Paul von Roth

deutscher Rechtswissenschaftler

Paul Rudolf von Roth (* 11. Juli 1820 in Nürnberg; † 29. März 1892 in München)[1] war ein deutscher Rechtswissenschaftler.

Paul von Roth

Paul von Roth war zweiter Sohn des königlich bayerischen Staatsrats Friedrich von Roth.[2] Nach dem Gymnasialabschluss 1836 am (heutigen) Wilhelmsgymnasium München[3] begann er mit 16 Jahren das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München.[4] 1840 trat er in den Vorbereitungsdienst für den bayerischen Justizdienst ein und bestand im Oktober 1842 mit der Note der „ausgezeichneten Befähigung“ die „praktische Concursprüfung für Staatsdienstaspiranten“.[4] Nach einigen Jahren der praktischen Tätigkeit promovierte er 1848 an der Universität Erlangen mit einer Arbeit Über der Entstehung der Lex Bajuvariorum.[5] Im gleichen Jahr habilitierte er an der Universität München mit seiner Arbeit zur Krongutsverleihungen unter den Merowingern und erhielt die Venia legendi.[4] Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Privatdozent wechselt er als außerordentlicher Professor der Rechte an die Universität Marburg, 1853 als ordentlicher Professor an die Universität Rostock und 1858 an der Universität Kiel.[5] Mit Adolf A. F. Rudorff, Hugo Böhlau und Georg Bruns begründete er 1861 die Zeitschrift für Rechtsgeschichte, die er mit einer programmatischen Bestandsaufnahme über Die rechtsgeschichtlichen Forschungen seit Eichhorn eröffnete.[6] 1863 kehrte er schließlich als Nachfolger Bluntschlis nach München zurück, wo er deutsches Privatrecht, deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte, Staatsrecht sowie seit 1867 auch bayerisches Landrecht lehrte.[6] 1866 wurde er zusätzlich zum Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek ernannt.[1] Als Mitglied der Bundesrats-Kommission zur Erarbeitung eines gesamtdeutschen bürgerlichen Gesetzbuches verlegte er 1881 seinen Wohnsitz zeitweilig nach Berlin. Im Jahre 1888 kehrte er nach München zurück. 1890 beendete er seine Lehrtätigkeit und starb 1892 an den Folgen eines Schlaganfalls.[4]

In Roths frühem Werk verbinden sich rechtshistorische und rechtsdogmatische Perspektiven.[6] In seiner Geschichte des Benefizialwesens (1850) führte er die 1863 in Feudalität und Unterthanenverband vertiefte These aus, dass die Herrschafts- und Gesellschaftsverfassung der germanisch-fränkischen Verbandsbildungen geprägt durch die „gleiche Berechtigung aller Freyen“ worden sei.[4] Diese Konzeption einer ursprünglichen „Gemeinfreiheit“, die erst in karolingischer Zeit verdrängt worden sei, hat die Diskussion über die Entstehung von Adel und Lehenswesen im mittelalterlichen Europa bis heute geprägt.[6]

Umfassende textkritische Materialerfassung und systematische Ordnung kennzeichnen Roths Arbeiten zum geltenden Recht.[6] 1858 veröffentlichte er mit Victor von Meibom das Kurhessische Privatrecht unter Berücksichtigung der umfangreichen Rechtsprechungspraxis. In seiner Münchener Zeit schuf er mit seinem Bayerischen Civilrecht (1871/75) die erste umfassende systematische Darstellung des Privatrechts in Bayern.[4] Im System des Deutschen Privatrechts (3 Bde., 1881–1886) weitete er diesen Ansatz auf ganz Deutschland aus und verschmolz die sonst stets voneinander getrennt betrachteten Regeln des ius commune, des deutsch-germanischen Rechtskreises und der Landesgesetzgebung zu einer darstellerischen Einheit.[6]

Roth war überzeugt, dass das deutsche Privatrecht auf der Vielfalt seiner regionalen Traditionen beruhe und eine zentralstaatliche gesetzgeberische Kodifikation „weder erforderlich noch nützlich noch ausführbar sei“, wovon er seit 1870 – zunächst in Untersuchungen zum ehelichen Güterrecht – abrückte.[6] In der Folge wurde Roth 1874 auf Vorschlag Bayerns zusammen mit Gottfried Schmitt durch den Bundesrat des Deutschen Kaiserreichs zum Mitglied der elfköpfigen ersten Kommission zur Entwicklung eines Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches berufen.[1][7] Obwohl er dieser Kommission bis zu ihrer Auflösung (1888) angehört, setzte er kaum gestalterische Akzente, seine Werke lieferten dagegen wichtige Materialgrundlagen.[6][4]

Roth zählt durch die systematische, aber stets quellennahe Erschließung ungeheurer Textmassen, die souveräne Überbrückung der überkommenen Trennung von Germanistik und Romanistik und nicht zuletzt aufgrund der Vielfalt der von ihm gewählten Themenstellungen zu den wichtigsten Vertretern der geschichtlichen Rechtswissenschaft im 19. Jahrhundert.[6]

Ehrungen und Auszeichnungen

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Literatur

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Commons: Paul von Roth – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Roth, Paul von. In: Brockhaus Konversations-Lexikon. 14. Auflage. Band 13: Perugia – Rudersport. Brockhaus, Leipzig 1895, S. 1018 (retrobibliothek.de).
  2. Adolf von Stählin: Roth, Karl Johann Friedrich von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 29, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 317–333.
  3. Leitschuh, Max: Die Matrikeln der Oberklassen des Wilhelmsgymnasiums in München, 4 Bde., München 1970–1976; Bd. 4, S. 9
  4. a b c d e f g Karl von Amira: Roth, Paul von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 53, Duncker & Humblot, Leipzig 1907, S. 538–549.
  5. a b c Roth, Paul Rudolf von. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 13, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 996.
  6. a b c d e f g h i Andreas Thier: Roth, Paul Rudolf von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 108 f. (Digitalisat).
  7. Werner Schubert: Bayern und das Bürgerliche Gesetzbuch: die Protokolle der bayerischen BGB-Kommission (1881–1884). In: Münchener Universitätsschriften: Abhandlungen zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung. Band 44. Gremer, München 1980, ISBN 978-3-88212-019-6, S. 16.
  8. Prof. Dr. Paul Ritter von Roth. Bayerische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 14. April 2012.
  9. Hans Körner: Der Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst und seine Mitglieder. (Memento vom 19. Juli 2018 im Internet Archive) In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte, Bd. 47, 1984, S. 299–398.
  10. a b c Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1891/92. (PDF; 7,4 MB) Ludwig-Maximilians-Universität, S. 9, abgerufen am 14. April 2012.