Schnell- und Blitzschachweltmeisterschaften 2015

Weltmeisterschaften im Schnellschach und Bltzschach 2015

Die Schnell- und Blitzschachweltmeisterschaften 2015 in Berlin fanden vom 10. bis 14. Oktober statt. Die Weltelite der Schachspieler war nahezu komplett anwesend, darunter auch Titelverteidiger Magnus Carlsen als amtierender Weltmeister in diesen beiden Disziplinen und im klassischen Schach. Seinen Titel als Schnellschach-Weltmeister konnte Carlsen vor Jan Nepomnjaschtschi und Teimour Radjabov verteidigen. Blitzschach-Weltmeister wurde Alexander Grischuk vor Maxime Vachier-Lagrave und Vladimir Kramnik.

Spieler in Erwartung des Partiebeginns – Bolle-Festsäle im Moabiter Spreebogen

Organisationsrahmen

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Doppel-WM mit 130 Großmeistern, darunter eine Reihe von (Ex-)Weltmeistern – hier in der 12. Schnellschachrunde

Nach dem Ende der Chess Classic 2010, die bis dahin den Schnellschachweltmeister ermittelt hatten, und einer einjährigen Pause finden die Schnellschach- und Blitzschachweltmeisterschaften seit 2012 als Doppelveranstaltung unter der Regie des Weltschachbunds (FIDE) statt. Nach Astana (2012), Chanty-Mansijsk (2013) und Dubai (2014) wurden die beiden Weltmeisterschaften für 2015 nach Berlin vergeben. Das geschah allerdings erst Ende August dieses Jahres, was hinsichtlich der Herstellung von öffentlicher Aufmerksamkeit, der Organisation und des Sponsoring in der Schachszene auf Kritik gestoßen ist. An Preisgeldern waren insgesamt 400.000 US-Dollar zu vergeben.[1]

Als Veranstaltungsort dienten die für das Ereignis entsprechend hergerichteten Festsäle der früheren Bolle-Meierei im Moabiter Spreebogen. Der Journalist Ulrich Stock attestiert „eine wunderbare Atmosphäre. Ein hoher, weiter Raum. Rohes, rötliches Mauerwerk, die Nischen von der Lichtregie violett grundiert. Neon-Kronleuchter in der Höhe und Deckenstrahler sorgen für eine angenehme, gleichmäßige Helligkeit.“ Auch der trotz Ausschilderungsmängeln vergleichsweise starke Publikumszuspruch beeindruckte Stock bei diesen Weltmeisterschaften positiv, zumal im Vergleich zur letztjährigen WM im klassischen Schach in Sotschi, wo vor einem fast leeren Saal gespielt worden sei.[2] In Berlin gab es neben einem außer den Spielern viele Zuschauer fassenden Spielsaal noch einen ebenfalls intensiv besuchten Vorbereich in dem Jan Gustafsson das großflächig projizierte Geschehen an den Brettern live kommentierte.

 
Handschlag vor dem Einschalten der Uhren – 13. WM-Schnellschachrunde
(jeweils mit Schwarz: vorn li. Peter Svidler; vorn re. Boris Gelfand)

Vier Spitzenbretter für die im jeweiligen Wettbewerb gerade vorn liegenden Spieler waren für Tische auf einem Podium am Kopfende des Spielsaals herausgehoben; sie wurden zu jeder Runde neu mit den aktuellen Namensschildern und zugehörigen Landesflaggen ausgestattet. Brett Nr. 1 blieb allerdings durchgängig und unabhängig von der aktuellen Platzierung im Turnierverlauf dem Titelverteidiger Magnus Carlsen vorbehalten, weil hier das norwegische Fernsehen für die durchgängige Live-Berichterstattung seine Kameras fest installiert hatte. Sämtliche anderen Tische und Schachbretter waren ebenfalls nummeriert und wurden je nach aktueller Platzierung und Zuordnung entsprechend dem Schweizer System für jede Runde neu besetzt. Mit 130 Großmeistern, so Der Spiegel, handelte es sich um die bestbesetzte WM mit verkürzter Bedenkzeit überhaupt in der Schachgeschichte.[1] In der Schnellschach-WM hatte jeder Spieler für jede Partie 15 Minuten Bedenkzeit auf der Uhr und erhielt für jeden Zug noch einmal 10 Sekunden Zeit zusätzlich. Durch den Zeitbonus pro Zug soll verhindert werden, dass jemand in ausgeglichener oder gewinnträchtiger Partiestellung zuletzt allein durch Zeitüberschreitung verliert – eine seinerzeit bereits von dem inzwischen verstorbenen Bobby Fischer vorgeschlagene Neuerung. Fischers Kontrahent im „Match des Jahrhunderts“ 1972, Boris Spasski, war als Zuschauer nach Berlin angereist und nahm an der Pressekonferenz zu Turnierbeginn teil.

