St. Ägidius (Kleincomburg)

Kirchengebäude des ehemaligen Klosters Kleinkomburg, Schwäbisch Hall

Die ehemalige Klosterkirche St. Ägidius (St. Gilgen, St. Ilgen) des Nonnenklosters in Kleincomburg liegt auf dem Stadtgebiet von Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg.

St. Ägidius Kleincomburg

Beschreibung

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Das Gotteshaus soll im Jahre 1108 von Graf Heinrich von Comburg-Rothenburg[1], einem Bruder des Gründers von Kloster Comburg, gestiftet worden sein, doch ist die Quellenlage für die Frühzeit dürftig. Wenngleich diese Gründungsgeschichte nicht mit Primärquellen belegbar ist, passt zumindest eine Datierung der Architektur auf die Zeit um 1100 sehr gut. Es handelt sich um eine Basilika im Stil der Romanik, die auf dem Grundriss eines lateinischen Kreuzes in guten Proportionen sowie hochwertiger Bautechnik und professioneller Steinbearbeitung errichtet wurde. Fresken, die nur den erhaltenen Rest einer vollständigen romanischen Innenraumausmalung darstellen, schmücken Chorgewölbe und Apsis. Leider sind diese Fresken nach ihrer Freilegung am Ende des 19. Jahrhunderts aus einem falsch verstandenen Restaurierungsbegriff heraus von Johann Georg Loosen stark übermalt worden, wobei viel Originalsubstanz (gerade auch in den Gesichtern der dargestellten Personen) unwiederbringlich verloren ging. Lange Zeit waren sie ganz übertüncht, was sie auch schützte, denn ab 1684 hatte der Sakralbau in mehreren Schritten eine barocke Ausstattung erhalten, die jedoch im Rahmen einer purifizierenden Reromanisierung der Kirche im Jahre 1877 wieder entfernt wurde. Gleichzeitig erhielt der gesamte Innenraum eine sehr farbenfrohe Raumfassung nach dem Geschmack des Historismus – also so, wie man sich um 1880 eine romanische Ausmalung vorstellte. Auch diese heute als neoromanisch bezeichnete Ausmalung wurde in den 1960er Jahren wieder fast vollständig entfernt und ist lediglich in kleinen Resten als „Fenster in die Geschichte“ belassen worden. So kann auch der nicht kunsthistorisch geschulte Besucher recht anschaulich nachvollziehen, wie ein Raum durch den wechselnden Geschmack der Jahrhunderte teils radikal in seiner Wirkung verändert wurde. Gerade auch die heute zu sehende Nüchternheit, innen wie außen fast vollständig steinsichtig und weitestgehend ohne Farbe, entspricht keineswegs den Vorstellungen der Erbauer im Mittelalter, sondern ist ein geradezu beispielhaftes Abbild der Nachkriegs-Ästhetik der 1960er Jahre. Aus der Zeit der Barockisierung ist noch das Hochaltarblatt erhalten, das von Johann Heinrich Schönfeld geschaffen wurde und in den 1960er Jahren in die Stiftskirche Großcomburg gebracht wurde. Bis 1712/13 erhob sich über der Vierung ein mittelalterlicher Vierungsturm, der im Zuge der Adaption als Klosterkirche für Kapuziner abgebrochen wurde. Stattdessen setzte der vom Stift Comburg mit diesen Arbeiten betraute Hochfürstlich Würzburgische Stadt- und Landbaumeister Joseph Greissing einen der Kapuzinerregel entsprechenden kleinen hölzernen Dachreiter auf das Chordach.[2]

Direkt an die mittelalterliche Kirche schließen drei Flügel eines ehemaligen Kapuzinerklosters an und bilden zusammen mit dem Gotteshaus ein Klostergeviert um einen Innenhof. Errichtet wurde die betont schlichte Barockanlage 1711 bis 1713 ebenfalls durch Joseph Greissing, der gleichzeitig mit dem Neubau der Stiftskirche Großcomburg beschäftigt war. Den wesentlichen Teil der Baukosten für das neue Kapuzinerkloster übernahm der Comburger Stiftskapitular Friedrich Gottfried Theoderich Ignaz von Pfürdt. Planungsbeginn und Accordschluss[3] fallen in das Jahr 1711, die Hauptbauphase datiert auf 1712, und schon am 11. Juni 1713 konnte das Kloster feierlich bezogen werden. Nach der Säkularisation in Staatsbesitz gelangt, dienten die Gebäude bis 2015 als Gefängnis und stehen seither leer.

Literatur

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  • Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Klaus Gereon Beuckers, unter Mitarbeit von Sören Groß (Hrsg.): Kloster Großcomburg. Neue Forschungen. Schnell + Steiner, Regensburg 2019, ISBN 978-3-7954-3442-7.
  • Eberhard Hause: Die Komburgen. Ihre Bauwerke, Baumeister und Bauherren. Jahrbuch-Verlag, Weinsberg 1982, DNB 831067985.
  • Gabriele Kleiber: Groß- und Kleincomburg. Hrsg.: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Staatsanzeiger für Baden-Württemberg GmbH. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1999, ISBN 3-422-03061-1.
  • Elisabeth Schraut (Hrsg.): Die Comburg. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert (= Kataloge des Hällisch-Fränkischen Museums Schwäbisch Hall. Band 3). Ausstellung im Hällisch-Fränkischen Museum und auf der Comburg, Neue Dekanei. 13. Juli bis 5. November 1989. Thorbecke, Sigmaringen 1989, ISBN 3-7995-3303-6.
  • Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing. Mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte. Reihe 8: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte. Band 16). Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Würzburg 2008, ISBN 978-3-86652-816-1 (Zugl.: Saarbrücken, Univ., Diss., 2007).
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Commons: St. Ägidius (Kleincomburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Als alternative Schreibweise: "Komburg-Rothenburg". Beide Schreibweisen sind seit Jahrhunderten in Gebrauch.
  2. Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing. Mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann (= Gesellschaft für Fränkische Geschichte [Hrsg.]: Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte. Reihe 8: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte. Band 16). Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Würzburg 2008, ISBN 978-3-86652-816-1, S. 39, 45, 308–312, 628, 633 (Zugl.: Saarbrücken, Univ., Diss., 2007).
  3. Accord / Akkord nennt man im Bauwesen einen im Voraus vereinbarten Umfang an Leistungen zum Festpreis. Auch dieses Leistungsverzeichnis selbst heißt Accord oder Accordbrief.

Koordinaten: 49° 5′ 50,1″ N, 9° 45′ 0,3″ O