Sowjetische Panzerproduktion im Zweiten Weltkrieg

Die Sowjetische Panzerproduktion im Zweiten Weltkrieg umfasste die Produktion zwischen 22. Juni 1941 und dem 9. Mai 1945.

Vorgeschichte

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Naturgemäß erfordert die Fertigung von Panzern, Waffen und schwerem militärischen Gerät eine spezielle Industrie. Während im zaristischen Russland die Artilleriehersteller Putilow und Obuchow mit ihren Artilleriewaffen besonders wichtig waren, änderte sich die Situation nach dem russischen Bürgerkrieg. Die nach dem Ende des Zarenreichs entstandene Sowjetunion durchlief einige harte Umstrukturierungen im industriellen und landwirtschaftlichen Bereich.

Mit Beginn der 1930er Jahre verfügte die Sowjetunion jedoch bereits über eine nicht unerhebliche Fertigungskapazität im Rüstungsbereich. Welche initial noch ausländische Entwürfe kopiert doch zunehmend, durch eigene Prototypen und Versuche unabhängig von ausländischer Ingenieursleistung wurde.

Die Zahl der im Kriegsverlauf in die Panzerfertigung involvierten Fabriken ist groß und wirkt anfänglich unübersichtlich. Durch die kyrillische Schreibweise, deren mal deutsche und mal englische Übersetzung entsteht eine verwirrende Vielzahl von Bezeichnungen, welche im Abschnitt Fabriken sortiert werden soll.

Ein wichtiger sowjetischer Panzertyp der Vorkriegszeit war der Typ BT (auch Betuschka genannt) von dem in der Maschinenbauwerk Nr. 183 (ChPZ) bis Ende der 1930er Jahre über 7.000 Stück gefertigt wurden.

Allgemein

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Die Panzerindustrie unterstand dem Volkskommissariat für Panzerindustrie, welches am 11. September 1941 gegründet wurde. Am 25. Juni 1941 legte das Politbüro den Produktionsplan für Panzer bis Ende 1941 fest, der detailliert für jeden Betrieb die Produktion festlegte. Vom KW-Panzer sollten 1295 und vom T-34 2900 Stück produziert werden. Nach Bogdan Musial ist es bemerkenswert das der Plan weitgehend erfüllt wurde.[1]

Produktionszahlen

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In der Übersicht wird die Steigerung und Entwicklung der Fertigung durch eine Auflistung der Haupttypen dargestellt.

Leichte Panzer[2]
Typ 1941 1942 1943 1944 1945 Total
T-40 41 181 222
T-50 48 15 63
T-60 1.818 4.474 6.292
T-70 4.883 3.343 8.226
T-80 120 120
Total 1.907 9.553 3.463 14.923
Mittlere Panzer[2]
Typ 1941 1942 1943 1944 1945 Total
T-34 3.014 12.553 15.529 2.995 34.091
T-34/85 283 11.778 7.230 23.661[3]
T-44 200 200
Total 3.014 12.553 15.812 14.773 7.430 53.582
Schwere Panzer[2]
Typ 1941 1942 1943 1944 1945 Total
KW-1 1.121 1.753 2.874
KW-2 232 232
KW-1S 780 452 1.232
KW-85 130 130
IS-2 102 2.252 1.500 3.854
Total 1.353 2.533 684 2.252 1.500 8.322
Sturmgeschütze[2]
Typ 1941 1942 1943 1944 1945 Total
SU-76 26 1.928 7.155 3.562 12.671
SU-122 25 630 493 1.148
SU-85 750 1.300 2.050
SU-100 500 1.175 1.675
SU-152 704 704
ISU-122/ISU-152 35 2.510 1.530 4.075
Total 51 4.047 11.958 6.267 22.323
Total[2]
Alle Modelle 1941 1942 1943 1944 1945 Total
Jahresproduktion 6.274 24.690 24.006 28.983 15.197 99.150

Fabriken

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Zu Beginn des Vaterländischen Krieges fanden sich viele Fertigungsstätten der Panzerindustrie in westlichen Landesteilen. Nachdem die Wehrmacht kontinuierlich nach Osten vorstieß, war die sowjetische Führung zu einer schmerzlichen Entscheidung gezwungen, welche die Fertigungszahlen für die Jahre 1941 und 1942 beeinflussen sollte. Man beschloss, die Produktionsstätten der Panzer weiter nach Osten zu verlegen und in einem gewaltigen Kraftakt gelang es, die Fertigungsanlagen an neuen Standorten in Betrieb zu nehmen. Hierzu wurden auch die Belegschaften der Fabriken mit an die neuen Standorte gebracht.

