St. Lambertus (Bürgewald)

römisch-katholische Pfarrkirche des Ortsteils Morschenich der Gemeinde Merzenich

St. Lambertus ist eine ehemalige römisch-katholische Pfarrkirche im Merzenicher Ortsteil Bürgewald im Kreis Düren in Nordrhein-Westfalen.

St. Lambertus zwei Tage nach dem Brand (2023)
St. Lambertus im Jahr 2019

Das Bauwerk ist unter Nr. 25 in die Liste der Baudenkmäler in Merzenich eingetragen und war dem hl. Märtyrer Lambert von Lüttich geweiht.[1]

Am 15. Juni 2019 wurde die ehemalige Kirche im Rahmen einer letzten heiligen Messe profaniert[2][3] und sollte in Zukunft als Kulturzentrum der Gemeinde Merzenich genutzt werden.[4] Im April 2023 brannte sie bis auf die Außenmauern nieder.[5]

Das Kirchengebäude steht in der Ortsmitte von Bürgewald auf einer kleinen Erhebung an der Ellener Straße. Umgeben wird die Kirche vom Friedhof. Ursprünglich lag das Bauwerk im Abbaubereich des Tagebaus Hambach und sollte diesem weichen und bis 2022 abgerissen werden. Aufgrund des früheren Kohleausstiegs wird der Tagebau Hambach deutlich verkleinert und Bürgewald nicht mehr durch den Tagebau in Anspruch genommen, wodurch St. Lambertus erhalten bleibt.[6]

Geschichte

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Der ausgebrannte Glockenturm

Sagen erzählen von einer Jagdkapelle, die im Bürgewald bereits im 8. Jahrhundert bestanden haben soll. Erstmals schriftlich erwähnt wird eine Pfarrkirche mit zugehöriger Vikarie aber erst im Liber valoris aus dem Jahr 1308. Morschenich war damals bereits eigenständige Pfarrei im alten Dekanat Jülich im Erzbistum Köln.

Die Pfarre blieb bis zur Franzosenzeit dem Erzbistum zugeordnet und wurde dann 1802 Pfarre im neugegründeten Bistum Aachen. Schon 1825 kam die Pfarre wieder an das Erzbistum Köln zurück. Seit 1930 gehört Morschenich zum wiedergegründeten Bistum Aachen.[7]

Zum 1. Januar 2016 wurde die seit mindestens 1308 bestehende Pfarre aufgelöst und in die Merzenicher Pfarre St. Laurentius eingegliedert. Seitdem war St. Lambertus keine Pfarrkirche mehr, sondern Filialkirche.[8]

Ein Feuer am 17. April 2023 führte zu großen Schäden am Gebäude. Trotz des Einsatzes von zeitweise mehr als 70 Einsatzkräften stürzten die Dächer von Kirchenschiff und Glockenturm vollständig ein. Dabei wurde der Innenraum komplett zerstört, sodass nur noch die Umfassungsmauern stehen geblieben sind.[9] Eine Brandursache konnte bisher nicht ermittelt werden.

Im Dezember 2023 wurde bekannt, dass die Kirche wieder aufgebaut werden soll.[10]

Baugeschichte

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Im 12. Jahrhundert wurde eine Kirche in Morschenich erbaut, die 1308 im Liber valoris Erwähnung findet. Vielleicht hatte diese Kirche bereits einen Vorgängerbau. Im 16. Jahrhundert wurde diese Kirche durch ein neues Gotteshaus ersetzt, von dem heute noch das Untergeschoss des Glockenturms erhalten ist. Ein Feuer zerstörte diesen Bau Mitte des 18. Jahrhunderts, nur das Turmuntergeschoss konnte erhalten werden. Im Jahr 1775 wurde an gleicher Stelle eine neue Saalkirche unter Einbeziehung des erhaltenen Turmuntergeschosses erbaut. Es war ein zweiachsiger Bau mit vorgebautem Glockenturm und eingezogenem, dreiseitig geschlossenem Chor im Stil des Barock. Das Innere besaß bis zum Krieg eine komplett erhaltene barocke Ausstattung. Im Zweiten Weltkrieg wurde die barocke Kirche fast vollständig zerstört, nur die Nordwand des Kirchenschiffs und der Turm blieben stehen.

