Das bis 1972 selbständige Kirchspiel Bützfleth ist heute eine Ortschaft der Hansestadt Stade. Es liegt an der Unterelbe im Landkreis Stade im Bundesland Niedersachsen.
Bützfleth Stadt Stade
| |
---|---|
Koordinaten: | 53° 39′ N, 9° 29′ O |
Höhe: | 1 (−2–2) m |
Einwohner: | 4800 |
Eingemeindung: | 1. Juli 1972 |
Postleitzahl: | 21683 |
Vorwahl: | 04146 |
Luftbild von Bützfleth (Mai 2012)
|
Geografie
BearbeitenIm Norden grenzt Bützfleth an die Ortschaft Barnkrug und im Süden an die Orte Götzdorf und Schnee. Der Ort bezeichnet sich auch als das Tor zu Kehdingen.
Bützfleth ist mit 1,6 m unter bis 1,8 m über NHN je nach Teil des Dorfes einer der tiefst gelegenen Orte Deutschlands (insbesondere Bützflethermoor).
Verwaltungsmäßig zugehörige Dörfer sind Depenbeck im Nordwesten, Kreuel im Norden, Abbenfleth im Nordosten, Götzdorf im Süden, Götzdorfer Moor im Südwesten und Bützflethermoor im Westen.
Geschichte
BearbeitenDie erste urkundliche Erwähnung von Buttesvlethe findet sich Anfang des 12. Jahrhunderts in einer Schenkung von Bützflether Ländereien an das Kloster Harsefeld, in der Zeit wird ebenso eine Kapelle erwähnt, deren Gründung man auf das Jahr 1050 schätzt. Funde belegen jedoch eine chaukisch-sächsische Besiedlung des Gebietes bereits im 1. Jahrhundert, woran auch die Urne im Wappen erinnern soll.[1]
Das Dorfleben war in den vergangenen Jahrhunderten wesentlich durch die Unterelbe bestimmt, viele Familien hatten Verbindung zur Schifffahrt. Auf den fruchtbaren Marschböden im Überflutungsgebiet des Urstromtals der Elbe wird außerdem viel Landwirtschaft betrieben, hauptsächlich Obstanbau. Bei der schweren Sturmflut von 1962 wurden Teile von Bützfleth überschwemmt.
Auch die Entscheidung zur Ansiedlung von Industrie Ende der 1960er Jahre führte am 1. Juli 1972 zur Eingemeindung in die Stadt Stade[2] zum nunmehrigen Ortsteil Stade-Bützfleth. Durch die Industrieansiedlung kamen in den nächsten Jahren viele türkische Gastarbeiter nach Bützfleth, die – nun oft schon in der zweiten oder dritten Generation – mit ihren Familien fester Bestandteil des Bützflether Lebens geworden sind, nicht weit von der Nicolai-Kirche gibt es inzwischen eine Moschee vom türkisch-islamischen Kulturverein Diyanet.
Im Zuge der Globalisierung verlor die Seefahrt in den letzten Jahrzehnten für Bützfleth immer mehr an Bedeutung, Bützfleth entwickelte sich mehr und mehr zu einem Vorort von Stade. Das Kerngebiet des Dorfes wurde im Laufe der Jahre durch Erschließung weiterer Neubaugebiete erheblich erweitert. Nach der Stilllegung des direkt benachbarten Kernkraftwerks Stade und der Schließung der 130 Jahre alten Saline im Jahr 2003 und des VAW/Hydro Aluminium-Werks Ende 2006 ist die weitere Entwicklung des Industriegebietes ungewiss und die Situation der vielen ehemaligen Zulieferfirmen und die Arbeitsmarktlage schwierig.
