SHS IVc6

Jugoslawische Schmalspur-Schlepptenderlokomotive

Die Reihe IVc6 der Eisenbahnen des SHS-Staates (SHS) ist eine bei der Maschinenfabrik Budapest konstruierte Weiterentwicklung der in großer Stückzahl gebauten 760-mm-Schmalspurdampflokomotivreihe IVa5 (jugoslawische Baureihe 83). Bei den Jugoslawischen Staatsbahnen wurde sie ab 1933 als Baureihe 85 bezeichnet.

SHS IVc6
JDŽ / JŽ 85
MÁVAG-Typ 128
85-008 in Sarajevo
85-008 in Sarajevo
85-008 in Sarajevo
Nummerierung: SHS IVc6 1501–1535
JDŽ / JŽ 85-001–045
Anzahl: SHS: 35
JDŽ/JŽ: 45 (35 ex SHS)
Hersteller: MÁVAG/Budapest, Slavonski Brod
Baujahr(e): 1930–1931
1940
Bauart: 1’D1’ h2
Spurweite: 760 mm (Bosnische Spur)
Länge über Kupplung: 17.952 mm (4ax-Tender)
Länge: 10.745 mm (ohne Tender)
Höhe: 3.550 mm
Breite: 2.410 mm
Drehzapfenabstand: 3.100 mm (4ax-Tender)
Drehgestellachsstand: 1.250 mm (4ax-Tender)
Fester Radstand: 3.600 mm (001–035)
2.400 mm (036–045)
Kuppelachsradstand: 3.600 mm
Gesamtradstand: 8.050 mm
Radstand mit Tender: 14.900 mm
Kleinster bef. Halbmesser: 90 m
Leermasse: 43,5 t
Dienstmasse: 49,0 t
Dienstmasse mit Tender: 82,0 t (mit 4ax-Tender)
Reibungsmasse: 34,0 t
Radsatzfahrmasse: 8,5 t
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h
Indizierte Leistung: ca. 700–750 PSi
(≙ 515–552 kW)
Treibraddurchmesser: 1.020 mm
Laufraddurchmesser: 650 mm
Steuerungsart: Heusinger
Zylinderanzahl: 2
Zylinderdurchmesser: 430 mm
Kolbenhub: 480 mm
Kesselüberdruck: 13 atü
Anzahl der Heizrohre: 89 (Ø 52 mm)
Anzahl der Rauchrohre: 20 (Ø 133 mm)
Heizrohrlänge: 4.800 mm
Rostfläche: 2,2 m²
Strahlungsheizfläche: 7,0 m² (wasserberührt)
Rohrheizfläche: 109,9 m² (wasserberührt)
Überhitzerfläche: 34,0 m²
Verdampfungsheizfläche: 116,9 m² (wasserberührt)
Tender: Schlepptender
Leermasse des Tenders: 14,0 t (4ax-Tender)
Dienstmasse des Tenders: 33,0 t (4ax-Tender)
Wasservorrat: 15,0 m³
Brennstoffvorrat: 5,0 m³ (ca. 4,0 t)
Lokbremse: Saugluftbremse, Handbremse
Zugbremse: Saugluftbremse
Kupplungstyp: Bosna-Kupplung

Geschichte

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85-045 als Denkmal in Užice, an der ehemaligen Verbindung Belgrad-Sarajevo

Mit dem Schließen der Lücken im serbischen Schmalspurnetz und der Verbindung zum bosnisch-herzegowinischen Netz nach der Gründung des SHS-Staates stand eine entsprechende Beschaffung neuer Triebfahrzeuge an. Aufgrund vereinbarter Reparationslieferungen wurden unter anderem aus Ungarn vorerst 44 Lokomotiven der bewährten Reihe IVa5 geliefert und gleichzeitig ein Auftrag für die Entwicklung einer noch stärkeren Loktype erteilt, die ebenfalls eine Reparation darstellen sollte. Ein erster Entwurf auf Basis der BHStB Reihe IVa5 mit einem leicht vergrößertem Kessel und entsprechender zusätzlicher Vorlaufachse wurde aber wegen der Höchstgeschwindigkeit von nur 30 km/h von den SHS abgelehnt.

Letztendlich wurde eine 1’D1’-Lokomotive mit über 30 % größerem Kessel und einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h konstruiert. 35 Exemplare dieser Bauart wurden 1930 und 1931 von der MÁVAG in Budapest ausgeliefert und erhielten noch die Bezeichnung IVc6 nach dem Bezeichnungsschema der Bosnisch-Herzegowinischen Landesbahnen. Eine Nachbauserie mit 10 Exemplaren und kleinen Änderungen lieferte 1940 die Lokomotivfabrik von Slavonski Brod (später Đuro Đaković).

