Robbenjagd in Namibia

Jagd auf südafrikanische Seebären

Die Robbenjagd in Namibia ist eine – umstrittene – Jagd auf Südafrikanische Seebären im südwestafrikanischen Namibia. Alljährlich werden bis zu 100.000 Robben im Robbenreservat Kreuzkap, sowie in der Wolfs- und Atlasbucht gejagt.

Robbenkolonie am Kreuzkap

Geschichte

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Die Geschichte der kommerziellen Nutzung von Robben geht auf das Jahr 1884 zu Zeiten Deutsch-Südwestafrikas zurück. Die Deutsche Kolonialgesellschaft hatte zu dieser Zeit das Monopol. Diese nutzte die Bestände am Kreuzkap ebenso wie Nutzungsrechte auf zwölf Inseln, die von der Kapkolonie gepachtet wurden.[1]

1922 gab es erste Gesetzgebungen zur Nutzung der Seebären. 1927 wurden die Nutzungsrechte an Herman Offen für das Kreuzkap und Judel Lurie für die vorgelagerten Inseln vergeben. Eine neue Gesetzgebung im Jahr 1949 stellte die illegale Tötung von Robben unter Geldstrafe. 1973 wurde die Nutzung weiter gesetzlich geregelt und unter anderem Größe, Geschlechter und Alter der Tiere berücksichtigt. Nach Unabhängigkeit 1990 regelte Namibia ab 1991 in einem eigenen Gesetz die Nutzung.[1]

2012 erklärte der namibische Ombudsmann die Nutzung der Seebären in seiner damaligen Form für teilweise illegal.[1]

Hintergrund

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Der Bestand an Robben in Namibia gilt als stabil und stark wachsend.[2] 2012 wurde er mit 1,3 Millionen Tieren angegeben,[3] liegt möglicherweise aber auch bei bis zu 3 Millionen (Stand 2011).[4] 2021 ging man offiziell von 1,4 Millionen Tieren aus.[5]

Der Staat vergibt über das Fischereiministerium Quoten zur Nutzung, die vom 1. Juli bis 15. November stattfinden darf. Für die Jahre 2010 bis 2012 lag diese bei 86.000 Tieren pro Jahr. Laut diesem sei die nachhaltige Nutzung der Kap-Pelzrobben an der namibischen Küste nicht nur wichtig für das Bruttoinlandprodukt, sondern würde zahlreichen Menschen ein Einkommen garantieren.[6] Von 2016 bis 2018 wurden jährlich 68.000 Robben zur Jagd freigegeben worden.[7] Es handelt sich stets um etwa 90 Prozent Jungtiere und 10 Prozent ausgewachsene Bullen.

In Namibia wird ausdrücklich von staatlicher Seite in Bezug auf Robben von Ernte (englisch harvest) und nicht Jagd bzw. englisch culling[8] gesprochen. Im deutschsprachigen Gebrauch in Namibia ist zumeist von schlagen die Rede.[9] Die Ernte wird durch Erschießen der erwachsenen Tiere und knüppeln der Jungtiere durchgeführt. Ein Hakapik kommt in Namibia nicht zum Einsatz.

Wirtschaft

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Laut dem namibischen Staat wird die Nutzung der Robben vor allem aus zwei Gründen betrieben. Zum einen sollen die extrem reichen Fischgründe für die Fischerei in Namibia gesichert werden. Zum anderen stellen die Produkte der Seebären eine wichtige wirtschaftliche Grundlage dar.[10] So werden alle Teile der getöteten Tiere genutzt und zudem FDI generiert, unter anderem durch die Hatem Yavuz Group, die sich auf den Export von Robbenfellen spezialisiert hat.[11]

Zwischen 2005 und 2015 exportierte Namibia alleine 400.000 Felle.[11] 2018 eröffnete eine Fabrik zur Verarbeitung der Robben in Lüderitz.[12]

Nutzungszahlen (Auswahl)