Zu Beginn des Krieges war die Fertigung von T-34 in den Modellvarianten 1940 und 1941 bewaffnet mit L-11 oder F-34 Kanonen im Werk Transportmaschinenwerk Malyschew Charkiw Nr. 183 (KhPZ) (russisch: Завод имени Малышева/Malyschew-Werk) in Charkow bereits angelaufen.[4] Anfang 1941 begann auch die Stalingrader Traktorenfabrik (STZ) mit der Fertigung von T-34, denn das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei war durch die schnelle Niederlage von Frankreich unangenehm überrascht und erhöhte die Produktionsquoten für neue Panzer.[5]

Bei Kriegsbeginn lag das sowjetische Produktionspotential unter jenem des deutschen Reiches und die Fabriken lagen überwiegend im Westen des Landes, so dass durch den Vorstoß der Wehrmacht das Risiko bestand, dass die dortigen Fabriken, wie das Werk Nr. 183 (KhPZ) in die Hand der deutschen Invasoren fallen könnten. Deshalb erteilte das Nationale Verteidigungskomitee im September 1941 den Befehl die kriegswichtigen Fertigungsstätten an den Ural zu verlegen. Im Juli 1941 begann die Fabrik Krasnoje Sormowo Nr. 112 (russisch: Красное Сормово) mit der Produktion des T-34 und im November 1941 wurden die ersten Panzer von dort ausgeliefert. Das größte Werk, die Fabrik Nr. 183, wurde ab Mitte September 1941 sukzessive per Eisenbahn nach Nischni Tagil tief im Ural verlegt. Aus der dortigen Uraler Waggon Fabrik (Уралвагонзавод) und weiteren 11 dorthin verlegten Betrieben beziehungsweise Betriebsteilen wurde das Uraler Panzer Werk Nr. 183 Uralwagonsawod-Werk Nr. 183 (Уральский танковый завод № 183). Schon am 8. Dezember wurden in dieser neuen Fertigung die ersten T-34 gebaut.[6]

Die sowjetische Panzerproduktion konzentrierte sich dann ab 1942 auf fünf großen Zentren:[7]

  • Tscheljabinski Traktorny Sawod (Tankograd) mit 60.000 Arbeitern (1944) stellte hauptsächlich schwere Panzer her
  • Uralwagonsawod in Nischni Tagil war die zweitgrößte Panzerfabrik, verfügte über 40.000 Arbeiter und stellte mittlere Panzer her
  • Uralmasch in Swerdlowsk mit 27.000 Arbeitern vor dem Krieg stellte mittlere Panzer her
  • Fabrik Nr. 174 Lenin in Omsk mit 15.000 Arbeitern stellte mittlere Panzer her
  • Fabrik Nr. 38 in Kirov mit 8.000–10.000 Arbeitern 1944 stellte leichte Panzer her

Für die Panzerproduktion wurden Werke umgerüstet, die vorher Autos und Traktoren herstellten. Die Autofabriken wurden auf die Produktion von leichten Panzer und Selbstfahrlafetten umgerüstet, die Traktorenwerke auf mittlere und schwere Panzer. Diese Werke waren oft nach amerikanischen Vorbildern errichtet worden, aber wesentlich größer. Das Werk in Tscheljabinsk hatte die dreifache Kapazität seines Models des Caterpillar Werks in Peoria. Die Traktorenwerke in Stalingrad und Charkow waren doppelt so groß wie ihr Vorbild, das Milwaukee Werk der International Harvester Corporation.[8]

Die Fabrik in Tscheljabinsk arbeitete nach dem Prinzip der vertikalen Konzentration, das heißt alle Komponenten für das komplette Produkt wurden vor Ort gebaut. Dies hatte den Vorteil, dass keine Teile über weite Strecken transportiert werden mussten. Die Fabrik arbeitete nach dem Fließbandprinzip, die Panzer liefen eine Produktionsstraße entlang, an deren Ende der fertige Panzer herausfuhr. Deutsche Fabriken arbeiteten dagegen nach dem Prinzip der Gruppenfertigung, wo immer eine Gruppe von Panzern gleichzeitig fertig gestellt wurde.[9]

Die Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges der Sowjetunion schreibt, dass zwei Drittel der Gesamtproduktion aus den drei größten Werken kam und dass diese riesigen Anlagen es gestatteten, die Panzer in großen Serien und mit moderner Technologie herzustellen. Als weltweit erstmalige Neuerungen im Panzerbau nennt sie den Guss von Stahlteilen in Kokillen statt in Sandformen, das Pressen statt Gießen von Panzertürmen, die Verwendung von Hochfrequenzströmen zur Oberflächenhärtung und das automatisierte Lichtbogenschweißen nach Jewgeni Oskarowitsch Paton.[10]