Die Lokomotiven besaßen vierachsige Schlepptender mit entsprechend großen Vorräten und wurden bevorzugt im Schnellzugverkehr auf den Hauptstrecken eingesetzt, vor allem für die Langläufe von Belgrad nach Sarajevo und weiter bis Bradina oder zwischen Mostar und Dubrovnik. Wegen ihrer höheren Achslast und vor allem dem Mindestradius von 90 m waren sie aber nicht freizügig einsetzbar, was vor allem in Mostar zusätzliches Umspannen erforderte für den kurvenreichen Abschnitt bis Konjic.

Von Belgrad über Obrenovac, Lajkovac, Čačak nach Vardište und weiter über die Bosnische Ostbahn bis nach Sarajevo war dabei eine Strecke von fast 410 km zu bewältigen. Bis Bradina waren es weitere 44 km an den Beginn der 13 km langen Zahnstangenstrecke, dort musste in jedem Fall ein Lokwechsel stattfinden und in Konjic für die knapp 70 km bis Mostar ein weiterer. Von dort über die Dalmatinerbahn bis Dubrovnik betrug die Entfernung noch weitere 160 km, gesamt also knapp 700 km – durchaus beachtliche Entfernungen für den umfangreichen Schmalspurbetrieb in der Zeit zwischen 1928 und 1966.

Mitte und Ende der 1960er Jahre begann mit dem Umbau der Narentabahn auf Normalspur und der Einstellung des Abschnitts Belgrad–Užice aber der Niedergang des jugoslawischen Schmalspurnetzes. In der Folge wurden die Lokomotiven der Reihe 85 noch für ein paar Jahre vermehrt beim Güterverkehr auf der Bosnischen Ostbahn eingesetzt und erhielten zum Teil zweiachsige Tender von 83ern. Die großen Tender wurden im Gegenzug mit Maschinen der Reihe 83 auf dem Streckennetz der Dalmatinerbahn in der wasserarmen Region an der dalmatinischen Küste eingesetzt. Mit der Verkürzung der Ostbahn bis Višegrad 1974 kam dann aber auch das weitgehende Ende für die Reihe 85.

Technische Beschreibung

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Die Lokomotiven basieren auf der stückzahlreichen Reihe IVa5 der BHStB bzw. BHLB, die bei der MÁVAG schon ab 1908 bzw. 1911 gefertigt wurde. Die intern als MÁVAG-Typ 128 bezeichnete Konstruktion bekam wegen des deutlich größeren Kessels und zur besseren Spurführung bei der hohen Geschwindigkeit eine zusätzliche Vorlaufachse in einem Bisselgestell, auch die Nachlaufachse wurde nun derart geführt. Die Kuppelachsen waren alle fest im Rahmen gelagert, die zweite hatte geschwächte Spurkränze und die dritte war spurkranzlos. Mit diesem Fahrwerk waren Radien ab 90 m befahrbar. Die Nachbauserie aus Slavonski Brod bekam davon abweichend vorne ein Krauss-Helmholtz-Gestell.

Für die Erhöhung der Geschwindigkeit wurden die Treibräder auf 1020 mm vergrößert und entsprechend der Zylinderhub verlängert, der Zylinderdurchmesser blieb gleich jenem der IVa5. Die große Rostfläche war auch für eine kalorienarme Braunkohle geeignet und passte gut zu den großen Heizflächen. Der Kesseldruck wurde auf 13 atü erhöht und der Langkessel um 600 mm verlängert. Zur Speisewasserreinigung war der in Ungarn typische Reiniger Bauart Petz-Rejtő auf dem Kesselscheitel platziert.

Im Typenblatt der JDŽ wurden lediglich 420 PSi als Leistung angegeben, also nur 20 PSi mehr als bei der IVa5 und damit komplett unplausibel. Wie auch dort passt dieser Wert absolut nicht zu den Daten der Kessel, des Triebwerks und schon gar nicht zur Belastungstafel.[1] Tatsächlich wird die verfügbare Leistung bei etwa 750 PSi und auch noch darüber gelegen haben, sie gehörten damit zu den leistungsfähigsten Lokomotiven in diesem Spurweitenbereich.

Verbleib

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Von der Baureihe 85 ist mittlerweile nur mehr ein Exemplar erhalten geblieben, die 85-045 ist als Denkmal beim ehemaligen Schmalspurbahnhof von Užice aufgestellt.

