Nesselröden (Herleshausen)

Ortsteil von Herleshausen in Hessen

Nesselröden ist ein Ortsteil von Herleshausen im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

Nesselröden
Gemeinde Herleshausen
Koordinaten: 51° 2′ N, 10° 7′ OKoordinaten: 51° 1′ 33″ N, 10° 6′ 39″ O
Höhe: 229 m ü. NHN
Fläche: 5,34 km²[1]
Einwohner: 339 (Mai 2011)[2]
Bevölkerungsdichte: 63 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Dezember 1970
Postleitzahl: 37293
Vorwahl: 05654

Geographische Lage

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Nesselröden liegt an der Südabdachung des Ringgaus etwa vier Kilometer nordwestlich des Kernorts von Herleshausen. Durchflossen wird es von der Nesse, in die dort der Schindgraben, der Sülzbach und der Breitzbach münden. Durch die Ortschaft verläuft von Nordwesten nach Süden die Landesstraße 3243, auf die im Dorf die aus Richtung Norden von Markershausen kommende Kreisstraße 20 stößt; südlich von Nesselröden mündet die Landesstraße in die Bundesstraße 400 mit Anbindung an die nahe Bundesautobahn 4 (Anschlussstelle Wommen).

Geschichte

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Ortsgeschichte

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Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Nesselröden erfolgte unter dem Namen Noscilrit im Jahr 1183.[3] Weitere Erwähnungen erfolgenden unten den Ortsnamen (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[3] Nitilrethe (1236), Nezelride (1288) und Nesselriedt (1585).

Vermutlich von hier stammt die im 18. Jahrhundert im Mannesstamm erloschene hessisch-thüringische Adelsfamilie von Nesselröden (später: von Nesselrodt), die sich im 14. Jahrhundert im nahen Krauthausen (Thüringen) niederließ und deren Wappen eine fünfblättrige Brennnessel mit Wurzel war.

Das Dorf Nesselröden war bis 1539 fuldisches, dann hessisches Lehen der Familie Treusch von Buttlar.[4]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Zum 1. Dezember 1970 erfolgte im Zuge der Gebietsreform in Hessen der freiwillige Zusammenschluss der bis dahin selbständigen Gemeinden Altefeld, Archfeld, Breitzbach, Herleshausen (mit Frauenborn), Holzhausen, Markershausen, Nesselröden, Unhausen, Willershausen und Wommen zur Großgemeinde Herleshausen[5] Für die eingliederten Gemeinden und Herleshausen mit Frauenborn wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

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Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Nesselröden angehört(e):[3][7]

Bevölkerung

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Einwohnerstruktur 2011

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Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Nesselröden 339 Einwohner. Darunter waren 3 (0,9 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 48 Einwohner unter 18 Jahren, 129 zwischen 18 und 49, 87 zwischen 50 und 64 und 75 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 156 Haushalten. Davon waren 45 Singlehaushalte, 33 Paare ohne Kinder und 63 Paare mit Kindern, sowie 15 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 36 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 96 Haushaltungen lebten keine Senioren.[2]

Einwohnerentwicklung

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• 1585: 18 Haushaltungen
• 1747: 23 Haushaltungen
Nesselröden: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011
Jahr  Einwohner
1834
  
452
1840
  
429
1846
  
483
1852
  
471
1858
  
480
1864
  
488
1871
  
454
1875
  
421
1885
  
463
1895
  
447
1905
  
384
1910
  
409
1925
  
418
1939
  
607
1946
  
545
1950
  
556
1956
  
521
1961
  
515
1967
  
460
1970
  
450
1980
  
?
1987
  
304
2000
  
?
2011
  
339
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[3]; Zensus 2011[2]

Historische Religionszugehörigkeit

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• 1885: 351 evangelische (= 52,39 %), keine katholischen, 29 anderes christliche-konfessionelle (= 6,81 %), 56 jüdische (= 13,15 %) Einwohner[3]
• 1961: 452 evangelische (= 78,77, %), 60 katholische (= 11,35 %) Einwohner[3]

Jüdische Gemeinde

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Im Ort bestand ab dem 18. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde, die Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu 100 Mitglieder hatte. Um 1900 existierte eine Synagoge, eine jüdische Schule (im Gebäude der Synagoge), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Um 1924 zählte die jüdische Gemeinde noch zwölf Personen, was 2,9 % der Einwohner des Ortes entsprach. 1937 lebten noch zehn Juden im Ort, 1938 noch fünf. Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurden deren Wohnhäuser demoliert. Die 1940 noch registrierten zwei letzten jüdischen Bewohner wurden vermutlich deportiert.[10] Die ehemalige Synagoge wird heute als Wohnhaus genutzt.

