Die Scuderia Finotto war ein italienisches Motorsportteam, das sich 1974 zu einigen Rennen der Formel-1-Weltmeisterschaft meldete. Ursprünglich für den Einsatz durch Silvio Moser vorgesehen, war die Geschichte des Teams nach dessen Tod von Notlösungen geprägt. Der Rennstall war auch nach den Maßstäben der 1970er-Jahre außergewöhnlich schwach finanziert und organisiert. Ihm gelang nur eine Rennteilnahme. Bekanntester Fahrer des Teams war der spätere Renault-Sportchef und Teambesitzer Gérard Larrousse, der mit Finotto sein einziges Formel-1-Rennen – zugleich das einzige Rennen des Teams – bestritt.

Scuderia Finotto
Name Scuderia Finotto
Unternehmen Scuderia Finotto
Unternehmenssitz Italien Italien
Teamchef Schweiz Jürg Dubler
Italien Martino Finotto
Statistik
Erster Grand Prix Belgien 1974
Letzter Grand Prix Italien 1974
Gefahrene Rennen 4 (1 Start)
Konstrukteurs-WM 0
Fahrer-WM 0
Rennsiege 0
Pole Positions 0
Schnellste Runden 0
Punkte 0

Geschichte

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Einer der Initiatoren des Projekts: Silvio Moser

Die Gründung des Rennstalls geht auf den italienischen Rennfahrer Martino Finotto zurück, der in den 1970er-Jahren einer der bekanntesten Tourenwagenpiloten seines Landes war. Ende 1973 kaufte Finotto zwei ältere Formel-1-Fahrzeuge vom Typ Brabham BT42 in der Absicht, mit ihnen 1974 selbst in der Formel 1 anzutreten. Nach einer Testfahrt im November 1973 kam Finotto zu der Auffassung, dass die Formel 1 nichts für ihn sei. Er bot daraufhin anderen Rennfahrern seine Autos an. Zu ihnen gehörte der Tessiner Silvio Moser, der von 1966 bis 1971 an 12 Formel-1-Weltmeisterschaftsläufen teilgenommen hatte, unter anderem mit einem speziell für ihn konstruierten Fahrzeug vom Typ Bellasi. Moser war nach dem Scheitern des Bellasi-Projekts zunächst in die Formel 2 zurückgekehrt, verfolgte aber weiter die Idee eines Wiedereinstiegs in die Formel 1. Eine Chance hierzu ergab sich durch Martino Finotto, mit dem Moser seit einigen Jahren befreundet war. Mit der finanziellen Unterstützung des Schweizer Unternehmers Bretscher leaste Moser die beiden Finotto-Brabhams. Die Vereinbarung sah vor, dass Moser den Renneinsatz selbst finanzieren und organisieren sollte.

Moser meldete die Autos zum ersten europäischen Rennen des Jahres, dem Großen Preis von Spanien in Jarama für das Bretscher Racing Team. Als Fahrer war er selbst vorgesehen; es gibt Gerüchte, dass Moser zudem das zweite Auto für den Schweden Reine Wisell an den Start bringen wollte. Eine Woche vor dem Rennen in Spanien verunglückte Moser beim 1000-km-Rennen von Monza schwer, sodass er am Großen Preis von Spanien nicht teilnehmen konnte. Moser starb einige Wochen nach dem Unfall an seinen Verletzungen. Martino Finotto entschied sich daraufhin dafür, die Brabhams im Laufe des Jahres 1974 unter eigenem Namen für Paydriver einzusetzen. Bretscher wurde weiterhin als Sponsor geführt, aber es ist zweifelhaft, ob er das Team tatsächlich substantiell unterstützte.

Organisationsstruktur

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Das Team hatte eine schwache Infrastruktur. Es hatte nur wenige Mechaniker. Der ehemalige Schweizer Rennfahrer Jürg Dubler war zeitweise als Organisator des Teams tätig. Die Scuderia Finotto hatte eine „selbst für die 1970er-Jahre schwache Infrastruktur“.[1] So hatte es keine eigenen Räumlichkeiten. Das Team nutzte stattdessen Lino Brancas Automobilwerkstatt in Buscate für gelegentliche Arbeiten, und die Motoren wurden bei dem Tuningbetrieb Novamotor überarbeitet.

 
Brabham BT42 (in der Lackierung des Werksteams)

Die Scuderia Finotto besaß in der Saison 1974 zwei Brabham BT42-Chassis.[2] Es handelte sich um die Chassis mit den Nummern 05 und 06. Beide waren 1973 hergestellt und vom Brabham-Werksteam eingesetzt worden. Den BT42/05 hatte Wilson Fittipaldi gefahren, den BT42/06 Rolf Stommelen. Bei allen vier Rennen, zu denen die Scuderia Finotto antrat, setzte das Team nur den BT42/06 ein; der BT42/05 wurde 1974 nicht bewegt.[3]

Als Antrieb dienten drei Cosworth-DFV-Achtzylindermotoren, die Reifen kamen von Firestone.

Renneinsätze

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Bestritt den einzigen Formel-1-Lauf der Scuderia Finotto: Gérard Larrousse

Der erste Renneinsatz der Scuderia Finotto erfolgte beim Großen Preis von Belgien 1974. Der französische Langstreckenpilot Gérard Larrousse kaufte sich für dieses Rennen ein. Er qualifizierte sich mit 4,4 Sekunden Rückstand für den 28. Startplatz. Im Rennen schied er infolge eines Reifenschadens nach 53 von 85 Runden aus.

