Pernink

Gemeinde im Okres Karlovy Vary im Nordwesten von Tschechien

Pernink (deutsch Bärringen, früher Bärringer, Perninger)[3] ist eine Gemeinde im Okres Karlovy Vary in Tschechien.

Pernink
Wappen von Pernink
Pernink (Tschechien)
Pernink (Tschechien)
Basisdaten
Staat: Tschechien Tschechien
Region: Karlovarský kraj
Bezirk: Karlovy Vary
Fläche: 1571,2683[1] ha
Geographische Lage: 50° 22′ N, 12° 47′ OKoordinaten: 50° 21′ 59″ N, 12° 47′ 0″ O
Höhe: 840 m n.m.
Einwohner: 640 (1. Jan. 2023)[2]
Postleitzahl: 362 36
Kfz-Kennzeichen: K
Verkehr
Bahnanschluss: Karlsbad–Johanngeorgenstadt
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 3
Verwaltung
Bürgermeister: Jitka Tůmová (Stand: 2010)
Adresse: T. G. Masaryka 1
362 36 Pernink
Gemeindenummer: 555452
Website: www.pernink.eu
Lage von Pernink im Bezirk Karlovy Vary

Geographie

Bearbeiten
 
Panorama von Bärringen

Die Ortschaft liegt in Westböhmen in einer Höhe von etwa 800 bis 900 m n.m. im Tal der Weißen Wistritz im böhmischen Erzgebirge. Der Ort hat Eisenbahnanschluss an die Bahnstrecke Karlsbad–Johanngeorgenstadt. Der Bahnhof ist mit 902 m n.m. der höchstgelegene Bahnhof des Erzgebirges und der zweithöchste Tschechiens. In der Nähe dieses Bahnhofs ereignete sich am 7. Juli 2020 gegen 15:10 Uhr ein Eisenbahnunfall mit 2 Toten und mehreren Verletzten.

Nachbarorte

Bearbeiten
Horní Blatná (Bergstadt Platten) Potůčky (Breitenbach) Boží Dar (Gottesgab)
Nové Hamry (Neuhammer bei Karlsbad)   Abertamy (Abertham)
Nejdek (Neudek) Merklín (Merkelsgrün)

Geschichte

Bearbeiten

Frühe Neuzeit

Bearbeiten

Der Ort wurde 1532 von sächsischen Bergleuten gegründet, die in diesem Gebiet nach Silber und Zinn schürften. Graf Kaspar und Heinrich Schlick belehnten die Siedler mit Grund zur Errichtung von Hofstätten. Außer Bergleuten siedelten sich auch Handwerker an, die sich in Zünften zusammenschlossen. 1538 wurde eine erste Kirche geweiht. 1544 zählte Bärringen mit Irrgang und Fischbach 61 Holzhäuser. 1547 erhielt der Ort von König Ferdinand I. eine Zinnbergordnung und 1559 offiziell die städtischen Privilegien. Das Wappen wurde 1562 von Graf Joachim Schlick bestätigt.[4] 1581 erfolgte die Einrichtung eines eigenen Bergamtes und einer herrschaftlichen Zinnschmelzhütte.

Herzog Julius Heinrich von Sachsen-Lauenburg versuchte 1625 den Zinnbergbau wieder in Schwung zu bringen und bestätigte die Privilegien.[5] Während des Dreißigjährigen Krieges fielen zwischen 1632 und 1634 kaiserliche Truppen in Bärringen ein und ermordeten mehrere Bürger, insbesondere zielgerichtet Vertreter der niederen Gerichtsbarkeit und deren Familienangehörige: So am 23. Juni 1632 den Gerichtsgeschworenen Martin Ströher den Älteren, am 1. Januar 1633 den Richter Bartel Eberhardt, am Folgetag den Gerichtsgeschworenen Wolfgang Hutschenreuter und seine Ehefrau Katharina und am 2. Januar 1634 den Richter Christoph Helmich den Jüngeren und dessen zwanzigjährigen Sohn Adam, am 7. März 1634 den Gerichtsgeschworenen Christoff Eberhardt.[6] 1633 und 1634 brach in Bärringen die Pest aus und raffte siebzehn Menschen, darunter drei Kinder, dahin.[7] Im Zuge der Gegenreformation wurde die fast durchweg evangelische Bevölkerung vor die Wahl gestellt, entweder katholisch zu werden, oder außer Landes zu gehen, worauf viele das Land in Richtung Sachsen verließen. Ein Teil gehörte 1654 zu den Mitgründern von Johanngeorgenstadt. Nach dem Rückgang des Bergbaus verdienten die Zurückgebliebenen ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch Heimarbeiten wie Sticken und Nähen.[8] 1696 zählte Bärringen 500 Seelen. 1714 wurde der Bau einer neuen Kirche begonnen, die 1765 zur Pfarrkirche erhoben wurde. Eingepfarrt waren Fischbach und Salmthal. Im Zeitraum vom 10. November 1770 bis zum 22. Mai 1771 fielen in Bärringen einundzwanzig Kinder im Alter unter sechs Jahren einer Pockenepidemie zum Opfer.[9] 1797 entstand ein neues Rathaus.

