Robert Morrison (Missionar)

schottischer Presbyterianer

Robert Morrison (* 5. Januar 1782 in Bullers Green, Morpeth, Northumberland, England; † 1. August 1834 in Kanton, China[1]) war ein schottischer Presbyterianer, Bibelübersetzer und der erste evangelische Missionar in China, der mit der London Missionary Society ins Land kam.[2]

Robert Morrison

Kindheit, Jugend und Ausbildung

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Morrison wuchs als jüngster Sohn von acht Kindern des schottischen Schuhmachers und Landwirts James Morrison und seiner Frau in Newcastle-upon-Tyne auf. Dort erhielt er bei seinem Onkel James Nicholson, der Lehrer war, eine rudimentäre Schulbildung und lernte mit 14 Jahren drei Jahre das Schuhmacherhandwerk seines Vaters. Schon als Jugendlicher beschäftigte er sich viel mit der Bibel und lernte darauf die Altsprachen Griechisch, Hebräisch und Lateinisch. Auch die Arbeit des baptistischen Missionars William Carey in Indien beeindruckte ihn sehr. 1798 schloss er sich nach einer persönlichen Bekehrung der presbyterianischen Kirche an, zu der bereits sein Vater gehörte, und 1802 oder 1804 starb seine Mutter. 1803 trat er in die kongregationalistische Hoxton Academy im Norden Londons ein, und 1804 begann er eine missionarische Ausbildung an der Missionsakademie in Gosport in Hampshire gegen den Willen seiner Familie. Dort war David Bogue, der Gründer der 1795 gegründeten London Missionary Society (LMS, deutsch: Missionsgesellschaft Londons) sein Hauptlehrer und Seminarleiter. Im Mai 1804 wurde Morrison von der LMS als Missionar für China angenommen, und er begann bei Yong Sam-tak die chinesische Sprache zu lernen, und in der britischen Bibliothek fand er eine anonyme Übersetzung der Evangelien in die chinesische Sprache, die er zu Lernzwecken transskribieren konnte. Zudem studierte bei Doktor Blair am St. Bartholomew's Hospital Medizin und bei Doktor Hutton am Royal Greenwich Observatory Astronomie. Am 8. Januar 1807 wurde er in der schottischen Presbyterianerkirche in der Swallow Street in London zum Pfarrer geweiht.[3]

Reise nach China

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Da nur die East India Company von England nach China fuhr, die jedoch keine Missionare mitnahm, musste Morrison einen anderen Weg dorthin suchen. Am 31. Januar 1807 reiste er mit dem Schiff Remitance nach New York City, wo er am 20. April ankam. In Philadelphia erhielt er dann ein Empfehlungsschreiben an Carrington, den amerikanischen Konsul in Kanton. Am 12. Mai fuhr er mit dem Schiff Trident nach Macau, wo er am 4. September eintraf. An Land traf er auf den britischen Diplomaten George Thomas Staunton (1781–1859), der ihn auf die enormen Schwierigkeiten hinwies, die ihn erwarten würden, falls er als Missionar in China tätig werden wolle. Da auch in Macau protestantische Missionare nicht erwünscht waren, reiste Morrison sofort nach Kanton weiter, wo er am 7. September ankam. Ausländischen Kaufleuten war der Aufenthalt nur auf einem kleinen, sumpfigen Landstück in der Nähe des Perlflusses außerhalb der Stadtmauern von Kanton erlaubt. Dort gab es dreizehn Fabriken, wo die Ausländer tätig waren. Auf Vermittlung von Staunton kam Morrison vorerst bei zwei Amerikanern unter, einige Monate später zog er in einige Kellerräume einer alten französischen Fabrik.

Arbeit in China

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Sein großes Ziel war es, die Bibel ins Chinesische zu übersetzen. Dazu musste er ein literarisches Chinesisch erlernen, der gebildete Chinese Le Sȇensang half ihm dabei, wiewohl dieser nur den kantonesischen Dialekt sprach. Morrison gelang es trotzdem, sowohl den Mandarin- und den kantonesischen Dialekt als auch die geschriebene Sprache zu lernen und zu beherrschen.[4] Er begann auch, chinesische Kleidung und einen Haarzopf zu tragen, sich einheimisch zu ernähren und nur noch Kontakte mit Chinesen zu pflegen, um seine Ablehnung als Ausländer abzumildern und die Chinesen besser zu verstehen.[5] Am 1. Juni 1808 war Morrison gezwungen, sein Experiment wegen Krankheit abzubrechen und nach Macau zurückzukehren. Trotzdem schloss Morrison wenige Tage später die Transkription der über tausend Seiten des lateinischen und chinesischen Handschriftenwörterbuchs ab, das er aus London mitgebracht hatte. Nun nahm er ein chinesisch-englisches Wörterbuch in Angriff. Ende August kehrte er nach Kanton zurück, doch wenige Wochen später zwang ihn die antibritische Stimmung, Kanton zu verlassen und an Bord eines britischen Schiffes Zuflucht zu finden. Dadurch lernte er Mary Morton, eine Tochter des Doktors Morton, und heiratete sie am 20. Februar 1809 in Macau. Gleichzeitig bekam er einen Posten als Sekretär und Übersetzer bei der britischen Handelsniederlassung (englisch: East India Company, EIC) angeboten. Nun erhielt er ein Jahressalär von 500 Pfund und durfte offiziell in Kanton wohnen.[6]

