Temperierte Distribution

Spezialfall einer Distribution

Eine temperierte Distribution ist ein Objekt aus der Distributionentheorie, einem mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis. Eine temperierte Distribution ist ein Spezialfall einer Distribution. Laurent Schwartz führte 1947 den Raum der temperierten Distributionen ein, um die Fourier-Transformation in seine Distributionentheorie integrieren zu können.

Schwartz-Raum

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Um temperierte Distributionen definieren zu können, wird zuerst der Raum der schnell fallenden Funktionen erläutert. Schnell fallende Funktionen sind unendlich oft differenzierbar und streben im Unendlichen so schnell gegen null, dass sie und alle ihre Ableitungen schneller als jede Polynomfunktion fallen. Die Menge all dieser Funktionen wird auch als Schwartz-Raum   bezeichnet und ist durch

 

definiert. Durch die Halbnormen

 

wird der Schwartz-Raum zu einem metrisierbaren lokalkonvexen Raum. Die Besonderheit dieses Raumes ist, dass die Fourier-Transformation ein Automorphismus auf diesem ist. Außerdem ist der Raum in allen Sobolew-Räumen enthalten. Der Raum   der Testfunktionen lässt sich stetig in den Schwartz-Raum einbetten und liegt in diesem dicht.

Definition

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Eine temperierte Distribution ist ein stetiges, lineares Funktional auf dem Schwartz-Raum, also eine stetige lineare Abbildung  . Da die Menge der temperierten Distributionen der Definition nach den topologischen Dualraum von   bildet, wird dieser Raum mit   notiert. Aufgrund dieser Dualität spricht man auch von den langsam wachsenden Distributionen im Gegensatz zu den schnell fallenden Funktionen.

Beispiele

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  • Die Klasse der Distributionen mit kompaktem Träger ist eine echte Untermenge des Raums der temperierten Distributionen. Ein Beispiel einer Distribution mit kompaktem Träger ist die Delta-Distribution.
  • Dirac-Kamm
  • Alle Distributionen, die durch eine Polynomfunktion erzeugt werden, sind temperierte Distributionen. Ist   also eine Polynomfunktion, dann ist das stetige Funktional
 
eine temperierte Distribution. Diese Distributionen sind im Gegensatz zur Delta-Distribution beziehungsweise zum Dirac-Kamm reguläre Distributionen.

Gelfandsches Raumtripel

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Der Schwartz-Raum   liegt dicht im Hilbertraum   der quadratintegrierbaren Funktionen. Aus diesem Grund gilt für ihre Dualräume die Inklusion   und aus dem Satz von Riesz-Fischer folgt   Dies führt insgesamt zu der Inklusion

 

Die stetige Einbettung   ist die normale Identifizierung einer Funktion mit einer Distribution. Das heißt,   ist die Abbildung

 .

Das Paar   ergibt ein Beispiel für einen erweiterten Hilbertraum, beziehungsweise das Tripel   ein Beispiel für ein gelfandsches Raumtripel (nach Israel Gelfand). In allen drei Räumen ist die Fourier-Transformation ein Automorphismus.

Zu den Werten   im kontinuierlichen Anteil des Spektrums eines Operators   auf   existieren, anders als zu den Eigenwerten   (also den Werten des Punktspektrums), keine Eigenfunktionen in  . Es können aber Distributionen   existieren, die an deren Stelle die Eigenwertgleichung   in   erfüllen. Weitere Einzelheiten finden sich in Band III der unter Literatur angegebenen Bücher von Gelfand. In der Anwendung auf die Quantenmechanik bedeutet das, dass der Raum   beispielsweise „Eigenfunktionen“ des Orts- oder Impulsoperators enthält (in der Standard-Darstellung sind dies δ-Funktionen bzw. ebene Wellen), die nicht in   enthalten sind, weil das Integral über ihr Betragsquadrat divergiert.

Fourier-Transformation

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Definition

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Sei   eine temperierte Distribution, die Fourier-Transformierte   ist für alle   definiert durch

 .

In diesem Kontext ist die Fourier-Transformation auf Funktionen durch   definiert. Es gibt auch eine andere Konvention für die Fourier-Transformation mit dem Vorfaktor  . Diese wird in diesem Artikel aber nicht verwendet.