Am 24. Juli 1943 wandte sich Nikita S. Chruschtschow an Stalin, dass das 2. Panzerkorps Tasinski der Woronescher Front 98 neue T-34 vom Panzerwerk Omsk erhalten habe, von denen 32 wegen technischer Probleme nicht eingesetzt werden konnten. 25 von 34 T-34 aus dem Werk in Nischni Tagil wiesen ernsthafte technische Mängel auf.[11]

Übersicht der Fertigungsstätten

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Namen der Fertigungsstätten in verschiedenen Sprachen
Standort (Stadt) Fabrik Nr. Russisch Englisch Deutsch Anmerkung
Charkiw 75 Kharkiv Diesel Factory T-34-Motoren
Charkiw 183 Харьковский паровозостроительный завод Kharkiv Komintern Locomotive Factory (KhPZ) Maschinenbauwerk Nr. 183 Charkower Lokomotivwerk Komintern bis 1936 dann umbenannt - T-26; BT; T-28; T-34; T-34
Stalingrad (Wolgograd) Сталинградский тракторный завод Dzerzhinsky Stalingrad Tractor Factory (STZ) Stalingrader Traktorenwerk T-34
Nischni Nowgorod (Gorki) 112 Судостроительное предприятие "Кра́сное Со́рмово" Krasnoye Sormovo Factory No. 112 Fabrik Nr. 112 Krasnoje Sormowo T-18; T-34
Omsk 174 Омский завод транспортного машиностроения Omsk Lenin Factory No. 174 Fabrik Nr. 174 (Woroschilowwerk) T-26 ; T-50; T-34
Nischni Tagil Уралвагонзавод Uralvagonzavod (UVZ) Uralwagonsawod T-34
Tscheljabinsk 100 Челябинский тракторный завод Chelyabinsk Kirow Factory (ChTZ) Tscheljabinsker Traktorenwerk (TschTS) inoffiziell als Tankograd bezeichnet - KW; IS; SU-152; ISU-122; ISU-152; T-34; SU-85
Leningrad (St.Petersburg) 185 Factory No. 185 (S.M.Kirov) teilweise ex Bolshevik No. 232 / teilweise integriert in Tankograd - T-26; T-35; T-34
Leningrad (St.Petersburg) 100 Кировский завод Kirov Plant Kirowwerk Nr. 100 ex Putilowski Sawod / teilweise integriert in Tankograd - KW; T-34; IS
Leningrad (St.Petersburg) 174 teilweise ex Bolshevik No. 232 / 1941 nach Chkalow / 1942 nach Omsk
Yekaterinburg (Swerdlowsk) Уральский Машиностроительный Завод Ordzhonikidze Ural Heavy Machine Building Plant (UZTM) Ural-Maschinenbaufabrik auch als Uralmasch bekannt - T-34; SU-85; SU-122; SU-100
Moskau 37 Завод № 37 Factory No. 37 Werk Nr. 37 verlegt nach Swertlowsk - T-38; T-40, T-20 Komsomoletz; T-60; T-70; SU-76

Literatur

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  • Steven Zaloga, James Grandsen: T-34. (en) (= In Action. Nr. 2020). Squadron Signal Publications, Carrollton, TX 1983, ISBN 0-89747-112-1.

Einzelnachweise

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  1. Bogdan Musial: Stalins Beutezug. Berlin 2010, S. 84.
  2. a b c d e Steven J. Zaloga, Leland S. Ness: Red Army Handbook 1939–1945. Sparkford 2003, S. 180. (Die Angaben beziehen sich auf die letzten 6 Monate 1941, und die ersten 6 Monate 1945)
  3. Summe ergibt 19.291, eventuell Summierungsfehler bei Zaloga.
  4. Zaloga/Grandsen: T-34 in action 1983 S. 7
  5. Zaloga/Grandsen: T-34 in action 1983 S. 6–7
  6. Zaloga/Grandsen: T-34 in action 1983 S. 13
  7. Walter S. Dunn: Stalin's Keys to Victory. Mechanicsburg 2006, S. 35 ff.
  8. Walter S. Dunn: Stalin's Keys to Victory. Mechanicsburg 2006, S. 92.
  9. Walter S. Dunn: Stalin's Keys to Victory. Mechanicsburg 2006, S. 37.
  10. P.N. Pospelow (Vors. d. Red.): Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges der Sowjetunion. Berlin 1964, Band 3, S. 201 f.
  11. Bogdan Musial: Stalins Beutezug. Berlin 2010, S. 94.