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Jahr Sinclair Island Albatross Rock North Long Island/South Long Island Wolfs-/Atlasbucht Lüderitz-Inseln Hollamsbird Island Kreuzkap
1902 530 1913
1912 15121 15121 15121 15121
1922 82341 82341 82341 82341
1932
1942 76641 76641 76641 3900
1952 1642 1078 2070 16.707 28 5871
1962 5008 1436 2042 21.396 8236
1972 2233 126 2048 42.227 7470
1982 3544 1504 5564 42.775 12.075
2008 70.656
2009 56.023
2010 67.779
2011 67.764
2012 57.880
Quelle:[1][13]

1 gemeinsame Erhebung der Gebiete

Internationale Stimmung

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International ist die Robbenjagd umstritten. Diverse Tierschutzorganisationen setzen sich gegen die Jagd und vor allem die Art der Tötung ein. Es kam in der Vergangenheit auch zu Boykottaufrufen.[1]

So hat die Europäische Union die Einfuhr von Robbenprodukten 2009 untersagt. Diese Entscheidung wurde von der Welthandelsorganisation fünf Jahre später als diskriminierend bezeichnet. Namibias Export von Robbenprodukten ging auch schon vor dieser Zeit nicht in die EU, sondern vor allem nach Asien, so dass die Entscheidung kaum Auswirkung auf Namibia hatte und das Land auf einen offiziellen Einspruch verzichtete.[14]

Literatur

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  • Roderick Campbell, Tristan Knowles, Simon O’Connor: The economics of seal hunting and seal watching in Namibia, Economists at Large, Melbourne 2011. (PDF; englisch)
  • Sune de Klerk: Seal Harvesting in Namibia: A Critical Analysis, Dissertation, University of Namibia, Windhoek 2013. (PDF; englisch)
  • John Walters: Report on the Complaints by Civil Society Organisations, Non Governmental Organizations, Individuals and other Groups on the Illegalities Pertaining to the Annual Seal Harvest in Namibia., Office of the Ombudsmann, 2012. (PDF; englisch)
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e Report on the Complaints by Civil Society Organisations, Non Governmental Organizations, Individuals and other Groups on the Illegalities Pertaining to the Annual Seal Harvest in Namibia. Ombudsmann, 2012. (PDF)
  2. 2019 Annual Ministerial Address To The Fishing Industry. In: mfmr.gov.na. Republic Of Namibia, Ministry Of Fisheries And Marine Resources, 15. Februar 2019, archiviert vom Original am 2. August 2020; abgerufen am 16. Mai 2021 (englisch).
  3. Annual Namibia seal cull to start amid protests. The Namibian, 16. Juli 2012 (Memento vom 21. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) abgerufen am 16. Juli 2012
  4. In defence of seal culling, Die Republikein, 23. März 2011.
  5. Fischereiminister will Debatte um das Robbenschlagen wieder aufrollen. Allgemeine Zeitung, 17. November 2021.
  6. Quote für Robben festgelegt, Allgemeine Zeitung, 7. Juli 2010 (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive)
  7. Robbenquote auf drei Jahre erneuert. Allgemeine Zeitung, 11. Juli 2016 (Memento vom 11. Juli 2016 im Internet Archive)
  8. Season of seals – a 'harvest', not a cull. The Namibian, 18. Juli 2019.
  9. Robbenschlagen verteidigt. Allgemeine Zeitung, 12. Juli 2006.
  10. John Harwood: Competition between seals and fisheries. In: Science Progress (1933- ). Band 71, Nr. 3 (283), 1987, ISSN 0036-8504, S. 429–437, JSTOR:43420691.
  11. a b Cape Fur Seal Trade Remains Shrouded in Secrecy. National geographic, 21. September 2016.
  12. N$17m seal processing factory opens in Lüderitz. New Era, 2018. Abgerufen am 9. Juni 2020.
  13. Annual Report 2012–2023. Ministry of Fisheries and Marine Resources, S. 22. Abgerufen am 8. November 2022.
  14. Namibia will not submit to EU ban on seal harvest: Esau. In: namibianewsdigest.com. Namibia Press Agency, 18. April 2015, abgerufen am 16. Mai 2021 (englisch).