Schlechtenwegen

Stadtteil von Herbstein

Schlechtenwegen ist ein Stadtteil von Herbstein im mittelhessischen Vogelsbergkreis.

Schlechtenwegen
Stadt Herbstein
Koordinaten: 50° 32′ N, 9° 26′ OKoordinaten: 50° 32′ 21″ N, 9° 25′ 32″ O
Höhe: 368 m
Fläche: 6,21 km²[1]
Einwohner: 158 (30. Juni 2021)[2]
Bevölkerungsdichte: 25 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 36358
Vorwahl: 06647
Ortsansicht
Ortsansicht

Geographie

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Schlechtenwegen liegt im Vogelsberg an der Altefeld. Durch den Ort verläuft die Landesstraße 3182. Den öffentlichen Personennahverkehr stellt die Verkehrsgesellschaft Oberhessen mit den Buslinien VB-42 und VB-45 sicher.

Geschichte

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Der Ort liegt dicht an einem frühmittelalterlichen Höhenweg Herchenhain-Crainfeld-Steinfurt-Schlechtenwegen-Blankenau-Fulda.[3]

Ersterwähnung und Ortsname

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Im Jahre 885 wird der Ort als „Scliedinuueke“ urkundlich erstmals erwähnt.[4] Der Ortsname leitet sich von dem mhd. „sleht“ ab, was eben oder geglättet bedeutet. Im weiteren Verlauf der Geschichte ändert sich das Wort zu „schlecht“, was auf eine reale Verschlechterung des Höhenweges hindeutet.[5]

1338: „Slechtenwegen“[6]

1442: „Slechtenwege“[7]

Mittelalter

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Erstmals wird das Gericht zu Schlechterwegen in einer Urkunde vom 24. Juni 1342 erwähnt. Johann von Eisenbach verspricht dem Simon von Schlitz genannt Görtz den vierten Teil des Gerichts für 80 Pfund Heller zu verkaufen, falls Wyher von Blankenwald ohne Erben bleibt.[8] 1480 wird „das gericht zu Slechtenwegen“ in einem Weistum erwähnt.[9] In diesem Weistum werden auch die Rechte der Riedesel in Altenschlirf genannt.[10] Diese Rechte werden in den folgenden Jahrhunderten wiederholt erneuert.

Hermann Riedesel bestätigt für sich und seinen Vater Hermann am 12. Dezember 1488 die Belehnung mit einem Teil der Gerichte Schlechterwegen, Bad Salzschlirf und Landenhausen durch den Fuldaer Fürstabt Johann II. von Henneberg.[11] 1483 hatten sich die Familien Görtz und Riedesel bereits wegen des Gerichts in Schlechtenwegen verglichen.

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde Schlechtenwegen am 31. Dezember 1971 ein Stadtteil von Herbstein.[12]

Territorialgeschichte und Verwaltung

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Lage von Schlechtenwegen (Schletewege) auf einer Karte des Hochstifts Fulda von 1574
 
Evangelische Kirche

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Schlechtenwegen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][13]

Materielles Recht

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In Schlechtenwegen galten die Riedesel’schen Verordnungen aus dem 18. Jahrhundert als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit diese Verordnungen keine Bestimmungen enthielten. Dieses Sonderrecht behielt theoretisch seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, in der gerichtlichen Praxis wurden aber nur noch einzelne Bestimmungen angewandt. Das Partikularrecht wurde zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst.[16]

Gerichtsverfassung seit 1803

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In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Schlechtenwegen ab 1806 das „Riedeselsche Patrimonialgericht Altenschlirf“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Altenschlirf“ war daher von 1821 bis 1853 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Altenschlierf. 1853 erfolgte die Verlegung des Landgerichts nach Herbstein.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in Amtsgericht Herbstein und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[17] Ab 1943 wurde das Amtsgericht Herbstein nur noch als Zweigstelle des Amtsgerichts Lauterbach betreiben, bevor es 1968 endgültig aufgelöst wurde und in dem Amtsgerichtsbereich von Lauterbach zugeschlagen wurde. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerentwicklung

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Belegte Einwohnerzahlen bis 1970 sind:[1]

  • 1961: 200 evangelische und 26 katholische Einwohner
Schlechtenwegen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 1970
Jahr  Einwohner
1834
  
296
1840
  
290
1846
  
285
1852
  
277
1858
  
282
1864
  
264
1871
  
270
1875
  
249
1885
  
247
1895
  
241
1905
  
234
1910
  
217
1925
  
209
1939
  
201
1946
  
297
1950
  
273
1956
  
223
1961
  
231
1967
  
223
1970
  
224
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]

Ortsvorsteher ist Mike Fölsing (Stand März 2022).[18]

Regelmäßige Veranstaltungen

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Ende September findet auf einem Sportgelände eine Tractorpulling-Veranstaltung statt.[19]

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Einzelnachweise

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  1. a b c d Schlechtenwegen, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Stadt Herbstein – Zahlen, Daten, Fakten. Abgerufen am 28. November 2021.
  3. Willi Görich: Ortesweg, Antsanvia und Fulda in neuerer Sicht. Zur Heimführung des Bonfacius vor 1200 Jahren. In: Germania, Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts 33 (1955). Beilage 2. S. 68–88. S. 80, doi:10.11588/ger.1955.43631.
  4. Johannes Pistorius: Rerum Germani .Germanicarum veteres scriptores VI. Ffm. 1607. S. 526
  5. Lutz Reinhardt: Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen. Namensbuch. Dissertation Göppingen 1973, S. 329 f.
  6. Eduard Edwin Becker: Riedeselsches Urkundenbuch. 1200–1500. Offenbach 1924. Nr. 112, S. 32.
  7. Eduard Edwin Becker: Riedeselsches UB. Nr. 623, S. 175.
  8. StA Darmstadt B 8 Nachweis.
  9. Eduard Edwin Becker: Riedeselsches UB. Nr. 1316, S. 375.
  10. Eduard Edwin Becker: Riedeselsches UB. Nr. 1316 B, S. 339.
  11. StA Marburg. Urk. 100 Nr. 5176.
  12. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 367.
  13. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  14. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 23 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 425 (online bei Google Books).
  16. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 29, Anm. 92 und S. 103, Anm. 14.
  17. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  18. Ortsbeiräte. Stadt Herbstein, abgerufen am 15. Oktober 2017.
  19. Traktor Pulling Hessen. In: www.traktorpulling-hessen.de