Tomita-Takesaki-Theorie

Theorie der Funktionalanalysis

Die Tomita-Takesaki-Theorie, benannt nach M. Tomita und M. Takesaki, auch als modulare Theorie bekannt, ist eine Theorie aus dem mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis, genauer der Theorie der Von-Neumann-Algebren. Einer Von-Neumann-Algebra wird eine Gruppe von Automorphismen zugeordnet, mit der die Struktur der Von-Neumann-Algebra näher untersucht werden kann.

Konstruktion

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Trennende und erzeugende Vektoren

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In einem ersten Schritt betrachten wir eine Von-Neumann-Algebra   über einem Hilbertraum  , für die es einen Vektor   gibt, der sowohl erzeugend als auch trennend für   ist, das heißt

  ist dicht in   (  ist erzeugend für  )
Aus   und   folgt   (  ist trennend für  )

Damit ist die Abbildung

 

wohldefiniert (da der Vektor trennend ist) und dicht definiert (da der Vektor erzeugend ist). Aus der Eigenschaften der Involution * folgt, dass   konjugiert-linear ist.

Da ein Vektor genau dann erzeugend bzw. trennend für   ist, wenn er trennend bzw. erzeugend für die Kommutante   ist, liegt dieselbe Situation mit demselben Vektor auch für   vor und man erhält eine dicht-definierte, konjugiert-lineare Abbildung

 .

Man kann zeigen, dass beide Operatoren abschließbar sind. Für ihre Abschlüsse   bzw.   gilt   und  . Der Operator   ist als Komposition zweier konjugiert-linearer Operatoren komplex-linear, selbstadjungiert und positiv, im Allgemeinen unbeschränkt. Die Wurzel   heißt der modulare Operator, dessen Existenz sich aus dem Borelkalkül für unbeschränkte Operatoren ergibt. Daraus ergibt sich auch, dass die Operatoren   unitär sind. Es gilt nun der

Satz von Tomita[1] : Ist   die Polarzerlegung von  , so ist   eine konjugiert-lineare Isometrie mit

  •  
  •   und
  •   für alle  

Durch   sind Automorphismen   auf der Von-Neumann-Algebra   definiert, die Abbildung   ist ein Gruppenhomomorphismus. Die Automorphismen   bilden daher eine Gruppe, die man die modulare Gruppe nennt, oft wird auch der Homomorphismus   so bezeichnet.

σ-endliche Von-Neumann-Algebren

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Ein zugleich erzeugender und trennender Vektor liegt nicht immer vor. Die σ-endliche Von-Neumann-Algebren sind genau diejenigen, die isomorph zu solchen mit einem erzeugenden und trennenden Vektor sind, das sind zugleich diejenigen, die treue, normale Zustände besitzen, denn aus diesen lassen sich die gewünschten Vektoren konstruieren.

Sei   ein treuer, normaler Zustand auf der Von-Neumann-Algebra  . Dann liefert die GNS-Konstruktion eine Darstellung   über einem Hilbertraum   und einen Vektor   mit   für alle  . Weiter ist   ein Isomorphismus zwischen Von-Neumann-Algebren und   ist ein erzeugender und trennender Vektor für  . Daher kann man die oben vorgestellte Konstruktion ausführen und erhält einen modularen Operator   mit Automorphismen   auf  , die sich mittels des Isomorphismus   auch auf   übertragen lassen. Man erhält also wieder einen Gruppenhomomorphismus

 .

Das Bild bzw. den Homomorphismus selbst nennt man die zu   gehörige modulare Gruppe. Damit ist   ein W*-dynamisches System.

Es stellt sich nun die Frage nach der Abhängigkeit von  . Kann man einen Zusammenhang zwischen Automorphismen-Gruppen   und   herstellen und wie ist   durch   bestimmt? Diese beiden Fragen werden als Nächstes beantwortet.

KMS-Bedingung

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Wir gehen wieder von einem treuen, normalen Zustand   auf einer Von-Neumann-Algebra   aus. Man sagt, ein Gruppenhomomorphismus   erfüllt die modulare Bedingung bzgl.  , falls folgendes gilt:

Zu je zwei Elementen   gibt es eine Funktion   mit:

  •   ist beschränkt, stetig und auf   holomorph,
  •   für alle  .

Diese Bedingung heißt auch die KMS-Bedingung, benannt nach den Physikern Kubo, Martin und Schwinger.

Man kann zeigen, dass die modulare Gruppe   die modulare Bedingung bzgl.   erfüllt und das diese dadurch sogar eindeutig charakterisiert ist. Man nennt einen Gruppenhomomorphismus   stark stetig, wenn die Abbildungen   für jedes   stetig bzgl. der starken Operatortopologie sind.