1810 veröffentlichte er unter einem Pseudonym eine kleine Auflage der Apostelgeschichte in Chinesisch. Auf den Druck bzw. die Herausgabe christlicher Literatur stand damals die Todesstrafe. Bereits 1813 hatte er das Neue Testament vollständig übersetzt, und im Jahr darauf konnte es veröffentlicht werden. Ebenfalls im Jahr 1814 konnte er den ersten bekehrten Chinesen taufen. 1817 begleitete er den britischen Sonderbotschafter Lord Amherst als Übersetzer auf seiner missglückten Mission nach Peking. Im gleichen Jahr verlieh ihm die University of Glasgow einen Doktortitel für seine Verdienste als chinesischer Sprachforscher und Übersetzer. Mit seinem Mitstreiter William Milne gründete er 1818 das englisch-chinesische College in Malacca. 1819 hatte er auch die Übersetzung des Alten Testaments vollendet. Allerdings hatte er nicht alles selber übersetzt, sondern auch auf bereits vorhandene Teilübersetzungen zurückgegriffen. William Milne übersetzte auch Teile des Alten Testamentes, trotzdem war die Herausgabe der chinesischen Bibel Morrisons Hauptverdienst. Nach acht Jahren konnte er 1823 ein chinesisch-englisches Wörterbuch vollenden.

Nachdem seine Frau 1821 gestorben war, kehrte er 1823 mit einer Sammlung von einigen tausend chinesischen Büchern nach England zurück, die er wahrscheinlich einer Universität in London gab. 1824 wurde er Fellow der Royal Society und half eine Sprachschule für Chinesisch in London zu etablieren, die jedoch wegen mangelndem Interesse nur bis 1828 Bestand hatte. 1826 kehrte er mit seiner zweiten Frau nach Guangzhou, in seine chinesische Heimat zurück. Sie blieb etwa sechs Jahre und kehrte am 14. Dezember 1832 nach England zurück. Er übersetzte Kirchenlieder, ein Gebetbuch, Traktate und Artikel in die chinesische Sprache, ein Vokabular im kantonesichen Dialekt (1828), publizierte ein Buch über häuzsliche Anweisungen (1832) und gab eine chinesische Zeitschrift heraus (1833).[7]

Im Sommer 1834 reiste Lord William John Napier (1786–1843) als Superintendent nach China, um ein Handelsabkommen mit den kantonesischen Behörden abzuschliessen. In Macau ernannte er Morrison zum Sekretär und Übersetzer im Rang eines Vizekonsuls und mit einem Jahresgehalt von 1300 Pfund. Nach der Ankunft in Kanton starb er am 1. August 1834 im Beisein seines Sohnes.[8] Sein Epitaph liegt im Old Protestant Cemetery in Macau, der im 21. Jahrhundert Teil des Luís de Camões Garden ist, und hinter der nach ihm benannten Morrison Chapel liegt.[9]

Zusammen mit dem deutschen Missionar Karl Gützlaff war er mit seinen Ideen einer der entscheidenden Wegbereiter des englischen Missionars Hudson Taylor und seiner China-Inland-Mission, die er 1865 gründete.

Robert Morrison heiratete am 20. Februar 1809 in Macau Mary Morton, die 1821 in China an Cholera starb. Sie hinterließ zwei Kinder mit Namen Mary Rebecca und John Robert[10], die sieben- und neunjährig waren.[11] 1824 heiratete er Eliza Armstrong.[12]

Nachlass und Ehrungen

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  • Seine Schriften, Auszüge seiner Briefe an seine Frau in England und seine Bücher werden seit 1837 und 1922 in der Universität von London aufbewahrt. Seine Buchsammlung umfasste ungefähr 15.000 Bände, davon waren mehr als 1.000 chinesische Werke dabei, die er von 1807 bis 1823 in China erworben hatte.[13]
  • 1953 wurde die Morrison Academy in Taichung auf Taiwan nach ihm benannt.[14]

Schriften

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  • Hsin-i-chao-shu, 1813.
  • A Grammar of the Chinese Language, Mission Press, Serampore 1815.
  • Chinese Miscellany, S. McDowall, London 1825.
  • A Dictionary of the Chinese Language, 2 Bände, London Mission Press, Schanghai 1865.