Zum anschließenden Rennen in Monaco meldete sich das Team erneut.[4] Im Vorfeld des Rennens wiesen die Organisatoren die Meldung des Teams zurück, sodass die Scuderia Finotto in der offiziellen Meldeliste des Großen Preises von Monaco 1974 nicht erscheint.[5]

Nachdem Finotto die Großen Preise von Schweden und den Niederlanden ausgelassen hatte, trat es im Juli 1974 in Frankreich erneut an. Wiederum meldete es Gérard Larrousse als Fahrer. Larrousse verpasste bei seinem Heimrennen die Qualifikation. Mit einem Rückstand von 4,5 Sekunden auf die Pole-Zeit von Niki Lauda war Larrousse der langsamste Fahrer des Trainings.[6]

Für den anschließenden Großen Preis von Großbritannien kaufte sich Andy Sutcliffe bei der Scuderia Finotto ein. Auch hier lehnten die Organisatoren die Meldung des Teams im Vorfeld ab.[7] Gleiches gilt für den Großen Preis von Deutschland, zu dem Finotto den deutschen Rennfahrer Manfred Mohr (in einigen Quellen unzutreffend als Manfred Möhr bezeichnet)[8] an den Start bringen wollte.

Die Meldung Helmut Koiniggs zum Großen Preis von Österreich wurde dagegen akzeptiert. Der Österreicher nahm an den Trainingssitzungen teil. Er war der langsamste aller 31 Fahrer. Mit einem Rückstand von 5,2 Sekunden auf die Pole-Zeit Laudas verpasste er die Qualifikation deutlich.[9]

Der letzte Grand-Prix-Einsatz der Scuderia Finotto war der Große Preis von Italien. Das Team meldete hier Carlo Facetti und Jean-Louis Lafosse, die ebenso wie Manfred Mohr Freunde von Martino Finotto waren. Lafosse trat letztlich nicht an. Die Gründe hierfür sind ungeklärt. Nach einigen Quellen akzeptierten die Organisatoren seine Meldung nicht, nach anderen zog das Team sie zugunsten von Facetti zurück.[10] Nur Facetti wird in der offiziellen Meldeliste geführt.[11] Facetti verpasste die Qualifikation in Monza um 0,8 Sekunden.

Rennergebnisse

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Fahrer Chassis 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Punkte Rang
Automobil-Weltmeisterschaft 1974                               0
Frankreich  G. Larrousse Brabham BT42 DNF DNQ
Osterreich  H.Koinigg DNQ
Italien  Carlo Facetti DNQ
Legende
Farbe Abkürzung Bedeutung
Gold Sieg
Silber 2. Platz
Bronze 3. Platz
Grün Platzierung in den Punkten
Blau Klassifiziert außerhalb der Punkteränge
Violett DNF Rennen nicht beendet (did not finish)
NC nicht klassifiziert (not classified)
Rot DNQ nicht qualifiziert (did not qualify)
DNPQ in Vorqualifikation gescheitert (did not pre-qualify)
Schwarz DSQ disqualifiziert (disqualified)
Weiß DNS nicht am Start (did not start)
WD zurückgezogen (withdrawn)
Hellblau PO nur am Training teilgenommen (practiced only)
TD Freitags-Testfahrer (test driver)
ohne DNP nicht am Training teilgenommen (did not practice)
INJ verletzt oder krank (injured)
EX ausgeschlossen (excluded)
DNA nicht erschienen (did not arrive)
C Rennen abgesagt (cancelled)
  keine WM-Teilnahme
sonstige P/fett Pole-Position
1/2/3/4/5/6/7/8 Punktplatzierung im Sprint-/Qualifikationsrennen
SR/kursiv Schnellste Rennrunde
* nicht im Ziel, aufgrund der zurückgelegten
Distanz aber gewertet
() Streichresultate
unterstrichen Führender in der Gesamtwertung
  • Felix Muelas, Mattijs Diepraam: Bellasi: She’s beautiful, oh yes! Geschichte des Bellasi und der Scuderia Finotto auf der Internetseite 8w.forix.com
  • Ulrich Schwab: Grand Prix 1974. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1974. ISBN 3-87943-356-9
  • Jürg Dubler: Formel 3 inside. Die verrückten Jahre 1965-1970. Tagebuch und Berichte eines Rennfahrers. ISBN 978-3-905769-15-9

Einzelnachweise

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  1. Dennis Hamann: Ehemaliger Formel-1-Teamchef Martino Finotto gestorben. www.motorsport-total.com, 15. August 2014, abgerufen am 25. Februar 2021.
  2. Abbildung beider Fahrzeuge bei http://forums.autosport.com/ (abgerufen am 13. Oktober 2013).
  3. Renngeschichte des Brabham BT42 auf der Internetseite www.oldracingcars.com (abgerufen am 13. Oktober 2013).
  4. Eintrag auf der Internetseite www.racingsportscars.com (abgerufen am 13. Oktober 2013).
  5. Meldeliste auf der Internetseite www.motorsport-total.com (abgerufen am 13. Oktober 2013).
  6. Startaufstellung zum Großen Preis von Frankreich 1974 auf der Internetseite www.motorsport-total.com (abgerufen am 13. Oktober 2013).
  7. Rennstatistik Sutcliffes auf der Internetseite www.racingsportscars.com (abgerufen am 13. Oktober 2013).
  8. So beispielsweise bei Felix Muelas, Mattijs Diepraam: Bellasi: She’s beautiful, oh yes! Geschichte des Bellasi und der Scuderia Finotto auf der Internetseite 8w.forix.com
  9. Startaufstellung des Großen Preises von Österreich auf der Internetseite www.motorsport-total.com (abgerufen am 13. Oktober 2013).
  10. So Schwab: Grand Prix 1974. Die Rennen zur Automobil-Weltmeisterschaft 1974, S. 134.
  11. Meldeliste zum Großen Preis von Italien 1974 auf der Internetseite www.motorsport-total.com (abgerufen am 13. Oktober 2013).