Residenzensemble Schwerin

Welterbestätte in Mecklenburg-Vorpommern

Das Residenzensemble Schwerin umfasst das Schweriner Schloss und weitere 37 Gebäude außerhalb der Schlossinsel in der Stadt Schwerin. Es ist seit dem 27. Juli 2024 UNESCO-Welterbe.[1][2] Die Bemühungen um die Aufnahme in die Welterbeliste begannen im Jahr 2000 auf Initiative des Vereins Pro Schwerin e. V. Die Idee der UNESCO-Bewerbung als „Schweriner Schlossensemble“ wurde 2001 durch einen Beschluss der Stadtvertreter und 2007 durch einen entsprechenden Landtagsbeschluss bekräftigt.[3] 2010 wurde die Kooperationsvereinbarung zur gemeinsamen Unterstützung der Bewerbung zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern, dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern und der Landeshauptstadt geschlossen. 2015 gründete sich aufgrund des bürgerschaftlichen Engagements der „Welterbe Schwerin Förderverein e. V.“. Im selben Jahr konstituierte sich der Wissenschaftliche Fachbeirat Welterbe zur Welterbe-Bewerbung, den das damalige Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern berufen hat. Am 1. Februar 2023 wurde die Bewerbung der UNESCO in Paris übergeben.[4]

Residenzensemble Schwerin
UNESCO-Welterbe


Schweriner Schloss als Zentrum des Residenzensembles
Vertragsstaat(en): Deutschland Deutschland
Typ: Kultur
Kriterien: (iv)
Referenz-Nr.: 1705

UNESCO-Region: Europa und Nordamerika
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 2024  (Sitzung 46)

Die Gebäude des Gesamtensembles sind kontinuierlich baulich gewachsen, beginnend mit ersten Bauten aus dem 18. Jahrhundert, denen ein Höhepunkt der Bautätigkeit im 19. Jahrhundert folgte. Durch Rückgriffe auf regionale architekturhistorische Traditionen (Johann-Albrecht-Stil) und die Landesgeschichte verweist es auf eine lange Herrschaftsgeschichte, wie beim Reiterstandbild Niklots im Schweriner Schloss.[5]

Beschreibung

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Das im Nordwesten des Landes Mecklenburg-Vorpommern gelegene Residenzensemble Schwerin ist umfassend erhalten und weist funktionell und baulich eine große Vielfalt auf. Es zeigt eine komplexe Residenzinfrastruktur mit individuellen Gebäuden für Regierung, Verwaltung, Kultur, Bildung, sakrale Funktionen, Militär und Hoflieferanten.

Über 30 heute noch erhaltene Bestandteile des Ensembles sind Teil des Welterbes:[6]

Gebäude Foto
01 Schweriner Schloss
 
02 Burggarten & Schlossgarten
 
03 Altes Palais
 
04 Neustädtisches Palais
 
05 Greenhouse
 
06 Kavaliershaus
 
07 Hoftheater mit Maschinenhaus und Kulissenmagazin
 
08 Museum mit ehemaligem Direktorenwohnhaus
 
09 Dom mit Grablege und Herrschaftsstand
 
10 Schelfkirche St. Nikolai mit Gruft und Herrschaftsstand
 
11 St.-Pauls-Kirche mit Herrschaftsstand
 
12 Ministerhotel/Münze
 
13 Ministerpalais
 
14 Großherzogliches Amtshaus
 
15 Großherzogliche Hausverwaltung
 
16 Kollegiengebäude I
 
17 Kollegiengebäude II
 
18 Gymnasium Fridericianum
 
19 Landeshauptarchiv Schwerin
 
20 Altes Hofgärtnerhaus
 
21 Großherzoglicher Jägerhof
 
22 Hofgärtner-Etablissement
 
23 Marstall und Marstallhalbinsel
 
24 Großherzoglicher Krankenpferdestall
 
25 Großherzogliche Dampfwäscherei
 
26 Großherzogliche Leinen- und Bettenkammer
 
27 Demmlersches Wohnhaus
 
28 Villen an der Werderstraße 125–139
 
29 Villen an der Werderstraße 141
 
30 Hoflieferant Uhle
 
31 Hoflieferant Wöhler
 
32 Hoflieferant Krefft
 
33 Bahnhof und Fürstenzimmer
 
34 Alte Artilleriekaserne
 
35 Neue Artilleriekaserne
 
36 Offizierscasino
 
37 Arsenal
 
38 Kommandantenhaus
 
 
Schweriner Schloss um 1900

Zentrum des Residenzensembles ist das Schweriner Schloss. Es gilt als Musterbeispiel eines historistischen Residenzschlosses, das Zentrum und Ausdruck politischer Macht und gleichzeitig monarchischer Wohnsitz und Denkmal der Dynastie war. Im Schloss befindet sich das einzige noch original erhaltene Thronappartement, bestehend aus Thronsaal, Ahnengalerie und Schlössergalerie.