Mit dem Wiederaufbau der Pfarrkirche konnte erst Mitte der 1950er Jahre begonnen werden. Am 25. Juli 1954 wurde der Grundstein der neuen Kirche gelegt. Die Pläne dazu fertigte der Düsseldorfer Architekt Josef Lehmbrock an, der die verbliebenen Reste der alten Kirche mit in den Neubau integrierte. Die Konsekration fand am 3. oder 4. September 1955 statt. Im Jahre 1994 wurde das Dach saniert. 1998 erfolgte eine Außensanierung des Gotteshauses.[11]

Am 15. Juni 2019 wurde das Gotteshaus profaniert, indem ein Schreiben des Aachener Bischofs Helmut Dieser verlesen, das Allerheiligste aus dem Tabernakel geholt und das Ewige Licht gelöscht wurde. Seitdem ist der Bau kirchenrechtlich keine Kirche mehr. Nach den Plänen der Gemeinde Merzenich soll die Morschenicher Kirche in Zukunft als Kulturzentrum genutzt werden. Die erste Veranstaltung in St. Lambertus seit der Profanierung war am 7. März 2020 ein Spendenkonzert für den Erhalt der Kirche.[12]

Baubeschreibung

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St. Lambertus ist eine moderne zweischiffige Halle aus Bruchstein. Der dreigeschossige Glockenturm sowie die Nordwand sind noch Barock. Der Chor im Osten ist abgerundet.

Ausstattung

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Die Buntglasfenster der Kirche stammten aus dem Jahr 1975 und das Turmfenster aus dem Jahr 1980. Sie waren Werke des Dürener Künstlers Herb Schiffer und wurden beim Brand im April 2023 zerstört. Die steinerne Lambertusfigur im Chor schuf der Dürener Künstler Herbert Halfmann im Jahr 1990. Sie wurde aus der Kirche ausgebaut und soll in der Lambertuskapelle am Umsiedlungstandort aufgestellt werden.[13][14] Ebenso zählte zur Ausstattung ein barockes Taufbecken, welches ebenfalls ausgebaut und in der neuen Lambertuskapelle einen neuen Platz finden soll.

Im Glockenturm von St. Lambertus befinden sich drei Glocken aus Graueisen, die von der Firma J. F. Weule aus Bockenem 1949 gegossen wurden. Sie ersetzen ein im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzenes, ebenfalls dreistimmiges, Geläut mit den Schlagtönen g′, h′ und c″. Die kleinste und älteste Glocke war ein Guss von Peter Boitel aus dem Jahr 1828, die beiden größeren Glocken wurden bei den Gebr. Ulrich in Apolda 1925 gegossen. Ob die Glocken durch den Brand beschädigt wurden, ist bislang nicht bekannt.

Nr.
 
Name
 
Durchmesser
(mm)
Masse
(kg, ca.)
Schlagton
(HT-1/16)
Gießer
 
Gussjahr
 
1 1.268 800 fis′ +8 Fa. J. F. Weule, Bockenem 1949
2 1.050 460 a′ +3 Fa. J. F. Weule, Bockenem 1949
3 931 330 h′ +-0 Fa. J. F. Weule, Bockenem 1949

Motiv: Te Deum[15]

Ersatzbau

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Am Umsiedlungsstandort Morschenich-Neu wurde 2019 mit dem Bau einer neuen St. Lambertus-Kapelle begonnen, die nach Plänen der beiden Architekten Mathias Paulssen und Axel Maria Schlimm errichtet wird und ursprünglich im Verlauf des Jahres 2020 fertiggestellt werden sollte.[16] Aufgrund von Verzögerungen und Lieferschwierigkeiten ist die Kapelle gegenwärtig (2023) noch nicht fertiggestellt worden.[17]