Ortsvorsteher ist Lothar Bierschenk.[11]

Sehenswürdigkeiten

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Die evangelische Pfarrkirche wurde 1852 nach einem Entwurf von Anton Jakob Spangenberg errichtet. Es handelt sich um einen schlichten, klassizistischen Saalbau.[12]

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das 1592 bis 1594 durch die Familie Treusch von Buttlar erbaute Renaissance-Schlossmit umgebendem Park und Gutsgebäuden. Flankiert von hohen Renaissancegiebeln prägt ein steinerner Treppenturm mit eindrucksvoller Ziegelhaube den Bau.[13] Es gilt als bedeutendste Renaissance-Anlage der unteren Werra.[12] Im 19. Jahrhundert ging das Schloss Nesselröden an die Titular-Landgrafen von Hessen-Philippsthal-Barchfeld über. 1930 wurde es unter Landgraf Chlodwig von Hessen-Philippsthal-Barchfeld[14] restauriert und dabei wurde der Treppenturm mit einem Fachwerkobergeschoss versehen. Gleichzeitig entfernte man den bauzeitlichen Kalkputz, mit langfristig negativen Folgen für die Bausubstanz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im Schloss für einige Jahre Wohnungen eingerichtet. Seit 1980 ist es im Besitz der Familie Kruse, die sich der Sanierung dieses Bauwerks verpflichtet fühlten.[12] Da die bauzeitlichen Drainagen im Laufe der Zeit geschlossen wurden, strömte Grundwasser in den Keller, was die Sicherung der Anlage dringlich machte. Im Zuge umfangreicher Sanierungsmaßnahmen vor 2020 wurden die Fassaden gesichert, Steinmetzarbeiten durchgeführt und Reparaturen der Giebel- und Zierelemente sowie am Fachwerk vorgenommen, um dem Schloss sein ortsprägendes Äußeres zurückzugeben. Ein neuer Drainagegraben wurde ebenfalls angelegt. Saniert wurde auch die charakteristische Ziegelhaube, wofür neue Ziegel produziert werden mussten, da nicht alle vorhandenen Ziegel wiederverwendet werden konnten. Die gelungene Sanierung des Herrenhauses wurde 2021 durch den Hessischen Denkmalschutzpreis dokumentiert.

Literatur

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  • Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. München und Berlin 1975
  • Evangelische Kirchengemeinde Nesselröden (Hrsg.): 150. Kirchweihjubiläum – Evangelische Kirche Nesselröden 1852–2002. Herleshausen-Nesselröden 2002
  • Großmann, G.U.: Renaissance-Schlösser in Hessen: Architektur zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg. Regensburg 2010
  • Kruse, Ragnhild: Schloss Nesselroeden im Suedringgau. In: Das Werraland, Bd. 39 (1987), 4, S. 73–75
  • Merian. Werraland. Hrsg. von H. Leippe. Hamburg 1952
  • Nesselröden: vor 800 Jahren. Festschrift zum historischen Heimatfest. Hrsg. von Kurt Gonnermann. Herleshausen-Nesselröden 1983
  • Schwerdtfeger, Erich: Die jüdischen Gemeinden in Herleshausen und Nesselröden: Beiträge zu ihrer Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Gemeinde Herleshausen 1988
  • Südringgau: Erinnerungen an vergangene Zeiten. Hrsg. von Uwe Hartmann. Geiger-Verlag 1985
  • Literatur über Nesselröden nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
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Commons: Nesselröden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

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Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Trennung zwischen Justiz (Justizamt Netra) und Verwaltung.

Einzelnachweise

  1. Nesselröden. In: Webauftritt. Gemeinde Herleshausen, abgerufen im September 2019.
  2. a b c d Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 54 und 110, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  3. a b c d e f Nesselröden, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 1. Juli 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Im August 1539 übertrug Fürstabt Johann III. dem Landgrafen Philipp von Hessen die Lehenshoheit über eine Anzahl bisher fuldischer Lehen der Treusch von Buttlar, darunter auch Nesselröden, im Gegenzug für des Landgrafen Verzicht auf seine Forderungen und Gerechtigkeiten an der Burg Haun. (Regesten der Landgrafen von Hessen, Regest Nr. 13370).
  5. Zusammenschluss der Gemeinden Altefeld, Archfeld, Breitzbach, Herleshausen, Holzhausen, Markershausen, Nesselröden, Unhausen, Willershausen und Wommen im Landkreis Eschwege zur neuen Gemeinde „Herleshausen“ vom 1. Dezember 1970. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr. 51, S. 2381, Punkt 2384 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 7,5 MB]).
  6. Hauptsatzung. (PDF; 50 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Herleshausen, abgerufen im Januar 2022.
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 50 f. (online bei Google Books).
  9. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August, S. 72 f. (kurhess GS 1821)
  10. Jüdische Gemeinde Nesselröden auf alemannia-judaica.de, aufgerufen am 6. November 2013
  11. Ortsvorsteher Nesselröden. In: Internetauftritt der Gemeinde Herleshausen. Abgerufen am 15. August 2018.
  12. Nesselröden Herleshausen, Schloss im Wiki des Projekts „Renaissanceschlösser in Hessen“ am Germanischen Nationalmuseum; abgerufen am 1. Oktober 2018
  13. Schloss Nesselröden bei City-map.de