Schnellschach-Weltmeisterschaft

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Schnellschachweltmeister Carlsen bei der Siegerehrung mit den Nächstplatzierten Nepomnjaschtschi (re.) und Radjabov
 
Schachweltelite in wechselnder Besetzung auf dem Podium
 
Blitzweltmeister Grischuk (re.) und die Nächstplatzierten Vachier-Lagrave (li.) und Kramnik

Zur Ermittlung des Schnellschachweltmeisters wurden von 158 Teilnehmern an den drei ersten Veranstaltungstagen je fünf Runden pro Tag gespielt, also insgesamt 15. Die alleinige Führung am ersten Turniertag übernahm mit 4,5 Punkten Sergei Karjakin, der bei einem Remis vier seiner fünf Partien gewann, gefolgt von 16 Spielern mit vier Punkten, darunter neben Magnus Carlsen Péter Lékó und Jan Nepomnjaschtschi. Der zweite Tag ergab, dass die großen Namen der Schachwelt sich in diesem starken Teilnehmerfeld nur teilweise im Vorderfeld behaupten konnten. Boris Gelfand erreichte mit 7 Punkten nach 10 Partien Rang 12, Karjakin lag mit 6,5 Punkten nun auf Platz 18, Viswanathan Anand mit 5,5 Punkten auf Platz 63, Lékó mit 5 Zählern an 73. Stelle.[3] Die Spitze teilten sich unterdessen Carlsen und Sergei Zhigalko mit je 8 Punkten, gefolgt von Ihor Kowalenko, Vladimir Kramnik und Vassily Ivanchuk mit je 7,5 Zählern.

Zu Beginn des dritten Tages setzte sich Carlsen in der 11. Runde mit den schwarzen Steinen gegen den bis dahin ebenfalls partieverlustfreien Zhigalko durch, übernahm damit die alleinige Führung und baute diese in der 12. Partie nach spannendem Verlauf gegen Ivanchuk aus.[4] Danach genügten Magnus Carlsen drei Remisen zur Titelverteidigung, darunter eines gegen Vladimir Kramnik, der neben Carlsen als Einziger keine Schnellschachpartie verlor, sich aber bei fünf Siegen (gegenüber acht von Carlsen) am Ende mit dem 6. Platz begnügen musste. Bester deutscher Teilnehmer war Georg Meier mit sechs gewonnenen Partien und insgesamt 8,5 Punkten auf dem 46. Platz.[5] Mit 11,5 Punkten aus 15 Partien blieb der alte und neue Weltmeister um einen ganzen Punkt vor seinen mit 10,5 Zählern punktgleich einkommenden Verfolgern, dem Vizeweltmeister Jan Nepomnjaschtschi, dem Drittplatzierten Teimour Radjabov und Leinier Domínguez Pérez als Viertem, die wie Carlsen aus den letzten fünf Partien je 3,5 Punkte geholt hatten.[6]

Endstand nach 15 Runden
# Teilnehmer Punkte TB
1 Norwegen  Magnus Carlsen 11,5 2723
2 Russland  Jan Nepomnjaschtschi 10,5 2712
3 Aserbaidschan  Teymur Rəcəbov 10,5 2681
4 Kuba  Leinier Domínguez 10,5 2673
5 Russland  Dmitri Botscharow 10,0 2712
46 Deutschland  Georg Meier 08,5 2631

Blitzschach-Weltmeisterschaft

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An zwei Tagen, dem 13. und 14. Oktober, wurde in insgesamt 21 Runden der Blitzschachweltmeister ermittelt. Zu diesem Wettbewerb traten 188 Teilnehmer an. Jedem Spieler standen hier pro Partie 3 Minuten Bedenkzeit auf der Uhr und für jeden Zug noch einmal 2 Sekunden Zeit zusätzlich zur Verfügung. Die ersten 11 Runden fanden in ca. halbstündigen Abständen am 13. Oktober statt, die verbleibenden 10 Runden am Tag danach.

