Otto Flachsbart
Otto Heinrich Georg Flachsbart (* 26. Februar 1898 in Paderborn; † 23. September 1957 in Hannover) war ein deutscher Ingenieur, Regierungsbauführer bei der Wasserstraßendirektion Hannover, Professor für Mechanik, Rektor der Technischen Hochschule Hannover und Staatssekretär am Niedersächsischen Kultusministerium.[1] Technisch gilt er als Pionier auf dem Gebiet der Windlasten.
Leben
BearbeitenFlachsbart besuchte die hannoversche Bismarckschule und begann mitten im Ersten Weltkrieg 1917 seine Studien der Fächer Mathematik, Physik und Philosophie erst in Hannover, dann in Göttingen[1] bei Ludwig Prandtl. Später wurde Flachsbart Abteilungsleiter im von Prandtl gegründeten Göttinger Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung. 1928 Promotion an der TH Hannover zum Thema: „Geschichte der Goslarer Wasserwirtschaft“.[2] An der TH Hannover war er zunächst Privatdozent für Hydro- und Aerodynamik.[3] 1932 wurde Flachsbart als Professor für Mechanik an die TH Hannover berufen. Er erarbeitete eine physikalische Begründung der Windkräfte auf Bauwerke, gestaltete die DIN 1055 Teil IV mit und baute einen Windkanal.[4] Er unterzeichnete im November 1933 das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler. 1937 wurde er entsprechend dem politischen Umfeld gemäß § 6 BBG in den Ruhestand versetzt, weil seine Frau „jüdischer Abstammung“ war.[5] Nach dem erzwungenen Ausscheiden aus dem Hochschuldienst übernahm Flachsbart Anfang 1938 eine leitende Forschungstätigkeit bei der Gutehoffnungshütte in Oberhausen. Nebenher übte er auch noch eine leitende Tätigkeit in einem Arbeitsausschuss des Reichsministers für Bewaffnung und Munition aus.[6]
Auf eigenen Antrag beschloss der Senat der Hochschule rückwirkend zum 1. Oktober 1945 die Rehabilitierung und Aufhebung der Emeritierung.[7] Flachsbart erhielt wieder seine Professur für Mechanik und wurde auch Dekan der Fakultät für Maschinenwesen und Leiter der Abteilung Maschinenbau. 1947 begründete er mit Hermann Schaefer, Professor für Mechanik an der TU Braunschweig, auf dessen Anregung das Norddeutsche Mechanikkolloquium. Von 1947 bis 1950 war er Rektor der TH Hannover[8] und 1950 zudem Vorsitzender der Hochschulrektorenkonferenz.[9]
Ebenfalls 1950 wurde Flachsbart Mitglied des Verwaltungsrats des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR).
Seit 1953 war er ordentliches Mitglied der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft. Daneben gehörte er auch dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) an.[10]
Später wurde Flachsbart zudem Staatssekretär im Niedersächsischen Kultusministerium. Er blieb Professor der TH Hannover bis zu seinem Tod 1957.
Sein Schüler Alf Pflüger wurde später ebenfalls Rektor der Hochschule.
Auszeichnungen
Bearbeiten- 1950: Ehrensenator der TU Braunschweig[1][11]
- 1953: Karmarsch-Denkmünze[1]
Schriften (Auswahl)
Bearbeiten- Geschichte der Goslarer Wasserwirtschaft: Eine Untersuchung über Wesen und Bedeutung der Wasserwirtschaft in der deutschen Stadtgeschichte. Dissertation. TH Hannover, Goslar 1928, DNB 570175623.
Flachsbart-Medaille
BearbeitenDie Windtechnologische Gesellschaft verleiht an herausragende Persönlichkeiten, die durch ihre Arbeit das Windingenieurwesen international gefördert haben, die Flachsbart-Medaille. Die Medaille wurde bisher an Alan Garnett Davenport (2000), Jack E. Cermak (2007) und Giovanni Solari (2013) verliehen.
Literatur
Bearbeiten- Michael Jung: Eine neue Zeit. Ein neuer Geist? Eine Untersuchung über die NS-Belastung der nach 1945 an der Technischen Hochschule Hannover tätigen Professoren unter besonderer Berücksichtigung der Rektoren und Senatsmitglieder. Hrsg. v. Präsidium der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Petersberg: Michael Imhof Verlag 2020, ISBN 978-3-7319-1082-4 (vollständig als PDF-Dokument), S. 141, 253–254.
