Das Oberlandesgericht Leitmeritz war ein deutsches Oberlandesgericht mit Sitz in Leitmeritz (heute Tschechien, in der betreffenden Zeit Reichsgau Sudetenland) von 1939 bis 1944.
Vorgeschichte
BearbeitenIm Kronland Böhmen bestand bis 1918 das Bezirksgericht Leitmeritz für den Gerichtsbezirk Leitmeritz. Diesem war das Landesgericht Böhmisch Leipa und diesem wiederum das Oberlandesgericht für Böhmen in Prag übergeordnet.[1] Für die gesamte Gerichtsorganisation siehe Liste der Gerichtsbezirke in Böhmen.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Böhmen und Mähren von Österreich ohne Berücksichtigung der Sprachengrenze abgetrennt und der neu gegründeten Tschechoslowakei zugeordnet. Entsprechend wurden die bestehenden Gerichte aufgehoben und tschechoslowakische Gerichte eingerichtet. Die Struktur von Bezirks- und Kreisgerichten blieb dabei weitgehend erhalten. Als Folge des Münchner Abkommens wurde das Sudetenland mit seiner überwiegend deutschsprachigen Bevölkerung dem Deutschen Reich abgetreten und dort als Reichsgau Sudetenland eingegliedert.
Die Teilung nahm keine Rücksicht auf die bestehenden Grenzen der Sprengel der bestehenden tschechoslowakischen Gerichte. Daher wurde folgende Zuordnung getroffen:
Orte aus diesem Kreis | wurden diesen Bezirksgerichten | bzw. Kreisgerichten zugeordnet |
---|---|---|
Brünn, soweit er an den Bezirk des Kreisgerichts Znaim grenzt | Lundenburg | Znaim |
Brünn, sonst | Mährisch Trübau | Troppau |
Znaim | Znaim | - |
Iglau | Zlabings | Znaim |
Böhmisch Budweis | Böhmisch Krumau | Eger |
Pisek | Wallern | Eger |
Klattau | Neuern | Eger |
Pilsen | Mies | Eger |
Eger | Karlsbad | - |
Brüx | Saaz | - |
Leitmeritz | Leitmeritz | - |
Böhmisch Leipa | Böhmisch Leipa | - |
Jung Bunzlau | Böhmisch Leipa | Böhmisch Leipa |
Reichenberg | Reichenberg | - |
Gitschin | Trautenau | Reichenberg |
Königgrätz | Trautenau | Reichenberg |
Chrudim | Mährisch Trübau | Troppau |
Olmütz | Sternberg | Troppau |
Troppau | Troppau | - |
Mährisch Ostrau | Troppau | Troppau |
Neutitschein | Neutitschein | - |
Engerau bei Preßburg wurde dem benachbarten österreichischen Gericht angegliedert.[2]
Nun wurde in diesen Gebieten die deutsche Gerichtsorganisation eingeführt. Die Bezirksgerichte wurden in Amtsgerichte, die Kreisgerichte in Landgerichte umgewandelt. Als Oberlandesgericht wurde eine oberlandesgerichtliche Kammer beim Landgericht Reichenberg eingerichtet.
Geschichte
BearbeitenZum 1. März 1939 erfolgte die Bildung des Oberlandesgerichts Leitmeritz. In diesem Zusammenhang wurde das Landgericht Znaim dem Oberlandesgericht Wien nachgeordnet.
Dem Oberlandesgericht Leitmeritz waren folgende Landgerichte nachgeordnet:
- Landgericht Böhmisch-Leipa
- Landgericht Brüx
- Landgericht Eger
- Landgericht Leitmeritz
- Landgericht Mährisch Schönberg
- Landgericht Neutitschein
- Landgericht Reichenberg
- Landgericht Trautenau
- Landgericht Troppau
Darunter waren folgende Amtsgerichte eingerichtet:
Mit der Eroberung des Sudetenlandes durch die Rote Armee 1945 endete die Arbeit dieser Gerichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg traten wieder tschechoslowakische Gerichte an ihre Stelle.
Richter
Bearbeiten- Herbert David, Präsident des Oberlandesgerichtes Leitmeritz 1939 bis 1944[3]
- Ernst Dürig vertrat David ab September 1944 als Oberlandesgerichtspräsident in Leitmeritz.[4]
- Rudolf Hecht, Vizepräsident
- Otto Hanreich, Landgerichtsrat 1942 bis 1944
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Die Gerichtsorganisation des Deutschen Reiches vom 1. Januar 1944, Verlag Beamtenpresse, Berlin, 1944, S. 29–31
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Landes-Gesetz- und Regierungs-Blatt für das Kronland Böhmen (Dritte Abtheilung des Ergänzungs-Bandes) 1849, Nr. 110: „Organisirung der Gerichte in dem Kronlande Böhmen.“, online
- ↑ Verordnung zur vorläufigen Rechtspflege in den Sudetendeutschen Gebieten vom 8. Oktober 1938, Verordnungsblatt für die Sudetendeutschen Gebiete 1938, S. 11; veröffentlicht auch im Reichsgesetzblatt, online
- ↑ Lothar Gruchmann: Justiz im Dritten Reich 1933–1940: Anpassung und Unterwerfung in der Ära Gürtner, Band 28 von Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, 3. Auflage, 2002, ISBN 978-3-486-59547-5, S. 1213, online
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 121