Reitgräser

Gattung der Familie Süßgräser (Poaceae)

Reitgräser (Calamagrostis) sind eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae).[1] Die etwa 180 bis 230 Arten und Naturhybriden sind fast weltweit verbreitet. Der deutsche Trivialname Reitgras, auch Reutgras bedeutet so viel wie „Rodungsgras“ und bezieht sich auf Calamagrostis epigejos, das jedoch nicht auf Rodungen, sondern auf Waldschlägen wächst.[2]

Reitgräser

1. Sumpf-Reitgras (Calamagrostis canescens), 2. Ufer-Reitgras (Calamagrostis pseudophragmites) und 3. Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos), Kupferstich von Jacob Sturm

Systematik
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Gattung: Reitgräser
Wissenschaftlicher Name
Calamagrostis
Adans.

Beschreibung

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Illustration aus Flora Batava, Volume 19 von Calamagrostis stricta

Vegetative Merkmale

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Die Reitgras-Arten sind ausdauernde krautige Pflanzen. Es sind horstbildende Gräser, die häufig unterirdische Ausläufer bilden. Die zahlreichen Erneuerungstriebe wachsen innerhalb oder außerhalb der unteren Blattscheiden (intra- oder extravaginal) hoch. Die Halme sind einfach oder an den unteren Knoten verzweigt und besitzen mehrere Knoten.

Die wechselständig am Halm angeordneten Laubblätter sind in Blattscheide und Blattspreite gegliedert. Die Blattscheiden sind bis zum Grund offen, gerieft, manchmal behaart und glatt oder rau. Das Blatthäutchen ist ein häutiger Saum. Die einfachen Blattspreiten sind lang und 1,5 bis 12 Millimeter breit. Sie sind flach, gerippt. Auf den Rippen sind sie rau, kahl bis behaart. Der Blattrand ist rau und häufig schneidend.

Generative Merkmale

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Der rispige Blütenstand ist reich verzweigt, meist aufrecht und nur zur Anthese ausgebreitet. Die Ährchen bestehen aus einem zwittrigen Blütchen und sind 3 bis 8 Millimeter lang, schmal und seitlich zusammengedrückt. Das Blütchen trägt am Grund der Deckspelze längere Haare, die meist gleich lang wie oder länger als die Deckspelze sind. Die Blüte fällt zur Fruchtreife als Ganzes aus den Hüllspelzen aus. Die Ährchenachse trägt an den Kanten lange weiße Haare. Die zwei Hüllspelzen sind ein- bis dreinervig und so lang wie das Ährchen. Sie sind spitz bis zugespitzt, häutig und ungleich, wobei das untere länger als das obere ist. Die Deckspelze ist drei- oder fünfnervig und halb bis 3/4 so lang wie die Hüllspelzen. Sie ist spitz oder hat zwei kurze Seitenlappen, ist häutig, kahl und trägt eine Granne. Diese sitzt meistens auf dem Rücken der Spelze, selten zwischen den Seitenlappen oder an der Spitze. Die Vorspelze hat zwei Nerven, ist bis zu gleich lang wie die Deckspelze, zarthäutig und kahl. Es gibt drei Staubblätter. Der Fruchtknoten ist kahl und trägt zwei endständige Griffel mit kurzen, federigen Narben.

Die Karyopse ist kahl. Der Nabel ist länglich und nimmt bis zu einem Viertel der Fruchtlänge ein.

Chromosomensätze

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Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 7. Die Calamagrostis-Arten sind tetraploid oder haben einen noch höheren Ploidiegrad.

Fortpflanzung

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Bei den tetraploiden Calamagrostis-Arten verläuft die Meiose normal, sie sind Fremdbefruchter. Bei Sippen mit höherer Ploidie kommt es häufig zu Störungen in der Meiose, sie pflanzen sich teilweise apomiktisch fort. Das Verhältnis zwischen apomiktischer und sexueller Samenbildung kann dabei je nach Alter der Pflanze und nach Jahreszeit variieren. Einige Arten, wie Calamagrostis purpurea und Calamagrostis pseudopurpurea pflanzen sich rein apomiktisch fort.

Wenn zwei Arten im gleichen Gebiet vorkommen, bilden sie häufig Hybride, die stets steril sind, sich aber vegetativ vermehren können.