Bis zum 19. Jahrhundert variierte die Schreibweise noch zwischen Perninger bzw. Bärringer. Die amtliche Bezeichnung Bärringen wurde erst 1829 festgelegt. Bis zur Aufhebung der Patrimonialherrschaften 1848/49 war Bärringen der Herrschaft Schlackenwerth zugehörig und gehörte ab 1850 zum Gerichtsbezirk Platten und ab 1910 zum Bezirk Neudek.

Bärringen wurde maßgeblich durch die Firma „A. Meinl Erben“ des im Ort geborenen und verstorbenen Karl Anton Meinl (1821–1873) und dessen Vater Adalbert Meinl (* 1780) aus Abertham zu einem Zentrum der Spitzen- und Weißwarenerzeugung mit zahlreichen Niederlassungen in großen europäischen Städten. Sie führte 1868 die erste Strickmaschine ein. Der Sohn Adalbert Prokop Meinl (1847–1911) erbte das Unternehmen, war Bürgermeister vom Bärringen, Träger des Kaiser-Franz-Joseph-Ordens und machte Bärringen zu einem beliebten Höhenluftkurort und Wintersportplatz.[10] Es entstanden mehrere Hotels und Pensionen.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Bärringen 1919 der neu geschaffenen Tschechoslowakei zugeschlagen. Aufgrund des Münchner Abkommens kam der Ort 1938 an das Deutsche Reich und gehörte bis 1945 zum Landkreis Neudek, Regierungsbezirk Eger, im Reichsgau Sudetenland. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Bärringen von der Tschechoslowakei übernommen; fast sämtliche deutschen Bewohner wurden enteignet und vertrieben. Das Stadtrecht ging verloren. Heute hat Pernink etwa 650 Einwohner.

Am 7. Juli 2020 stießen 400 m vom Bahnhof Pernink entfernt zwei Personenzüge frontal zusammen. Zwei Menschen starben, neun wurden schwer verletzt. Die Züge waren mit 33 Reisenden besetzt und hätten planmäßig im Bahnhof Pernink kreuzen müssen. Der Zug von Johanngeorgenstadt nach Karlsbad wartete die Kreuzung allerdings nicht ab und fuhr in den mit dem Gegenzug besetzten Abschnitt ein. Die Rettungsarbeiten gestalteten sich wegen des gebirgigen Geländes schwierig.[11]

Demographie

Bearbeiten
Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1783 0 k. A. 130 Häuser[12]
1830 1.533 in 203 Häusern[13]
1847 1.733 in 209 Häusern[14]
1900 2.860 deutsche Einwohner[15]
1921 2.506 mit Fischbach und Irrgang, davon 2.450 deutsche Einwohner[16]
1930 3.023 davon 51 Tschechen[17]
1939 3.105 [17]
Einwohnerzahlen seit Ende des Zweiten Weltkriegs
Jahr 2006 2013 2017
Einwohner ca. 650 663 632

Gemeindegliederung

Bearbeiten
 
Waldkapelle bei Bärringen

Die Gemeinde Pernink besteht aus den Ortsteilen Bludná (Irrgang), Pernink (Bärringen) und Rybná (Fischbach).[18] Grundsiedlungseinheiten sind Pernink und Rybná.[19] Zu Pernink gehört außerdem die Ansiedlung Lesík (Lessing, Lessig, Lessighäuser).

Der Bahnhof von Pernink liegt an der Bahnstrecke Karlovy Vary–Johanngeorgenstadt und wird im Personenverkehr bedient.

