Ochsenhautbarren

Kupferbarren in der Umrissform gespannter Rinderhäute

Als Ochsenhautbarren (in zumeist älteren Publikationen auch Keftiu­barren[1]; englisch Oxhide ingots) bezeichnet die Archäometallurgie eine für den weiträumigen Fernhandel während der ostmediterranen Spätbronzezeit (zwischen 1600 und 1000 v. Chr.) geschaffene Großbarrenform, die auch als vormonetäres Zahlungsmittel (Primitivgeld) galt und meist aus Rohkupfer, selten aus Bronze hergestellt wurde. Die Kupferbarren in der Umrissform gespannter Rinderhäute waren als Handelsgut weit verbreitet. Die antiken Barren bestehen aus fast reinem Kupfer und wiegen 20–40 kg, viele davon zwischen 29 und 30 kg, was zu Vermutungen führte, sie entsprächen einem damaligen ägäischen Talent.[2] Daneben gibt es auch Ochsenhautbarren aus Zinn.

Drei Ochsenhautbarren vom Schiffswrack von Uluburun – unten
Der Barrengott von Enkomi auf Zypern
Ochsenhautbarren im Museo archeologico nazionale von Cagliari

Während der Spätbronzezeit wurde im östlichen Mittelmeerraum vor allem auf dem an Kupfererzvorkommen reichen Zypern Kupfer gefördert und von dort in Kupferbarren in Form der sogenannten Ochsenhautbarren ausgeführt. Fragmente zyprischer Ochsenhautbarren aus der Zeit zwischen dem 16. und dem 11. Jahrhundert v. Chr. finden sich in weiten Teilen des Mittelmeerraums, bis nach Sardinien, auf dem Balkan und nördlich der Alpen. Über den ausgedehnten Mittelmeerhandel der Phönizier gelangte das Kupfer von der Kupferinsel Zypern zu den Ägyptern, die sowohl das Metall als auch die Geldform übernahmen.

Chronologie

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Die frühesten bekannten Barren in Form einer Ochsenhaut wurden auf Kreta – das keine eigenen Kupfervorkommen besaß –, in der Ägäis (Ayia Irini auf Keos und Kyme auf Euböa) sowie in Palästina entdeckt. Die Funde datieren ins 16. und 15. Jahrhundert v. Chr. Abbildungen von Ochsenhautbarren aus dieser Zeit stammen aus Ägypten. Wahrscheinliche Darstellungen von Ochsenhautbarren wurden unlängst an zwei Fundorten in Schweden entdeckt.[3] In der Ägäis kommen die vermutlich auf Zypern produzierten Barren[4] ab dem 11. Jahrhundert v. Chr. nicht mehr vor. Auf Sardinien wurden diese Barren noch bis ins 10. Jahrhundert für den Handel verwendet.[5]

Fundorte

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Ochsenhautbarren, von Kato Zakros Kreta

Ochsenhautbarren wurden unter anderem in Assyrien (Dur Kurigalzu), Ägypten (Pi-Ramesse), in der Levante, auf Zypern, in Kleinasien (u. a. Ḫattuša), Griechenland (mehrere Fundorte auf dem Festland und auf Kreta), im europäischen Teil der Türkei (bei Tekirdağ am Marmarameer),[6] in Bulgarien (Sosopol[7] sowie Čerkovo, Černozem und Kirilovo[8]), in Rumänien (Pălatca, Kreis Cluj),[9] in Süddeutschland (Oberwilflingen)[10], in Südfrankreich (Sète)[11], in Süditalien, auf Sizilien (Cannatello, Thapsos)[12] und Sardinien (u. a. der Metallhort von Serra Ilixi bei Nuragus) entdeckt.[13] Die meisten Ochsenhautbarren wurden bisher auf Sardinien und Zypern gefunden.[14]

Wichtige Funde stammen auch vom Schiffswrack von Uluburun und einem Schiffswrack von Kap Gelidonya. In Qantir im Nildelta wurde das Bruchstück eines Ochsenhautbarrens gefunden. Die entsprechenden Schichten datieren ins 13. Jahrhundert v. Chr. Nach Analysen der Blei-Isotopen stammt das Metall vermutlich aus der Gegend von Apliki im Nordwesten Zyperns.[15]

Ochsenhaut-Zinnbarren

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Zur Spätbronzezeit sind auch Ochsenhaut-Zinnbarren aus dem Schiffsfund vom Cape Gelidonya in der Bucht von Antalya (Lykien, 14. bis 12. Jahrhundert v. Chr.) – heute Türkei – zu nennen.[16] Ein Zinnbarren in H-Form wurde bei St Mawes gegenüber dem Hafen von Falmouth aus dem Meer gehoben. In seiner Form ähnelt er den Ochsenhautbarren der Spätbronzezeit.[17] Die Archäometallurgie datiert den Barren nach schriftlichen Quellen eher in das vierte Jahrhundert v. Chr.[18]

Kupferhandel

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Die Barren und Keramikfunde – vor allem die in vielen Regionen anzutreffende Mykenische Keramik – belegen das dichte, große Teile des Mittelmeerraums umspannende Handelsnetz der späten Bronzezeit.