Ist   ein treuer, normaler Zustand auf einer Von-Neumann-Algebra  , so gibt es genau einen stark stetigen Gruppenhomomorphismus  , der die modulare Bedingung bzgl.   erfüllt. Dies ist die modulare Gruppe  .[2]

Connes-Kozykel

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Wir betrachten nun zwei treue, normale Zustände auf der Von-Neumann-Algebra  . Die Frage, welcher Zusammenhang zwischen den modularen Gruppen   und   besteht, wurde von Alain Connes wie folgt beantwortet:[3]

Sind   und   zwei treue, normale Zustände auf einer Von-Neumann-Algebra  , so gibt es eine stark stetige Abbildung   in die unitäre Gruppe der Von-Neumann-Algebra, so dass für die zugehörigen modularen Gruppen   und   gilt:

  •  
  •  

für alle   und  .

Eine solche Abbildung   nennt man einen Connes-Kozykel und obige Aussage ist auch als der Connes-Kozykel-Satz bekannt.[4]

Allgemeine Theorie

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Mit etwas größerem technischen Aufwand kann man sich auch von der Voraussetzung der σ-Endlichkeit befreien. Statt der normalen Funktionale muss man normale Gewichte betrachten und kann zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommen, die für alle Von-Neumann-Algebren gelten.[5]

Auf einer Von-Neumann-Algebra   gibt es stets treue, normale und semi-endliche Gewichte  . Mittels GNS-Konstruktion erhält man eine treue Darstellung   auf einem Hilbertraum  . Dann ist die konjugiert-lineare Abbildung   mit Definitionsbereich   ein dicht-definierter abschließbarer Operator auf  , dessen Abschluss   eine Polarzerlegung   gestattet, so dass[6]

  •   ist eine konjugiert-lineare Isometrie,  
  •   ist ein dicht-definierter, positiver, invertierbarer Operator
  •  
  •   für alle  .

Wieder definiert man einen Homomorphismus   von   in die Automorphismengruppe von  , so dass

  für alle  .

Dieser heißt wieder die modulare Gruppe und ist durch eine KMS-Bedingung eindeutig bestimmt, genauer gilt[7]

Die modulare Gruppe ist der einzige stark-stetige Gruppenhomomorphismus  , der die folgenden Bedingungen erfüllt:

  •   für alle  
  • zu je zwei Elementen   gibt es eine Funktion   mit:
    •   ist beschränkt, stetig und auf   holomorph,
    •   für alle  .

Anwendungen

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Kreuzprodukte

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Eine modulare Gruppe   definiert stets ein W*-dynamisches System   und man kann das Kreuzprodukt   bilden. Da je zwei solche modularen Gruppen über einen Connes-Kozykel zusammenhängen, kann man zeigen, dass die Isomorphieklasse des Kreuzproduktes nicht vom gewählten, treuen, normalen Zustand abhängt. Ferner kann man zeigen, dass das so gebildete Kreuzprodukt semiendlich ist, das heißt keinerlei Typ III Anteil enthält.[8]

Typ III Von-Neumann-Algebren

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Mittels der Dualitätseigenschaften des W*-dynamischen Systems kann man die Struktur der Typ III Von-Neumann-Algebren auf Typ II-Algebren zurückführen. Dies ist als Satz von Takesaki bekannt und ist im Artikel zu Typ III Von-Neumann-Algebren beschrieben.

Tensorprodukte

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Schon Tomita hat diese Theorie verwendet, um den sogenannten Kommutator-Satz zu zeigen, nachdem die Kommutante eines Tensorproduktes von Von-Neumann-Algebren gleich dem Tensorprodukt der Kommutanten ist.[9]

Einzelnachweise

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  1. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, Academic Press (1983), ISBN 0-1239-3302-1, Theorem 9.2.9
  2. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, Academic Press (1983), ISBN 0-1239-3302-1, Theorem 9.2.16
  3. Gert K. Pedersen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups, Academic Press Inc. (1979), ISBN 0-1254-9450-5, Theorem 5.5.11
  4. A. van Daele: Continuous crossed products and type III von Neumann algebras, Cambridge University Press (1978), ISBN 0-521-21975-2, Theorem II 2.2
  5. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, Academic Press (1983), ISBN 0-1239-3302-1, A further extension of modular theory, ab Seite 639
  6. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, Academic Press (1983), ISBN 0-1239-3302-1, A further extension of modular theory, Theorem 9.2.37
  7. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, Academic Press (1983), ISBN 0-1239-3302-1, A further extension of modular theory, Theorem 9.2.38
  8. A. van Daele: Continuous crossed products and type III von Neumann algebras, Cambridge University Press (1978), ISBN 0-521-21975-2, Teil II, Absatz 3
  9. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, 1983, ISBN 0-12-393302-1, Theorem 11.2.16