Pietro Massa
Pietro Massa (* 6. März 1973 in Mailand) ist ein italienischer Pianist und Musikwissenschaftler.
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Ausbildung
BearbeitenPietro Massa erhielt seine erste Klavierausbildung bei Giuseppe Aneomanti, der seine musikalische Entwicklung maßgeblich prägte. Am Conservatorio Giuseppe Verdi in Mailand studierte er bei Luciano Lanfranchi, einem Schüler von Alberto Mozzati. Zusätzlich belegte er Komposition bei Bruno Bettinelli, der auch Claudio Abbado und Riccardo Muti ausgebildet hat. Er studierte Harmonielehre bei Danilo Lorenzini, einem Vertreter der Kompositionsschule von Luigi Dallapiccola, und Kontrapunkt bei Adelchi Amisano, einem Schüler von Goffredo Petrassi.
Parallel dazu absolvierte Pietro Massa an der Universität Pavia ein Studium der Altphilologie mit dem Schwerpunkt Gräzistik (Altgriechische Philologie). 1996 verließ er Italien, um seine Klavierausbildung in Paris bei Aldo Ciccolini fortzusetzen. 1999 zog Pietro Massa von Paris nach Berlin um.[1] In Berlin vertiefte Pietro Massa sein Interesse an Musikforschung. Er promovierte an der Freien Universität Berlin bei Jürgen Maehder über die Verarbeitung altgriechischer Mythologie im Musiktheater von Carl Orff.[2]
Karriere
BearbeitenPietro Massa tritt als Pianist weltweit auf, darunter in Westeuropa, Brasilien, Japan, Kasachstan, der Türkei, der Ukraine, den USA und Uruguay. Sein Repertoire umfasst etwa 30 Klavierkonzerte, darunter Werke von Brahms, Busoni, Rachmaninow und Respighi, die er mit renommierten Orchestern interpretiert. Mit Werken für Soloklavier vom Barock bis in die Moderne gastiert er in u. a. Berlin (Philharmonie und Konzerthaus), Hamburg (Laeiszhalle), München (Gasteig), Düsseldorf (Tonhalle und Robert-Schumann-Saal), Nürnberg (Meistersingerhalle) und Stuttgart (Liederhalle).
Kurz nach Veröffentlichung seiner Live-Aufnahme des Klavierkonzerts Nr. 3 d-Moll Op. 30 von Rachmaninow auf CD[3] erhielt Pietro Massa die Einladung, 2008 mit der Neubrandenburger Philharmonie und dem Ernst Senff Chor das Konzert für Klavier und Orchester mit Männerchor C-Dur op. 39 von Busoni aufzuführen und auf CD einzuspielen.
Die Aufführung in Neubrandenburg wurde live von Deutschlandradio Kultur (heute: Deutschlandfunk Kultur) übertragen und erreichte über 150.000 Zuhörer.[4] Die daraus entstandene CD erhielt begeisterte Kritiken,[5] was 2009 zu einer weiteren Aufführung mit denselben Mitwirkenden im Großen Saal der Berliner Philharmonie führte.
2025 beginnt Pietro Massas über mehrere Jahre angelegtes Soloprojekt ChopinPlus in der Berliner Philharmonie.[6]
Neben seiner Tätigkeit als Pianist ist Pietro Massa aktuell als Gastwissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Am Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft arbeitet er bei Arne Stollberg an seinem Forschungsprojekt Geschichte und Ästhetik der italienischen Klaviermusik. Massas Publikation ist für 2027 geplant.[7]
Repertoire
BearbeitenPietro Massa konzentriert sich zunehmend auf das Italienische Klavierrepertoire des 19. und 20. Jahrhunderts. In Zusammenarbeit mit Deutschlandradio Kultur (heute: Deutschlandfunk Kultur) hat er unter dem Label Capriccio die CD-Reihe Piano Rarities aufgenommen.
Während seiner Recherchen in den Archiven der Fleisher Collection in Philadelphia entdeckte Pietro Massa die lange verschollene Partitur des Klavierkonzerts Nr. 2 F-Dur Op. 92 von Mario Castelnuovo-Tedesco. Er führte das Werk als Europäische Erstaufführung im September 2009 im Großen Saal der Berliner Philharmonie mit den Berliner Symphonikern auf.[8] Der Erfolg dieses Projekts führte zu einer langjährigen Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Stefan Malzew, was zu vielbeachteten Einspielungen führte, darunter das Klavierkonzert Nr. 2 Op. 66 von Giuseppe Martucci.[9]
Weitere bedeutende Aufnahmen umfassen die Klavierkonzerte von Ottorino Respighi sowie Scarlattiana von Alfredo Casella.[10] Er nahm auch das Klavierkonzert Nr. 1 von Giuseppe Martucci auf.[11] Gemeinsam mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin führte Pietro Massa das Piccolo Concerto per Muriel Couvreux von Luigi Dallapiccola auf. Mit dem Göttinger Symphonieorchester spielte er das Concerto für Klavier und Orchester von Goffredo Petrassi.[12]
2011 veröffentlichte Pietro Massa die Weltersteinspielung sämtlicher Klavierwerke von Riccardo Zandonai.