Folgende Pfarrer wirkten an St. Lambertus als Seelsorger bis zur Auflösung der Pfarre 2016:[18]

von – bis Name
Um 1550 Peter Unkel von Zulpge
1559–1564 Bartholomäus von Mirweiler
?–1681 Lambert Brewer
1681–1718 Johann Martin Bey
1718–1720 Franz Sauvage
1720–1724 Johann Wilhelm Fabry
1725–1726 Johann Damian Dackweiler
1726–1740 Konrad Schnorrenberg
1740–1757 Johann Josef Custodis
1757–1780 Johann Josef Herckenrath
1780–1782 Matthias Hambuch
1782–1839 Lambert Schopen
1839–1844 Peter Wilhelm Schöngen
von – bis Name
1844–1862 Johann Adam Jansen
1862–1884 Josef Bollbach
1886–1888 Anton Platzbecker (Pfarrverwalter)
1888–1907 Anton Platzbecker
1907–1913 Franz Josef Mertens
1913–1921 Jakob Filusch
1921–1944 Josef Schreiner
1944–1946 Vakant
1946–1963 Hubert Frembgen
1963–1970 Franz Dombret
1970–1973 Heinrich Biegai
1973–1993 Helmut Kaiser
1993–2015 Heinz Dieter Hamachers
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Commons: St. Lambertus – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Bernd Limburg: Kath. Pfarrkirche St. Lambertus in Merzenich - Morschenich. In: Internetseite von Bernd Limburg. Abgerufen am 29. Oktober 2018.
  2. Gottesdienst zur Entwidmung: Abschied von St. Lambertus in Morschenich. In: Dürener Zeitung. 31. Mai 2019, abgerufen am 16. Juni 2019.
  3. Emotionales Ende einer Umsiedlung. In: Dürener Nachrichten. 16. Juni 2019, abgerufen am 16. Juni 2019.
  4. Für den Tagebau aufgegebene Kirche wird Kulturzentrum "Angemessener Zweck". In: domradio.de. 3. März 2020, abgerufen am 24. Mai 2020.
  5. Kirche in Tagebau-Dorf Morschenich bei Düren steht in Vollbrand. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 17. April 2023, abgerufen am 17. April 2023.
  6. RWE stellt neue Pläne für Tagebau Hambach vor. In: Westdeutscher Rundfunk. 28. Februar 2020, abgerufen am 24. Mai 2020.
  7. Kirche Morschenich. In: Internetseite der Gemeinde Merzenich. Abgerufen am 29. Oktober 2018.
  8. Schreiben des Aachener Bischofs Heinrich Mussinghoff an die Pfarreien der Gemeinde Merzenich und der Gemeinde Niederzier vom 28. Mai 2015 (Memento des Originals vom 2. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/pfarrgemeinden-niederzier.de
  9. Brand in Alt-Morschenich. In: Radio Rur. 17. April 2023, abgerufen am 17. April 2023.
  10. Abgebrannte Kirche am Tagebau Hambach wird wieder aufgebaut. Domradio, 8. Dezember 2023, abgerufen am 8. Dezember 2023.
  11. Engelbert Robens: Die Geschichte der Pfarrkirche.
  12. A-cappella-Künstler bringen wieder Leben in St. Lambertus. In: Dürener Zeitung. 9. März 2020, abgerufen am 24. Mai 2020.
  13. Engelbert Robens: Die Geschichte der Pfarrkirche.
  14. Merzenich-Morschenich, Kath. Kirche St. Lambertus. In: Internetseite Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts. Abgerufen am 29. Oktober 2018.
  15. Norbert Jachtmann: Glockenmusik in der Region Düren
  16. Warum die neue Kapelle noch nicht fertig ist. In: Dürener Zeitung. 4. Februar 2023, abgerufen am 17. April 2023.
  17. Merzenich Neu-Morschenich Filialkirche St. Lambertus mit Gemeinderäumen. In: Internetseite Architekturbüro Paulssen und Schlimm. Abgerufen am 16. Juni 2019.
  18. Hubert Böhr: 7000 Jahre Merzenich. Von der Steinzeit bis zum Jahr 2000, Aachen 2014, S. 193f.

Koordinaten: 50° 51′ 59,4″ N, 6° 32′ 32,9″ O