Gert K. Pedersen, Søren Eilers, Dorte Olesen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups. Academic Press, 2018, ISBN 978-0-12-814122-9, S. 287, Theorem 6.9.9 (englisch).