Rodungsname
Rodungsname nennt man in der Namenkunde der Orte (Toponomastik) ein Toponym, das sich auf eine Rodung bezieht. Sie sind in Europa in den mehreren Phasen der mittelalterlichen Landnahme (Rodungszeit) entstanden.
Grundlagen
BearbeitenZahlreiche Orts- und Flurnamen weisen auf Landnahme durch Rodungen hin und lassen sich in Toponomastik und Namenforschung zeitlich zuordnen:[1]
Liste von Rodungsnamen
Bearbeiten- (Abkürzungen: ahd. = althochdeutsch, mhd. = mittelhochdeutsch, hd. = hochdeutsch, mnd. = mittelniederdeutsch, nd. = niederdeutsch, od. = oberdeutsch):
Nachantike Besiedelung:
- svetla, slawisch „Lichtung“ oder „Rodung“: Zwettl
Früheste deutsche Sprachschicht:
- roden, nd., reuten „Rodung“ (Entfernen der Bäume mitsamt der Wurzel, siehe auch Reutbergwirtschaft; von ahd. riodan), häufig auch mit voranstehendem g(e)- für „das gerodete [Land]“:
- -rath, -rod-, -rohd/t-, rothe- (diese od. aber auch zu Rotte); -roda, -rode- (z. B. Rodern, Roderen), mit -ing am Harz zu -ingerode/-igerode, -roden- (Rodenkirchen); Roid, -roith; Rott (Ottrott im Elsass, sonst auch zu Rotte); Röd/Röt/Rödt (z. B. auch Oberroedern im Elsass); Reit, Reitern, Reith, Greut, -greith, -rheid; -reut-/-reuth (Bayreuth), Reute, Reutte (solches aber auch zu Reet „Röhricht“, Moorbesiedlung); mit Lautwandel -rad(e)-, -raht, -rath; -raut(er); -ray; Ried, -rieth, Riet, Krith (so auch zu Ried „Röhricht“, hier jedoch zu ahd. riod von riodan „reuten, roden“); Ger(e)uth, Kruth; ruid/t; Rüti, Rüthi (in der Schweiz)
- stoc(h) ahd. „Baumstumpf“, bezieht sich auf Stockung[2]: -stock
- horst, hurst „Gehölz“, bezeichnet Niederwaldwirtschaft, auch Name der Moorbesiedlung
Namen dieser Schicht sind der fränkischen Landnahme (5.–7. Jh.) im Westen zuzuordnen, und den anschließenden Erweiterungen des Frankenreiches auf Bayern, und später Österreich/Südtirol (Baiuwarische Landnahme) und Sachsen (jew. bis etwa zum 9. Jahrhundert)
Im Hochmittelalter findet eine zweite Rodungswelle zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert statt:
- schlag, mhd. „Fällung“: -schlag; (aber auch zu Schlagbaum „Gebietsgrenze“, „Zoll“)
- Grimm gibt 1314 als frühesten Nachweis dieses Namens.[3]
- hauw mhd. „Hauung, Niederwald“: -hau, häu, hai; gehaue
- hieb, mhd. „Schlag“
- swenden, prät. swante, mnd. swande „Schwendbau“ (Entfernen des Bewuchses durch regelmäßigen Schnitt oder Ringelung):
- meizen, mhd. „abhauen, abschneiden“, bairisch Meiß „Abholzung“: Amasegg, Maisenberg, Masenberg, Madstein (Meizzenstein, 11. Jh.)[4]
- In diese Zeit datieren lassen sich auch Brandrodungen – kann sich aber auch auf spätere Brandereignisse beziehen:
- brant, brende mhd. „Brand“:
- Brand, -brand, -brände; Brandstatt
- senge, mhd. „Brandrodung“: -senge(n), -singe(n), -sang; auch: absang „Anzündung“: Feuersang
Seit dem 13. Jahrhundert bezeugt ist:
- -grün „Grünland, dem Wald abgerungen“: im Vogt- und Egerland häufen sich solche Orte seit dem 13. Jh.
Namen für bei Rodungen stehengebliebenem Wald:
- Schachen, althochdeutsch scahho „Gehölz“
Auch Familiennamen als Wohnstättennamen leiten sich dann reich namensbildend von diesen Worten ab: z. B. Reuter, Reiter; Schwendener, Schwentner und zahlreiche ähnliche Formen und Zusammensetzungen.
Literatur
BearbeitenIm Kompendien:
- Adolf Bach: Deutsche Namenkunde. Band II, 1 und 2: Die deutschen Ortsnamen. Heidelberg 1953/54.
- Gerhard Bauer: Namenkunde des Deutschen. In: Germanistische Lehrbuchsammlung. Band 21, Bern 1985, ISBN 3-261-03205-7.
Regionales:
- Peter Wiesinger: Ortsnamen und Siedlungsgeschichte im Salzkammergut. In: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines. Band 149a, S. 543–560 (zobodat.at [PDF]).
- Franz V. Zillner: Brand, Schwant, Maiß und Reut. Salzburgische Orts- und Güternamen, aus Urbarien gesammelt. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde (MGSLK) 18, 1878, S. 248–258 (ganzer Artikel, eReader, ANNO online).
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde. S. 93 Herkunftsnamen nach Rodungsorten
- ↑ siehe insb. Grimm: Stock 1) truncus δ) stock und stein
- ↑ Eintrag Schlag V. 1. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig 1854–1960 (dwb.uni-trier.de)
- ↑ Fritz Frhr. Lochner von Hüttenbach: Zum Namengut des Frühmittelalters in der Steiermark (= Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark. Band 99). Böhlau Verlag, Wien 2008, S. 53 (historischerverein-stmk.at [PDF; 16,9 MB]).