Ovoid (Projektive Geometrie)

dreidimensionale Form des Ovals

Ein Ovoid ist in der projektiven Geometrie eine kugelähnliche Punktmenge (Fläche) in einem projektiven Raum der Dimension . Ein Ovoid ist das räumliche Analogon zu einem Oval in einer projektiven Ebene. Die einfachsten Beispiele in reellen projektiven Räumen sind Hyperkugeln (Quadriken).

Zur Definition eines Ovoids:
t Tangente, s Sekante

Die wesentlichen geometrischen Eigenschaften eines Ovoids sind:

1) Eine Gerade trifft in höchstens 2 Punkten,

2) die Tangenten in einem Punkt überdecken eine Hyperebene (und nicht mehr),

3) enthält keine Geraden.

Eigenschaft 2) schließt ausgeartete Fälle (Kegel, …) aus. Eigenschaft 3) schließt Regelflächen (z. B. einschalige Hyperboloide) aus.

Auf der einen Seite macht die Tatsache, dass es keine nicht-desarguesschen projektiven Räume gibt, die Diskussion gegenüber dem ebenen Fall (es gibt nicht-desarguessche Ebenen) einfacher, andererseits gibt es nicht in jedem pappusschen Raum (projektiver Raum über einem Körper) eine Quadrik, die ein Ovoid ist. (In jeder pappusschen Ebene aber gibt es ovale Kegelschnitte!)

Ein Ovoid ist aufgrund der Definition eine spezielle quadratische Menge.

Ovoide spielen bei der Konstruktion von Möbius-Ebenen bzw. Möbius-Räumen eine wesentliche Rolle.

Definition eines Ovoids

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  • Eine Menge   von Punkten in einem projektiven Raum der Dimension   heißt Ovoid, wenn gilt:
(1) Eine beliebige Gerade   trifft   in höchstens 2 Punkten.
Falls   ist, heißt   Passante, falls   ist, heißt   Tangente und falls   ist, heißt   Sekante.
(2) Für jeden Punkt   gilt: Die Tangenten in   überdecken genau eine Hyperebene, die Tangential-Hyperebene, (projektiver Unterraum der Dimension  ).
(3)   enthält keine Geraden.

Ein Ovoid ist bezüglich der Hyperebenenschnitte eine homogene Struktur, denn es gilt

  • Ist   ein Ovoid und   eine Hyperebene, die wenigstens 2 Punkte von   enthält, so ist   ein Ovoid (Oval, falls d=3) in der Hyperebene  .

Für endliche projektive Räume der Dimension   (d. h., Punktmenge und Geradenmenge sind endlich, der Raum ist über einem Körper koordinatisierbar[1]) gilt:

  • Ist   ein Ovoid in einem endlichen projektiven Raum der Dimension  , so ist  .
(Es gibt also im endlichen Fall nur im 3-dimensionalen Raum Ovoide !)[2]
  • In einem projektiven Raum der Ordnung   (d. h., jede Gerade enthält   Punkte) und Dimension   ist eine Menge von Punkten   genau dann ein Ovoid, wenn   ist und keine drei Punkte von   kollinear (auf einer Gerade) liegen.[3]

Ersetzt man in der Definition das Wort projektiv durch affin, so erhält man die Definition eines affinen Ovoids.

Gibt es zu einem (projektiven) Ovoid eine passante Hyperebene, so kann man diese als Fernhyperebene erklären und das Ovoid ist in dem zugehörigen affinen Raum ein affines Ovoid. Umgekehrt ist jedes affine Ovoid in dem projektiven Abschluss (Zufügen einer Fernhyperebene) ein (projektives) Ovoid.

Beispiele

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Im reellen projektiven Raum (inhomogene Darstellung)

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  1.   (Hyperkugel)
  2.  

Die beiden Beispiele sind Quadriken und projektiv äquivalent. (Siehe hierzu auch die Beispiele in Oval.)

Wie bei Ovalen erhält man hier einfache Beispiele, die keine Quadriken sind:

(a) Man füge eine halbe Hyperkugel und ein halbes Hyperellipsoid glatt zusammen.
(b) Man ersetze in den ersten beiden Beispielen den Term   durch  .

Bemerkung: Die reellen Beispiele lassen sich nicht auf den komplexen Fall (Räume über  ) übertragen. In komplexen projektiven Räumen der Dimension   gibt es keine ovoidalen Quadriken. Im komplexen Fall liegen auf einer nichtausgearteten Quadrik immer Geraden.

