Sichertshausen
Sichertshausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Fronhausen im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Sichertshausen Gemeinde Fronhausen
| |
---|---|
Koordinaten: | 50° 42′ N, 8° 43′ O |
Höhe: | 170 (168–185) m ü. NHN |
Fläche: | 3,79 km²[1] |
Einwohner: | 394 (31. Dez. 2014)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 104 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 35112 |
Vorwahl: | 06426 |
Sichertshausen am Lahntalradweg – von der Alten Lahnbrücke aus gesehen
|
Am Ortsrand, nahe der Bogenbrücke über die Lahn, mündet die vom Ebsdorfer Grund her fließende Zwester Ohm.
Geschichte
BearbeitenOrtsgeschichte
BearbeitenDie älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Sichertshausen erfolgte unter dem Namen Sichertshausen im Jahr 1237 in einer Urkunde des Erzbistums Mainz.[1] Später folgten Erwähnungen als Sigehartishusen, Sigertishusen und Sygershusen. Der Name Sichertshausen erschien erstmals gegen Ende des 14. Jahrhunderts.
Erster Bürgermeister in Sichertshausen war von 1831 bis 1834 George Becker, der letzte von 1956 bis 1971 Heinrich Dörr.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen erfolge am 1. Juli 1974 kraft Landesgesetz der Zusammenschluss der bis dahin selbstständigen Gemeinden Bellnhausen, Erbenhausen, Fronhausen mit Sichertshausen, Hassenhausen, Holzhausen und Oberwalgern zur neuen Großgemeinde Fronhausen.[3][4] Für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Fronhausen wurden Ortsbezirke gebildet.[5]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
BearbeitenDie folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Sichertshausen angehört(e):[1][6]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Gericht Treis an der Lumbda
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Gericht Treis an der Lumbda
- ab 1577: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Gericht Treis (Gericht und Blutgerichtsbarkeit hat die Familie Schutzbar genannt Milchling)
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg), Gericht Treis an der Lumbda
- ab 1648: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Gericht Treis
- ab 1786: Heiliges Römisches Reich (bis 1806), Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Treis an der Lumbda
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Treis an der Lumbda
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Ebsdorf
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Amt Treis an der Lumbda[7]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Marburg[8][Anm. 2]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Marburg
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1946: Amerikanische Besatzungszone, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1971: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg, Gemeinde Fronhausen[Anm. 3]
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Gemeinde Fronhausen
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Gemeinde Fronhausen
Gerichte seit 1821
BearbeitenMit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Der Kreis Marburg war für die Verwaltung und das Justizamt Fronhausen war als Gericht in erster Instanz für Sichertshausen zuständig.[9] Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866 erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Fronhausen.[10][11] Das Amtsgericht Fronhausen wurde 1943 geschlossen. Es wurde zunächst als Zweigstelle des Amtsgerichts Marburg geführt und 1948 endgültig aufgelöst. Sein Gerichtsbezirk wurde dem Amtsgericht Marburg zugeteilt.
Bevölkerung
BearbeitenEinwohnerstruktur 2011
BearbeitenNach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Sichertshausen 405 Einwohner. Darunter waren 3 (= 0,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 57 Einwohner unter 18 Jahren, 162 zwischen 18 und 49, 99 zwischen 50 und 64 und 87 Einwohner waren älter.[12] Die Einwohner lebten in 153 Haushalten. Davon waren 48 Singlehaushalte, 60 Paare ohne Kinder und 54 Paare mit Kindern, sowie 15 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 36 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 123 Haushaltungen lebten keine Senioren.[12]
Einwohnerentwicklung
BearbeitenQuelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1577: | 22 Hausgesesse |
• 1681: | 23 Hausgesesse |
• 1838: | Familien: 37 nutzungsberechtigte, 12 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 2 Beisassen |
Sichertshausen: Einwohnerzahlen von 1767 bis 2014 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1767 | 179 | |||
1800 | ? | |||
1834 | 295 | |||
1840 | 321 | |||
1846 | 353 | |||
1852 | 329 | |||
1858 | 303 | |||
1864 | 303 | |||
1871 | 297 | |||
1875 | 299 | |||
1885 | 304 | |||
1895 | 274 | |||
1905 | 314 | |||
1910 | 345 | |||
1925 | 345 | |||
1939 | 341 | |||
1946 | 488 | |||
1950 | 481 | |||
1956 | 419 | |||
1961 | 352 | |||
1967 | 355 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 405 | |||
2014 | 394 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde Fronhausen; Zensus 2011[12] |
Historische Religionszugehörigkeit
BearbeitenQuelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1861: | 310 evangelisch-lutherische Einwohner |
• 1885: | 296 evangelische (= 97,37 %), ein katholischer (= 0,33 %), 7 andere Christen (= 2,30 %) |
• 1961: | 328 evangelische (= 93,18 %), 15 katholische (= 4,26 %) Einwohner |
Historische Erwerbstätigkeit
BearbeitenQuelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1767: | Erwerbspersonen: drei Wirte und Branntweinbrenner, 5 Bierbrauer, zwei Schmiede, zwei Wagner, 16 Weißbinder, 9 Korbmacher, ein Dachdecker, zwei Spinnerinnen, ein Drucker, ein Tagelöhner. |
• 1838: | Familien: 36 Ackerbau, 11 Gewerbe, 3 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 84 Land- und Forstwirtschaft, 69 Produzierendes Gewerbe, 18 Handel und Verkehr, 11 Dienstleistung und Sonstiges. |
Politik
BearbeitenFür Sichertshausen besteht ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Er umfasst das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Sichertshausen.[5] Der Ortsbeirat Sichertshausen besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 62,82 %. Alle Kandidaten gehörten der Liste „Aktiv für Sichertshausen“ an.[13] Der Ortsbeirat wählte Reinhard Lauer zum Ortsvorsteher.[14]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
BearbeitenKirche
BearbeitenDie evangelische Kirche von 1780 ist ein Fachwerkgebäude mit Dachreiter im Westen, das teils verputzt, teils verschiefert ist. Die Ausstattung der Kirche stammt überwiegend aus der Erbauungszeit. Die Orgel aus dem 18. Jahrhundert wurde 1893 aus der Evangelischen Kirche Lützellinden (Dorf bzw. heute Ortsteil von Gießen) erworben.