Zur Halbzeit des ersten Tages gelangte Magnus Carlsen punktgleich mit Tigran L. Petrosjan an die Spitze des Teilnehmerfeldes, als er in der 6. Runde mit den weißen Steinen den bis dahin führenden Maxime Vachier-Lagrave bezwang. Nachdem dieser wiederum Petrosjan in der 7. Runde bezwungen hatte, während Carlsen gegen Levon Aronjan remisiert hatte, waren die Weichen für ein bis zum Ende des Tages anhaltendes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Vachier-Lagrave und Carlsen gestellt. An diesem vierten Wettkampftag verlor Carlsen die 11. und letzte Partie des Tages mit den weißen Steinen gegen Karjakin, während Vachier-Lagrave mit Schwarz gegen Radjabov remisierte und nun mit 9,5 Punkten die alleinige Führung übernahm vor Carlsen mit 9 sowie Karjakin und Domínguez mit je 8,5 Punkten. Auf den Rängen fünf bis sieben folgten Aronjan, Radjabov und Kramnik mit je 8 Punkten. Alexander Grischuk lag zu diesem Zeitpunkt mit 7,5 Punkten auf Rang 19, gefolgt von den punktgleichen Boris Gelfand, Evgeny Tomashevsky, Peter Svidler, Peter Lékó und Vladimir Onischuk.[7]

In der 12. Blitzrunde zu Beginn des Schlusstags verlor Grischuk sein Auftaktmatch mit den weißen Steinen gegen Radjabov, während Vachier-Lagrave (gegen Domínguez) und Carlsen (gegen Kramnik) jeweils mit Schwarz remisierten. Aus den verbleibenden neun verlustfreien Partien aber holte Grischuk 8 Punkte, indem er sieben Partien gewann, darunter die gegen Carlsen, Karjakin und zuletzt gegen Gelfand. Mit 7 Zählern aus zehn Partien blieb allein Kramnik am 2. Tag der Blitzschach-WM ohne Niederlage und legte damit das Fundament für seine Bronze-Medaille. Vachier-Lagrave, der mit 13,5 Punkten trotz seiner Niederlage in der 18. Runde mit den weißen Steinen gegen Yuri Vovk (am Ende Neunter im Gesamtklassement) noch vor diesem sowie Kramnik und Grischuk mit je 13 Zählern in Führung blieb, verlor auch die Anschlusspartie in der 19. Runde gegen Invanchuk und gewann schlussendlich mit 15 Punkten die Silbermedaille. Carlsen, der die 13. Partie mit Schwarz gegen Radjabov und jeweils mit den weißen Steinen die 15. gegen Grischuk und die 20. gegen Invanchuk verloren hatte, musste sich als Titelverteidiger am Ende mit dem 6. Rang bescheiden. Bester von 33 deutschen Teilnehmern war wiederum Georg Meier mit neun gewonnenen Partien und insgesamt 11,5 Punkten auf dem 68. Platz. Alexander Grischuk holte mit 15,5 Punkten seinen dritten Titel als Weltmeister im Blitzschach, als nach seinem Sieg gegen Gelfand in der letzten der 21 Runden Ivanchuk und Kramnik (der damit wie Vachier-Lagrave auf insgesamt 15 Zähler kam) remisierten.[8][7][9]

Endstand nach 21 Runden
# Teilnehmer Punkte TB
1 Russland  Alexander Grischtschuk 15,5 2699
2 Frankreich  Maxime Vachier-Lagrave 15,0 2727
3 Russland  Wladimir Kramnik 15,0 2705
4 Ukraine  Wassyl Iwantschuk 14,5 2691
5 Russland  Jan Nepomnjaschtschi 14,5 2642
68 Deutschland  Georg Meier 11,5 2585
  1. a b chp/sid: Magnus Carlsen gewinnt Schnellschach-WM - Seit 15 Partien ungeschlagen. In: Spiegel Online. 13. Oktober 2015, abgerufen am 2. Mai 2020.
  2. Ulrich Stock: Schach-WM: Es gibt ein Schachvolk, hier ist es. In: Zeit Online. 11. Oktober 2015, abgerufen am 17. November 2015.
  3. Ulrich Stock: Schnellschach-WM: Matt statt Mett. In: Zeit Online. 12. Oktober 2015, abgerufen am 17. November 2015.
  4. Ulrich Stock: Magnus Carlsen: Der Meister der gerunzelten Stirn. In: Zeit Online. 13. Oktober 2015, abgerufen am 17. November 2015.
  5. Carlsen gewinnt die Schnellschach-WM. In: sueddeutsche.de. 12. Oktober 2015, abgerufen am 13. August 2018.
  6. (Memento des Originals vom 19. November 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlin2015.fide.com
  7. a b (Memento des Originals vom 6. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berlin2015.fide.com
  8. Carlsen verpasst das Schach-Triple
  9. Weltmeister Magnus Carlsen ist entthront
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