Bildliche Darstellungen

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Mehrere bildliche Darstellungen von Ochsenhautbarren finden sich in Ägypten, so z. B. im Grab des Ägypters Nb-Imn (oberster Reliefhersteller 1385–1370 v. Chr.), wo auch die Metallverhüttung oder Legierung dargestellt wird.[19] In Enkomi auf Zypern ist ein gehörnter Gott (Phase spätzyprisch III) auf einem Ochsenhautbarren stehend dargestellt.

Literatur

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  • Andreas Hauptmann, Robert Maddin: Die Kupferbarren von Uluburun. Teil 1: Qualitätsmetall für den Weltmarkt? In: Ünsal Yalçin (Hrsg.): Das Schiff von Uluburun. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 2005, ISBN 3-937203-18-4, S. 133–141.
  • Noel H. Gate: Die Kupferbarren von Uluburun. Teil 2; Bleiisotopenanalysen von Bohrkernen aus den Barren. In: Ünsal Yalçin (Hrsg.): Das Schiff von Uluburun. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 2005, ISBN 3-937203-18-4, S. 141–148.
  • Anna Goslar: Ochsenhautbarren: Spätbronzezeitlicher Kupferhandel im Mittelmeerraum. Heidelberg, 2008
  • Margarete Primas: Ochsenhautbarren in Europa. In: Ünsal Yalçin (Hrsg.): Das Schiff von Uluburun. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 2005, ISBN 3-937203-18-4, S. 385–392.
  • Kemal Sertok, Hamia Gullüce: Ochsenhautbarren aus dem mittleren Euphratgebiet In: Ünsal Yalçin (Hrsg.): Das Schiff von Uluburun. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 2005, S. 393–398. ISBN 3-937203-18-4.
  • Noel H. Gale, Zophia A. Stos-Gale: Zur Herkunft der Kupferbarren aus dem Schiffswrack von Uluburun und der spätbronzezeitliche Metallhandel im Mittelmeerraum. In: Ünsal Yalçin (Hrsg.): Das Schiff von Uluburun. Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 2005, ISBN 3-937203-18-4, S. 117–133.
  • Serena Sabatini: Revisiting Late Bronze Age oxhide ingots. Meanings, questions and perspectives. In: Ole Christian Aslaksen (Hrsg.): Local and global perspectives on mobility in the Eastern Mediterranaean (= Papers and Monographs from the Norwegian Institute at Athens, Band 5). The Norwegian Institute at Athens, Athen 2016, ISBN 978-960-85145-5-3, S. 15–62.
  • Margarita Primas, Ernst Pernicka: Der Depotfund von Oberwilflingen. Neue Ergebnisse zur Zirkulation von Metallbarren, Germania 76, 1998-1, S. 25–65. online bei Academia.edu
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Beschreibung engl. und Bild]