- Karin Orth: Die NS-Vertreibung der jüdischen Gelehrten. Die Politik der Deutschen Forschungsgemeinschaft und die Reaktionen der Betroffenen, Habilitationsschrift 2015 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Göttingen: Wallstein Verlag, 2016, ISBN 978-3-8353-1863-2 und ISBN 978-3-8353-4003-9, S. 332; Vorschau über Google-Bücher
- Andrea Kleeß: Faszination Maschinenbau, Hannover: Fakultät für Maschinenbau der Leibniz Universität, 2014, ISBN 978-3-00-048204-5[1]
- Michael Jung: Voll Begeisterung schlagen unsere Herzen zum Führer. Die Technische Hochschule Hannover und ihre Professoren im Nationalsozialismus. Norderstedt: BOD 2013, ISBN 978-3-8482-6451-3, S. 107–114.
- Anikó Szabó: Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. Göttinger Hochschullehrer im Schatten des Nationalsozialismus, mit einer biographischen Dokumentation der entlassenen und verfolgten Hochschullehrer: Universität Göttingen - TH Braunschweig - TH Hannover - Tierärztliche Hochschule Hannover. (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen (nach 1945), Band 15). Wallstein Verlag, Göttingen 2000, ISBN 3-89244-381-5. (zugleich Dissertation an der Universität Hannover 1998).
- Eduard Pestel, Siegried Spierig, Erwin Stein: Otto Flachsbart. Mitbegründer der Gebäude-Aerodynamik. In: Festschrift zum 150jährigen Bestehen der Universität Hannover, 1981[1]
- TH Hannover (Hg.): Catalogus Professorum. Der Lehrkörper der technischen Hochschule Hannover 1831–1856, Hannover: Technische Hochschule 1956, S. 171.
- Paul Trommsdorff: Der Lehrkörper der Technischen Hochschule Hannover 1831–1931. Technische Hochschule Hannover, Hannover 1931, S. 16.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f o. V.: Flachsbart, Otto Heinrich Georg in der Datenbank Niedersächsische Personen (Neueingabe erforderlich) der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek in der Version vom 29. Februar 2012, zuletzt abgerufen am 22. Januar 2024
- ↑ GVK - Gemeinsamer Verbundkatalog gso.gbv.de
- ↑ Herausragende Persönlichkeiten in der Geschichte der Leibniz Universität Hannover ( vom 26. September 2016 im Internet Archive), abgerufen am 26. September 2016.
- ↑ Geschichte des Instituts für Baumechanik und Numerische Mechanik ( vom 3. Oktober 2009 im Internet Archive), abgerufen am 3. März 2010.
- ↑ Michael Jung: Voll Begeisterung schlagen unsere Herzen zum Führer. Die Technische Hochschule Hannover und ihre Professoren im Nationalsozialismus. BOD, Norderstedt 2013, ISBN 978-3-8482-6451-3, S. 107–114; Anikó Szabó: Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen. Band 15). Wallstein, 2000, ISBN 3-89244-381-5, S. 43.
- ↑ Michael Jung: Voll Begeisterung schlagen unsere Herzen zum Führer. Die Technische Hochschule Hannover und ihre Professoren im Nationalsozialismus. BOD, Norderstedt 2013, ISBN 978-3-8482-6451-3, S. 114.
- ↑ Anikó Szabó: Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen. Band 15). Wallstein-Verlag, 2000, ISBN 3-89244-381-5, S. 99 f.
- ↑ Rektoratsreden im 19. und 20. Jahrhundert – Online-Bibliographie: Otto Flachsbart. abgerufen am 3. März 2010.
- ↑ Geschichte HRK: Präsidenten. abgerufen am 29. Dezember 2016.
- ↑ Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.): Mitglieder-Verzeichnis 1954. Hoppenstedts Wirtschaftsverlag, Essen 1954, S. 179.
- ↑ Ehrensenatoren bzw. Ehrenbürger 1920–1976 alphabetisch. ( vom 1. Februar 2017 im Internet Archive) abgerufen am 3. März 2010.
Personendaten | |
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NAME | Flachsbart, Otto |
ALTERNATIVNAMEN | Flachsbart, Otto Heinrich Georg (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maschinenbauer und als Professor für Maschinenbau Rektor der Technischen Hochschule Hannover (1947–1950) |
GEBURTSDATUM | 26. Februar 1898 |
GEBURTSORT | Paderborn |
STERBEDATUM | 23. September 1957 |
STERBEORT | Hannover |