Schwartz-Bartter-Syndrom

Krankheit
(Weitergeleitet von Schwarz-Bartter-Syndrom)
Klassifikation nach ICD-10
E22.2 Syndrom der inadäquaten Sekretion von Adiuretin
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Beim Schwartz-Bartter-Syndrom oder Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) besteht eine, in Bezug auf die Blutplasma-Osmolalität, unangemessen hohe Ausschüttung von Antidiuretischem Hormon (ADH, Syn.: Adiuretin, Vasopressin). Dies führt zu einer zu geringen Flüssigkeitsausscheidung über die Nieren mit Entstehung eines stark konzentrierten Urins. Die Erkrankung ist laborchemisch gekennzeichnet durch eine hypotone Hyperhydratation mit Verdünnungshyponatriämie (Serum-Natrium < 135 mmol/l) und einer unangemessen hohen Osmolalität des Urins (> 100 mOsm/kg).[1] Häufigste Ursache ist ein kleinzelliges Bronchialkarzinom im Sinne eines paraneoplastischen Effekts[2], daneben unter anderem ZNS-Infektionen (Enzephalitis, Meningitis, Hirnabszess) durch Störung der Bildung des ADH-Hormons (Vasopressin) in der Hypophyse, entzündliche Lungenerkrankungen, andere Tumore und Medikamenten-Nebenwirkungen[3].

Das Schwartz-Bartter-Syndrom ist vom Bartter-Syndrom, einer Erkrankung der Nierentubuli, zu unterscheiden.

Ursachen

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Das Schwartz-Bartter-Syndrom tritt z. B. nach Schädel-Hirn-Traumata, bei Meningitis oder Encephalitis, bei Aneurysmata, nach schweren Verbrennungen, bei Hypothyreose oder bei intracraniellen Tumoren, bei Pneumonien oder Tuberkulose auf. Als paraneoplastisches Syndrom kann es beispielsweise bei Lungenkarzinomen (insbesondere beim undifferenzierten kleinzelligen Karzinom) auftreten. Es wurde auch bei Porphyrie und als Nebenwirkung von Antidepressiva aus der Gruppe der trizyklischen Antidepressiva (z. B. Amitriptylin, Nortriptylin) oder Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (z. B. Escitalopram), Neuroleptika (wie Amisulprid, Chlorpromazin, Fluphenazin, Flupentixol, Haloperidol, Trifluoperazin, Thioridazin, Thiothixen und Risperidon),[4] Zytostatika und unter dem Antiarrhythmikum Amiodaron beobachtet. Es wird ferner angenommen, dass es bei nahezu allen Patienten nach operativen Eingriffen zu einer vorübergehenden unangemessenen Sekretion von ADH kommen kann.

Symptome

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Es setzt sich aus den Symptomkomplexen der vorrangig von der Niere sezernierten, bzw. retinierten Elektrolyte zusammen. Im Verlauf dieser Erkrankung stellt sich ein Verdünnungseffekt, auf Grund der inadäquaten ADH-Sekretion und damit verminderten Wasserausscheidung, ein. Man spricht in diesem Fall von einem hypotonen Hyperhydratations-Syndrom. Bei Blutuntersuchungen zeigen sich eine infolge verminderter Wassersausscheidung entstehende Hyponatriämie (Verdünnungshyponatriämie), eine Hypophosphatämie, wie auch eine Hypokaliämie mit metabolischer hypochlorämischer Alkalose.

Symptome der relativen Hyponatriämie hängen davon ab, wie schnell das Natrium verdünnt wird. Es sind Kopfschmerzen, Persönlichkeitsveränderungen im Sinne von erhöhter Reizbarkeit oder Lethargie, Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit bis zum Delirium und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma möglich. Eine Anhebung der Natriumkonzentration sollte langsam vorgenommen werden, um der Entwicklung einer zentralen pontinen Myelinolyse vorzubeugen. Neben Muskelschwäche und Krämpfen können Myoklonien und epileptische Anfälle vorkommen. Die Reflexe sind bisweilen abgeschwächt oder gesteigert. Ödeme treten wegen der auf rund drei bis vier Liter begrenzten Wasserretention nicht auf.[5]

Diagnose

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Folgende Untersuchungen und Laborparameter geben Aufschluss über die Diagnose:

Die Bestimmung der ADH-Konzentration im Blut ist nur wenig sinnvoll. In der Praxis zeigt sich nämlich, dass die Werte normal oder erhöht sein können, keinesfalls aber erhöht sein müssen. Dies liegt unter anderem an der Instabilität des ADH-Moleküls. Als Alternative wird daher üblicherweise Copeptin, ein Prohormon, das zusammen mit ADH im Hypothalamus synthetisiert wird, bestimmt.