Diskografie
BearbeitenAufnahmedatum | Werke | Weitere Künstler | Label |
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2003 | Chromatisme Mystique – Franz Liszt: Ballade h-Moll, César Franck: Prélude, Aria et Final, Alexander Skrjabin: 2 Morceaux op. 57, 2 Poèmes op. 63, Sonate Nr. 7 op. 64, Alfredo Casella: Berceuse triste op. 14, Goffredo Petrassi: Toccata | Pietro Massa (Solo Klavier) | Master Arts |
2008 | Sergej Rachmaninow: Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll op. 30; Symphonische Tänze op. 45 | Orchestra Bruno Maderna, Daniele Giorgi (Dirigent) | Genuin |
2008 | Ferruccio Busoni: Konzert für Klavier und Orchester mit Männerchor C-Dur op. 39 | Ernst Senff Chor, Neubrandenburger Philharmonie, Stefan Malzew (Dirigent) | Genuin |
2010 | Piano Rarities – Mario Castelnuovo-Tedesco: Klavierkonzert Nr. 2 F-Dur op. 92 (Ersteinspielung), La Sirenetta e il pesce turchino, Alghe, Vitalba e Biancospino, Passatempi, 5 piccoli Walzer, Onde – Due studi per Pianoforte | Berliner Symphoniker, Alessandro Crudele (Dirigent) | Capriccio |
2010 | Piano Rarities – Luigi Dallapiccola: Piccolo concerto per pianoforte e orchestra da camera, Sonatina canonica su Capricci di Niccolò Paganini, Tre episodi dal Balletto Marsia, Quaderno musicale di Annalibera, Due pezzi per orchestra | Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Peter Hirsch (Dirigent) | Capriccio |
2011 | Piano Rarities – Riccardo Zandonai: Telefunken, Tempo di Valzer, Canzone montanina, Berceuse, Fiori sotto la neve, Intermezzo – Cavalcata da „Giulietta e Romeo“, Sera, Sogno giovanile, Primavera in Val di Sole | Pietro Massa (Solo Klavier) | Crystal Classics |
2013 | Piano Rarities – Mario Castelnuovo-Tedesco: Klavierkonzert Nr. 1 g-Moll op. 46, Klavierkonzert Nr. 2 F-Dur op. 92, La sirenetta e il pesce turchino Op. 18, Vitalba e Biancospino Op. 21, I Naviganti Op. 13, Alghe Op. 12, Le danze del Re David Op. 37, Passatempi Op. 54, 2 Film Studies Op. 67 | Neubrandenburger Philharmonie, Stefan Malzew (Dirigent) | Capriccio (2 CD-Box) |
2013 | Piano Rarities – Giuseppe Martucci: Klavierkonzert Nr. 2 b-Moll op. 66, Tema e variazoni Op. 58, Notturno Nr. 1 Op. 70 (Klavierversion) | Neubrandenburger Philharmonie, Stefan Malzew (Dirigent) | Capriccio |
2014 | Piano Rarities – Goffredo Petrassi: Konzert für Klavier und Orchester, Partita, Toccata, Invenzioni | Göttinger Symphonie Orchester, Christoph-Mathias Mueller (Dirigent) | Capriccio |
2015 | Ferruccio Busoni: Konzert für Klavier und Orchester mit Männerchor C-Dur op. 39 | Ernst Senff Chor, Neubrandenburger Philharmonie, Stefan Malzew (Dirigent) | Myricae Classics/Naxos |
2023 | Johannes Brahms: Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83, Tragische Ouvertüre op. 81 | Harvestehuder Sinfonieorchester, Christian Kunert (Dirigent) | Myricae Classics/Naxos |
2024 | Giuseppe Martucci: Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll op. 40, Symphonie Nr. 1 d-Moll op. 75 | Neubrandenburger Philharmonie, Stefan Malzew (Dirigent) | Myricae Classics/Naxos |
2025 | Johann Sebastian Bach: Goldberg-Variationen BWV 988 | Pietro Massa (Solo Klavier) | Myricae Classics/Naxos |
Pressestimmen
Bearbeiten- Das Orchester schrieb über Pietro Massas Interpretation von Ferruccio Busonis Konzert für Klavier und Orchester mit Männerchor C-Dur op. 39: „Mit Pietro Massa wurde ein glänzender Pianist gefunden, der das ungemein schwierige und kompakte Werk voller Spielfreude in jeder Sekunde mit sicherer Virtuosität und farbenreichem Anschlag beherrscht und dabei den Spannungsbogen bis zum Ende durchhält.“[13]
- Nordkurier lobte seine Interpretation von Giuseppe Martuccis Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll op. 40 mit den Worten: „Es fordert an manchen Stellen viel Kraft vom Pianisten für vollgriffige Akkordkaskaden und wilde Oktavgänge. Pietro Massa gelingt das überzeugend, doch liebt er das differenzierte Spiel, den eleganten Anschlag in perlenden Arpeggien, die flexible Dynamik in der gefühlvollen Melodieführung des ruhigen Mittelsatzes. Die hohen virtuosen Ansprüche des Soloparts bewältigt er mit unaufdringlicher Raffinesse. Und er versteht das Konzert als ein sinfonisches Werk, indem er sein Spiel in manchen Passagen ganz als Klangfarbe zurücknimmt und in die Orchesterfarben integriert.“[11]
