Ein Pseudodifferentialoperator ist eine Erweiterung des Konzepts des Differentialoperators. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Theorie der partiellen Differentialgleichungen sowie der mikrolokalen Analysis. Die Grundlagen der Theorie stammen von Lars Hörmander. Eingeführt wurden sie 1965 durch Joseph Kohn und Louis Nirenberg.

Motivation

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Lineare Differentialoperatoren mit konstanten Koeffizienten

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Man betrachte den linearen Differentialoperator mit konstanten Koeffizienten

 

der auf dem Raum der glatten Funktionen mit kompaktem Träger in   operiert. Er kann als Komposition einer Fouriertransformation, einer einfachen Multiplikation mit dem Polynom (dem sogenannten Symbol)

 

und der inversen Fouriertransformation:

 

geschrieben werden. Dabei ist   ein Multiindex,   ein Differentialoperator,   steht für Ableitung nach der  -ten Komponente und   sind komplexe Zahlen.

Analog ist ein Pseudodifferentialoperator   mit Symbol   auf   ein Operator der Form

 ,

mit einer allgemeineren Funktion   im Integranden, wie unten weiter ausgeführt wird.

Herleitung von Formel (1)

Die Fouriertransformation einer glatten Funktion   mit kompaktem Träger in   ist

 

und inverse Fouriertransformation ergibt

 

Wendet man   auf diese Darstellung von   an und benutzt

 ,

erhält man (1).

Darstellung von Lösungen von partiellen Differentialgleichungen

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Um eine partielle Differentialgleichung

 

zu lösen, werden beide Seiten (formal) fouriertransformiert, wobei sich algebraische Gleichungen ergeben:

 .

Falls das Symbol   immer ungleich Null ist für  , kann man durch   dividieren:

 

Die Lösung lautet dann mit Anwendung der umgekehrten Fouriertransformation:

 .

Dabei wird folgendes vorausgesetzt:

  1.   ist ein linearer Differentialoperator mit konstanten Koeffizienten,
  2. sein Symbol   ist niemals Null für  ,
  3. sowohl   als auch   haben wohldefinierte Fouriertransformierte.

Die letzte Annahme kann mit der Theorie der Distributionen abgeschwächt werden. Die ersten beiden Annahmen können wie folgt abgeschwächt werden:

Man setze in der letzten Formel die Fouriertransformation von   ein:

 .

Das ist ähnlich Formel (1), nur dass   kein Polynom ist, sondern eine Funktion allgemeinerer Art.

Definition des Pseudodifferentialoperators

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Die Symbolklasse

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Ist   eine unendlich oft differenzierbare Funktion auf  ,   offen,  , mit

 

für alle  , wobei   kompakt ist, für alle  , alle Multiindizes  , eine Konstante  , so gehört   zur Symbolklasse  .

Pseudodifferentialoperator

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Sei wieder   eine glatte Funktion aus der Symbolklasse   mit  . Ein Pseudodifferentialoperator der Ordnung m ist gewöhnlicherweise eine Abbildung

 

welche durch

 

definiert ist. Der Raum   ist der Raum der Testfunktionen,   ist der Raum der glatten Funktionen und   ist der Schwartz-Raum.

Eigentlich getragener Pseudodifferentialoperator

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Sei   ein Pseudodifferentialoperator. Im Folgenden sei

 

der Integralkern des Operators  . Der Pseudodifferentialoperator   heißt eigentlich getragen, falls die Projektionen   eigentlich sind.

Eigenschaften

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  • Lineare Differentialoperatoren der Ordnung m mit glatten, beschränkten Koeffizienten können als Pseudodifferentialoperatoren der Ordnung m aufgefasst werden.
  • Der Integralkern
 
ist außer auf der Diagonalen   ein glatter Schwartz-Kern.
  • Die Transponierte eines Pseudodifferentialoperators ist ebenfalls wieder ein Pseudodifferentialoperator.
  • Falls ein linearer Differentialoperator der Ordnung m elliptisch ist, ist sein Inverses ein Pseudodifferentialoperator der Ordnung −m. Man kann also lineare, elliptische Differentialgleichungen mehr oder weniger explizit mit Hilfe der Theorie der Pseudodifferentialoperatoren lösen.
  • Differentialoperatoren sind lokal. Das bedeutet, dass man nur den Wert einer Funktion in der Umgebung eines Punktes zu kennen braucht, um die Wirkung des Operators zu bestimmen. Pseudodifferentialoperatoren sind pseudolokal, das bedeutet, dass diese den singulären Träger einer Distribution nicht vergrößern. Es gilt also
     .
  • Da der Schwartz-Raum dicht im Raum der quadratintegrierbaren Funktionen   liegt, ist es möglich mittels Stetigkeitsargumenten einen Pseudodifferentialoperator auf   fortzusetzen. Gilt außerdem   dann ist   ein beschränkter also stetiger Operator.