Systematik und Verbreitung

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Taxonomie

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Die Gattung Calamagrostis wurde 1763 durch Michel Adanson in Familles des Plantes, Band 2. S. 31, 530 aufgestellt.[3] Der Gattungsname Calamagrostis leitet sich von den griechischen Wörtern kalamagrostis für „Rohrgras, Schilfgras“ ab, zu kalamos für „Rohr“ und agrostis für „Futtergras“ ab. Synonyme für Calamagrostis Adans. sind: Ancistrochloa Honda, Anisachne Keng, Athernotus Dulac, Chamaecalamus Meyen, Cinnagrostis Griseb., Deyeuxia Clarion ex P.Beauv., Sclerodeyeuxia Pilg., Stilpnophleum Nevski, Stylagrostis Mez.[4] Über den Umfang der Gattung Calamagrostis und die Abgrenzung oder Einbeziehung der Gattungen Agrostis sowie Deyeuxia wird kontrovers diskutiert.[5]

Äußere Systematik

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Die Gattung Calamagrostis gehört zur Subtribus Agrostidinae der Tribus Poeae, bei manchen Autoren Aveneae in der Unterfamilie Pooideae innerhalb der Familie Poaceae.[6] Es gibt viele Naturhybriden.[4]

 
Habitus im Habitat von Calamagrostis breviligulata
 
Calamagrostis breweri
 
Sumpf-Reitgras (Calamagrostis canescens)
 
Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos)
 
Calamagrostis foliosa
 
Calamagrostis hillebrandii
 
Laubblätter von Calamagrostis inexpansa
 
Laubblätter von Calamagrostis insperata
 
Calamagrostis lapponica
 
Calamagrostis montanensis
 
Calamagrostis muiriana
 
Habitus und Laubblätter von Calamagrostis nutkaensis
 
Blütenstand von Calamagrostis nutkaensis
 
Blütenstand von Calamagrostis obtusata
 
Habitus von Calamagrostis ophitidis
 
Habitus und Blütenstände von Calamagrostis purpurascens
 
Calamagrostis rubescens
 
Calamagrostis stricta
 
Berg-Reitgras (Calamagrostis varia)

Arten, Naturhybriden und ihre Verbreitung

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Die Gattung Calamagrostis ist weltweit verbreitet. Ein Mannigfaltigkeitszentrum liegt mit etwa 100 Arten in Südamerika.[1] In der Gattung Calamagrostis s. l. etwa 230 Arten, von denen nach Fischer (2008) 14 in Europa vorkommen.[2] In Mitteleuropa kommen acht bis neun Arten vor: Wald-Reitgras[7] (Calamagrostis arundinacea), Sumpf-Reitgras[7] (Calamagrostis canescens), Land-Reitgras[7] (Calamagrostis epigejos), Ufer-Reitgras (Calamagrostis pseudophragmites), Purpur-Reitgras (Calamagrostis purpurea), Sächsisches Reitgras[7] (Calamagrostis rivalis), Moor-Reitgras[7] (Calamagrostis stricta), Berg-Reitgras[7] (Calamagrostis varia), Wolliges Reitgras[7] (Calamagrostis villosa).[2]

In der Gattung Calamagrostis s. l. gibt etwa 153[4] bis 200 Arten:

 
Habitus der Sorte Calamagrostis ×acutiflora ‘Overdam’

Es gibt etwa 27 Naturhybride:[4]

