RS-12M

sowjetische Interkontinentalrakete
(Weitergeleitet von SS-25 Sickle)

Die RS-12M Topol (russisch РС-12М То́поль) war eine silogestützte/mobile ballistische Interkontinentalrakete aus sowjetischer Produktion. Im GRAU-Index trug sie die Bezeichnung RT-2PM, der Systemindex der Streitkräfte Russlands lautete 15P158 und die Rakete wurde 15Sch58 bezeichnet. Die Startfahrzeuge trugen die Bezeichnungen 15U128.1 und 15U168. Der NATO-Codename für die RS-12M lautete SS-25 Sickle.[3][4]

RS-12M
Start am Kosmodrom Plessezk

Start am Kosmodrom Plessezk
Allgemeine Angaben
Typ Interkontinentalrakete
Heimische Bezeichnung RS-12M Topol, RT-2PM, 15P158, 15Sch58
NATO-Bezeichnung SS-25 Sickle
Herkunftsland Sowjetunion Sowjetunion / Russland Russland
Hersteller Nadiradse und Moskauer Institut für Wärmetechnik
Entwicklung 1977
Indienststellung 1985
Einsatzzeit 1985–2023
Technische Daten
Länge 21,50 m[1]
Durchmesser 1.800 mm
Gefechtsgewicht 45.100 kg
Antrieb
Erste Stufe
Zweite Stufe
Dritte Stufe

Feststoff
Feststoff
Feststoff & PBV (Post Boost Vehicle)
Reichweite 10.500 km[1]
Ausstattung
Lenkung INS
Gefechtskopf 1 Nukleargefechtskopf 550 kT[1][2]
Zünder Programmierter Zünder
Waffenplattformen LKW MAZ-7917 oder Raketensilo
Listen zum Thema

Entwicklung

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Eine MAZ-7917 mobile Startrampe

Die RS-12M wurde als kostengünstiges, mobiles sowie schwer lokalisierbares ICBM-System konzipiert. Im Jahr 1977 begannen das Konstruktionsbüro Nadiradse und das Moskauer Institut für Wärmetechnik mit der Systementwicklung. Da der – niemals ratifizierteSALT-II-Vertrag eine Neukonstruktion von mehr als einer Interkontinentalrakete verbot, deklarierte die Sowjetunion das RS-12M-System als eine Weiterentwicklung der RS-12 (NATO-Codename SS-13 Savage). Tatsächlich griffen die Entwickler aber auf den Entwurf der RS-14 Temp-2S (NATO-Codename SS-16 Sinner) zurück.[1] Die RS-12M verwendet unter anderen die ersten beiden ersten Raketenstufen der RS-14, ist aber mit einem neuentwickelten Wiedereintrittskörperträger (englisch Post Boost Vehicle) bestückt. Der neue Wiedereintrittskörperträger enthält eine neuentwickelte Navigations- und Steuereinheit sowie einen neukonstruierten Nuklearsprengkopf. Der erste Teststart erfolgte am 27. Oktober 1982 auf dem Kosmodrom Plessezk und endete mit einer Havarie. Bis zum Jahr 1988 wurden in Plessezk 68 Topol-Raketen zu Test- und Übungszwecken gestartet.[4] Die silogebundene Topol-Ausführung wurde im Jahr 1985 in der Region Joschkar-Ola bei den Strategischen Raketentruppen der Sowjetunion stationiert.[5] Das erste Raketenregiment mit der fahrzeuggebundenen Ausführung war im Jahr 1987 in Nischni Tagil einsatzbereit.[2] Bis zum Produktionsende im Jahr 1994 wurden 420–450 Topol-Raketen hergestellt.[5][6]

Eine Weiterentwicklung der RS-12M Topol ist die RS-12M2 Topol-M (NATO-Codename SS-27 Sickle-B). Ausgemusterte Topol-Raketen werden als Start-Trägerraketen verwendet.

Startfahrzeug

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Die Topol-Raketen konnte in Raketensilos stationiert werden oder auf den geländegängigen MAZ-7912 (15U128.1) bzw. MAZ-7917 (15U168)-14×12-Lastkraftwagen platziert werden und ab diesem gestartet werden. Die LKWs wurden von Minski Awtomobilny Sawod entwickelt und hatten eine Besatzung von drei Personen. Der LKW verfügte über eine Reifendruckregelanlage, ein Navigationssystem und über ein Führerhaus mit ABC-Schutz. An der Fahrzeugfront befand sich der Motor mit dem Führerhaus. Als Motor kam ein luftgekühlter Dieselmotor mit 522 kW (710 PS) Leistung zum Einsatz. Unbeladen (ohne Rakete) hatte das Fahrzeug eine Länge von 18,40 m, war 3,85 m breit, 3,00 m hoch[4] und ein Gewicht von rund 47 Tonnen. War das Fahrzeug mit dem Transport- und Abschussbehälter für die Rakete beladen so betrug die Länge 22,30 m und die Höhe 4,35 m. Das Fahrzeuggewicht stieg auf rund 105 Tonnen.[7] Beladen betrug die maximale Fahrgeschwindigkeit rund 40 km/h. Um das Startfahrzeug feuerbereit zu machen, wurde es zuerst auf Hydraulikstützen gestellt. Danach wurde der Transport- und Abschussbehälter über das Heck in einem Winkel von 90 ° angestellt. Die 15Sch58-Raketen wurden kalt gestartet. Mittels Gasdruck wurde sie aus dem Abschussbehälter auf eine Höhe von ca. 30 m ausgestoßen. Erst dann zündete die erste Raketenstufe. Der Raketenstart konnte aus den Garagen für das Startfahrzeug erfolgen, die ein teilbares Schiebedach hatten, weiterhin von eingemessenen Geländepunkten entlang einer festgelegten Patrouillenroute oder von beliebigen Punkten im Gelände. Das mobile System war schnell verlegbar und daher schwierig zu lokalisieren. Somit war eine präventive Zerstörung nur schwierig realisierbar. Für den Raketenstart wurde eine Vorbereitungszeit von wenigen Minuten benötigt.[6]