Politik
BearbeitenOrtsrat
BearbeitenDer Ortsrat besteht aus 15 Mitgliedern. Bei der Kommunalwahl 2006 entfielen acht Sitze auf die CDU, sechs auf die SPD und erstmals seit rund dreißig Jahren ein Sitz auf die FDP. Im Verlauf der Wahlperiode verließen je ein Ratsmitglied die CDU-Fraktion sowie die SPD-Fraktion und bildeten gemeinsam die neue Fraktion der Wählergemeinschaft Bützfleth. Nach der Kommunalwahl im Jahr 2021 verteilen sich die Sitze im Ortsrat wie folgt:[3]
- CDU: 7 Sitze
- SPD: 4 Sitze
- Wählergemeinschaft Bützfleth: 3 Sitze
- FDP: 1 Sitz
Ortsbürgermeister
BearbeitenBis November 2010 bekleidete Wolfgang Rust (CDU) das Amt des Ortsbürgermeisters. Nach dessen Rücktritt wurde sein bisheriger Stellvertreter Sönke Hartlef (CDU) von den Mitgliedern des Ortsrates zu seinem Nachfolger gewählt. Neuer stellvertretender Ortsbürgermeister wurde daraufhin Manfred Ehler (SPD).[4] 2016 wurde Hartlef wiedergewählt.[5]
Seit 2019 ist Christoph von Schassen (CDU) der Ortsbürgermeister von Bützfleth, der das Amt von Hartlef übernahm, nachdem dieser das Amt des Bürgermeisters der Hansestadt Stade gewann[6]. Bei der Kommunalwahl 2021 wurde von Schassen wiedergewählt.[7]
Themen
BearbeitenViel diskutierte politische Themen:
- die Elbquerung der Autobahn A 20 westlich von Hamburg (zunächst als A 22 geplant) mit Anschluss an die A 26: „Viele wollen sie, keiner will sie vor seiner Haustür“
- die Schließung/Erhaltung des Bützflether Freibads, zu dessen Bau und Unterhaltung die Stadt Stade sich im Rahmen der Eingemeindung 1972 verpflichtet hatte
- die Einführung einer Durchleitungsgebühr für Regenwasser, das durch Rohre der Stadt in das jahrhundertealte Entwässerungssystem des Bützflether Schleusenverbands geleitet wird, zur Sanierung des maroden Leitungssystems in der Stader Altstadt
- Erweiterung des in Bützfleth gelegenen Seehafens Stade durch die Hamburger Firma Buss Ports + Logistics (inzwischen erfolgt)
- Bau eines Kohlekraftwerkes auf dem Gelände des ehemaligen VAW/Hydro Aluminium-Werks
- Bau einer Müllverbrennungsanlage im Industriegebiet
Wirtschaft und Infrastruktur
BearbeitenDurch Bützfleth führt als Hauptstraße die L 111, der so genannte Obstmarschenweg, der sich quer durch das Alte Land als L 140 fortsetzt und die Obstanbaugebiete an der Unterelbe verbindet. Bützfleth ist über eine regelmäßig verkehrende Überland-Buslinie der KVG sowohl mit Stade als auch mit Kehdingen verbunden. Nächstgelegener Bahnhof ist Stade. Die schmalspurige Kehdinger Kreisbahn, die Bützfleth mit Stade und Itzwörden (Oste) verband, wurde bereits 1936 stillgelegt und restlos demontiert.
Über die Häfen Bützfleth und Abbenfleth besitzt der Ort eine direkte Anbindung an die Unterelbe. Zur Infrastruktur in dem teilweise unter dem Meeresspiegel gelegenen Land müssen auch die Entwässerungssysteme von Marsch und Moor gezählt werden: Der Bützflether Schleusenverband betreibt ein System von Wettern, Landern und Kanälen mit Pumpstationen, die Wasser über Siele in die Elbe ableiten.
Die Freiwillige Feuerwehr Bützfleth (eine Stützpunktfeuerwehr) wurde bereits 1877 gegründet. Die nächste Polizeiwache und das nächste Krankenhaus befinden sich in Stade, es gibt in Bützfleth allerdings Arztpraxen.
Das Abbenflethsperrwerk bei Bützfleth liegt an der Mündung der Bützflether Süderelbe in die Elbe.
Industrie und Gewerbe
BearbeitenDer in Bützfleth gelegene Seehafen Stade ist der (vom Umschlag her) neuntgrößte Seehafen Deutschlands, in dem 2016 5,7 Mio. t Seegüter umgeschlagen wurden, davon 3,05 Mio. t feste Massengüter und 2,65 Mio. t flüssige Massengüter. Im Jahr 2015 wurden hier 5,85 Mio. t Güter umgeschlagen, davon 3,16 Mio. t feste und 2,68 Mio. t flüssige Massengüter.[8] Der Hafen wurde 1972 eröffnet, seitdem erweitert und kann bei einer Wassertiefe von 10,4 m Schiffe bis zu 150 m Länge aufnehmen.
Auf dem Industriegelände im Osten (Bützflether Sand) sind die Firmen Dow Chemical und Aluminium Oxid Stade (AOS) sowie eine Reihe weiterer Lieferanten und Dienstleister ansässig. Das ehemalige Aluminiumwerk der VAW wurde 2003 durch den norwegischen Großkonzern Hydro Aluminium aufgekauft und Ende 2006 stillgelegt (laut Hydro aufgrund zu hoher Strompreise) und teilweise abgerissen. Der Rest wurde abgewickelt, die Mitarbeiter wurden vorübergehend in der Transfergesellschaft Unterelbe aufgefangen.[9] Im direkt südlich angrenzenden Industriegebiet um die Schwingemündung wurde 2003 das Kernkraftwerk Stade und (vermutlich im direkten Zusammenhang damit[10]) die Saline geschlossen, so dass sich ein großes brachliegendes Industriegebiet ergeben hat. Die neue Nutzung dieses Gebietes wird zurzeit diskutiert.
Das Hamburger Unternehmen Buss Group (Buss) hat den Hafen Bützfleth weiter ausgebaut. Es ist ein Umschlag von rund 1 Mio. t Gütern geplant. Außerdem wird das neue Terminal in der Lage sein, 60.000 Container pro Jahr umzuschlagen.[11]
Bildung
BearbeitenDer einzige Kindergarten brannte im April 2007 vollständig aus[12], ist aber momentan wieder benutzbar. Schüler können die Grundschule Bützfleth besuchen. Nach der Grundschulzeit müssen sie mit dem Bus nach Stade oder Drochtersen zu einer weiterführenden Schule fahren: Gymnasiasten besuchen typischerweise das Vincent-Lübeck-Gymnasium und Realschüler die Realschule Camper Höhe, da dies der jeweilige Einzugsbereich der Schulen ist. Alternativ bietet sich auch der Besuch der Elbmarschen-Schule in Drochtersen an, eine kooperative Gesamtschule mit den drei Schulzweigen Haupt- und Realschule sowie Gymnasium.
