In der Mathematik sind stabile und semistabile Vektorbündel ein Begriff der geometrischen Invariantentheorie (in ihrer modernen auf Mumford zurückgehenden Formulierung).

Definitionen

Bearbeiten

Der Slope   eines Vektorbündels   auf einer glatten projektiven Kurve ist der Quotient   aus Grad und Rang von  .

Ein Vektorbündel   heißt stabil, wenn für jedes nichttriviale Unterbündel   gilt:  .   heißt semistabil, wenn die schwächere Bedingung   erfüllt ist.   heißt polystabil, wenn es direkte Summe stabiler Bündel ist. Geradenbündel, also Vektorbündel vom Rang eins, sind immer stabil.

Äquivalent dazu ist ein Vektorbündel   (semi-)stabil, wenn für jeden nichttrivialen Quotienten   von   gilt:   (bzw.  ).

Dieser Begriff stammt von David Mumford und ist für die Konstruktion von Modulräumen entscheidend. Man kann nämlich nicht alle Vektorbündel durch ein geometrisches Objekt parametrisieren, sondern eben nur die (semi)stabilen. Diese Konstruktion verallgemeinert für größeren Rang die Konstruktion der Jacobischen Varietät einer Kurve.

Beispiele

Bearbeiten
  • Auf der projektiven Geraden   sind nur die Geradenbündel stabil, semistabil sind Vektorbündel der Form   für ganze Zahlen   und  . Dies beruht auf dem Satz von Grothendieck, dass jedes Vektorbündel auf der projektiven Gerade die direkte Summe von Geradenbündeln ist, und jedes Geradenbündel hat die Form   mit einer ganzen Zahl  .
  • Auf einer elliptischen Kurve sind die semistabilen Vektorbündel direkte Summen von unzerlegbaren Vektorbündeln vom gleichen Slope. Die unzerlegbaren Vektorbündel sind nach der Klassifikation von Atiyah gegeben durch  . Hierbei bezeichnet L ein Geradenbündel.
  • Für Kurven von höherem Geschlecht ist die Beschreibung der semistabilen Vektorbündel ungleich schwieriger.
  • Ein holomorphes  -Vektorbündel über einer Riemannschen Fläche   ist semistabil, wenn es ein flaches Bündel mit einer unitären Holonomie-Darstellung   ist, es ist stabil genau dann, wenn   irreduzibel ist. Die Verallgemeinerung dieser Tatsache auf beliebige (nicht notwendig unitäre) Darstellungen führt zur Theorie der Higgs-Bündel.

Eigenschaften

Bearbeiten
  • Sind   und   semistabil, und ist  , so ist  , da das Bild einerseits Slope  , andererseits   haben müsste.

Harder-Narasimhan-Filtrierung

Bearbeiten

Ist   ein beliebiges Vektorbündel, so besitzt   eine funktorielle, durch rationale Zahlen parametrisierte absteigende Filtrierung  , so dass die Filtrierungsquotienten semistabil mit Anstieg   sind. Sie wird dadurch gewonnen, dass man

  • das größte semistabile Unterbündel   betrachtet (es ist gleichzeitig das größte derjenigen Unterbündel, die maximalen Anstieg besitzen)
  • den Quotienten   bildet

und diesen Prozess wiederholt.