Einzelnachweise

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  1. Eingeführt wurde diese Bezeichnung durch Hans-Günter Buchholz: Keftiubarren und Erzhandel im zweiten vorchristlichen Jahrtausend. Prähistorische Zeitschrift 37, 1959, S. 1–40.
  2. Sabatini 2016, S. 17 (mit neueren Belegen); Bereits ausführlicher zu dieser Diskussion: A. Bernard Knapp: Prehistoric and Protohistoric Cyprus. Identity, Insularity, and Connectivity.OUP, Oxford 2008, S. 309 ff.
  3. Sabatini 2016, S. 19–26, Abb. 1, 2b, 3, 4; S. 49f. Tabelle 1.
  4. Vasiliki Kassianidou: Cypriot Copper in Sardinia: Yet Another Case of Bringing Coals to Newcastle? In: Fulvia Lo Schiavo et al. (Hrsg.): Archaeometallurgy in Sardinia. Éditions Monique Mergoil, Montagnac 2005, S. 336.
  5. James David Muhly et al., S. 283
  6. Reinhard Jung: Aspekte des mykenischen Handels und Produktenaustauschs. In: Barbara Horejs, Reinhard Jung, Elke Kaiser, Biba Teržan (Hrsg.): Interpretationsraum Bronzezeit: Bernhard Hänsel von seinen Schülern gewidmet., Habelt GmbH, Bonn 2005, S. 57. (online)
  7. James David Muhly: The Role of Cyprus in the Economy of the Eastern Mediterranean. In: Vassos Karageorghis (Hrsg.): Acts of the International Archaeological Symposium „Cyprus between the Orient and the Occident“ Nicosia, 8–14 Sept. 1985., Department of Antiquities, Cyprus, Nicosia 1986, S. 55–56.
  8. zu den drei letztgenannten Funden Reinhard Jung: Aspekte des mykenischen Handels und Produktenaustauschs. In: Barbara Horejs, Reinhard Jung, Elke Kaiser, Biba Teržan (Hrsg.): Interpretationsraum Bronzezeit: Bernhard Hänsel von seinen Schülern gewidmet., Habelt GmbH, Bonn 2005, S. 57. (mit weiterer Literatur)
  9. M. Rotea: Die Mittlere Bronzezeit im Karpaten-Donau-Raum (19.–14. Jahrhundert v. Chr.). In: M. Rotea/T. Bader (Hrsg.), Thraker und Kelten beiderseits der Karpaten. Ausstellungskatalog Eberdingen, Eberdingen 2000/2001, S. 25f., Abb. 14–15 (zit. nach R. Jung); Reinhard Jung: Aspekte des mykenischen Handels und Produktenaustauschs. In: Barbara Horejs, Reinhard Jung, Elke Kaiser, Biba Teržan (Hrsg.): Interpretationsraum Bronzezeit: Bernhard Hänsel von seinen Schülern gewidmet., Habelt GmbH, Bonn 2005, S. 57f.
  10. Margarita Primas, Ernst Pernicka: Der Depotfund von Oberwilflingen. Neue Ergebnisse zur Zirkulation von Metallbarren, Germania 76, 1998-1, S. 25–65.
  11. Fulvia Lo Schiavo: The oxhide ingot from Sète, Hérault (France). In: Fulvia Lo Schiavo, James D. Muhly, Robert Maddin, Alessandra Giumlia-Mair (Hrsg.): Oxhide ingots in the Central Mediterranean, Rom 2009, S. 421–430.
  12. Claudia Sagona: Beyond the Homeland: Markers in Phoenician Chronology. University of Michigan, 2008, ISBN 978-90-429-2014-9, S. 463
  13. Fulvia Lo Schiavo: Oxhide Ingots in the Mediterranean and Central Europe. In: Fulvia Lo Schiavo et al. (Hrsg.): Archaeometallurgy in Sardinia. Éditions Monique Mergoil, Montagnac 2005, S. 307.
  14. Ochsenhautbarren traten bisher in etwa 40 sardischen Fundorten zu Tage. Verbindungen zwischen der Nuraghenkultur auf Sardinien und dem spätbronzezeitlichen Zypern belegen auch Funde sardischer Keramik in Hala Sultan Tekke und Pyla-Kokkinokremmos im Süden Zyperns, siehe: Maia G. Gradoli et al.: Cyprus and Sardinia in the Late Bronze Age. Nuragic table ware at Hala Sultan Tekke. In: Journal of Archaeological Science: Reports 33, 2020, S. 1–15. (online-Version)
  15. N. Gale, Z. Stos-Gale: Copper Oxhide Ingots and the Aegean Metals Trade. New Perspectives. In: P. P. Betancourt, V. Karageorghis, R. Laffineur, W.-D. Niemeier (Hrsg.): Meletemata: Studies in Aegean Archaeology presented to Malcolm H. Wiener as he enters his 65th Year. Kliemo, Eupen 1999, S. 272.
  16. Vgl. George Fletcher Bass: Cape Gelidonya: a bronze age shipwreck (=American Philosophical Society 89). Philadelphia 1967; James David Muhly et al: The Cape Gelidonya Shipwreck and the Bronze Age Metal Trade In: Journal of Field Archaelogy 4. 1977, S. 353–362.
  17. Vgl. Hans Günter Buchholz: Keftiubarren und Erzhandel im zweiten vorchristlichen Jahrtausend. In; Prähistorische Zeitschrift 37. 1959, S. 1–40.
  18. Hans DrescherBarren. Zinnbarren. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 2, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1976, ISBN 3-11-006740-4, S. 66 (kostenpflichtig über GAO, De Gruyter Online).
  19. Hans Krähenbühl: Der Ur- und Frühgeschichtliche Zinnerzbergbau und die Bronzezeit. (Memento des Originals vom 27. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.silberberg-davos.ch (PDF) In: Bergknappe. 3/2001, S. 25. Zu weiteren ägyptischen Darstellungen von Ochsenhautbarren siehe Sabatini 2016, S. 21 f., 25 f., 30.