Die ursprünglich zu Verteidigungszwecken gewählte Insellage des Schlosses wurde durch den Umbau im 19. Jahrhundert zu einem malerischen Szenario umgedeutet, das dennoch maßgeblich Stadt und umgebende Landschaft prägt und durch zahlreiche gestalterische, funktionale und visuelle Verbindungen mit anderen Bauten des Residenzensembles in Beziehung tritt.

 
Thronsaal des Schweriner Schlosses

Kriterien

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Die UNESCO hat mit dem 1972 verabschiedeten internationalen Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt die Aufgabe übernommen, Kultur- und Naturgüter von »außergewöhnlichem universellen Wert« zu schützen und zu erhalten. Mit dem Status des Weltkulturerbes obliegt die Verantwortung für das in die Welterbeliste aufgenommene Kulturgut nicht mehr nur dem einzelnen Staat, sondern der gesamten Menschheit. Hierfür hat die Welterbekonvention zehn Kriterien zur Aufnahme von Stätten in das Weltkulturerbe entwickelt.

Die Welterbebewerbung des Residenzensembles Schwerin erfolgte mit den Kriterien (iii) und (iv):

Kriterium (iii)ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur darstellen

„Das in einzigartiger Weise geschlossen erhalten gebliebene Residenzensemble Schwerin ist ein Zeugnis monarchischer Tradition und Symbolik der Dynastie des Hauses Mecklenburg-Schwerin ab dem frühen 18. Jahrhundert bis zum Ende der Monarchie 1918. Die Dynastie leitete ihren Herrschaftsanspruch von den slawischen Obotritenfürsten ab und hatte ihren Herrschaftssitz stets vor Ort beibehalten. Der Ausbau des Residenzensembles Schwerin ab dem 18. Jahrhundert, aber vor allem im 19. Jahrhundert beinhaltete immer wieder zahlreiche Verweise auf die eigene Geschichte. Dieser Anspruch auf Legitimation wie auch die Herrschaft selbst lassen sich so in eindrucksvoller Weise an der einzigartig erhalten gebliebenen architektonischen Gestaltung des Ensembles sowie seiner Ausstattung, Heraldik und Emblematik ablesen. Beispiele dafür sind das Thronappartement, die Nutzung des Johann-Albrecht-Stils, Monogramme, Wappen, sakrale Grablegen sowie die monumentale Niklot-Statue.“[6]

Kriterium (iv)ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften darstellen, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Menschheitsgeschichte versinnbildlichen

Das außergewöhnlich umfassend erhalten gebliebene Residenzensemble Schwerin wird in herausragender Weise durch untereinander verbundene architektonische Monumente geprägt. Es bildet in seiner städtebaulichen Struktur ein Musterbeispiel für eine deutsche Residenz mit Planungsbeginn im frühen 18. Jahrhundert und einem Schwerpunkt im 19. Jahrhundert. Das Residenzensemble stellt ein komplexes architektonisches Ensemble dar, welches monarchische Symbolik, religiöse Legitimierung, Staatsverwaltung, militärische Funktionen und höfische Infrastruktur repräsentiert.

Das Residenzschloss wiederum stellt einen Höhepunkt der europäischen Schlossbaukunst des Historismus des 19. Jahrhunderts dar. Die Gebäude um den Alten Garten und vor allen Dingen das Residenzschloss selbst sind in einzigartiger Weise mit der Topografie am Schweriner See inszeniert.

Das Ensemble ist durch eine kontinuierliche Entwicklung der unterschiedlichen Baustile geprägt vom Barock bis zur frühen Moderne.

Mit dem Zusammenspiel von Funktion und Repräsentation ist das Residenzensemble Schwerin ein herausragendes Beispiel eines baulich und funktionell hochdifferenzierten und umfassend erhaltenen Residenzensembles des 18. und 19. Jahrhunderts.[7]

Kulturlandschaft

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Der Antrag zur Aufnahme in die deutsche Tentativliste 2014 sah eine Bewerbung unter dem Titel „Residenzensemble Schwerin – Kulturlandschaft des romantischen Historismus“ vor. Die Neufokussierung 2020 gab den Begriff der Kulturlandschaft auf.[8] Nach wie vor gehören weitläufige Garten- und Parkanlagen zum Antragsareal; der gesamte Schweriner Innensee ist Teil der Pufferzone.[9]