Die 15Sch58-Raketen wurden in versiegelten, vor Witterungseinflüssen geschützten Transport- und Abschussbehältern aus dem Herstellungswerk geliefert. In der Raketenbasis wurden die Behälter auf die Startfahrzeuge aufgesetzt. Der zylinderförmige Abschussbehälter hatte eine Länge von 22,30 m und einen Außendurchmesser von rund 2,00 m. Der Behälter schützte die Rakete vor negativen Umwelteinflüssen und Beschädigung. Im Inneren des Behälters war eine elektrische Heizung installiert, welche für eine optimale Temperatur zwischen 15 und 20 °C sorgt.[5] Die 15Sch58 war eine dreistufige Interkontinentalrakete. Die Stufen bestanden aus drei Hauptantriebsstufen mit Feststoff-Raketentriebwerken. Der Wiedereintrittskörperträger (englisch Post Boost Vehicle) verfügte ebenfalls über ein kleines Feststoff-Raketentriebwerk zur Lageregelung. Die Antriebsstufen waren übereinander angebracht und zünden der Reihe nach. Die Hülle der Rakete bestand aus Komposit-Werkstoffen (u. a. kevlarverstärktem Epoxidharz). Die erste Stufe hatte einen Durchmesser von 1.800 mm, die zweite 1.500 mm und die dritte 1.340 mm.[7] Die Lenkeinheit bestand aus einem Trägheitsnavigationssystem mit einem digitalen Computer.[4] Die Steuerung erfolgte über vier Strahlruder am Raketentriebwerk sowie acht wabenförmige Gitterflossen (davon vier beweglich) am Raketenheck.[5] Die Rakete war mit einem Nukleargefechtskopf mit einer Sprengleistung von 550 kT bestückt. Die Topol-Rakete erzielte je nach Schussdistanz einen Streukreisradius (CEP) von 200 bis 900 m.[2][5][7]

Die RS-12M Topol war den Strategischen Raketentruppen der Sowjetunion und später den Strategischen Raketentruppen Russlands unterstellt.[1][2] Die Topol-Formationen waren in Division mit jeweils 2 bis 4 Regimentern gegliedert. Jedes Regiment hatte bis zu 9 Topol-Raketen im Bestand. Einige mobilen Topol-Regimenter waren in ehemaligen RSD-10-Garnisonen (NATO-Codename SS-20 Saber) stationiert. Für einzelne Regimenter wurden auch neue Garnisonen errichtet. Die stationären Topol-Regimenter verwendeten für ihre Topol-Raketen freigewordene Raketensilos ausgedienter Interkontinentalraketen. Im Jahr 1997 wurde mit 386 stationierten Topol (davon 288 der mobilen Ausführung) der Höchststand erreicht.[2] Die letzten RS-12M Topol wurden Ende 2023 ausgemustert. Ausgemusterte Topol-Raketen werden weiterhin für Tests der Strategischen Raketentruppen Russlands verwendet.[8][9]

Stationierung

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Russische SFSR / Russland
Weißrussische SSR / Belarus

Siehe auch

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Commons: RS-12M – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Steven J. Zaloga: The Kremlin's Nuclear Sword: The Rise and Fall of Russia's Strategic Nuclear Forces 1945-2000. Smithsonian Book, 2014, ISBN 1-58834-484-3. S. 237.
  2. a b c d e Pavel Podvig: Russian Strategic Nuclear Forces. MIT Press, 2004, ISBN 0-262-16202-4. S. 230–234.
  3. Militaryrussia.ru: РС-12М Тополь, ракета РТ-2ПМ / 15Ж58 - SS-25 SICKLE
  4. a b c d A. W. Karpenko; A. D. Popow; Ju. S. Solomonow; A. F. Utkin: Sowjetisch-Russische Strategische Raketenkomplexe. Elbe-Dnjepr-Verlag, 2006, ISBN 3-933395-79-8. S. 176–179.
  5. a b c d e Duncan Lennox: Jane’s Strategic Weapon Systems. Edition 2001, 34th edition Edition, Jane’s Information Group, 2001, ISBN 0-7106-0880-2. S. 146–147.
  6. a b Center for Strategic and International Studies (CSIS): SS-25 (RS-12M Topol)
  7. a b c Nikolay Spasskiy: Russia's Arms & Technologies The XXI Century Encyclopedia Vol. 1 – Strategic Nuclear Forces. A & T Publishing House / Oruzhie i tekhnologii, 2000, ISBN 5-93799-001-3, S. 94–99.
  8. Hans M. Kristensen & Matt Korda: Russian nuclear weapons, 2024. In: thebulletin.org. Bulletin of the Atomic Scientists - Nuclear Notebook, 7. März 2022, abgerufen am 18. Juli 2024 (englisch).
  9. The International Institute for Strategic Studies (IISS): The Military Balance 2024. 1. Auflage. Routledge, London 2024, ISBN 978-1-03-278004-7 (englisch, Stand: Januar 2024).
  10. a b c d Russianforces.org: Tracking down road-mobile missiles