Komposition von Pseudodifferentialoperatoren

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Pseudodifferentialoperatoren mit dem Schwartz-Raum   als Definitionsbereich bilden diesen in sich selbst ab. Sie sind sogar ein Isomorphismus auf  .[1] Außerdem bilden eigentlich getragene Pseudodifferentialoperatoren den Raum   in sich ab. Daher ist es möglich für solche Operatoren die Komposition zweier Pseudodifferentialoperatoren zu betrachten, was wieder einen Pseudodifferentialoperatoren ergibt.

Seien   und   zwei Symbole und seien   und   die entsprechenden Pseudodifferentialoperatoren, dann ist   wieder ein Pseudodifferentialoperator. Das Symbol   des Operators   ist ein Element des Raums   und es hat die asymptotische Entwicklung

 

was

 

bedeutet.[2]

Adjungierter Operator

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Für jedes Paar   von Schwartz-Funktionen sei

 

eine Bilinearform und sei   ein Pseudodifferentialoperator mit Symbol  . Dann ist der formal adjungierte Operator   bezüglich   wieder ein Pseudodifferentialoperator und sein Symbol   ist ein Element des Raums   und es hat die asymptotische Entwicklung

 [3]

Pseudodifferentialoperatoren auf Distributionenräumen

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Mit Hilfe des formal adjungierten Operators ist es möglich Pseudodifferentialoperatoren auf Distributionenräumen zu definieren. Dazu betrachtet man statt der Bilinearform   die duale Paarung   zwischen dem Schwartz-Raum und seinem Dualraum. Die duale Paarung kann als stetige Fortsetzung von   verstanden werden. Daher ist es möglich Pseudodifferentialoperatoren auf dem Dualraum des Schwartz-Raum also dem Raum der temperierten Distributionen zu definieren.

Sei   ein Pseudodifferentialoperator und   eine temperierte Distribution. Dann ist der fortgesetzte Operator   für alle   definiert durch

 

Für Pseudodifferentialoperatoren   gilt Analoges. Der bezüglich der Bilinearform   adjungierte Operator ist ein Pseudodifferentialoperator   und diesen kann man ebenfalls analog zu einem Operator   stetig fortsetzen. Dabei ist   der Raum der Distributionen und   der Raum der Distributionen mit kompaktem Träger.

Pseudodifferentialoperatoren auf Mannigfaltigkeiten

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Sei   der Raum der Testfunktionen auf  , sei   eine kompakte glatte Mannigfaltigkeit und sei   eine Karte von  . Eine stetige Abbildung

 

ist ein Pseudodifferentialoperator, falls er lokal in jeder Karte wie ein Pseudodifferentialoperator in   dargestellt werden kann. Konkret heißt dies,   ist ein Pseudodifferentialoperator, falls für   mit   in einer Umgebung von   der Operator

 

mit   und   ein Pseudodifferentialoperator ist.[4]

Literatur

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  • José García-Cuerva: Fourier Analysis and Partial Differential Equations. CRC Press, Boca Raton FL u. a. 1995, ISBN 0-8493-7877-X.
  • Lars Hörmander: The Analysis of Linear Partial Differential Operators III: Pseudo-Differential Operators (= Grundlehren der mathematischen Wissenschaften. Bd. 274). Springer, Berlin 1985, ISBN 3-540-13828-5.
  • Michail A. Shubin: Pseudodifferential Operators and Spectral Theory. 2nd edition. Springer, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-540-41195-X.
  • Michael E. Taylor: Pseudodifferential Operators (= Princeton Mathematical Series. Bd. 34). Princeton University Press, Princeton NJ 1981, ISBN 0-691-08282-0.
  • Michael E. Taylor: Partial differential equations. Band 1–2. Springer, New York u. a. 1996, ISBN 0-387-94653-5 (Bd. 1), ISBN 0-387-94651-9 (Bd. 2).
  • François Treves: Introduction to Pseudo Differential and Fourier Integral Operators. 2 Bände. Plenum Press, New York NY u. a. 1980;

Einzelnachweise

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  1. Man Wah Wong: An introduction to pseudo-differential operator. 2. Auflage. World Scientific, River Edge NJ 1999, ISBN 981-02-3813-4, S. 31–33.
  2. Man Wah Wong: An introduction to pseudo-differential operator. 2. Auflage. World Scientific, River Edge NJ 1999, ISBN 981-02-3813-4, S. 54–60.
  3. Man Wah Wong: An introduction to pseudo-differential operator. 2. Auflage. World Scientific, River Edge NJ 1999, ISBN 981-02-3813-4, S. 62–69.
  4. Christopher D. Sogge: Fourier Integrals in Classical Analysis. (= Cambridge Tracts in Mathematics. Bd. 105). Digitally printed version. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2008, ISBN 978-0-521-06097-4, S. 106.