Das Schloss wurde im Sinne eines romantischen Historismus Teil einer malerischen, nach Entwürfen Theodor Kletts und Peter Joseph Lennés gestalteten Gartenanlage. Die Einbindung des Ensembles in die eiszeitliche Seenlandschaft entspricht der romantischen Landschaftsauffassung. Die Insel Kaninchenwerder wurde ebenso in die Parklandschaft einbezogen wie das stadtseitige Seeufer mit Altem Garten, Marstall, Villen und die bis Zippendorf reichenden Promenaden. Diese weitgehend intakte, seit dem 19. Jahrhundert kaum veränderte Gartenlandschaft inklusive der Insel Kaninchenwerder wird als Erholungsraum genutzt und ist Teil des EU-Vogelschutzgebietes »Schweriner Seen«. Ihre Krönung stellt das Schloss dar, das alle Blickbeziehungen auf sich fokussiert. Durch seine Insellage vermittelt es in einer städtebaulich einmaligen Situation zwischen Stadt und umgebendem Garten- und Naturraum. Menschenwerk und Natur verbinden sich harmonisch.[10]

Literatur

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  • Residenzensemble Schwerin – Kulturlandschaft des romantischen Historismus : wissenschaftliches Gutachten zur Erklärung zum außergewöhnlich universellen Wert (OUV) für die Aufnahme des Residenzensembles Schwerin in die deutsche Tentativliste zur UNESCO-Welterbeliste / erstellt im Auftr. der Landeshauptstadt Schwerin von Christian Ottersbach. Esslingen, 2012.
  • Residenzensemble Schwerin, eine einzigartige Kulturlandschaft des romantischen Historismus – einst und jetzt / Hans-Heinz Schütt. Schwerin : Tinus, 2017. ISBN 978-3-9818946-0-8
  • Rundgang durch das Residenzensemble Schwerin : auf dem Weg zum Weltkulturerbe / Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Erarb. von Katharina Wiegräbe. Schwerin, 2014.
  • Residenzensemble Schwerin – Kulturlandschaft des romantischen Historismus : Schweriner Schlossgespräch des Landtages Mecklenburg-Vorpommern am 18. April 2012 / Hrsg.: Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Ref. Öffentlichkeitsarbeit. Schwerin, 2012
  • Erste Schweriner Welterbetagung, Tagungsband. 22.–23. Oktober 2015. Herausgeber: Landeshauptstadt Schwerin, Fachdienst Bauen und Denkmalpflege in Kooperation mit dem Landtag M-V und dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur M-V. Bearbeitet von B. Kasten, G. Reinkober, S. Rogin, C. Schönfeld. Schwerin 2016. ISBN 978-3-9813709-2-8
  • Zweite Schweriner Welterbetagung, Tagungsband. 13.–14. Oktober 2016. Herausgeber: Landeshauptstadt Schwerin, Fachdienst Bauen und Denkmalpflege in Kooperation mit dem Landtag M-V und dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur M-V. Redaktion von C. Schönfeld, B. Kasten, S. Rogin, G. Reinkober. Schwerin 2016. ISBN 978-3-9813709-3-5
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Commons: Residenzensemble Schwerin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Schwerin jubelt: UNESCO nimmt Residenzensemble Schwerin auf die Welterbeliste auf – Landeshauptstadt Schwerin. Abgerufen am 27. Juli 2024.
  2. Abschlussbericht: Empfehlungen des Fachbeirates an die Kultusministerkonferenz zur Fortschreibung der deutschen Tentativliste für das UNESCO-Welterbe. (PDF) Kultusministerkonferenz, 22. April 2014, abgerufen am 19. Mai 2023.
  3. Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS – Weltkulturerbe Schlossensemble Schwerin. (PDF) Landtag Mecklenburg-Vorpommern, 4. Oktober 2007, abgerufen am 13. Dezember 2017.
  4. Schwerin überreicht gedruckte Welterbe-Bewerbung an alle Stadtvertreter: Studenten entwickelten Logo für das „Residenzensemble Schwerin“. Landeshauptstadt Schwerin, 28. März 2023, abgerufen am 19. Mai 2023.
  5. Dirk Handorf: Romantischer Recke. Das Reiterdenkmal des Obotritenfürsten Niklot im Schweriner Schloss. In: Band 2: KulturERBE in Mecklenburg und Vorpommern, Schwerin 2007, S. 87ff.
  6. a b Residenzensemble Schwerin – auf dem Weg zum Welterbestatus. (PDF) Landeshauptstadt Schwerin, abgerufen am 1. September 2023.
  7. Welterbebewerbung Schwerin. (PDF) 14. Januar 2013, abgerufen am 13. Dezember 2017.
  8. Nominierungsdossier und Managementplan fertiggestellt – Neuer Fokus des Schweriner Welterbe-Antrages. Landtag Mecklenburg-Vorpommern, 4. April 2022, abgerufen am 22. Mai 2023.
  9. Managementplan. Landeshauptstadt Schwerin, abgerufen am 22. Mai 2023.
  10. Auf dem Weg zum Weltkulturerbe – Flyer der Landeshauptstadt Schwerin und des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur. (PDF) Landeshauptstadt Schwerin, abgerufen am 3. Januar 2018.

Koordinaten: 53° 37′ 34″ N, 11° 25′ 1″ O