Literatur

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  • Eliza Morrison: Memoirs of the Life and Labours of Robert Morrison, 2 Bände, Longman, Orme, Brown, Green and Longmans, London 1839.
  • Marshall Broomhall: Robert Morrison, A Master-Builder, George H. Doran, New York 1924.
  • Jean-Pierre Charbonnier: Christians in China: A.D. 600 to 2000, Ignatius Press, San Francisco 2007.
  • Christopher A. Daily: Robert Morrison and the Protestant Plan for China, Hong Kong University Press, Hong Kong 2013[15].
  • Christopher Hancock: Robert Morrison and the Birth of Chinese Protestantism, T & T Clark, London 2008.
  • William Milne: A Retrospect of the First Ten Years of the Protestant Mission to China: Accompanied with Miscellaneous Remarks on the Literature, History, and Mythology of China & C. Malacca, Anglo-Chinese Press, 1820.
  • Samuel Hugh Moffett: A History of Christianity in Asia, Band 2: 1500-1900, Orbis Books, Maryknoll 2005.
  • Lindsay Ride: Robert Morrison: The Scholar and the Man, Hong Kong University Press, Hongkong 1957.
  • Wilbert R. Shenk: Morrison, Robert (1782-1834), Pioneer Protestant missionary to China, in: Biographical Dictionary of Christian Missions, ed. Gerald H. Anderson, Macmillan Reference USA, New York 1998, S. 473–474.
  • James Sibree: London Missionary Society: A Register of Missionaries, Deputations, Etc., from 1796-1923, London Missionary Society, London 1923.
  • W. J. Townsend: Robert Morrison: The Pioneer of Chinese Missions, S. W. Partridge & Co, London 1888.
  • Robert Steiner: Pioniere des Wortes. Brockhaus-Verlag Wuppertal, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, Hänssler Verlag-Neuhausen-Stuttgart, ISBN 3-417-20324-4.
  • Karl W. Rennstich: Morrison, Robert. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 6, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-044-1, Sp. 145–146.
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Commons: Robert Morrison – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. The Morrison Collection: Robert Morrison (1782-1834), Biography, Chronology of Morrison's Life, Website babelstone.co.uk (englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  2. Robert Morrison, British missionary, Website britannica.com (englisch, abgerufen am 19. Dezember 2024)
  3. The Morrison Collection: Robert Morrison (1782-1834), Biography, Chronology of Morrison's Life, Website babelstone.co.uk (englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  4. The Morrison Collection: Robert Morrison (1782-1834), Biography, Chronology of Morrison's Life, Website babelstone.co.uk (englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  5. Connie Yang: Robert Morrison - Bible Translator, Website ma.org.tw (2003, englisch, abgerufen am 21. Dezember 2024)
  6. The Morrison Collection: Robert Morrison (1782-1834), Biography, Chronology of Morrison's Life, Website babelstone.co.uk (englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  7. The Morrison Collection: Robert Morrison (1782-1834), Biography, Chronology of Morrison's Life, Website babelstone.co.uk (englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  8. Wilbert R. Shenk: Morrison, Robert (1782-1834), Pioneer Protestant missionary to China, Biographical Dictionary of Christian Missions, Macmillan Reference, Website bu.edu (englisch, basierend auf: Gerald H. Anderson, Macmillan Reference USA, New York 1998, abgerufen am 19. Dezember 2024)
  9. The Morrison Collection: Robert Morrison (1782-1834), Biography, Chronology of Morrison's Life, Website babelstone.co.uk (englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  10. Robert Morrison Papers and Library, SOAS University of London, Digital Collection, Website soas.ac.uk (2016, englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  11. Connie Yang: Robert Morrison - Bible Translator, Website ma.org.tw (2003, englisch, abgerufen am 21. Dezember 2024)
  12. Wilbert R. Shenk: Morrison, Robert (1782-1834), Pioneer Protestant missionary to China, Biographical Dictionary of Christian Missions, Macmillan Reference, Website bu.edu (englisch, basierend auf: Gerald H. Anderson, Macmillan Reference USA, New York 1998, abgerufen am 19. Dezember 2024)
  13. Robert Morrison Papers and Library, SOAS University of London, Digital Collection, Website soas.ac.uk (2016, englisch, abgerufen am 22. Dezember 2024)
  14. Connie Yang: Robert Morrison - Bible Translator, Website ma.org.tw (2003, englisch, abgerufen am 21. Dezember 2024)
  15. https://www.jstor.org/stable/j.ctt46n3bm