Tür-und-Angel-Gespräch (Pädagogik)
Das Tür-und-Angel-Gespräch bezeichnet in der Pädagogik eine bestimmte Form eines Elterngesprächs.[1][2] Im Rahmen des Vorgangs der Abholung sind ungewollt auch Kinder Teil dieses Austauschs.[3] Mitunter findet der Ausdruck auch Verwendung für andere kurze Gespräche.
Einordnung des Begriffs anhand der Phrase „Zwischen Tür und Angel“
BearbeitenDer pädagogische Begriff, um den es geht, leitet sich ab von der Phrase „Zwischen Tür und Angel“, wobei mit Angel die Türangel gemeint ist. Nach einem Wörterbuch von 1793[4] bedeutete der Ausdruck „Zwischen Tür und Angel sein oder stecken“ noch „sich zwischen zwei gleich unangenehmen Fällen befinden“.[5] Laut Duden meint „zwischen Tür und Angel“ eine „eilige, nur flüchtig zusammentreffende“ Begebenheit.[6]
Tür-und-Angel-Gespräch als Typus der Eltern-Pädagogen-Kommunikation
BearbeitenNeben den Elternabenden findet im erzieherischen Alltag ein Großteil der Kontakte des Pädagogen zu den Eltern während der Übergabe ihrer Kinder statt. Insbesondere in Kindertagesstätten[7][8], Grundschulen und Einrichtungen der Jugendhilfe[9] ist dieser Typus der Eltern-Pädagogen-Kommunikation der häufigste. Neben den üblichen Höflichkeitsfloskeln und beziehungsförderndem Smalltalk sind dies oft Kurzmitteilungen der Eltern an die Erzieher/Lehrer (wie: „... hatte die Nacht nicht gut geschlafen“ oder in die andere Richtung „morgen bitte Sportsachen mitbringen“). Das Gespräch ist eine gegenseitige Wertschätzung, unterstützt gerade bei neuen Eltern den Kennenlernprozess und schafft Vertrauen zwischen Erziehern und Eltern. Es ist darauf zu achten, dass die Gespräche nicht zu lange dauern und dass es zu keiner Überforderung der Beteiligten kommt.
Der Austausch zwischen der Frühförderung und den Erziehern in Kindertageseinrichtungen ist häufig das Tür- und Angelgespräch, wodurch gegenüber einem intensiveren Gespräch die Frage nach der Qualität und dem Wert der Gespräche zu stellen ist.[10]
Mitunter ergeben sich auch kurze Gespräche, welche von den Eltern, als auch von den Pädagogen gezielt angestrebt werden können. Da diese Gespräche sehr oft zwischen Tür und Angel (die Pädagogen im Raum, die Eltern davor) stattfinden, hat sich dieser Begriff eingebürgert und wird auch für sämtliche Elterngespräche verwendet, die ähnlich zufällig zustande kamen und strukturiert sind.
Besondere Form der Arbeit des Pädagogen mit den Eltern
BearbeitenTür-und-Angel-Gespräche werden als niedrigschwellige[11] Form der Elternarbeit angesehen, da diese ohne formale Initiierung zustande kommen und leicht herzustellen sind. In der Regel haben die Eltern jederzeit die Möglichkeit das Gespräch zu beenden. Das Zeitbudget ist meist sehr kurz und kann jederzeit unterbrochen werden. Auch werden Tür-und-Angel-Gespräche oft nicht mit voller Aufmerksamkeit geführt, da nebenher weitere Tätigkeiten ausgeführt werden müssen (z. B. Ausübung der Aufsichtspflicht). Meist bleibt ein Tür-und-Angel-Gespräch unprotokolliert. Tür-und-Angel-Gespräche eignen sich deshalb nicht für tiefgreifende Erörterungen von Problemen.
Literatur
Bearbeiten- Daniela Sauermann: Schwierige Elterngespräche in der Kita – und wie sie gelingen. Klett Kita – [Imprint des Ernst Klett Verlags], Stuttgart [2019], ISBN 978-3-96046-078-7, Kap. 7 „Tür- und Angel-Gespräche – Elternkontakt auf dem Flur“: S. 71–78.
- Ulrike M. E. Schulze et al.: Echt stark! : Ein Manual für die Arbeit mit Kindern psychisch kranker und suchtkranker Eltern. Springer, Berlin 2014, ISBN 978-3-642-44924-6, Kap. 5.3 „Tür- und Angel-Gespräche“: S. 27–28.
- Alexandra Schreiner-Hirsch: Tür-und-Angel-Gespräche mit Eltern konstruktiv gestalten. In: KiTa aktuell. (ISSN 1437-4013) 18. Jg. oder 19. Jg.?, H. 5: KiTa spezial: Sonderausg. zu KiTa aktuell (2017 oder 2018?), S. ? (PDF)
- Martin Furian (Hrsg.): Praxis der Elternarbeit: in Kindergarten, Hort, Heim und Schule. Quelle & Meyer, Heidelberg 1982, ISBN 3-494-01091-9, S. 71.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Friedensbüro Graz: Die Elternarbeit – Methoden und Formen ( des vom 12. Mai 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 4,8 MB)
- ↑ Fred Bernitzke: Methoden der Elternarbeit. ( des vom 12. Mai 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 547 kB)
- ↑ Menzel, Britta. "Die Akteurschaft von Kindern in Tür-und Angelgesprächen. Ergebnisse einer ethnographischen Studie im frühpädagogischen Setting." Discourse: Journal of Childhood & Adolescense Research/Diskurs Kindheits-und Jugendforschung 16.1 (2021).
- ↑ Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 301–302.
- ↑ Angel, die. Zeno.org, abgerufen am 26. November 2009.
- ↑ Duden, Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten. (= Duden. 11). 1992, ISBN 3-411-04111-0, S. 742.
- ↑ Daniela Sauermann: Schwierige Elterngespräche in der Kita – und wie sie gelingen. Klett Kita – [Imprint des Ernst Klett Verlags], Stuttgart [2019], ISBN 978-3-96046-078-7, Kap. 7: „Tür- und Angel-Gespräche – Elternkontakt auf dem Flur“, S. 71–78.
- ↑ Alexandra Schreiner-Hirsch: Tür-und-Angel-Gespräche mit Eltern konstruktiv gestalten. In: KiTa aktuell. (ISSN 1437-4013) 18. Jg. oder 19. Jg.?, H. 5: KiTa spezial: Sonderausg. zu KiTa aktuell (2017 oder 2018?), S. ? (PDF)
- ↑ Ulrike M. E. Schulze et al.: Echt stark! : Ein Manual für die Arbeit mit Kindern psychisch kranker und suchtkranker Eltern. Springer, Berlin 2014, ISBN 978-3-642-44924-6, Kap. 5.3: „Tür- und Angel-Gespräche“, S. 27–28.
- ↑ Seelhorst, Christina et al. "Zusammenarbeit zwischen Frühförderstellen und Kindertageseinrichtungen bei der Diagnostik und Förderung von Kindern im Vorschulalter." Frühförderung interdisziplinär 31.4 (2012): 178–186.
- ↑ Ursula Grether-Enders: Kooperation von Familien, Pädagogen, Therapeuten bei der Elternberatung in einer Integrationskita. ( vom 11. Februar 2013 im Webarchiv archive.today) Beitrag auf dem 5. Kongress "Armut und Gesundheit" am 3. und 4. Dezember 1999.