  • Calamagrostis ×acutiflora (Schrad.) DC. = Calamagrostis arundinacea × Calamagrostis epigejos: Sie kommt disjunkt in Europa und im zentraleuropäischen Russland und in Russlands Fernem Osten vor.[4]
  • Calamagrostis ×andrejewii Litv. = Calamagrostis arundinacea × Calamagrostis obtusata: Sie kommt von Nordösteuropa bis Sibirien vor.[4]
  • Calamagrostis ×badzhalensis Prob. = Calamagrostis korotkyi × Calamagrostis purpurascens: Sie kommt in Russlands Fernem Osten vor.[4]
  • Calamagrostis ×bihariensis Simonk.[4]
  • Calamagrostis ×conwentzii Ulbr.[4]
  • Calamagrostis ×czerepanovii Husseinov[4]
  • Calamagrostis ×filipes (Keng) P.C.Kuo & S.L.Lu ex J.L.Yang = Calamagrostis stenophylla × Calamagrostis tripilifera: Sie kommt in China vor.[4]
  • Calamagrostis ×hartmaniana Fr.[4]
  • Calamagrostis ×haussknechtiana Torges[4]
  • Calamagrostis ×kotulae Zapal.[4]
  • Calamagrostis ×kuznetzovii Tzvelev[4]
  • Calamagrostis ×paradoxa Lipsky[4]
  • Calamagrostis ×ponojensis Montell[4]
  • Calamagrostis ×prahliana Torges[4]
  • Calamagrostis ×pseudodeschampsioides Tzvelev[4]
  • Calamagrostis ×rigens Lindgr.[4]
  • Calamagrostis ×strigosa (Wahlenb.) Hartm.[4]
  • Calamagrostis ×subchalybaea Tzvelev[4]
  • Calamagrostis ×subepigeios Tzvelev[4]
  • Calamagrostis ×submonticola Prob.[4]
  • Calamagrostis ×subneglecta Tzvelev[4]
  • Calamagrostis ×tatianae Prob.[4]
  • Calamagrostis ×torgesiana Hausskn.[4]
  • Calamagrostis ×uralensis Litv.[4]
  • Calamagrostis ×ussuriensis Tzvelev[4]
  • Calamagrostis ×vassiljevii Tzvelev[4]
  • Calamagrostis ×yatabei Maxim.[4]
  • Calamagrostis ×zerninensis Lüderw.[4]

Literatur

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  • Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
  • K. E. W. Torges: Zur Gattung Calamagrostis Adans. In: Mitth. Thüring. Bot. Vereins, Band 12, 1898, S. 22–25.
  • Hans Joachim Conert: Calamagrostis. In: Hans Joachim Conert (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Begründet von Gustav Hegi. 3., völlig neubearbeitete Auflage. Band I, Teil 3: Spermatophyta: Angiospermae: Monocotyledones 1(2). Poaceae (Echte Gräser oder Süßgräser). Parey Buchverlag, Berlin 1998, ISBN 3-8263-2868-X, S. 357–380 (erschienen in Lieferungen 1979–1998 – 5. Lieferung, 1989).

Einzelnachweise

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  1. a b Datenblatt Calamagrostis, In: W. D. Clayton, K. T Harman, M. S. Vorontsova, H. Williamson: GrassBase - The Online World Grass Flora. 2006 ff., zuletzt abgerufen am 16. März 2024.
  2. a b c Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9.
  3. Calamagrostis bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 16. März 2024.
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az ba bb bc bd be bf bg bh bi bj bk bl bm bn bo bp bq br bs bt bu bv bw bx by bz ca cb cc cd ce cf cg ch ci cj ck cl cm cn co cp cq cr cs ct cu cv cw cx cy cz da db dc dd de df dg dh di dj dk dl dm dn do dp dq dr ds dt du dv dw dx dy dz ea eb ec ed ee ef eg eh ei ej ek el em en eo ep eq er es et eu ev ew ex ey ez fa fb fc fd fe ff fg fh fi fj fk fl fm fn fo fp fq fr fs ft fu fv fw fx fy fz ga gb gc gd ge gf gg gh gi gj gk gl gm gn go gp gq gr gs gt gu gv gw gx gy gz ha hb hc hd he hf hg hh hi hj hk hl hm hn ho hp hq hr hs ht hu hv hw hx hy hz ia ib ic id ie if ig ih ii ij ik il im in io ip iq ir is it iu iv iw ix iy iz ja jb jc jd je jf jg jh ji jj jk jl jm jn jo Datenblatt Calamagrostis bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  5. a b c d e f Sheng-lian Lu, Sylvia M. Phillips: In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 22: Poaceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis 2006, ISBN 1-930723-50-4.Calamagrostis s. str., S. 359–360 - textgleich online wie gedrucktes Werk.
  6. Calamagrostis im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 16. März 2024.
  7. a b c d e f g Walter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
  8. a b B.Valdés, H.Scholz; with contributions from E. von Raab-Straube, G.Parolly (2009+): Poaceae (pro parte majore). Datenblatt Calamagrostis In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  9. Thomas Raus, Hildemar Scholz: Once again: The correct name of the endemic Calamagrostis from Saxony (Germany). In: Feddes Repertorium. Band 113, Nr. 3–4, 2002, S. 271–272, doi:10.1002/1522-239X(200208)113:3/4<271::AID-FEDR271>3.0.CO;2-N.
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Commons: Reitgräser (Calamagrostis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Reitgras – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen