Rosalie (Film)
Rosalie ist ein historisches Filmdrama von Stéphanie Di Giusto. Der Film mit Nadia Tereszkiewicz in der Titelrolle und Benoît Magimel als deren Ehemann in einer weiteren Hauptrolle feierte im Mai 2023 bei den Filmfestspielen in Cannes seine Premiere und kam im April 2024 in die französischen Kinos. Der Kinostart in Deutschland erfolgte im September 2024.
Film | |
Titel | Rosalie |
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Produktionsland | Frankreich, Belgien |
Originalsprache | Französisch |
Erscheinungsjahr | 2023 |
Länge | 116 Minuten |
Altersfreigabe | |
Stab | |
Regie | Stéphanie Di Giusto |
Drehbuch | Stéphanie Di Giusto, Sandrine Le Coustumer, Jacques Fieschi |
Produktion | Alain Attal |
Musik | Hania Rani |
Kamera | Christos Voudouris |
Schnitt | Nassim Gordji Tehrani |
Besetzung | |
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Handlung
BearbeitenIm Jahr 1870 in Frankreich. Rosalies Gesicht und Körper sind seit ihrer Geburt überwiegend mit Haaren bedeckt. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, rasiert ihr verwitweter Vater ihr Gesicht. Alles ändert sich, als er sie mit dem verschuldeten Abel verheiraten will, der in einem kleinen Dorf im Norden des Landes ein Café betreibt. Abel weiß nichts von Rosalies Geheimnis und hat sie eigentlich nur wegen ihrer Mitgift geheiratet. Rosalie betont, dass sie Kinder will, aber in der Hochzeitsnacht ist Abel angewidert und verbannt Rosalie aus dem gemeinsamen Schlafzimmer. Sie trägt stets ein Kruzifix mit der bärtigen Volksheiligen Kümmernis bei sich. Der mittelalterlichen Legende zufolge hatte die Jungfrau um ihre Verunstaltung gebetet, um der von ihrem Vater erzwungenen Ehe zu entgehen, und wurde später von diesem gekreuzigt.
Abel versucht, seine Frau zu verstecken, doch diese bewegt sich selbstsicher in der Öffentlichkeit. Rosalie erfährt, dass er noch weitere Schulden hat, weil die Mitgift nicht hoch genug war. Sie entdeckt in einem Magazin eine Frau mit deformierten Händen, die als Attraktion ausgestellt wird. Rosalie wettet mit einem Kunden im Café, dass sie in einem Monat einen Bart zeigen kann. Abel versucht, sie davon abzubringen, doch Rosalie zeigt sich einen Monat später mit einem Vollbart und wird zur Attraktion im Café. Das ganze Dorf kommt nun dorthin und Abel kann seine Schulden abbezahlen.
Rosalie freundet sich auch mit einer Frau an, die durch ein Ungeschick einen Brand in der Fabrik auslöst. Wegen der Verbindung zu Rosalie wird diese beschuldigt und bedrängt, indem man sie auffordert, den Bart abzuschneiden. Rosalie lässt sich derweil fotografieren und erscheint in Zeitungen und Zeitschriften. Abel sieht als Ausweg die Unterbringung in einem Frauenkloster, wozu Rosalie zustimmt.
Die Aufnahme im Frauenkloster wird Rosalie schließlich verweigert, weil ein anzügliches Foto von ihr auftaucht. Zu dieser Zeit hat sie auch einen Traum, in dem ihr Vater sie erschießt, weil sie sich offen zeigt. Obwohl ihre Anwesenheit unerwünscht ist, erscheint sie zu einem Vorsingen des Mädchenchors im Kloster, weil sie einem Mädchen versprochen hat zu kommen. Abel und Rosalie kommen sich im Privaten etwas näher, trotzdem hält es Rosalie nicht mehr aus und will von einer Brücke in den Fluss springen. Abel kann sie nicht davon abhalten und springt hinterher. Rosalie weiß, dass Abel nicht schwimmen kann, und schwimmt zu ihm. Es bleibt offen, ob beide zusammen ertrinken oder es wieder an die Wasseroberfläche schaffen.[2][3][4][5]
Produktion
BearbeitenFilmstab und Besetzung
BearbeitenRegie führte Stéphanie Di Giusto. Es handelt sich um ihren zweiten Spielfilm nach Die Tänzerin. Das Drehbuch zu Rosalie wurde von Di Giusto und Sandrine Le Coustumer gemeinsam mit Jacques Fieschi verfasst.[2] Rosalie basiert auf der wahren Lebensgeschichte der 1865 geborenenen Französin Clément Delait. Diese betrieb in ihrem Dorf in Lothringen ein Café und gelangte mit selbst verkauften Postkarten als „Frau mit Bart“ zu gewisser Berühmtheit. Di Giusto verlegte die Geschichte in ein bretonisches Dorf um 1870.[5]
Nadia Tereszkiewicz spielt in der Titelrolle Rosalie Deluc. Benoît Magimel spielt ihren Ehemann, den verschuldeten Cafébesitzer Abel Deluc. Gustave Kervern spielt Rosalies Vater Paul. Benjamin Biolay ist in der Rolle von Barcelin zu sehen, der in dem Dorf, in dem Rosalie und Abel das Café betreiben, eine Textilfabrik besitzt.[5] Weiter auf der Besetzungsliste finden sich Guillaume Gouix, Anna Biolay und die Sängerin Juliette Armanet.[2]
Dreharbeiten und Filmmusik
BearbeitenDie Dreharbeiten fanden im Herbst 2022 in den Forges des Salles, einem ehemaligen Hüttenwerk mit zahlreichen Arbeiterunterkünften, in Sainte-Brigitte im Département Morbihan und im ebenfalls in der Bretagne gelegenen Château De Rosvilliou in der Gemeinde Duault im Département Côtes-d’Armor statt. Weitere Aufnahmen entstanden im Château de Kériolet in der Gemeinde Concarneau. Als Kameramann fungierte der gebürtige Grieche Christos Voudouris, der in der Vergangenheit mit Regisseuren wie Giorgos Lanthimos und Richard Linklater zusammenarbeitete.
Die Filmmusik komponierte die polnische Pianistin und Sängerin Hania Rani.[6] Zuletzt arbeitete Rani mit Elisabeth Scharang für deren Film Wald zusammen.
Veröffentlichung
BearbeitenDie Premiere erfolgte am 18. Mai 2023 bei den Filmfestspielen in Cannes, wo der Film in der Reihe Un Certain Regard gezeigt wurde.[7][8] Im August 2023 wurde der Film beim Festival du Film Francophone d'Angoulême und im September 2023 beim San Sebastián Film Festival vorgestellt.[9] Im März 2024 wurde er beim Glasgow Film Festival gezeigt.[10] Ebenfalls Im März 2024 wurde er beim Mons Love International Film Festival gezeigt.[11] Im April 2024 wurde er beim Miami Film Festival vorgestellt. Am 10. April 2024 kam Rosalie in die französischen Kinos.[2] Der Kinostart in Deutschland war am 19. September 2024. Ebenfalls im September 2024 erfolgen Vorstellungen beim Internationalen Filmfestival „Film ohne Grenzen“.[12]
Rezeption
BearbeitenKritiken
BearbeitenVon den bei Rotten Tomatoes aufgeführten Kritiken sind 73 Prozent positiv.[13]