Aber es gilt:

  • In jedem nicht-endlichen projektiven Raum lassen sich mit Hilfe transfiniter Induktion Ovoide nachweisen.[4]

Endliche Beispiele

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  • Ist   ein Ovoid in einem endlichen projektiven Raum der Dimension   über einem Körper   der Charakteristik  , so ist   eine Quadrik.[5]

Dass das letzte Resultat im geraden Fall falsch ist, zeigen die folgenden Beispiele:

  • Es sei   ungerade und   der Automorphismus  

Dann ist

  ein Ovoid im 3-dimensionalen projektiven Raum über   (in inhomogenen Koordinaten).
  ist nur im Fall   eine Quadrik.[6]
  heißt Tits-Suzuki-Ovoid.

Wann ist ein Ovoid eine Quadrik?

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Eine ovoidale Quadrik zeichnet sich durch besonders viele Symmetrien aus. Es gilt:

  • Es sei   ein Ovoid in einem projektiven Raum   und   eine Hyperebene eines mindestens 2-dimensionalen desargueschen projektiven Raums (im 2-dim. Fall ist   ein Oval) der Charakteristik  . Liegt das Ovoid symmetrisch zu jedem Punkt   (d. h., es gibt eine involutorische Perspektivität mit Zentrum  , die   invariant lässt), so ist   pappussch und   eine Quadrik.[7]
  • Ein Ovoid   in einem pappusschen projektiven Raum ist eine Quadrik, wenn die Gruppe der   invariant lassenden Projektivitäten auf   3-fach transitiv operiert, d. h., zu 2 Tripeln von Punkten   gibt es eine Projektivität   mit  .[8]

Im endlichen Fall folgt aus dem Satz von Segre:

  • Es sei   ein Ovoid in einem endlichen desargueschen projektiven 3-dimensionalen Raum   ungerader Ordnung. Dann ist   pappussch und   eine Quadrik.

Verallgemeinerung: Halbovoid

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Lässt man bei der Definition eines Ovoids die Bedingung (1) weg, so erhält man die Definition eines Halbovoids:

Eine Punktmenge   eines projektiven Raums heißt Halbovoid (engl.: semi ovoid), wenn gilt:
(HO1) Für jeden Punkt   gilt: Die Tangenten (Geraden, die mit   nur einen Punkt gemeinsam haben) in   überdecken genau eine Hyperebene.
(HO2)   enthält keine Geraden.

Halb hat also hier keine mengenmäßige Bedeutung, sondern bedeutet schwächere Voraussetzungen.

Ein Halbovoid ist eine spezielle hermitesche Menge (engl.: semi quadratic set[9]), die eine Verallgemeinerung der quadratischen Menge ist. Die Eigenschaft, die eine hermitesche von einer quadratischen Menge unterscheidet, ist, dass eine Gerade mit einer hermiteschen Menge mehr als 2 Punkte gemeinsam haben kann ohne, dass sie ganz enthalten ist.

Beispiele von Halbovoiden sind isotrope Punktmengen von hermiteschen Formen, sog. hermitesche Quadriken.

Auch für Halbovoide findet man in der Literatur Kriterien, wann ein Halbovoid eine hermitesche Quadrik ist. (z. B.[10])

Halbovoide werden analog den ovoidalen Möbiusebenen, zur Konstruktion von Möbius-Geometrien verwendet.

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Siehe auch

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Einzelnachweise

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  1. P. Dembowski: Finite Geometries. Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S. 28
  2. P. Dembowski: Finite Geometries. Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S. 48
  3. P. Dembowski: Finite Geometries. Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S. 48
  4. W. Heise: Bericht über  -affine Geometrien, Journ. of Geometry 1 (1971), S. 197–224, Satz 3.4.
  5. P. Dembowski: Finite Geometries. Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S. 49
  6. P. Dembowski: Finite Geometries. Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S. 52
  7. H. Mäurer: Ovoide mit Symmetrien an den Punkten einer Hyperebene, Abh. Math. Sem. Hamburg 45 (1976), S. 237–244
  8. J. Tits: Ovoides à Translations, Rend. Mat. 21 (1962), S. 37–59.
  9. F. Buekenhout: A Characterization of Semi Quadrics, Atti dei Convegni Lincei 17 (1976), S. 393–421.
  10. K.J. Dienst: Kennzeichnung hermitescher Quadriken durch Spiegelungen, Beiträge zur geometrischen Algebra (1977), Birkhäuser-Verlag, S. 83–85.