Sehenswürdigkeiten

Bearbeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Bearbeiten
  • Johann Alois Renner (1784–1854), Seelsorger in St. Joachimsthal, Abertham und Schönfeld, Domherr zu St. Veit in Prag
  • Karl Renner (1847–1875), Schriftsteller, Geschäftsleiter des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen in Prag
  • Johann Endt (1869–1951), Lehrer, Volkskundler und Heimatforscher
  • Ernst Ströer (1886–?), Lehrer und Herausgeber
  • Emma Weiß (1903–1988), Politikerin (SED), Abgeordnete des Thüringer Landtags
  • Josef Schütz (1910–1989), Kommunist, Diplomat und Oberst der Nationalen Volksarmee der DDR
  • Hans Renner (1919–1970), Skispringer und Skisprungtrainer
  • Hans Ströer (1919–1986), Musiker, Komponist und Pädagoge
  • Heinz Ströer (1919–1993), Verwaltungsjurist
  • Rudolf Kippenhahn (1926–2020), Astrophysiker und Wissenschaftsautor
  • Rudolf Höhnl (* 1946), Skispringer

Literatur

Bearbeiten
  • Johann Endt: Aus der Vergangenheit der Bergstadt Bärringen. Nach handschriftlichen Quellen. Selbstverlag der Stadtgemeinde Bärringen, Bärringen 1932.
  • Heimatbuch Landkreis Neudek. 2. Auflage. Heimatgruppe Glück Auf Landkreis Neudek, Augsburg-Göggingen 1978.
  • Max Müller: Bärringen. Die Geschichte einer Stadt. Möckel, Schönheide 1994.
  • Werner Ströer: Bärringen. Bilder einer Stadt. Eine Sammlung historischen Bildmaterials. Möckel, Schönheide 1996.
Bearbeiten
Commons: Pernink – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Obec Pernink: Územně identifikační registr ČR. In: uir.cz. Abgerufen am 6. Juni 2016 (tschechisch).
  2. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2023 (PDF; 602 kB)
  3. Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen: darinn alle Städte, Flecken, Herrschaften, Schlösser, Landgüter, Edelsitze, Klöster, Dörfer, wie auch verfallene Schlösser und Städte. Schönfeld-Meißner, 1785, S. 77.
  4. Pernink (Bärringen) - Bergmännische Städte und Dörfer. Abgerufen am 22. März 2020.
  5. Böhmisches: Bergbau in Irrgang. Abgerufen am 22. März 2020.
  6. Sterbematrik des Kirchenbuches Bärringen für die Jahre 1632 bis 1634 - Staatliches Gebietsarchiv in Pilsen (Tschechische Republik), Porta fontium, Westböhmische Matrikelsammlung. Abgerufen am 22. Juli 2022.
  7. Sterbematrik des Kirchenbuches Bärringen für die Jahre 1633 und 1634 - Staatliches Gebietsarchiv in Pilsen (Tschechische Republik), Porta fontium, Westböhmische Matrikelsammlung. Abgerufen am 21. Juli 2024.
  8. Neueste Länder- und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Diesbach, 1832 (google.de [abgerufen am 22. März 2020]).
  9. Sterbematrik des Kirchenbuches Bärringen für die Jahre 1770 bis 1771 - Staatliches Gebietsarchiv in Pilsen (Tschechische Republik), Porta fontium, Westböhmische Matrikelsammlung. Abgerufen am 21. Juni 2024.
  10. Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Band 2: Heribert Sturm (Hrsg.): I – M. Oldenbourg, München 1984, ISBN 3-486-52551-4, S. 629 f.
  11. sram/md: Zugkollision im tschechischen Erzgebirge. In: Eisenbahn-Revue International 8–9/2020, S. 416.
  12. Jaroslaus Schaller: Topographie des Königreichs Böhmen. Band 2: Ellbogner Kreis. Prag 1785, S. 77–79, Ziffer 63).
  13. Jahrbücher des böhmischen Museums für Natur- und Länderkunde, Geschichte, Kunst und Literatur. Band 2, Prag 1831, S. 200, Ziffer 19.
  14. Johann Gottfried Sommer: Das Königreich Böhmen. Band 15: Elbogner Kreis, Prag 1847, S. 98, Ziffer 27.
  15. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 2, Leipzig und Wien 1905, S. 397.
  16. Genealogie-Netz Sudetenland
  17. a b Michael Rademacher: Landkreis Neudek (tschech. Nejdek). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  18. Části obcí: Územně identifikační registr ČR. In: uir.cz. Abgerufen am 6. Juni 2016 (tschechisch).
  19. Základní sídelní jednotky: Územně identifikační registr ČR. In: uir.cz. Abgerufen am 6. Juni 2016 (tschechisch).