Differentialdiagnose der Harnkonzentrierungsstörungen[6]
Bartter-Syndrom Schwartz-Bartter-Syndrom
(SIADH)
Diabetes insipidus centralis Diabetes insipidus renalis
Pathophysiologie Kanaldefekt in der Niere
(Na+/K+/2Cl-Symporter, ROMK oder CLCKB)
unangemessen hohe ADH-Sekretion
unzureichende ADH-Sekretion
ADH-Typ 2-Rezeptordefekt
oder Aquaporin 2-Defekt
Ätiologie erblich (autosomal-rezessiv)
  1. paraneoplastisch (kleinzelliges Bronchialkarzinom)
  2. sekundär bei Infektionen, ZNS-Störungen oder als Medikamentennebenwirkung (z. B. Venlafaxin)
  1. idiopathisch (ca. 1/3 der Fälle)
  2. sekundär bei Tumoren, nach Trauma, bei Infektionen
  1. erblich (X-chromosomal- oder autosomal-rezessiv)
  2. erworben bei Nierenerkrankung
Klinik Salzappetit, Muskelschwäche und -schmerzen, Krämpfe ZNS-Symptomatik, Muskelschwäche und -schmerzen, Krämpfe erhöhte Urinmenge, erhöhte Trinkmenge erhöhte Urinmenge, erhöhte Trinkmenge
Labor Serum: Na+ ↓, K+ ↓, Osmolalität ↓, pH-Wert Serum: ADH ↑, Copeptin ↑, Na+ ↓, K+ ↓, Osmolalität ↓, pH-Wert Serum: ADH ↓, Copeptin[7], Na+ ↑, Osmolalität Serum: ADH ↔, Copeptin[7], Na+ ↑, Osmolalität
Urin: Na+ ↑, K+ ↑, Osmolalität Urin: Na+ ↑, Osmolalität Urin: Na+ ↓, Osmolalität Urin: Na+ ↓, Osmolalität
Weitere Diagnostik Nachweis eines sekundären Hyperaldosteronismus
  1. Durstversuch: ADH
  2. Desmopressin-Test: Urin-Osmolalität
  1. Durstversuch: ADH
  2. Desmopressin-Test: Urin-Osmolalität

Therapie

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Ausschlaggebend für die Therapieentscheidung ist die klinische Symptomatik und die Identifikation und Behandlung des Auslösers eines SIADH. In asymptomatischen Fällen reicht in der Regel eine Trinkmengenbeschränkung. Vor allem bei Vorhandensein neurologischer Symptome ist Handeln gefragt: langsame Infusion isotoner (0,9 %) oder hypertoner (10 %) Kochsalzlösung zur Substitution. Bei zu schneller Infusion der Kochsalzlösung drohen pontine Myelinolyse, Bewusstseinsstörungen oder Krampfanfälle. Als neue und spezifische Therapieoption wurden nun auch in Europa die Vaptane zur Behandlung des SIADH zugelassen. Seit August 2009 steht Tolvaptan als erster oraler ADH-Antagonist auch in Deutschland zur Verfügung. Das von Ōtsuka hergestellte Medikament blockiert die Wirkung des ADH an der Niere und fördert somit die Ausscheidung elektrolytfreien Wassers.[8]

Außerdem gilt es zu beachten, dass begleitend zu einer Hyponatriämie oft auch eine Hypokaliämie vorliegt. Bei Substitution von Kalium wird gleichzeitig Natrium aus der Zelle freigesetzt. Somit trägt eine Kaliumsubstitution auch zum Ausgleich einer Hyponatriämie bei.

Einzelnachweise

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  1. Lothar Thomas: Labor und Diagnose. Frankfurt 1998, S. 314.
  2. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2013, S. 799.
  3. Walter Siegenthaler (Herausgeber): Differentialdiagnose innerer Krankheiten. Stuttgart 2000, S. 834.
  4. Olanzapine and hyponatraemia; Nederlands Bijwerkingen Centrum Lareb; September 2006 (Memento des Originals vom 5. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lareb.nl (PDF; 89 kB).
  5. Gerd Herold et al.: Innere Medizin, Köln, 2008 S. 737.
  6. Gerd Herold und Mitarbeiter: Innere Medizin 2020. Selbstverlag, Köln 2020, ISBN 978-3-9814660-9-6, S. 633 und 803–805.
  7. a b Analysenverzeichnis | Labor Krone. Abgerufen am 10. Oktober 2017 (deutsch).
  8. Verbalis JG, Goldsmith SR, et al. Hyponatraemia treatment guidelines 2007: expert panel recommendations. Am J Med. 2007;120(11A):S1-S21.