Sport
BearbeitenDer ortsansässige Fußballverein ist die Spielvereinigung Bellnhausen Hassenhausen Sichertshausen (BeHaSi). Dieser spielt zurzeit in der Kreisliga A Marburg. Die Spielstätte des Vereins liegt in Hassenhausen am Köberg.
Infrastruktur
BearbeitenDorfgemeinschaftshaus
BearbeitenDas Dorfgemeinschaftshaus als Mittelpunkt bürgerschaftlichen Engagements im Ortsteil wurde im Juni 2013 nach umfassender Renovierung wiedereröffnet.[15][16][17]
Lahntalradweg
BearbeitenFür den Tourismus bedeutsam ist der gut ausgeschilderte Lahntalradweg.
Von Norden – aus Richtung Marburg kommend – verläuft der Radfernweg im Marburg-Gießener Lahntal durch Sichertshausen in Richtung Gießen. Wegeführung: Von Fronhausen über den benachbarten Ortsteil Bellnhausen, an der Bellnhäuser Mühle vorbei, biegt die touristische Radroute zunächst nach links ab in Richtung Ortsmitte Sichertshausen (Dorfgemeinschaftshaus, Kirche).
Im Ort biegt die Radroute am Backhaus entgegengesetzt scharf rechts ab und führt über die Lahnbrücke[18] durch die autofreie Lahnaue weitgehend steigungsfrei nach Odenhausen und Lollar. Wer die leichten Umwege im Lahntal aufgrund der Lahnschleifen und der Main-Weser-Eisenbahn vermeiden möchte, kann auch über Schloss und Hofgut Friedelhausen in Richtung Lollar radeln, muss dann allerdings eine Steigung und nicht asphaltierte Wege akzeptieren.[19]
Vor Odenhausen zweigt auch der Salzböderadweg durch das Salzbödetal ab, ein ruhiges Seitental der Lahn.
Literatur
Bearbeiten- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hessen I. München/Berlin, 2008, S. 840.
- Historisches Ortslexikon Marburg. Ehem. Landkreis und kreisfreie Stadt, bearb. v. Ulrich Reuling, Marburg, 1979 (= Reihe Historisches Ortslexikon des Landes Hessen, 3), ISBN 3-7708-0678-6, S. 288.
- Literatur über Sichertshausen nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Sichertshausen. In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
Bearbeiten- Webauftritt der Gemeinde Fronhausen
- Private Website zum Ort
- Sichertshausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Anmerkungen und Einzelnachweise
BearbeitenAnmerkungen
- ↑ Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
- ↑ Trennung zwischen Justiz (Justizamt Fronhausen) und Verwaltung.
- ↑ Am 1. Dezember 1971 als Ortsbezirk zur Gemeinde Fronhausen.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Sichertshausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 24. September 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ Daten/ Fakten im Internetauftritt der Gemeinde Fronhausen ( vom 21. August 2015 im Webarchiv archive.today), abgerufen im August 2015
- ↑ Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 12 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 404 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
- ↑ a b Hauptsatzung. (PDF; 122 kB) § 4. In: Webauftritt. Gemeinde Fronhausen, abgerufen im September 2021.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 121 f. (online bei Google Books).
- ↑ Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
- ↑ Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- ↑ Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )
- ↑ a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 66, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020 .
- ↑ Ergebnis der Ortsbeiratswahlen Sichertshausen. In: Votemanager. Gemeinde Fronhausen, abgerufen im September 2023.
- ↑ Ortsvorsteher der Gemeinde Sichertshausen. In: Webauftritt. Gemeinde Fronhausen, abgerufen im September 2023.
- ↑ Nach Sanierung eingeweiht, Gießener Anzeiger ( vom 9. November 2013 im Internet Archive) vom 4. Juni 2013
- ↑ Dorfgemeinschaftshaus Sichertshausen mit Benutzungs- und Gebührenordnung ( vom 19. Juni 2013 im Webarchiv archive.today), abgerufen am 9. Juni 2013
- ↑ Website des Dorfgemeinschaftshauses (dgh.sichertshausen), abgerufen am 27. Juni 2015
- ↑ Giessener Anzeiger, Arbeit bis September an Lahnbrücke in Sichertshausen, 4. Juli 2012, Bericht zur denkmalgeschützten Bogenbrücke von 1919 im Verlauf des Lahntalradwegs, abgerufen am 1. Juni 2013
- ↑ Lahntalradweg In: Radroutenplaner Hessen. Abgerufen im Oktober 2018.