Die 85-005 wurde nach Jahren auf einem Denkmalsockel in Čačak in den frühen 2000er Jahren ins serbische Lokomotivausbesserungswerk Šinvoz in Zrenjanin überstellt, um langfristig für den Einsatz auf der serbisch-bosnisch-herzegowinischen Museumsbahn Šarganska osmica betriebsfähig aufgearbeitet zu werden. Nachdem dieses Vorhaben nicht realisiert wurde, war sie zunächst in einer Werkshalle untergebracht und wurde bei deren Abtragung im November 2022 verschrottet.[2]

Die 85-040 wurde nach Ende ihres Einsatzes als Denkmal bei Čapljina aufgestellt. Sie war nach dem Bosnienkrieg noch in sehr schlechtem Zustand vorhanden und wurde vermutlich in den 1990er Jahren verschrottet.

Lokomotivliste

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Hersteller Fabriks-
Nummer
Baujahr SHS-Nr.
bis 1933
JDŽ-Nr.
ab 1933
Verbleib ausge­mustert Anmer­kung
MÁVAG 5030 1930 IVc6 1501 85-001
5031 IVc6 1502 85-002
5032 IVc6 1503 85-003
5033 IVc6 1504 85-004
5034 IVc6 1505 85-005 Denkmal Čačak; 2006 Zrenjanin 2022 verschrottet
5035 IVc6 1506 85-006
5036 IVc6 1507 85-007
5037 IVc6 1508 85-008
5038 IVc6 1509 85-009
5039 IVc6 1510 85-010
5040 IVc6 1511 85-011
5041 IVc6 1512 85-012
5042 IVc6 1513 85-013
5043 IVc6 1514 85-014
5044 IVc6 1515 85-015
5045 IVc6 1516 85-016
5046 IVc6 1517 85-017
5047 IVc6 1518 85-018
5048 IVc6 1519 85-019
5049 IVc6 1520 85-020
5050 IVc6 1521 85-021
5051 1931 IVc6 1522 85-022
5052 IVc6 1523 85-023
5053 IVc6 1524 85-024
5054 IVc6 1525 85-025
5055 IVc6 1526 85-026
5056 IVc6 1527 85-027
5057 IVc6 1528 85-028
5058 IVc6 1529 85-029
5059 IVc6 1530 85-030
5060 IVc6 1531 85-031
5061 IVc6 1532 85-032
5062 IVc6 1533 85-033
5063 IVc6 1534 85-034
5064 IVc6 1535 85-035
Slavonski Brod 23 1940 85-036
24 85-037
25 85-038
26 85-039
27 85-040 Denkmal Čapljina 199? verschrottet
28 85-041
29 85-042
30 85-043
31 85-044
32 85-045 Denkmal Užice Denkmal
Bahngesellschaft Zeitraum
SHS Železnice Kraljevine Srba, Hrvata i Slovenaca 1918 bis 1929
JDŽ Jugoslovenske Državne Železnice 1929 bis 1954
Jugoslovenske Železnice 1954 bis 1991
Die Umzeichnung von SHS auf JDŽ fand erst 1933 statt.

Literatur

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  • Johann Rihosek: Die Lokomotiven der Bosnisch-Herzegowinischen Landesbahnen. Reprint. 2005
  • Alfred Horn: Die Bahnen in Bosnien und der Herzegowina. In: Eisenbahn Sonderheft. Ployer, Wien 1964.
  • Keith Chester: The Narrow Gauge Railways of Bosnia-Hercegovina. Stenvalls, Malmö 2006, ISBN 91-7266-166-6.
  • Franz Gemeinböck, Werner Schiendl: Die Eisenbahnen in Bosnien und der Herzegowina 1918–2016. Edition Bahn im Film, Wien 2017, ISBN 978-3-9503096-7-6.
  • Sándor Malatinszky: Narrow gauge steam locomotives und their builders in Hungary. In: Transactions of FAMENA. Universität Zagreb, 21. Juni 2013, ISSN 1333-1124 (englisch, srce.hr [PDF; abgerufen am 6. März 2024]).
  • Tadej Brate: Die Dampflokomotiven Jugoslawiens. Verlag Slezak, Wien 1971, ISBN 3-900134-01-4.
  • Klaus Eckert, Torsten Berndt: 1000 Lokomotiven: Geschichte • Klassiker • Technik. Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft, Köln 2004, ISBN 3-625-10541-1, S. 229.
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Commons: JŽ 85 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Dodatak Redu Vožnje (Nachtrag zum Buchfahrplan). (PDF) Jugoslovenske Državne Željeznice (JDŽ), 1. Mai 1938, S. 80, abgerufen am 7. März 2024 (serbokroatisch).
  2. zeh: Ehemalige JDŽ-Lokomotive 85-005 verschrottet. Schienenverkehr aktuell, 1/2023, Seite 46