Eigenschaften

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Man stattet die Menge   mit der Schwach-*-Topologie aus. Dann ist die Fourier-Transformation eine stetige, bijektive Abbildung auf  . Das Fourier-Urbild von   berechnet sich mit der Formel
 

Beispiel

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  • Sei   und   die Deltadistribution zum Punkt  . Für die Fourier-Transformation gilt dann
 .
Also entspricht   der von   erzeugten Distribution. Im Fall   entspricht also   der von   erzeugten Distribution. Verwendet man bei der Fourier-Transformation noch den Vorfaktor   dann ist das Ergebnis des Beispiels die Distribution, die von   erzeugt wird.
  • Sei nun   die von der konstanten Eins-Funktion erzeugte Distribution. Der naheliegende Ansatz den Ausdruck   zu berechnen scheitert, da er auf ein nicht absolut konvergentes Integral führt. Zum Lösen benötigt man obiges Beispiel und einen kleinen Trick. Es gilt
 .

Fourier-Laplace-Transformation

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In diesem Abschnitt wird die Fourier-Transformation nur für Distributionen mit kompaktem Träger betrachtet. Da die Fourier-Transformation in diesem Kontext besondere Eigenschaften hat, nennt man sie dann Fourier-Laplace-Transformation. Sei   also eine Distribution mit kompaktem Träger. Dann ist die Laplace-Fourier-Transformation durch

 

definiert. Dies ist wohldefiniert, denn man kann zeigen, dass   eine Funktion ist, welche sogar für alle   analytisch – also ganz – ist. Außerdem stimmt diese Definition mit der obigen Definition überein, falls die Distributionen kompakten Träger haben. Welche ganzen Funktionen hier als Fourier-Laplace-Transformationen auftreten können, charakterisiert der Satz von Paley-Wiener.

Laplace-Transformation

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Für temperierte Distributionen kann man ebenfalls eine Laplace-Transformation definieren. Diese sieht ähnlich aus wie die Fourier-Laplace-Transformation aus dem vorigen Abschnitt. Sei   eine temperierte Distribution mit Träger in  , dann ist die Laplace-Transformation   von   durch

 

definiert. Das Resultat der Transformation ist ebenfalls wieder eine holomorphe Funktion, die für   definiert ist (sich aber eventuell auf eine größere Menge analytisch fortsetzen lässt). Im Gegensatz zur Fourier-Laplace-Transformation ist die Laplace-Transformation auch für temperierte Distributionen definiert, die keinen kompakten Träger haben. Dies ist möglich, da das Abklingverhalten von   besser ist als das des Fourier-Kerns  .

Literatur

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  • Lars Hörmander: The Analysis of Linear Partial Differential Operators. Band 1: Distribution Theory and Fourier Analysis. Second Edition. Springer-Verlag, Berlin u. a. 1990, ISBN 3-540-52345-6 (Grundlehren der mathematischen Wissenschaften 256).
  • Otto Forster, Joachim Wehler: Fourier-Transformation und Wavelets (PDF; 575 kB). 2001 (Skript).
  • R. J. Beerends, H. G. ter Morsche, J. C. van den Berg, E. M. van de Vrie: Fourier and Laplace transforms. Cambridge University Press, 2003, ISBN 978-0-521-53441-3.
  • Israel Gelfand: Verallgemeinerte Funktionen (Distributionen). VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin (Ost).
    • Band 1: I. M. Gelfand, G. E. Schilow: Verallgemeinerte Funktionen und das Rechnen mit ihnen. 1960 (Hochschulbücher für Mathematik 47, ISSN 0073-2842);
    • Band 2: I. M. Gelfand, G. E. Schilow: Lineare topologische Räume, Räume von Grundfunktionen und verallgemeinerten Funktionen. 1962 (Hochschulbücher für Mathematik 48);
    • Band 3: I. M. Gelfand, G. E. Schilow: Einige Fragen zur Theorie der Differentialgleichungen. 1964 (Hochschulbücher für Mathematik 49);
    • Band 4: I. M. Gelfand, N. J. Wilenkin: Einige Anwendungen der harmonischen Analyse. Gelfandsche Raumtripel. 1964 (Hochschulbücher für Mathematik 50).
    • Band 5: I. M. Gelfand, M. I. Graev: Integral geometry and representation theory 1966, Academic Press.
  • Klaus-Heinrich Peters: Der Zusammenhang von Mathematik und Physik am Beispiel der Geschichte der Distributionen. Eine historische Untersuchung über die Grundlagen der Physik im Grenzbereich zu Mathematik, Philosophie und Kunst. 2004 (Hamburg, Univ., Diss., 2003), online (PDF; 2,72 MB).