- Göttinger Tageblatt berichtete über die deutsche Erstaufführung von Goffredo Petrassis Konzert für Klavier und Orchester: „Mit dem Konzert für Klavier und Orchester von Goffredo Petrassi gab es eine an musikalischer Dramatik kaum zu überbietende deutsche Erstaufführung. Der Pianist Pietro Massa brillierte mit beeindruckender Technik in diesem vom Neoklassizismus geprägten Werk, …“[12]
Literatur
Bearbeiten- Ulrich Amling: Ein Italiener in Berlin – Lob der reinen Unvernunft. 23. April 2009 (tagesspiegel.de).
- Arnt Cobbers: Künstlerportrait Pietro Massa – „In keiner Stadt fühle ich mich so frei!“ (Concerti, S. 30–31). Mai 2011.
- Gherardo Ugolini: Intervista a Pietro Massa. Mai 2011 (italienisch, corriereditalia.de).
- Isabel Herzfeld: Grieg satt. Pietro Massas Klavierabend im Konzerthaus. 29. Dezember 2012 (tagesspiegel.de).
- Laura Luckenback: Pianist Pietro Massa: Viel Schatten, viel Licht. Der italienische Pianist Pietro Massa gestaltet im Konzerthaus am Gendarmenmarkt einen Klavierabend mit Werken von Frédéric Chopin. 28. Dezember 2022 (tagesspiegel.de).
- Matthias Nöther: „Pietro Massa kann mit Chopin geniale Linien gestalten und ihnen zu zauberhaft verhangenem Klang verhelfen“. 29. Dezember 2020 (pietromassa.com).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Alessandro Giancola/Guido Ottombrino: La Stanza dei Sogni. Il metodo AIREO per il cambiamento. In: Anteprima Edizioni. 2009, abgerufen am 19. Februar 2025 (italienisch).
- ↑ Pietro Massa: Carl Orffs Antikendramen und die Hölderlin Rezeption im Deutschland der Nachkriegszeit. In: Peter Lang. 2006, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ Marco Frei: Pietro Massas Einspielung des 3. Klavierkonzertes von Rachmaninow. In: Piano News. 2008, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ Stefan Lang: Interview über die Kooperation zwischen Pietro Massa und Deutschlandradio Kultur. In: YouTube. 17. November 2015, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ Carsten Dürer: Ferruccio Busoni. Konzert für Klavier und Orchester mit Männerchor Op. 39. In: Piano News. 2009, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ ChopinPlus – Konzertmatinee mit Pietro Massa am SO 04.05.2025. In: Berliner Philharmoniker. Abgerufen am 18. Februar 2025.
- ↑ Gastwissenschaftler am Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. In: Humboldt-Universität zu Berlin. Abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ Dieses Konzert mit der europäischen Erstaufführung von Mario Castelnuovo-Tedescos 2. Klavierkonzert. In: Tagesspiegel. 2009, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ Neues von Giuseppe Martucci. In: Deutschlandradio Kultur. 22. November 2011, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ Divertimento Neubrandenburg. In: Deutschlandradio Kultur. 6. November 2014, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ a b Michael Baumgartl: Große Aufmerksamkeit für unbekannte Werke. In: Nordkurier. 20. November 2011, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ a b Marie Varela: Flirrende Klangfarben. Göttinger Symphonieorchester mit Bella Italia. In: Göttinger Tageblatt. 18. Oktober 2011, abgerufen am 19. Februar 2025.
- ↑ Peter Roggenkamp: Rezension Ferrucio Busoni: Konzert für Klavier und Orchester mit Männerchor C-Dur op. 39. In: Das Orchester. Mai 2009, abgerufen am 19. Februar 2025.
Personendaten | |
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NAME | Massa, Pietro |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Pianist und Musikwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 6. März 1973 |
GEBURTSORT | Mailand |