Religion
BearbeitenDie Geschichte der St.-Nicolai-Kirche in Bützfleth geht vermutlich auf eine erste Kapelle im elften Jahrhundert zurück. Nach vollständigem Verfall gab es zahlreiche Sanierungen und Erweiterungen. Pastorin der evangelischen Kirchengemeinde St. Nicolai ist Heike Kehlenbeck. Nicht weit davon entfernt existiert eine Moschee, die der türkisch-islamische Kulturverein Mitte der 1990er Jahre im ehemaligen Sparkassengebäude am Obstmarschenweg einrichtete.
Freizeit
BearbeitenBademöglichkeiten
BearbeitenIn Bützfleth gibt es ein beheiztes Freibad (in der Regel geöffnet von Mai bis September, neuerdings mit eingeschränkten Öffnungszeiten) und nordöstlich von Bützfleth (in Abbenfleth) einen langen Strand mit einem Café hinter dem Deich. Das Freibad wird in der Saison 2006 erstmals von einem privaten Trägerverein betrieben, der die Schließung durch die Stadt Stade abwendete.
Kinder
BearbeitenÜber den Ort verteilt existieren vier Spielplätze. Außerdem gibt es in Bützfleth einen Spielkreis und einen Kindergarten.
Veranstaltungen und Märkte
BearbeitenAm dritten Wochenende im August findet in Bützfleth das jährliche Schützenfest statt, zur Vorweihnachtszeit in der Festung Grauerort ein Weihnachtsmarkt. Sie wird zudem für weitere Veranstaltungen, beispielsweise Flohmärkte, kleinere Festivals und Konzerte genutzt.
Sport
BearbeitenIn Bützfleth gibt es einen Sportverein, den TuSV Bützfleth, der schon 1906 als Männerturnverein Bützfleth gegründet wurde. Der TuSV verfügt über 4 Herrenmannschaften sowie über 10 Jugendmannschaften und darunter auch 2 Mädchenmannschaften.
Seit 2005 kooperiert die Handballsparte des TuSV mit dem TVG Drochtersen aus Drochtersen in Form der HSG Bützfleth/Drochtersen.
Das Sportzentrum in Bützfleth besteht aus einer kleinen und einer großen Sporthalle, Fußballplätzen, einem Freibad mit 25-m-Bahnen und Sprungturm sowie Tennisplätzen. Zudem verfügt die Schule in Bützfleth über eine eigene kleine Sporthalle und einen Fußballplatz. Ferner gibt es in Bützfleth einen Schützenverein.
Persönlichkeiten
Bearbeiten- Ernst Friedrich Wyneken (1840–1905), evangelischer Theologe, Pädagoge, Schriftsteller, Philosoph und Sozialpolitiker
- Nicolaus Dreyer (1921–2003), Unternehmer und Politiker, Mitglied des Niedersächsischen Landtages und des Deutschen Bundestages
- Gerd Bahr (* 1933), Lehrer und niederdeutscher Autor; lebt in Bützfleth
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ In: Doris Marks (Hrsg.): Kehdingen – Peer un Scheep an Priel un Fleth. Schriftenreihe, Schüthe-Druck, Hamburg 2000, ISSN 0944-0038
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 246.
- ↑ Wahlergebnis Ortsratswahl 2021 Bützfleth. Abgerufen am 3. Juni 2022.
- ↑ Lars Koch: Bürgermeister tritt nach Konto-Affäre zurück. In: Hamburger Abendblatt, 19. November 2010, abgerufen am 23. November 2010.
- ↑ KDO-Wahlpräsentation. Abgerufen am 3. Juni 2022.
- ↑ hristoph von Schassen ist Nachrücker: Stader Bürgermeister hat jetzt drei Stellvertreter. Abgerufen am 3. Juni 2022.
- ↑ Ortsrat der Ortschaft Bützfleth | Hansestadt Stade. Abgerufen am 3. Juni 2022.
- ↑ Peter Kleinort: Wirtschaftlicher Umbau lastet auf Häfen. In: Täglicher Hafenbericht vom 28. Februar 2017, S. 3
- ↑ „Ein Ende ist auch ein Anfang“. In: Hamburger Abendblatt, online-Ausgabe 23. März 2007
- ↑ Akzo-Nobel-Konzern schließt Saline Stade zum Monatsende. ( vom 30. November 2016 im Internet Archive) In: Die Welt, 25. Juni 2003
- ↑ Buss kommt in den Hafen Bützfleth. In: Hamburger Abendblatt, online-Ausgabe 29. Mai 2006
- ↑ Kindergarten ausgebrannt