Gaby Sikorski, Filmkorrespondentin der Gilde deutscher Filmkunsttheater, schreibt in ihrer Kritik, Stéphanie Di Giusto erzähle in Gesten, Blicken und Andeutungen eine wunderbar melancholische Geschichte, die dennoch nicht ins Schwermütige oder gar Depressive verfällt, sondern schon durch die Performance der herausragenden Nadia Tereszkiewicz einen angenehm leichten Charakter bewahrt. Rosalie sei ein extrem facettenreicher, stimmungsvoller Film und sicherlich eine der schönsten Liebesgeschichten des Kinojahres, auf jeden Fall aber ein sehenswertes Melodram mit einer überwältigenden Bildsprache, in der vieles nebenbei und dadurch umso einfühlsamer vermittelt werde: Ebenso beiläufig gehe es um die Folgen der schweren Kriegsverletzung des Ex-Soldaten Abel, der ständig Schmerzen hat und ein klobiges Korsett tragen muss. So seien sich Rosalie und Abel beim erdulden ihres Schicksals ein wenig ähnlich.[14]
Thomas Abeltshauser schreibt in seiner Kritik für epd Film, Tereszkiewicz verkörpere diese Frau mit einer Mischung aus Stolz und Zerbrechlichkeit, Naivität und Kampfgeist. Die Kamera sei ihr oft ganz nahe, degradiere diese Rosalie aber nie zum zu bestaunenden Objekt, sondern lasse sie handelndes und blickendes Subjekt sein. Erklärungsversuche überlasse der Film den Figuren im Umfeld, die mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Wissenshorizont eine Hormonstörung vermuten, wie der sie untersuchende Arzt, oder ihr gleich das Frausein absprechen, wie ein Teil der prüden Dorfgemeinschaft. Di Giusto zeichne das Porträt einer Person, die sich Regeln und Schönheitsidealen entzieht und um Anerkennung und persönliches Glück kämpft, verliere sich in der zweiten Hälfte dann aber doch in bisweilen melodramatischen Konventionen einer tragischen Liebesgeschichte.[5]
Im Filmdienst erhielt der Film drei von fünf Sternen: „Das historische Drama konzentriert sich in detailgenauer Inszenierung auf die Emanzipation der Hauptfigur, was nicht immer glaubwürdig wirkt. Eindrücklich ist aber die Liebesgeschichte zwischen zwei Außenseitern, die einer feindseligen Gesellschaft ihre wachsende Zuneigung entgegenhalten.“[15]
Auszeichnungen
BearbeitenFestival du Film Francophone d'Angoulême 2023
- Nominierung im Wettbewerb
- Auszeichnung als Beste Schauspielerin (Nadia Tereszkiewicz)[16][17]
Glasgow Film Festival 2024
- Nominierung in der Official Selection[10]
Internationale Filmfestspiele von Cannes 2023
- Nominierung in der Sektion Un Certain Regard (Stéphanie Di Giusto)
- Nominierung für die Queer Palm (Stéphanie Di Giusto)
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Freigabebescheinigung für Rosalie. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüfnummer: 257464).
- ↑ a b c d ROSALIE VON STÉPHANIE DI GIUSTO MIT BENOIT MAGIMEL, BENJAMIN BIOLAY UND JULIETTE ARMANET. In: sortiraparis.com, 25. Januar 2024.
- ↑ Rosalie. In: moviebreak.de. Abgerufen am 21. September 2024.
- ↑ Arabella Wintermayr: Feministisches Historiendrama „Rosalie“: Zwischen Selbst und Sitte. In: taz.de, 19. September 2024.
- ↑ a b c d Thomas Abeltshauser: Kritik zu Rosalie. In: epd Film, 23. August 2024.
- ↑ https://www.festival-cannes.com/en/p/hania-rani/
- ↑ Rosalie, Stéphanie di Giusto’s vision. In: festival-cannes.com, 18. Mai 2023.
- ↑ Rosalie. In: festival-cannes.com. Abgerufen am 11. März 2024.
- ↑ https://www.sansebastianfestival.com/2023/sections_adn_films/7/713420/in
- ↑ a b Rosalie. In: glasgowfilm.org. Abgerufen am 11. März 2024.
- ↑ Aurore Engelen: The curtain rises on the 39th Mons Love International Film Festival. In: cineuropa.org, 11. März 2024.
- ↑ https://www.filmohnegrenzen.de/festival-2024/programm-2024/
- ↑ Rosalie. In: Rotten Tomatoes. Abgerufen am 19. September 2024.
- ↑ Gaby Sikorski: Rosalie. In: programmkino.de. Abgerufen am 21. September 2024.
- ↑ Rosalie. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 23. September 2024.
- ↑ Rosalie. In: filmfrancophone.fr. Abgerufen am 11. März 2024. (Französisch)
- ↑ Nicolas Bastuck: Festival d’Angoulême : Nadia Tereszkiewicz, troublante «femme à barbe», meilleure actrice. In: Le Point, 27. August 2023. (Französisch)